Rational-Emotive Verhaltenstherapie

Aus Yogawiki

Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) ist ein anerkanntes psychotherapeutisches Verfahren, das sowohl gesprächs- als auch verhaltens-orientiert arbeitet. Es handelt sich um eine kognitive Therapiemethode, bei der persönliche Werte und Denkmuster für die eigene Lebensperspektive analysiert werden. Im Zentrum steht der Mensch, der durch blockierende Einstellungen und Emotionen an der Erreichung von Zielen gehindert wird und dadurch deutliche Leiderfahrung erlebt.

Dabei wird durch Bewusstwerden und Infragestellen irrationaler Überzeugungen und daraus resultierender dysfunktionaler Verhaltensmuster Veränderung hin zu realistischen Überzeugungen angestrebt. Dies heißt in der Verhaltenstherapie "Kognitive Umstrukturierung". Hierbei zeigt sich, dass der Mensch selbst aktiv mit seinen eigenen mentalen Kräften auf seine Gefühle und sein Verhalten verändernd und heilend einwirken kann. Rational-Emotive-Verhaltenstherapie ist somit ein therapeutisches Werkzeug, das nach Erlernen und einer Zeit beratender Therapie zur Selbsthilfe dient. Der Mensch ist seinem Leiden nicht mehr passiv ausgeliefert. Die Therapie setzt direkt an gegenwärtig präsenten Konflikten auf der Einstellungs-, Gefühls- und Verhaltensebene an, kann aber auch bei der Aufarbeitung vergangener Probleme wirksam sein.

Heute ordnet man die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) methodisch korrekt der Verhaltenstherapie zu. Die Begriffe "rational" und "emotiv" zeigen jedoch deutlich, dass es sich auch um eine emotionsfokussierte und erlebnisorientierte Psychotherapie handelt, ähnlich der Klientenzentrierten Gesprächspsychotherapie nach Carl Rogers und der Gestaltpsychotherapie nach Fritz Perls. So hat die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) auch wichtige Anteile der humanistischen Psychotherapien.

Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT) ist ein umfassendes, integratives, aktiv-direktives, philosophisch begründetes und empirisch untersuchtes Psychotherapieverfahren, das sich lösungsorientiert mit emotionalen Konflikten und Verhaltensstörungen befasst, und das damit Menschen ermöglicht, ihr Leben zufriedenstellender selbst zu gestalten und sich besser darin zurecht zu finden.

Exkurs - grober Überblick Verhaltenstherapie

Verhaltenstherapie (VT) gehört zu den vier großen wissenschaftlich anerkannten psychotherapeutischen Schulen neben der psychoanalytischen nd psychodynamischen Tiefenpsychologie, der humanistischen Psychotherapie und seit 2008 der systemischen Therapien. Daneben gibt es, die Hypnosepsychotherapie, die Gruppentherapien, die imaginativen Therapien, die Körperpsychotherapien, die Kreativtherapien, die Soziotherapien und andere. Zudem gibt es die medikamentöse Psychopharmakotherapie und nichtmedikamentöse biologische Verfahren (z.B. Lichttherapie, Elektrokrampftherapie u.a.)

Verhaltenstherapeutische Verfahren sind auf der Lerntheorie (Behaviorismus) begründet. Die Grundidee ist, dass problematisches Verhalten und Denken in der Kindheit erlernt wurde und auch wieder verlernt werden kann. Beides kann in angemessenere, realitätsgerechtere Denk- und Verhaltensweisen umstrukturiert (verlernen und neu lernen) werden. Den Verhaltensweisen liegen aus Sicht der Lerntheorie folgende Prinzipien zugrunde:

  • Klassische Konditionierung (Pawlow)
  • Operante (instrumentelle) Konditionierung (positive/negative Verstärkung, direkte/indirekte Bestrafung und Modell-Lernen)

