Geheimnis der Katha Upanishad - Vortrag 3

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Swami Krishnananda beim Gebet

Geheimnis der Katha Upanishad - Vortrag 3

Vortrag 3

Die großen Hindernisse beim spirituellen Fortschritt sind Avidya, Kama und Karma, was Unwissenheit, Wünschen und Handlung bedeutet. Dabei handelt es sich nur um ein Hindernis, dass sich in dreifacher Weise präsentiert. Die Unkenntnis der Wahrheit und der absoluten Natur wird als Avidya bezeichnet. Diese Unwissenheit, Avidya, sinnt nach äußeren Sinnesobjekten, - Kama (Wünschen). Die Unwissenheit setzt in ihrem Charakter eine Selbstbehauptung der Persönlichkeit voraus, - Ahamkara – und wünscht sich den Kontakt zu anderen Menschen. Avidya verursacht gleichzeitig Ahamkara. Sie sind beinahe, wie die Hitze und das Licht im Feuer, nämlich unzertrennlich. In dem Augenblick, wo die Selbstbehauptung aus der Unwissenheit heraus geboren wird, ergibt sich notwendigerweise folgende Konsequenz, d.h. ein Verlangen nach Wiedergutmachung für etwas, was verloren gegangen zu sein scheint. Das wird Kama genannt. Um Kama oder den Wunsch zu erfüllen, entsteht Karma oder die Handlung. Das ganze Leben der Menschen wird durch diese drei Bemühungen von Avidya, Kama und Karma beherrscht, - in der Abfolge von Unwissenheit, Wünschen und Handlung. Dieses ist Tripura oder die dreifache Säule der dominierenden Kräfte, die von Lord Siva durch einen einzigen Pfeil gebrochen wurden. Dieses sind drei Zitadellen aus Geld, Silber und Eisen, wie es in den Puranas heißt. Dieses sind die drei Knoten (granthis) – Brahma-granthi, Vishnu-granthi und Rudra-granthi, von denen die Hatha- und Kundalini-Yogis und die Tantriker sprechen, d.h. Avidya, Kama und Karma. Es handelt sich um eine Kraft mit scheinbar drei unabhängigen Hindernissen bzgl. des Wissens.

