Die Entstehung der Göttin

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Der nachfolgende Text ist dem Buch "Indische Mythen und Symbole - Schlüssel zur Formenwelt des Göttlichen" des Indologen Heinrich Zimmer entnommen (Originaltitel "Myths and Symbols in Indian Art and Civilization", Bollingen Foundation Inc., New York). Übersetzung aus dem Englischen von Ernst Wilhelm Eschmann, Eugen Diederichs Verlag, München 1981, 5. Aufl. 1993

Indische Mythen und Symbole - Kapitel 5: Die Göttin

Teil 1: Die Entstehung der Göttin

Die Legende von Kirttimukha zeigt uns, wie die gewaltsame Erregung eines Gottes in Form eines selbständigen Ungeheuers herausprojiziert oder externalisiert werden kann. Von solchen Erscheinungen überquillt es in den mythologischen Annalen Indiens. Shivas zerstörerische Gewalt ist rings um ihn herum in der Horde seiner zornvollen »Heerschar« niedergeschlagen, einem Schwarm kleinerer Shivas, die als »Rudras« nach der vedischen Bezeichnung des Gottes bekannt sind. Die Wut Devis, der Höchsten Göttin, kann als verschlingender Löwe oder Tiger projeziert werden. Eine Râjputmalerei des 17. Jh. zeigt sie als schwarze Dämonin, im menschenzerstörenden Zorn über ein Schlachtfeld dahingeifernd. Es handelt sich hier um eine Materialisation des vernichtenden Aspektes der Weltenmutter. Auf gleiche Weise kann sich ein Fluch personifizieren. Nach einer berühmten Mythe, die sich in Indien unter den nachvedischen brahmanischen Theologen entwickelte, machte sich der König der Götter, Indra, einer schrecklichen Sünde schuldig, als er den gliedlosen Drachen Vritra erschlug, um die Wasser des Kosmos aus seinen Schlingen zu lösen. Indem sie die Götter und Titanen unter die Angehörigen der Brahmanenkaste rechneten, behaupteten die späteren Kommentatoren, daß Indra mit der Vernichtung Vritras sich des abscheulichsten aller überhaupt möglichen Verbrechen schuldig gemacht hätte, nämlich der Tötung eines Brahmanen. Ein Mythos entstand, der den Gott-Helden durch einen unversöhnlichen weiblichen Oger verfolgt zeigt, der den Fluch seines Verbrechens verkörpert.