Lokayata
Lokayata , Sanskrit लोकायत lokāyata, materialistisch., m. ein Materialist; Philosophie des Materialismus.
Lokayata, auch bekannt unter dem Namen Charvaka, ist eine der ältesten bekannten Schulen der indischen Philosophie und gilt als eine materialistische, diesseitsbezogene Weltanschauung. Der Begriff Lokayata bedeutet wörtlich „was sich auf die Welt bezieht“ oder „weltlich verbreitet“. Lokayata steht in starkem Kontrast zu religiös-spirituellen Lehren wie Yoga, Vedanta und Samkhya, welche das Ziel der Selbsterkenntnis und Befreiung (Moksha) betonen.
Bedeutung des Begriffs „Lokayata“
Das Wort Lokayata setzt sich aus loka (Welt, Volk) und ayata (sich bewegend, sich verbreitend) zusammen. Es bezeichnet eine Philosophie, die sich auf die in der Welt unmittelbar erfahrbare Realität beschränkt. Während viele klassische indische Philosophien transzendente Prinzipien wie Atman (das Selbst) oder Brahman (das Absolute) anerkennen, verneint Lokayata jegliche Form von transzendenter Realität.
Ursprünge und historische Entwicklung
Lokayata entstand vermutlich in der sogenannten Shramana-Periode um das 6. Jahrhundert v. Chr. – einer Zeit intensiven spirituellen und intellektuellen Aufbruchs in Indien. In dieser Ära entwickelten sich neben dem vedischen Brahmanismus auch nicht-theistische Systeme wie Buddhismus, Jainismus und eben auch Lokayata.
Obwohl Lokayata oft als „heterodox“ (nāstika) eingestuft wird, war sie Bestandteil des pluralistischen philosophischen Diskurses im alten Indien. Ihre Lehren wurden von Vertretern vedischer und spiritueller Schulen wie Vedanta, Nyaya und Samkhya häufig zitiert und kritisiert, was auf ihre historische Bedeutung hinweist.
Grundannahmen der Lokayata-Philosophie
Nur Wahrnehmung als Erkenntnisquelle
Lokayata erkennt einzig und allein die direkte Sinneswahrnehmung (pratyakṣa) als gültige Erkenntnisquelle an. Schlussfolgerungen (anumāna), Zeugnisse (śabda) oder heilige Schriften werden als unzuverlässig oder spekulativ abgelehnt.
Ablehnung von Atman, Karma und Wiedergeburt
Im Gegensatz zu den Lehren des Yoga oder Vedanta bestreitet Lokayata die Existenz eines ewigen Selbst (Atman), das Gesetz von Karma sowie das Prinzip der Wiedergeburt. Der Tod wird als endgültiges Ende des Bewusstseins verstanden.
Die Welt besteht aus Materie
Lokayata vertritt eine naturalistische Ontologie: Alles besteht aus den vier grobstofflichen Elementen – Erde, Wasser, Feuer und Luft. Geist oder Bewusstsein wird als Produkt physischer Vorgänge angesehen, nicht als eigenständige oder transzendente Realität.
Ziel des Lebens: Sinnesfreuden
Da es laut Lokayata kein Leben nach dem Tod gibt, liegt der Sinn des Lebens im Genießen dieser Welt. Lust, Freude und körperliches Wohlergehen gelten als höchste Güter. Asketische Praktiken oder spirituelle Disziplinen werden als irrational oder sogar schädlich angesehen.
Ein berühmtes lokayatisches Sprichwort lautet:
Yāvat jīvet sukham jīvet, ṛṇaṁ kṛtvā ghṛtaṁ pibet;
Bhasmībhūtasya dehasya punar āgamanaṁ kutaḥ?
– „Solange du lebst, lebe glücklich; nimm Schulden auf und trinke Ghee (Butterfett);
denn wenn der Körper zu Asche geworden ist, wie könnte er je zurückkehren?“
Lokayata und Yoga
Aus Sicht des Yoga stellt Lokayata eine entgegengesetzte Weltsicht dar. Während Yoga das Ziel verfolgt, über die Identifikation mit Körper und Geist hinauszugehen und die ewige Seele (Atman) zu verwirklichen, verneint Lokayata jede Form spiritueller Transzendenz. Für Yogis ist das menschliche Leben eine Gelegenheit zur inneren Entwicklung, zur Reinigung des Geistes (Chitta) und zur Vereinigung mit dem Göttlichen (Samadhi) – Ideale, die in Lokayata keinen Platz finden.