Trinaciketas tribhiretya sandhim
Trikarmakrt tarati janma-mrityu

Die drei Fasttage Nachiketas kann man mit dem Bemühen der Seele vergleichen, diese drei Kräfte, mit einem schrittweisen Zurückziehen vom Äußeren und vom Inneren, dem Überwinden der Karma-, der Kama-Kräfte und letztendlich dem Überwinden von Avidya zu durchbrechen. Man muss sich drei Disziplinen (Tapas) unterziehen. Dazu bedient man sich dreier Sadhanas oder spiritueller Übungen. Dieses wird in den Upanishads als Trinachiketa bezeichnet. Mit diesen drei Prozessen wird Geburt und Tod überwunden. Man meistert die Grenzen des Körpers in all seinen drei Ausprägungen, d.h. auf der physischen, der astralen und der himmlischen Ebene. Diese stellen die wesentlichen Bindungen der Seele dar, innerlich wie äußerlich begrenzen sie ihre Ausdrucksmöglichkeiten und beschränken sie auf Samsara (die Wiedergeburt) oder die irdische Existenz und das Leid. Das Überwinden dieser dreifachen Bindung ist der Inhalt von Trinachiketa. Als Instrumente zur Überwindung dienen uns der Geist, der Intellekt und der Spirit (manas-buddhi-atma), die alle zusammen kombiniert werden, - Tribhiretya sandhim. Man muss dazu drei tugendhafte Handlungsformen (Trikarma) einhalten, wie sie auch im achtzehnten Kapitel der Bhagavadgita erwähnt werden, d.h. Yajna, Dana, Tapas. Yajna bedeutet Opfern, um die Einheit mit der Wirklichkeit zu erreichen. Es enthält alle Formen der Loslösung vom „Ich“ und die Hingabe. Yajna ist ein universaler Begriff mit einer tiefen Bedeutung. In gewisser Weise enthält es die gesamte Kultur von Bharatavarsha (Ishvara, Gott) zusammen gefasst in einem einzigen Wort, d.h. Yajna. Der Herr selbst wird mit Yajna verglichen, - Yajno vai vishnuh, und in der meisterhaften Purusha-Sukta der Vedas wird die ganze Schöpfung mit einer Yajna des Absoluten Seins verglichen. Yajna ist darum das absolute Bemühen der Seele, sich selbst mit Gott zu vereinen. Dana ist die wohltätige Haltung der Seele gegenüber anderen. Wohltätig zu sein bedeutet, nicht nur ein paar Dollar oder Euro zu teilen, sondern es handelt sich vielmehr um eine innere Einstellung. Sie drückt sich in der ganzen Verhaltensweise aus. Sie beinhaltet ein Gefühl von Mitleid, es ist ein tugendhaftes Verhalten gegenüber Anderen. Es ist die Fähigkeit, die Bedürftigkeit anderer richtig einzuschätzen. Wenn man in der Lage ist, die Situation und das Seelenleben anderer einzuschätzen, so zu fühlen, wie sie fühlen, so zu denken, wie sie denken, und so zu handeln, wie sie handeln, - mühelos und ganz spontan, - dann handelt es sich um das Wesenhafte einer wohltätigen Persönlichkeit, - Dana. Tapas bedeutet Disziplin, d.h. körperlich, verbal und mental. Jemand, der dieses dreifache Bemühen anwendet, überwindet Geburt und Tod; - Tarati janma-mrityu.

All dies dient als Einführung der Upanishad auf dem Weg zum wirklichen Geheimnis, um das es sich bei der dritten Frage von Nachiketas dreht. ‚Nachiketas erwartet nichts weiter von diesem mächtigen Herrn des Wissens, will sich nicht mit irgendwelchen Angeboten von ihm abspeisen lassen, sondern im Mittelpunkt steht nur die Beantwortung der dritten Frage nach dem ‚Großen Jenseits‘ (Mahati Samparaye). Die Antwort auf die dritte Frage betrifft das tiefste Geheimnis der Dinge, das in den Kammern der Herzen allen Seins versteckt ist. Nichts anderes kann Nachiketas zufrieden stellen; - Nanyam varam nachiketa vrnite.‘

Nun kommt Yama zu dem Hauptpunkt der ganzen Upanishad, zum Herzen und zur Seele des Schülers Nachiketas. Wie kann man es erfahren? Es muss etwas sehr Geheimnisvolles geben, ansonsten hätte Yama sich nicht derart zögerlich verhalten. Auch wenn man sich an den Kopf kratzt, sich das Gehirn zermartert, argumentiert, liest, spricht usw., es bleibt unverständlich.

Nayam atma pravacanena labhyo
Na medhaya na bahuna srutena.

Selbst, wenn man in alle möglichen Richtungen nachdenkt, erhält man keine Erkenntnisse. So schwierig ist dieses tief verborgene Wunder zu erfassen. Darum wollte Yama lieber darüber schweigen. Doch Nachiketas ließ nicht locker.

Na narena avarena prokta esha
Suvijneyo bahudha cintyamanah.

Ein normaler Mensch kann das Geheimnis nicht lüften. Ein nur mäßig intelligenter Mensch kann es nicht erfassen, wenn er es auch im wortwörtlichen Sinne eingrenzen kann. Doch es geht hier nicht um Wissen auf der wissenschaftlichen Ebene. Es geht auch nicht um ein Studium, wie auf einer Universität. Es hat nichts mit dem zu tun, was wir sehen, hören oder berühren können. Es geht um Wissen, das weder erfasst noch ausgedrückt werden kann. Selbst Gedanken, die irgendwie beschränkt sind, können dieses Wissens weder formulieren, erfassen, ausdrücken noch aufhellen. Wie kann das Unbeschränkte durch einen beschränkten Geist übermittelt werden? Diese Weisheit ist unsterblich, ewig, und kann darum nicht durch einen vergänglichen Transponder übermittelt werden.

