Erkenntnis: Unterschied zwischen den Versionen
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'''Erkenntnis''' ist ein Zugewinn an [[Wissen]], [[Bewusstsein]], [[Einsicht]]. Dieser Artikel behandelt den Begriff der Erkenntnis aus yogischer Sicht. | '''Erkenntnis''' ist ein Zugewinn an [[Wissen]], [[Bewusstsein]], [[Einsicht]]. Dieser Artikel behandelt den Begriff der ''Erkenntnis'' aus yogischer Sicht. | ||
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== Begriffserklärung == | == Begriffserklärung == | ||
Grundlegend handelt es sich bei Erkenntnis um den Akt und das Ergebnis des Zugewinns an Wissen, Einsicht oder Bewusstsein. Aufgrund einer Erkenntnis wird etwas zunächst nicht Offensichtliches durchschaut. Eine Erkenntnis ist abhängig vom [[Subjekt]], das etwas erkannt hat. Eine andere Person kann diesen subjektiven [[Prozess]] der Erkenntnis sowie das Resultat der Erkenntnis je nach Inhalt der Erkenntnis ggf. nicht ohne weiteres nachvollziehen. Stellt sich der Inhalt der Erkenntnis für viele [[Mensch]]en gleich dar, spricht man eher von Wissen, da dies objektiverer Natur ist und eher überprüfbar ist. | Grundlegend handelt es sich bei ''Erkenntnis'' um den Akt und das Ergebnis des Zugewinns an Wissen, Einsicht oder Bewusstsein. Aufgrund einer ''Erkenntnis'' wird etwas zunächst nicht Offensichtliches durchschaut. Eine ''Erkenntnis'' ist abhängig vom [[Subjekt]], das etwas erkannt hat. Eine andere Person kann diesen subjektiven [[Prozess]] der ''Erkenntnis'' sowie das Resultat der ''Erkenntnis'' je nach Inhalt der ''Erkenntnis'' ggf. nicht ohne weiteres nachvollziehen. Stellt sich der Inhalt der ''Erkenntnis'' für viele [[Mensch]]en gleich dar, spricht man eher von Wissen, da dies objektiverer Natur ist und eher überprüfbar ist. | ||
Obwohl die Erkenntnis abhängig ist vom Subjekt der Erkenntnis, man also nicht von einem allgemeingültigen Prozess oder Ergebnis sprechen kann, wird der Inhalt einer Erkenntnis als gesichert also als relativ wahr angesehen. Das Relative bezieht sich hier auf das Subjekt, welches davon ausgeht, etwas [[Wahrheit|Wahres]] für sich entdeckt zu haben, selbst nicht von einer absoluten Wahrheit gesprochen werden kann. | Obwohl die ''Erkenntnis'' abhängig ist vom Subjekt der ''Erkenntnis'', man also nicht von einem allgemeingültigen Prozess oder Ergebnis sprechen kann, wird der Inhalt einer ''Erkenntnis'' als gesichert also als relativ wahr angesehen. Das Relative bezieht sich hier auf das Subjekt, welches davon ausgeht, etwas [[Wahrheit|Wahres]] für sich entdeckt zu haben, selbst nicht von einer absoluten Wahrheit gesprochen werden kann. | ||
Abzugrenzen von der Erkenntnis sind Begriffe wie Vermutung, [[Glaube]], Erfahren etc. | Abzugrenzen von der ''Erkenntnis'' sind Begriffe wie Vermutung, [[Glaube]], Erfahren etc. | ||
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Manchmal reicht die schlichte Wahrnehmung mit den [[Intuition|menschlichen]] [[subtil|Sinnen]] aus, um etwas zu erkennen. Hier bewegt man sich eher im Bereich von allgemein nachvollziehbarem Wissen wie das aktuelle Wetter oder die Haarfarbe einer Person. | Manchmal reicht die schlichte Wahrnehmung mit den [[Intuition|menschlichen]] [[subtil|Sinnen]] aus, um etwas zu erkennen. Hier bewegt man sich eher im Bereich von allgemein nachvollziehbarem Wissen wie das aktuelle Wetter oder die Haarfarbe einer Person. | ||
