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Version vom 8. September 2019, 13:48 Uhr
Yoga und Jainismus: Diese beiden Geistesströmungen gehören enger zusammen, als es viele wissen. Jainismus ist eine der ältesten Weltreligionen. Im alten Indien entwickelten die Jains die Theorien von Karma und Reinkarnation. Vor allem aber war ihnen Ahimsa, Gewaltlosigkeit und ein einfacher Lebensstil sehr wichtig.
Yoga und Jainismus
- Ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -
Jainismus und Yoga. Was ist der Jainismus? Was sind wichtige Lehren des Jainismus? Was hat Yoga mit Jainismus zutun. Und wie wurde Yoga, das moderne Yoga, durch Jainismus beeinflusst? Das sind einige Fragen auf die ich eingehen will.
Jainismus ist heute die Bezeichnung einer Religion, einer der kleineren Religionen, die manchmal trotzdem als Weltreligion bezeichnet wird. Charakteristisch für die Jains ist das bedingungslose Ahimsa (das Nichtverletzen) und der Wunsch, nichts zu tun, was irgendein Lebewesen verletzen könnte. Zum Jainismus gehört auch eine asketische Lebensweise, zum Jainismus gehört Meditation, verschiedene spirituelle Praktiken, zum Jainismus gehört Glaube an Wiedergeburt an Karma und das es wichtig ist die Erlösung zu erreichen und das man einiges dafür tun kann.
Es gibt verschiedene Unterströmungen vom Jainismus, es gibt Mönche und Nonnen in der Bewegung des Jainismus. Natürlich – die Mehrheit der Jains sind im Berufs- und Familienleben. Die meisten Jains leben in Indien, aber es gibt auch inzwischen Jain Gemeinden in Deutschland und in vielen westlichen Ländern.
Jainismus, eine kleine Religion, war lange Zeit einfach Teil der religiösen Strömungen in Indien zunächst mal gar nicht als eigene Religion angesehen, sondern gehört zu den so genannten Shramana Traditionen. Im alten Indien, im 8. Jahrhundert vor bis 8. Jahrhundert nach Christus unterscheiden die Religionswissenschaftler drei große Unterscheidungen:
- Es gibt den Brahmanismus, wo Rituale, gemeinsame Rituale und Tempelbesuche eine Rolle spielen, Studium der Schriften und so weiter, es gibt als zweites die Shramana Traditionen, wo spirituelle Praxis, Arbeiten an sich selbst, Meditation, eine asketische Lebensweise eine Rolle spielen, dazu gehören dann Buddhismus, Jainismus, die Adjivakas und auch verschiedene Yogaströmungen
- und dann gibt es noch die Volksfrömmigkeit, die letztlich kleinere Gottheiten verehrten, Dorfgottheiten und anderes.
Gut und Jainismus, wird oft gesagt, bezieht sich auf Mahavira, der vermutlich im 6. Jahrhundert gelebt hat, entweder Zeitgenosse von Buddha war, oder vorher gelebt hat. Aber die Jains selbst sagen, dass er der 24. der Tiatanka (Tirthankara?) war, also der 24. der großen Meister einer langen Tradition.
Jainismus, obgleich klein, hatte eine durchaus starke Wirkung, weil sie einen konsequenten Lebensstil hatten und eben auch aufgefallen sind. Und manche sagen, dass der Jainismus schon im 8. Jahrhundert bedeutend war und als Gegenbewegung sich formierte, auch gegen das sich formierende Kastensystem, gegen die Tieropfer, die es im Brahmanismus damals gab und letztlich Wert legt auf viele Äußerlichkeiten. Und die Jains führten eben ein, dass kein Tier getötet werden darf, weder zum Essen, noch für irgendetwas anderes, erst Recht nicht für religiöse Praktiken und schon vor Buddha findet man auch, das im Brahmanismus die Tieropfer langsam weniger wurden, Buddha hat sich sehr vehement gegen Tieropfer gewendet und die Jains waren absolut konsequent im Vegetarismus und im Ahimsa.
Es ist zu vermuten, dass letztlich Jains, Buddhisten und die Shramana Yogis selbst im regen Austausch standen und manche Mal in der einen Tradition, mal in der anderen Tradition waren und dass letztlich auch Patanjalis Yoga Sutra nicht nur beeinflusst wurde von Buddha, sondern auch beeinflusst wurde von den Jains. Vermutlich die spirituell Praktizierenden, die meditiert haben, an sich selbst gearbeitet haben, um Gott in diesem Leben zu erfahren – oder – Buddha hätte es ja nicht so genannt, die Erleuchtung in diesem Leben zu erfahren und dass sie sich gegenseitig inspiriert und befruchtet haben.