Das rationale Gedankengut reicht nicht, denn die höchste Form des Rationalen steht nur in wissenschaftlicher Form zur Verfügung. Wir sind richtig informiert, wenn es heißt, dort wo die Religion anfängt, hört die Wissenschaft auf. Die Grenzen der Wissenschaft sind der Anfang einer höheren Weisheit. Auf Grund der Feinheit seiner Natur wird diese Weisheit jenseits jeder Logik. Dieser Atman, die Wahrheit aller Dinge, kann weder durch Argumentation noch durch Lehrreden, durch das Studium der Schriften oder durch einen akribisch arbeitenden Intellekt aufgenommen werden, denn die Feinheit des Intellekts ist letztendlich das, was man als logisches Gesetz oder Prinzip bezeichnet. Heutzutage kleben die Menschen an dem logischen Denksystem als der Weisheit letzter Schluss. Doch die Logik ist die Folge einer Annahme, die selbst eine angenommene Hypothese darstellt, die anfechtbar ist. Die ganze Logik ist ein Versuch, um eine Einheit zwischen einem Subjekt und einem Prädikat der Argumente herzustellen. Jene, die Logik, Addition und Subtraktion, gelernt haben, wissen was dies bedeutet. Jede logische Ergänzung beruht auf Subjekt und Prädikat und muss allen Sinnen bekannt gemacht werden. Diese Ergänzung muss in allen Sätzen und Verbindungssätzen ausgedrückt werden können, die einen Bezug zur Bedeutung des Prädikats mit dem Subjekt und umgekehrt hat. Dieser Unterschied, der zwischen Subjekt und Objekt (Prädikat) gemacht wird, beruht auf einer Annahme des Geistes, der davon ausgeht, dass die Dinge voneinander getrennt sind. Warum sollte man versuchen, Subjekt und Prädikat miteinander zu verbinden? Die Notwendigkeit des Verbindens ergibt sich nur, wenn sie verschieden sind. Doch warum sollte man annehmen, dass sie sich voneinander unterscheiden? Existieren wir als körperliche Individuen individuell? – und dass diese Individuen eine äußere Welt beobachten ist eine Hypothese, die wissenschaftlich nicht bewiesen werden kann, weil alle wissenschaftlichen Argumente auf dieser Annahme beruhen, dass diese Welt existiert, und das wir ein Teil davon sind; doch diese Anname selbst ist unannehmbar, denn sie ist nicht bewiesen. Woher wissen wir, dass diese Welt existiert? – Nur, weil man sie sieht! Woher wissen wir, das unsere Sichtweise richtig ist? Man kann sie logisch nicht beweisen. Man kann nur sagen: ‚Ich sehe sie, und darum muss es sie geben.‘ Dieses bezeichnet man als Dogma. Die Wissenschaft ist gegen alle Dogmen, doch die Wissenschaft selbst ist ein Dogma, nämlich, dass die Welt ist, und dass auch Wissenschaftler in ihr existieren. Menschliches Verstehen und allgemeine Intelligenz sowie das Erlernte, das darauf aufbaut, ist an dieser Stelle unnütz bzw. wenig hilfreich. Solange man nach einer anderen Bedeutung des Wissens sucht, findet man keinen Einstieg in dieses Geheimnis, - Ananyaprokte gatir atra nasti, - heißt es in der Upanishad.