Dennoch ist die Existenz von Lokayata in der indischen Geistesgeschichte auch aus spiritueller Perspektive bedeutsam: Sie fordert den Suchenden heraus, über blinden Glauben hinauszugehen und echte Verwirklichung durch direkte Erfahrung zu suchen – ein Prinzip, das im Jnana Yoga durchaus eine Rolle spielt.
Kritik an Lokayata
Viele klassische indische Schulen kritisierten Lokayata als reduktionistisch und kurzsichtig. Besonders der Vedanta sieht im Materialismus eine Illusion (Maya), die das Wesen des Selbst verschleiert. Auch ethisch wurde Lokayata kritisiert, da eine auf Genuss ausgerichtete Ethik oft keine tragfähige Grundlage für Mitgefühl, Dharma oder spirituelle Entwicklung bietet.
Bedeutung in der heutigen Zeit
In der modernen indischen und weltweiten Philosophie hat Lokayata wieder Aufmerksamkeit erfahren – insbesondere im Kontext säkularer, rationalistischer oder wissenschaftlich orientierter Bewegungen. Einige sehen in Lokayata eine frühe Form des Skeptizismus und kritischen Denkens, während spirituell orientierte Bewegungen wie Yoga Vidya darin eher ein Beispiel für die Begrenztheit materialistischen Denkens erkennen.
Fazit
Lokayata ist ein bedeutender Bestandteil der indischen Philosophiegeschichte – nicht weil sie spirituelle Wahrheiten lehrt, sondern weil sie ein radikales Gegenmodell dazu darstellt. Für ernsthafte spirituelle Sucher kann die Auseinandersetzung mit Lokayata dazu beitragen, ihre eigene Überzeugung zu vertiefen, kritisches Denken zu schärfen und zwischen bloßem Glauben und tatsächlicher Verwirklichung zu unterscheiden.
Verschiedene Schreibweisen für Lokayata
Sanskrit Wörter werden in Indien auf Devanagari geschrieben. Damit Europäer das lesen können, wird Devanagari transkribiert in die Römische Schrift. Es gibt verschiedene Konventionen, wie Devanagari in römische Schrift transkribiert werden kann Lokayata auf Devanagari wird geschrieben " लोकायत ", in IAST wissenschaftliche Transkription mit diakritischen Zeichen " lokāyata ", in der Harvard-Kyoto Umschrift " lokAyata ", in der Velthuis Transkription " lokaayata ", in der modernen Internet Itrans Transkription " lokAyata ".
Video zum Thema Lokayata
Lokayata ist ein Sanskritwort. Sanskrit ist die Sprache des Yoga . Hier ein Vortrag zum Thema Yoga, Meditation und Spiritualität - der allerdings mit Lokayata nichts zu tun hat...
Ähnliche Sanskrit Wörter wie Lokayata
Siehe auch
- Charvaka
- Atheismus
- Jnana Yoga
- Vedanta
- Weltanschauung
- Brahman
- Maya
- Karma
- Reinkarnation
- Ausbildung Entspannungstherapeut
- Ausbildung Psychotherapeut
- Gebet
- Hinduismus
- Hindu
- Arjuna
- Debiprasad Chattopadhyaya: Lokayata: A Study in Ancient Indian Materialism
- Madhavacharya: Sarva-Darsana-Samgraha (Kap. 1)
- Überblick über indische Philosophie bei Yoga Vidya
Quelle
- Carl Capeller: Sanskrit Wörterbuch, nach den Petersburger Wörterbüchern bearbeitet, Strassburg : Trübner, 1887
Zusammenfassung Deutsch Sanskrit - Sanskrit Deutsch
- Deutsch materialistisch., m. ein Materialist; Name der Materialismus. Sanskrit Lokayata
- Sanskrit Lokayata Deutsch materialistisch., m. ein Materialist; Name der Materialismus.
