Krankheit aus der Sicht des Ayurveda

Aus Yogawiki

Krankheit aus der Sicht des Ayurveda

Krankheit aus der Sicht des Ayurveda

Eine kurze Zusammenfassung von Konzepten des Ayurveda, und wie wir diese Ayurveda-Konzepte nutzen können, um geeignete Hatha-Yoga-Übungen zu finden.

Auf unserem Internet-Kanal gibt es ja schon vieles über Ayurveda und über verschiedene Aspekte von Krankheit und Gesundheit. Heute möchte ich besonders darüber sprechen, wie wir über Ayurveda zu Hatha-Yoga-Übungen kommen, und auch wie wir unseren Lebensstil anpassen können, um Krankheiten besser angehen zu können.

Laut Ayurveda gibt es drei Hauptursachen von Erkrankungen: • Dosha-Übersteuerungen • Amas (Schlacken, Stoffwechselprodukte, Unreinheiten, Gifte) • zu wenig Agni (zu wenig Feuer im Bauch, zu wenig Verdauungsfeuer

1.) Dosha-Übersteuerungen Wenn man nun überlegen will, welche Hatha-Yoga-Übungen bei bestimmten Erkrankungen hilfreich sind, dann kann eine Diagnose hilfreich sein, welches Dosha übersteuert ist. Ich will das jetzt nicht zu sehr erläutern und gehe einfach davon aus, dass du diese Konzepte schon kennst (ansonsten steht dazu vieles auf unseren Internet-Seiten, so dass du dort eine Einführung bekommen kannst). Sind die Doshas aus dem Gleichgewicht, und insbesondere wenn ein Dosha übersteuert ist, dann kann Krankheit die Folge sein. Wenn Menschen in ihrem natürlichen Dosha-Verhältnis (ihrem Prakriti) sind, dann ist der Mensch gesund. Ist aber ein oder mehrere Doshas zu stark, dann nennt sich das Vikriti (ungesunder Dosha-Zustand), und das kann zu Krankheit führen. Wer Yoga übt, merkt manchmal etwas zügiger, dass etwas aus dem Gleichgewicht ist, und kann dann gegensteuern bevor er erkrankt ist. Manchmal gelingt dies aber auch Yoga-Übenden nicht, und sie merken es erst, wenn die Krankheit da ist.

Wenn man zu viel Vata hat, dann zeigt sich das z.B. durch Schmerzen, Nervosität, Schlafstörungen, Unruhe und Ängste. Damit zusammen hängen auch verschiedene Erkrankungen. Wenn also eine Krankheit damit zusammenhängt, dann ist es oft eine sogenannte Vata-Krankheit. Dann kann man überlegen: „Wie kann ich mit Hatha-Yoga-Maßnahmen Vata reduzieren?“ Natürlich gibt es im Ayurveda Ernährungsempfehlungen, Kräuter und Gewürze, spezielle Massagen, Öle und Reinigungstechniken. Vom Standpunkt des Yoga her würde man sagen: Um Vata wieder zu normalisieren, muss man insbesondere wärmen und beruhigen. Wärmen und Beruhigen tun wir beispielsweise durch Kriyas wie Agni Sara, Nauli und Ujjayi, bei den Pranayamas durch Surya Bedha und Ujjayi (wobei wir Kapalabhati tief und kräftig machen, nicht schnell und oberflächlich). Es ist wichtig, sich zu erden (z.B. durch Standstellungen), und man kann sich innerlich zentrieren, z. B. durch Konzentration im Bauchbereich (tiefe Bauchatmung) oder durch Konzentration auf die Wirbelsäule, welche Festigkeit gibt. Es ist auch gut, die Asanas länger zu halten (z.B. Vorwärtsbeuge, Drehsitz). Auch der Pfau gilt als gut gegen Vate-Störungen, er ist allgemein Tridosha-harmonisierend. Wenn man allerdings Vata im Gleichgewicht hat, dann braucht man Vata nicht zu reduzieren. Manchmal wird geraten: Wer hohes Vata hat, der sollte die Stellungen lange halten, einen immer geregelten Tagesablauf und erdende Ernährung haben usw. Das stimmt nicht! Ein Mensch, der zwar viel Vata hat, aber dabei im Gleichgewicht ist und sich gut fühlt, der soll sein Vata nutzen: Neue Variationen üben, die Flexibilität entwickeln, seine Talente nutzen, kreativ sein, auf Menschen zugehen usw. Aber wenn eine Erkrankung da ist, die zu viel Vata hat, dann kann man mit diesem und anderen Ratschlägen sein Vata reduzieren und damit die Krankheit zügiger heilen.