Etwas komplexer ist die Erkenntnis durch logisches Denken in Zusammenhängen, durch Tests, Forschung, Erklärungen, Studium von Schriften etc. Auf diese Weise können etwa Naturgesetzte erforscht und Zusammenhänge verstanden werden. | Etwas komplexer ist die ''Erkenntnis'' durch logisches Denken in Zusammenhängen, durch Tests, Forschung, Erklärungen, Studium von Schriften etc. Auf diese Weise können etwa Naturgesetzte erforscht und Zusammenhänge verstanden werden. | ||
Aus yogischer Sicht unterstützt auch die [[Meditation]] die | Aus yogischer Sicht unterstützt auch die [[Meditation]] die ''Erkenntnis''gewinnung. Sie wirkt zum einen durch Verbesserung der [[Konzentration]], so dass man sich besser auf ein Objekt der ''Erkenntnis'' fokussieren kann. Zum anderen hilft die Meditation bei der [[Ausdünnung des Geistes]], so dass quasi spontane Eingebung, Aha-Erlebnisse, einen Schub an ''Erkenntnis'' begünstigen können. | ||
== Sonderfall: Selbsterkenntnis == | == Sonderfall: Selbsterkenntnis == | ||
Laut Karl Jaspers beinhaltet Erkenntnis immer eine unaufhebbare Differenz zwischen einem erkennenden Subjekt und dem Erkanntem, was auch '''Subjekt-Objekt-Spaltung''' genannt wird. Das Subjekt (der Erkennende) ist also unterschiedlich vom Objekt (dem Erkannten). Dies sei auch bei der Erforschung des Selbst der Fall, also bei der Selbstreflexion. Wenn also im Rahmen von Erkenntnissen über sich selbst jemand seinen eigenen Charakter oder seine eigenen Gefühle erkennt (z.B. Ich bin sehr fleißig oder ich fühle mich gut.), dann ist der Unterschied zwischen dem Erkennenden (das Ich) und dem Erkannten (die Charaktereigenschaften und Gefühle) nachvollziehbar. Die Selbsterkenntnis bezieht sich hier also auf etwas, das vom Ich noch getrennt ist. | Laut Karl Jaspers beinhaltet ''Erkenntnis'' immer eine unaufhebbare Differenz zwischen einem erkennenden Subjekt und dem Erkanntem, was auch '''Subjekt-Objekt-Spaltung''' genannt wird. Das Subjekt (der Erkennende) ist also unterschiedlich vom Objekt (dem Erkannten). Dies sei auch bei der Erforschung des Selbst der Fall, also bei der Selbstreflexion. Wenn also im Rahmen von Erkenntnissen über sich selbst jemand seinen eigenen Charakter oder seine eigenen Gefühle erkennt (z.B. Ich bin sehr fleißig oder ich fühle mich gut.), dann ist der Unterschied zwischen dem Erkennenden (das Ich) und dem Erkannten (die Charaktereigenschaften und Gefühle) nachvollziehbar. Die ''Selbsterkenntnis'' bezieht sich hier also auf etwas, das vom Ich noch getrennt ist. | ||
Aus yogischer Sicht besonders interessant ist jedoch genau diese '''Selbsterkenntnis''', also die Erkenntnis über das eigene Selbst. Hier gibt es dann kein vom Subjekt getrenntes Objekt der Erkenntnis, was der Grund dafür ist, warum diese Selbsterkenntnis eine besondere Herausforderung ist. | Aus yogischer Sicht besonders interessant ist jedoch genau diese '''Selbsterkenntnis''', also die Erkenntnis über das eigene Selbst. Hier gibt es dann kein vom Subjekt getrenntes Objekt der Erkenntnis, was der Grund dafür ist, warum diese ''Selbsterkenntnis'' eine besondere Herausforderung ist. | ||