Inzwischen wurde die Verhaltenstherapie in vielerlei Weise weiterentwickelt, sodass es inzwischen ca. 50 unterschiedliche Verfahren gibt. Besonders bekannte therapeutische Techniken der Verhaltenstherapie sind Konfrontationen mit auslösenden Reizen (z. B. Exposition, systematische Desensibilisierung) sowie die Verstärkung erwünschten und die Löschung unerwünschten Verhaltens. Ein weiteres Merkmal verhaltenstherapeutischer Verfahren ist die Hilfe zur Selbsthilfe für den Patienten. Im Mittelpunkt steht, dem Patienten nach Einsicht in Ursachen und Entstehungsgeschichte seiner Probleme Methoden an die Hand zu geben, die ihn ermächtigen sollen, seine psychischen Beschwerden zu überwinden.

Verhaltenstherapeutische Methoden

Mit Verhaltenstherapie wird ein ganzes Spektrum von Formen der Psychotherapie bezeichnet, bei denen die Erkennung und Änderung von Verhaltensmustern im Vordergrund steht:

  • Konfrontationsverfahren (Systematische Desensibilisierung - in vivo, in sensu, Expositionsverfahren, -Flooding, Implosionstherapie, Reaktionsverhinderung)
  • Operante Verfahren (Verhaltensmodifikation, Kontrolle der Verhaltenskonsequenzen, Selbstkontolle-Management – negative/positive Verstärker: Token-Systeme, Kontingenzverträge, Shaping, Chaining, Prompting, Fading)
  • Kognitive Verfahren - Kognitive Therapie nach Aaron T. Beck, Rational Emotive Therapie nach Albert Ellis, Gedankenstopp, Selbstverbalisationstraining (Sokratischer Dialog, Konstruktive Selbstinstruktion), Dialektisch-behaviorale Therapie, Schematherapie, Kognitive Kunsttherapie, Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (MBCT). Die Kognitive Verhaltenstherapie geht davon aus, dass jedem Handeln bestimmte Gedanken vorausgehen, die Emotionen auslösen und ein entsprechendes Verhalten bewirken. Erzielt werden soll das Erkennen der Gedanken—Verändern (kognitive Umstrukturierung)—Anwenden/Einüben in sozialen Situationen.
  • Kompetenztraining (Selbstinstruktionstraining, Angstmanagement, Bewältigungstraining, Problemlösetraining, Schmerzmanagement, Selbstmanagement-Therapie, Training Sozialer Kompetenz, Training emotionaler Kompetenz)
  • Stresstoleranztraining (Ärgermanagement, Stressimpfungstraining)
  • Modell-Lernen und Rollenspiel
  • Kombinationsverfahren - Akzeptanz- und Commitmenttherapie, Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy, klärungsorientierte Psychotherapie (Zielorientierte Psychotherapie), multimodale Therapie, cognitive appraisal Therapy, emotions-fokussierte Psychotherapie, motivierende Gesprächsführung, strategisch-behaviorale Therapie

Theorie und Hintergund der Rational-Emotive-Verhaltenstherapie (REVT)

"Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Meinungen über die Dinge." (Epiktet: Handbuch der Moral, 5)

Albert Ellis begründete 1955 die Rational-Emotive Verhaltenstherapie (REVT, vormals RET), mit der er die so bezeichnete kognitiven Wende" der Verhaltenstherapie einleitete. Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie gilt als primärer Ansatz der Kognitiven Verhaltenstherapie (KVT). Sie fußt auf einem ausdrücklich formulierten philosophischen Hintergrund (Stoa, Epikureismus, Skeptizismus, Existenzphilosophie, Konstruktivismus und Sprachphilosophie).

Das ursprüngliche Rational-Emotive Verhaltenstherapie-Konzept der Selbst- und Fremdakzeptanz unterscheidet sie von anderen Formen kognitiver Verhaltenstherapie und beinhaltet so einen ganzheitlichen, handlungsorientierten humanistischen Psychotherapieansatz. Rational Emotive Verhaltenstherapie zielt auf emotionales Wachstums: Die Klienten werden ermutigt, ihre Gefühle bewusst zu erleben und auszudrücken, wobei der Kontext von Denken, Fühlen und Handeln aufgezeigt wird.