Das zweite Dosha, welches übersteuert sein kann, ist Pitta. Pitta kann man gut als „Feuer“ übersetzen. Pitta bedeutet, dass der Mensch heiß ist, dass er Entzündungen, Allergien oder Geschwüre hat. Oft ist Pitta verbunden mit Wut, Frust, innerer Hitze und auch mit Fieber. Wenn du also eine Erkrankung hast, die mit einem dieser Symptome einher geht, dann könnte es an Pitta-Übersteuerung liegen. Du kannst dann zusätzlich zu all dem anderen, was hilfreich ist, einiges tun, um Pitta zu harmonisieren. Es gibt Atemübungen (Wechselatmung und danach Sitari, Sitkari oder Chandra Bedha üben, auch Mursha ist geeignet). Bei zu viel Pitta ist es wichtig, den Wettbewerbsgedanken aus der ganzen Yogapraxis heraus zu nehmen (zumindest bis Pitta wieder etwas beruhigt ist), und man kann die Asanas mittellang oder auch länger halten. Auch Tiefenentspannung, Yoga Nidra und Meditation sind wichtig. Man kann auch einiges tun, um zu kühlen, z.B. kältere Getränke, Kneipp'sche Güsse usw. Tiefenentspannung ist bei beginnender Pitta-Übersteuerung hilfreich, man kann das sogar zwei- oder dreimal am Tag machen.

Das dritte Dosha, was übersteuert sein kann, ist Kapha. Dass eine Krankheit mit einem Übermaß an Kapha zu tun haben könnte, erkennt man an Ödemen, Adipositas, Verschleimungen, Wasseransammlungen usw. Kapha ist letztlich das Wasser-Erde-Prinzip (so wie Vata das Luft-Prinzip und Pitta das Feuer-Prinzip sind). Wenn man zu viel Kapha hat, muss man etwas tun, um Kapha zu reduzieren. Insbesondere gelten Kriyas als hilfreich. Einfache Kriyas sind Kapalabhati, Agni Sara, Tratak und einfaches Neti. Noch massiver wirken z.B. Einläufe, Kunjal Kriya und auch Uddiyana Bandha. Unter den Pranayamas sind es insbesondere Ujjayi und Surya Bedha (beide nach der Wechselatmung üben), und man Ujjayi auch in die Asanas integrieren. Auch schnelles und sanftes Kapalabhati ist gut gegen Kapha. Vor allem müssen natürlich auch ein Übermaß erst einmal durch Motivation angegangen werden, also es gilt die Motivation zum Üben zu bekommen. Diese hier genannten Techniken helfen, dass einer, der zu viel Kapha hat, letztlich auch üben kann.

Was ich bei Vata gesagt habe, gilt auch bei Pitta und Kapha: Man kann auch ein hohes Pitta haben und trotzdem gesund sein. Wenn man hohes Pitta hat, dann wird man konsequent sein und sich fordern, man will die optimale Yoga-Praxis machen – und das kann der Pitta-Typ ruhig machen. Nur falls Pitta übersteuert ist, dann muss er zwei Gänge runter schalten, mehr entspannen, sanfter üben und den Leistungsgedanken raus bringen. Ein Kapha-Typ im Gleichgewicht wird einfach gemütlich die Sachen üben, die ihm gut tun. Er sollte die Asanas so üben, dass er sich darauf freut. Das erste und das letzte, was er macht, sollte eher gemütlich sein – so kann er oder sie sich dazu motivieren. Wenn es allerdings zu viel Kapha ist, dann muss er etwas tun, um Bewegung und Wärme hinein zu bringen.