'''Wer oder was ist also dieses Selbst?''' Es scheint keine Beschreibung möglich, denn was immer man beschreiben kann, bleibt aufgrund Jaspers Subjekt-Objekt-Spaltung unterschiedlich vom Selbst, welches erkannt werden möchte. | '''Wer oder was ist also dieses Selbst?''' Es scheint keine Beschreibung möglich, denn was immer man beschreiben kann, bleibt aufgrund Jaspers Subjekt-Objekt-Spaltung unterschiedlich vom Selbst, welches erkannt werden möchte. | ||
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'''Ein Weg zur Selbsterkenntnis''' in diesem Sinne ist der Weg über die '''Negation''' alles Wahrnehmbaren als das Selbst. „Ich sehe meinen Körper, also bin ich nicht der Körper. Ich denke etwas, also bin ich nicht die Gedanken. Ich fühle etwas, also bin ich nicht meine Gefühle.“ Auf diese Weise kann man sich dem Erkennen der Größe des Selbst annähern. Hier kann man zurecht von einer Unfassbarkeit des Selbst sprechen. Dieser Erkenntnisprozess wird in der Regel mehrere Leben dauern. | '''Ein Weg zur Selbsterkenntnis''' in diesem Sinne ist der Weg über die '''Negation''' alles Wahrnehmbaren als das Selbst. „Ich sehe meinen Körper, also bin ich nicht der Körper. Ich denke etwas, also bin ich nicht die Gedanken. Ich fühle etwas, also bin ich nicht meine Gefühle.“ Auf diese Weise kann man sich dem Erkennen der Größe des Selbst annähern. Hier kann man zurecht von einer Unfassbarkeit des Selbst sprechen. Dieser Erkenntnisprozess wird in der Regel mehrere Leben dauern. | ||
Die Differenz zwischen Subjekt und Objekt kann man auch als '''[[Dualität]]''' bezeichnen. Zur Selbsterkenntnis gehört also die Erkenntnis dessen, was jenseits dieser Dualität liegt: Das Selbst, höhere Selbst, allgemeine Selbst, universellen Prinzip, Gott oder wie man es bezeichnen mag. | Die Differenz zwischen Subjekt und Objekt kann man auch als '''[[Dualität]]''' bezeichnen. Zur ''Selbsterkenntnis'' gehört also die Erkenntnis dessen, was jenseits dieser Dualität liegt: Das Selbst, höhere Selbst, allgemeine Selbst, universellen Prinzip, Gott oder wie man es bezeichnen mag. | ||
Version vom 21. Juli 2012, 11:29 Uhr
Erkenntnis ist ein Zugewinn an Wissen, Bewusstsein, Einsicht. Dieser Artikel behandelt den Begriff der Erkenntnis aus yogischer Sicht.
Begriffserklärung
Grundlegend handelt es sich bei Erkenntnis um den Akt und das Ergebnis des Zugewinns an Wissen, Einsicht oder Bewusstsein. Aufgrund einer Erkenntnis wird etwas zunächst nicht Offensichtliches durchschaut. Eine Erkenntnis ist abhängig vom Subjekt, das etwas erkannt hat. Eine andere Person kann diesen subjektiven Prozess der Erkenntnis sowie das Resultat der Erkenntnis je nach Inhalt der Erkenntnis ggf. nicht ohne weiteres nachvollziehen. Stellt sich der Inhalt der Erkenntnis für viele Menschen gleich dar, spricht man eher von Wissen, da dies objektiverer Natur ist und eher überprüfbar ist.
Obwohl die Erkenntnis abhängig ist vom Subjekt der Erkenntnis, man also nicht von einem allgemeingültigen Prozess oder Ergebnis sprechen kann, wird der Inhalt einer Erkenntnis als gesichert also als relativ wahr angesehen. Das Relative bezieht sich hier auf das Subjekt, welches davon ausgeht, etwas Wahres für sich entdeckt zu haben, selbst nicht von einer absoluten Wahrheit gesprochen werden kann.
Abzugrenzen von der Erkenntnis sind Begriffe wie Vermutung, Glaube, Erfahren etc.