Die Natur der Wirklichkeit wird zur Schwierigkeit für das menschliche Verstehen, denn es kennt keine definierende Charakteristik der Wirklichkeit. Man kann nicht behaupten, es hätte eine Färbung oder ein Muster. Es hat auch keine spezifische Qualität, die in der menschlichen Sprache ausdrückbar wäre. Alle Definitionen sind bildlichen oder sensiblen Charakters. Der sensible Charakter eines Objektes stellt keine letztendliche Definition dar, denn hier wird versucht, die wesentlichen Inhalte eines Objektes zu verstehen und nicht seinen Charakter, wie er sich den Sinnen präsentiert. Die Prüfung der Wirklichkeit, der Natur der Wahrheit, oder Satya, ist widerspruchslos. Der Wahrheit kann niemals durch eine andere Definition, Erfahrung oder Verwirklichung widersprochen werden, d.h. die Ewigkeit ist der Charakter der Wahrheit. Nichts in der Welt kann als letztendlich wirklich angesehen werden, denn alles ist irgendwelchen Veränderung unterworfen. Die ganze Welt ist vergänglich. Sie besteht aus Teilprozessen, Teilen eines Ganzen, und deshalb sind diese Teile nicht vollkommen. Ein Nebeneinander von Teilen kann nicht als eine Wirklichkeit betrachtet werden, denn das Wirkliche bleibt ewig bestehen. Es gibt keine Objekte, keine Menschen in dieser Welt, die ewig Bestand haben. Uns wird selbst von den Astronomen berichtet, dass unser Sonnensystem endlich ist. Selbst die Sonne hatte ihren Anfang und sie wird auch ihr Ende haben. Der Kosmos wird nach einer gewissen Zeit vergehen. Wie kann man ihn als wirklich ansehen? Eine zufrieden stellende Definition kann nicht für irgendetwas Sichtbares gefunden werden. Wie sollte man es dann definieren? Der Geist des Menschen ist sein Zentrum des Wissen. Es ist völlig abhängig von den Informationen, die durch die Sinne zusammengetragen werden. Die Funktion des Geistes besteht meistens in der Bestätigung und im Assoziieren von Gedanken, die bereits früher durch die Sinne aufgenommen wurden. Der Geist verfügt über keine Informationen, die er unabhängig von den Sinnen, irgendwo anders aufgenommen haben könnte. Was nicht sichtbar oder hörbar ist, was nicht geschmeckt oder berührt werden kann, ist dem Geist unbekannt. Auf diese Weise ist der Geist ebenfalls eine Art Sinnesorgan, - er wird auch als sechster Sinn bezeichnet. Seine Fähigkeit liegt ohne Zweifel in der Zusammensetzung der verschiedenen Berichte der Sinne; doch die Synthesefähigkeit ist noch kein Wissen. In dieser Organisation des Wissens, das von dem Geist hervorgebracht wird und von den Sinnesorganen abhängt, erhalten wir kein neues Wissen. Wir erhalten nur eine neue Organisation dessen, was bereits vorhanden ist und durch die Sinne erfasst wurde. Der Intellekt ist nur eine Form der Beurteilung, das durch das organisierte Wissen des Geistes hindurchgegangen ist. Auf diese Weise scheinen der Intellekt, der Geist und die Sinne eine allgemeine Gruppierung zu sein. Sie gehören derselben Kategorie an. Welche andere Fähigkeit kennen wir außer dem Intellekt, dem Geist und den Sinnesorganen? Mit diesen unzuverlässigen Dienern des Wissens, die wir für unser Wissen beschäftigen, können wir nicht wissen, was wirklich die Wahrheit ist. Aus diesem Grunde warnt uns die Katha Upanishad davor, mit einfachen Argumenten, intellektuellen und rationalen Studien, der Wahrheit beikommen zu wollen.

© Divine Life Society

Siehe auch

Literatur

Seminare

Jnana Yoga, Philosophie

Hier erscheint demnächst wieder eine Seminarempfehlung: url=interessengebiet/jnana-yoga-philosophie/?type=2365 max=4