Geschichte der REVT

Die REVT wurde 1955 von dem amerikanischen Psychologen Albert Ellis entwickelt. Er arbeitete zuvor psychoanalytisch, war jedoch dabei mit den Resultaten seiner Arbeit unzufrieden. In Deutschland wird die "Ellis-Methode" seit etwa 1980 mit zunehmender Verbreitung praktiziert. Die ersten in Deutschland hierzu veröffentlichten Bücher (z.B. "Rational-emotive Therapie in der Klinischen Praxis", 1981 bzw. 1982 erschienen) haben zu einer weitgehenden Verbreitung des Verfahrens in Deutschland beigetragen.

Grundlagen und Charakteristika der REVT

  • Emotionen sind das Ergebnis von Denkvorgängen.
  • Demzufolge beruhen psychische Störungen auf irrationalen Überzeugungen und Denkmustern (also Kognitionen).
  • Kognitive Umstrukturierung: Es soll der Zusammenhang zwischen irrationalen Grundannahmen und krankhaftem (problematischem) Verhalten erkannt werden. Durch alternative, positive Gedanken wird das Verhalten verändert.

Mittelpunkt der RET ist das sogenannte "ABCDE-Modell", wobei mit

  • A (Activating event) (Auslöser) das auslösende oder innerpsychische Ereignis eines Problems,
  • B (Believe System) (Bewertungsmuster) bewusste oder unbewusste Überzeugungen, Einstellungen oder Lebensregeln und
  • C (Consequences) (Consequenzen) resultierende Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen und
  • D (Disputation) (Diskussion) Auseinandersetzung mit den irrationalen Gedanken
  • E (Effect) (Effekt) Ersetzen der irrationalen durch rationale Gedanken gemeint sind.

Beispiel: Ich erhalte zu meinem Geburtstag kein Geschenk von meinem Partner. Das auslösende Ereignis ist also

  • A (Activating event): kein Geschenk vom Partner
  • B (Believe System): Ich bedeute dem Partner nichts, ich bin wertlos.
  • C (Consequences): Niedergeschlagenheit, Minderwertigkeitsgefühle
  • D (Disputation): Hängt mein Wert vom Partner ab?
  • E (Effekt): Der Partner ist ein Trottel.

Die Irrationalität der Gedanken bezieht sich sehr häufig auf Liebes- und Erfolgsansprüche, so wie: alle müssen mich lieben, ich muss überall kompetent sein oder ich muss über alles Kontrolle haben. Die Therapie besteht in der Aufdeckung dieser Irrationalität und ihrer Veränderung in funktionale (rationale) Gedanken. Die Bewertung eines Ereignisses bestimmt die emotionalen Reaktionen und Verhaltensweisen.

Wenn ein Ereignis als irrelevant bewertet wird, führt dies zu keiner emotionalen Reaktion. Die günstige Bewertung eines Ereignisses führt zu positiven Emotionen und die ungünstige Bewertung zu negativen Emotionen. Nach Ellis werden psychische Störungen und "irrationale" Überzeugungen bzw. Bewertungsmuster, also subjektiv verzerrte Wahrnehmungen und Interpretationen, bedingt. Diese sind belastend und behindern die Verwirklichung der eigenen Lebensziele. "Rationale" Überzeugungen hingegen sind im Hinblick auf Emotionen und Verhaltensweisen hilfreich und zielführend.