Wege der Erkenntnis
Je nach Art des zu erkennenden Inhaltes eignen sich verschiedene Methoden des Erkennens. Manchmal reicht die schlichte Wahrnehmung mit den menschlichen Sinnen aus, um etwas zu erkennen. Hier bewegt man sich eher im Bereich von allgemein nachvollziehbarem Wissen wie das aktuelle Wetter oder die Haarfarbe einer Person.
Etwas komplexer ist die Erkenntnis durch logisches Denken in Zusammenhängen, durch Tests, Forschung, Erklärungen, Studium von Schriften etc. Auf diese Weise können etwa Naturgesetzte erforscht und Zusammenhänge verstanden werden.
Aus yogischer Sicht unterstützt auch die Meditation die Erkenntnisgewinnung. Sie wirkt zum einen durch Verbesserung der Konzentration, so dass man sich besser auf ein Objekt der Erkenntnis fokussieren kann. Zum anderen hilft die Meditation bei der Ausdünnung des Geistes, so dass quasi spontane Eingebung, Aha-Erlebnisse, einen Schub an Erkenntnis begünstigen können.
Sonderfall: Selbsterkenntnis
Laut Karl Jaspers beinhaltet Erkenntnis immer eine unaufhebbare Differenz zwischen einem erkennenden Subjekt und dem Erkanntem, was auch Subjekt-Objekt-Spaltung genannt wird. Das Subjekt (der Erkennende) ist also unterschiedlich vom Objekt (dem Erkannten). Dies sei auch bei der Erforschung des Selbst der Fall, also bei der Selbstreflexion. Wenn also im Rahmen von Erkenntnissen über sich selbst jemand seinen eigenen Charakter oder seine eigenen Gefühle erkennt (z.B. Ich bin sehr fleißig oder ich fühle mich gut.), dann ist der Unterschied zwischen dem Erkennenden (das Ich) und dem Erkannten (die Charaktereigenschaften und Gefühle) nachvollziehbar. Die Selbsterkenntnis bezieht sich hier also auf etwas, das vom Ich noch getrennt ist.
Aus yogischer Sicht besonders interessant ist jedoch genau diese Selbsterkenntnis, also die Erkenntnis über das eigene Selbst. Hier gibt es dann kein vom Subjekt getrenntes Objekt der Erkenntnis, was der Grund dafür ist, warum diese Selbsterkenntnis eine besondere Herausforderung ist.
Wer oder was ist also dieses Selbst? Es scheint keine Beschreibung möglich, denn was immer man beschreiben kann, bleibt aufgrund Jaspers Subjekt-Objekt-Spaltung unterschiedlich vom Selbst, welches erkannt werden möchte.
Rein aus dieser Logik heraus schließen sind hier sog. mystische Erklärungsansätze folgerichtig an. Im Vedanta wird genau diese Aussage vertreten. Shankaracharya schrieb schon im 8./9. Jahrhundert von dem Unterschied zwischen dem absoluten Bewusstsein und dem erlebbaren Menschen mit Körper und Geist in der Materie. Seine Schlussfolgerung, mit der er sich auf uralte indische Schriften bezieht, ist, dass das Selbst als Quintessenz nichts als Bewusstsein ist. Alles was wir wahrnehmen können hingegen sei nur geschaffenes Objekt und mithin nicht unsere wahre Natur.
Ein Weg zur Selbsterkenntnis in diesem Sinne ist der Weg über die Negation alles Wahrnehmbaren als das Selbst. „Ich sehe meinen Körper, also bin ich nicht der Körper. Ich denke etwas, also bin ich nicht die Gedanken. Ich fühle etwas, also bin ich nicht meine Gefühle.“ Auf diese Weise kann man sich dem Erkennen der Größe des Selbst annähern. Hier kann man zurecht von einer Unfassbarkeit des Selbst sprechen. Dieser Erkenntnisprozess wird in der Regel mehrere Leben dauern.
Die Differenz zwischen Subjekt und Objekt kann man auch als Dualität bezeichnen. Zur Selbsterkenntnis gehört also die Erkenntnis dessen, was jenseits dieser Dualität liegt: Das Selbst, höhere Selbst, allgemeine Selbst, universellen Prinzip, Gott oder wie man es bezeichnen mag.