Gut, jetzt großer Sprung ins 19. Jahrhundert. 19. Jahrhundert, Renaissance des Yoga und hier auch ein gewisses Selbstbewusstsein in Jainismus. Wir müssen sagen, dass es im 19. Jahrhundert eine Bewegung unter den Hindus gab, die irgendwo dachten, offensichtlich ist die europäische Zivilisation überlegen, wir müssen jetzt auch werden wie die Europäer. Wir sollten anfangen Fleisch zu essen, denn die Europäer essen Fleisch und die sind groß und stark und wir sind Vegetarier, wir sind unterdrückt. Tatsächlich war in Indien viele Jahrhunderte weitestgehend Vegetarier, aber nicht vollständig. Es ist auch heute nicht mehr vollständig, aber es gab dann eine Reformbewegung, die erst Mal gedacht hat sich an die Europäer anzupassen, Freiheitsbewegung und danach müssen wir mit Waffengewalt die Engländer aus dem Land werfen. Letztlich gibt es noch 50 000 Engländer, es gibt, eventuell gab es damals auch schon 200 bis 300 Millionen Inder, das wird doch funktionieren, die paar Engländer raus zu werfen.
Gut, dann gab es aber die Jains, die stark für Gewaltlosigkeit waren, dann gab es einige, die christliche Werke gelesen haben, Bergpredigt, wo Gewaltlosigkeit gelehrt wurde, es gab Jains Schriften, die Gewaltlosigkeit lehrten, man fand es im Yoga Sutra und in anderen Schriften, man findet es in der Hatha Yoga Pradipika und so entwickelte sich unter all diesem Einfluss eine Gruppe von Yogameistern, die einen, wie wird heute sagen, aufgeklärten Yoga lehrten, auf der Basis eines aufgeklärten Hinduismus.
Und so gab es dann mehrere Yogameister, von denen man weiß, dass der Jain Einfluss groß war. Das eine war Swami Sivananda, der auch ein Buch über Mahavira geschrieben hat und auch über Jainismus geschrieben hat, da kann man sehen, wie intensiv er Jainismus studiert hatte und wie sehr er sich damit auseinander gesetzt hatte und wie große Hochachtung er dort hatte. Und man kann ganz sicher sagen, Swami Sivananda wurde dadurch stark beeinflusst, es ging ja bis dahin, als mal ein Mordanschlag auf ihn ausgeführt wurde, mit einer Axt, hat Swami Sivananda sich nicht von der Stelle bewegt. Er hat den anderen dreimal ausholen lassen und ist einfach ruhig geblieben. Und als sein Schüler, der Swami Vishnudevananda, letztlich dem anderen in die Hand gefallen ist, in den Arm gefallen ist, ihn niedergerungen hat, waren Swami Sivanandas erste Worte: „Vishnu Swami mäßige deinen Zorn.“ Seine erste Sorge galt dem Attentäter, der ihn beinahe umgebracht hatte und, dass der, der ihm das Leben gerettet hätte, den Attentäter vielleicht ein bisschen zu hart anpackte. Swami Vishnu hatte keine Waffe, er war nur als Hatha Yogi stark, aber mit seiner Kraft hätte er dem anderen vielleicht blaue Flecken geben können. In diesem Sinne, diese bedingungslose Gewaltlosigkeit ist sicherlich auch durch Jainismus beeinflusst worden.
Zum zweiten gibt es Mahatma Gandhi und Mahatma Gandhi in seinem Konzept des gewaltlosen Widerstandes, auch der Bereitschaft, sein Leben aufs Spiel zu setzen und zu sagen, mein Leben spielt keine große Rolle. Wichtig ist aber, dass ich mich einsetze für die gute Sache und niemandem etwas Bösen tun, da war er auch beeinflusst durch seine Beschäftigung mit Jainismus.
Moderne Bewegungen in Indien fangen jetzt auch an vegan zu werden, das sehe ich selbst mit Freude. Es ist zwar die große Minderheit, aber ich habe festgestellt, das diejenigen indischen Yogis, die anfangen vegan zu werden entweder aus der „Heilige Kuh Bewegung“ stammen und eingesehen haben, man kann heutzutage keine Milchprodukte in ausreichendem Maße haben ohne Grausamkeit an Kühen. Wenn wir die Kühe heilig haben, dann können wir keine Milchprodukte in nennenswertem Umfang zu uns nehmen.