Die von Ellis beschriebenen irrationalen Überzeugungen werden in vier Grundkategorien zusammengefasst:

  1. Absolute Forderungen: Wünsche werden zu absoluten Forderungen ("ich muss …", "die anderen müssen …")
  2. Globale negative Selbst- und Fremdbewertungen: statt einzelner Eigenschaften, wird die ganze Person als minderwertig bewertet ("ich bin wertlos/ein Versager …", "der andere taugt nichts …")
  3. Katastrophisieren: negative Ereignisse werden überbewertet ("es wäre absolut schrecklich, wenn …")
  4. Niedrige Frustrationstoleranz: Glaube, negative Ereignisse nicht aushalten zu können ("ich könnte es nicht ertragen, wenn …")

Vorgehensweise (Techniken) der REVT

Dazu werden verschiedene Techniken verwendet:

  • Aufstellen von ABCs (Klient fertigt ABCs über zu verändernde Verhaltensweisen oder belastende Gefühle an).
  • Disputation (bisheriges Denken des Klienten wird konfrontativ durch den Therapeuten hinterfragt).
  • Sokratischer Dialog (dialogisierend, durch Stellung offener Fragen) kritische Analyse der Überzeugungen und Bewertungen auf Logik und Angemessenheit (Klient wird aufgefordert, sich zu hinterfragen, und zur Umstrukturierung angeregt).
  • Technik der Entkatastrophisierung
  • Übertreibung des Symptoms
  • Überprüfung der Faktizität: Ist es tatsächlich oder überhaupt so schlimm?
  • Überprüfung der Zweckmäßigkeit:
  • Rollentausch u.a. (Klient wechselt in die Expertenrolle)

Ist die Irrationalität verschiedener Gedanken erkannt, kann mit der Umstrukturierung der Kognitionen (Effekt) im Hinblick auf kritische Situationen begonnen werden. Dazu werden verschiedene Strategien angewendet:

  • Distanzierung von der Situation
  • Toleranzerhöhung gegenüber der Situation
  • Herausforderung durch die Situation
  • Positive Umdeutung der Situation
  • Übernahme von Verantwortung für die Situation
  • Emotive Disputation: Vorstellungsübungen. Es werden negative Gefühle initial evoziert, um sie anschließend zu verändern.
  • Behaviorale Disputation: Der Klient begibt sich in peinlichen Situationen, um zu erfahren, dass seine Befürchtungen nicht eintreffen. *Distanzierung: Wenn ich in 20 Jahren auf den Tag zurückschaue, wird er mir unwichtig erscheinen.
  • Positive Umdeutung: Die Art, wie jemand reagiert hat, zeigt mir, dass er noch an mir interessiert ist; wie kann ich ihm dasselbe vermitteln?
  • Herausforderung: Wir haben viele Krisen geschafft, diese ist eine besondere Herausforderung.
  • Gedankliche Gegenkonditionierung: Aufhebung von Vermeidungsreaktionen durch angenehme, positive Gedanken
  • Gedankliche Verstärkung: Positives erwünschtes Verhalten wird an angenehme Vorstellungen gekoppelt.
  • Gedankliche Sensibilisierung: Imaginäre Kopplung des Alkoholkonsums mit Aversionen z.B. Erbrechen
  • Working-through-Prozess: Prozess des Durcharbeitens, um intellektuelle Einsicht in emotionale Einsicht zu verwandeln.

Eine Kombination mit weiteren therapeutischen Techniken, auch aus anderen Therapieschulen, ist möglich und sinnvoll. Oft werden nach der Modifikation irrationaler Gedanken und Vorstellungen Verhaltensübungen durchgeführt, so dass der Klient die Auswirkungen der kognitiven Veränderungen überprüfen kann.

Zielgruppe—Indikationen

Die Rational-Emotive Verhaltenstherapie kann bei Depression, Angsterkrankungen, Persönlichkeitsstörungen, Anpassungsstörungen und Suchterkrankungen angewendet werden und hilfreich sein. Die Altersgruppe der Klienten ist nicht festgelegt. Kinder, Jugendliche und auch junge und ältere Erwachsene können behandelt werden, so dass keine Altersbeschränkungen vorliegen, solange der Klient bereits bzw. noch versteht, worauf die Therapie abzielt.

Seminare und Ausbildungen

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