Aber es gibt auch eine zweite Richtung, wo der Veganismus herkommt in Indien, das sind die Jains, die aus deren bedingungslosen Gewaltlosigkeit auch der Verzicht auf Milchprodukte wenigstens in moderner Zeit stammt weil man keinem Wesen Gewalt antun will. Übrigens spiele ich ja jetzt seit ein paar Monaten auf veganen Tablas und der, der die entwickelt hat ist vermutlich ein Jain oder vom Jainismus geprägt.
In diesem Sinne: Also - Jainismus auch für die Entwicklung des modernen Yoga wichtig, letztlich entstammend aus der Yoga Bewegung, letztlich könnte man auch alle Shramana Bewegungen als Yoga Bewegungen bezeichnen die Wert auf spirituelle Praxis gelegt haben, aber irgendwann hat sich Buddhismus und Jainismus als eigenständige Tradition entwickelt und dann haben sich innerhalb von Buddhismus und Jainismus wieder Strömungen entwickelt, die sich selbst als buddhistische Yogis und Jain Yogis bezeichnen und in der modernen Yogabewegung spielt oft unbemerkt von der Mehrheit der Menschen der Jainismus eine recht große Rolle.
Auch bei Yoga Vidya hatten wie Mal zur Anfangszeit von Bad Meinberg einen Sevaka, also ein Gemeinschaftsmitglied, der selbst Jain war und der damals immer probiert hat, mich vom Veganismus zu überzeugen, seine Argumente haben mich voll überzeugt, aber es hat dann noch ein paar Jahre gedauert, bis ich das dann umgesetzt habe. Aber, wenn ich so im nachhinein darüber nachdenke, gab es drei Menschen, die Einfluss auf mich hatten und meine intellektuelle Überzeugung geändert haben, eigentlich gabs vier und der dritte in dieser Reihe hatte in mir die Überzeugung geweckt, irgendwann müsste ich Veganer werden und dann der Kontakt mit meiner jetzigen Frau hat mich dann relativ schnell zum Veganer gemacht.
Und ich finde, es gibt auch noch etwas im Jainismus, die Jains haben zwar auch diskutiert mit anderen Philosophen, in Indien gab es ja eine reiche Geisteskultur und die philosophische Argumentation war auch wichtig, aber die Jains haben auch gesagt, wenn man mit Menschen anderer Überzeugung diskutiert, sollte man das machen mit großer Wertschätzung für die andere Meinung. Man sollte seinen Standpunkt darlegen, aber mit Respekt. Das nicht Verletzen, das Ahimsa, hat nicht nur physisches Leben betroffen nicht nur Menschen, Tiere, Umwelt und Pflanzen, sondern auch die Gefühle der Menschen und dieses Ideal auch wenn man eine Diskussion führt, wenn man ringt um die gute Sache, dass man sich dabei bemüht, nicht zu verletzen ist in der Jain Philosophie stärker verankert als in jeder anderen und wurde auch historisch stärker gelebt als in jeder anderen Philosophie. Und auch das ist ein Ideal, an dem ich mich bemühe, auszurichten.
Ja, soweit zu Jainismus und damit schließt diese Vortragsreihe „Yoga in Weltreligionen, Yoga im Hinduismus, Yoga im Buddhismus und Yoga im Jainismus, ob ich nochmal spreche über Yoga im Christentum will ich überlegen. Jetzt will ich schließen mit dreimal OM und ein Mantra, das weder Jain noch buddhistisch ist, aber ihnen auch nicht widerspricht, weil es ein Segensgebet für alle Menschen überall ist und damit letztlich dem Welt Ethoskonzept entspricht: Mögen wir ethisch sein, in Harmonie mit allen.
- OM OM OM
- Lokah samastah sukhino bhavantu,
- lokah samastah sukhina bhanvantu,
- lokah samastah sukhino bhanvantu.
- Om bolo satguru sivananda maharaja ki - jay,
- Om bolo sri guru vishnudevananda maharaja ji ki - jay
Video - Yoga und Jainismus
Hier ein Vortrag zum Thema Yoga und Jainismus von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.
Siehe auch
- Yoga und Buddhismus
- Yoga und Hinduismus
- Weltreligionen und Yoga
- Yoga und Christentum
- Sechs Yoga Wege
- Swami Sivananda
Seminare
Yogalehrer Ausbildung
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