2.) Ama Ama ist die zweite Ursache für Erkrankungen, sie kann manchmal auch erst zu Dosha-Übersteuerungen führen. Ama wird oft übersetzt als Unreinheiten, Stoffwechselprodukte, Schlacken, Toxine, Ablagerungen, Blockaden usw. Manchmal sagen die Mediziner, dass der menschliche Körper keine Schlacken hätte. Rein chemisch gesehen ist das sicherlich richtig: Schlacken ist ja ursprünglich der Ausdruck für die Abfallprodukte der Stahlverhüttung. In einem anderen Sinne hat der Mensch das aber sehr wohl: • Es gibt Ablagerungen im Zwischenzellgewebe, es gibt Verkalkungen von Sehnenansätzen (wie man es z.B. in der Kalkschulter hat), • es gibt Kristalle, die sich in die Gelenke hineinbegeben können, • in den Zellen kann es Ablagerungen geben, • beim Rauchen können sich in den Lungen Teerstoffe ansammeln usw.

Der Mensch hat also sehr wohl alle möglichen Stoffwechselprodukte in sich, und wenn die Selbstreinigungsprozesse des Körpers nicht richtig funktionieren, dann kann das zu Ansammlungen und Erkrankungen führen. So ist es also wichtig, dass man Amas abbaut. In der Hatha Yoga Pradipika werden dazu einige Tipps gegeben. Zum Einen wird gesagt, dass man Kriyas üben soll, insbesondere also die sechs Reinigungsübungen Tratak, Neti, Dhauti, Kapalabhati, Nauli und Basti. Des weiteren gibt es noch Shank Prakshalana. Im Ayurveda gibt es natürlich auch noch Panchakarma oder Ama-Kuren. Im Hatha Yoga wird auch Fasten empfohlen, am besten in Verbindung mit Kriya. Dann gibt es bestimmte Pranayamas (insbesondere Wechselatmung und Kapalabhati), die helfen, Amas abzubauen. Es gibt Asanas, die Ama reduzieren. In der Hatha Yoga Pradipika werden dazu insbesondere Vorwärtsbeuge, Drehsitz und der Pfau genannt. Dann gibt es natürlich noch einiges aus dem Ayurveda. Es gibt das Ayurveda-Wasser, Triphala und andere Kräuter, die Panchakarma-Kuren usw. Es wird auch gesagt: Wenn Amas stark werden und Agni schwach, dann kommen die Doshas aus dem Gleichgewicht. Bei den meisten gilt es auch, Amas zu reduzieren.

3.) Agni Agni ist der dritte Aspekt, der wichtig ist zu verstehen. Agni ist das Verdauungsfeuer. Im Ayurveda wird gesagt: „Wenn Agni nicht richtig funktioniert, dann werden die Nährstoffe nicht richtig verdaut und nicht richtig umgewandelt, denn Agni ist das Prinzip der Umwandlung.“ Agni ist aber nicht nur das Verdauungsfeuer, sondern auch die Energie hinter allen Stoffwechselprozessen. Ist Agni schwach, dann funktionieren die Stoffwechselprozesse nicht, und es entstehen wiederum Ama. Ama hat letztlich zwei Ursachen: Zum Einen essen wir etwas, was nicht gut ist (oder wir nehmen über die Haut oder die Atmung Stoffe auf, die nicht gut sind). Zum zweiten haben wir kein ausreichendes Agni, der Stoffwechsel ist dann gestört.

So gilt es, Agni zu steigern: • Dies können wir durch bestimmte Pranayamas. Dazu gehören insbesondere Kapalabhati und Bauchatmung, auch Ujjayi, Surya Bedha und Bhastrika. • Dann gibt es bestimmte Kriyas, die dafür besonders geeignet sind, z.B. Agni Sara. • In der Hatha Yoga Pradipika werden bestimmte Asanas genannt, die Agni steigern. Dazu gehören insbesondere Pashimottanasana, Ardha Matsyendrasana, Shirshasana, Sarvangasana und Mayurasana. Allgemein werden die Asanas länger gehalten, bei tiefer Bauchatmung. • Es gibt auch Tipps (eher aus dem Ayurveda) für die Ernährung, um Agni zu steigern: Trinken von Ingwerwasser, eine Scheibe Ingwer vor dem Essen, geriebenen Ingwer zum Essen, bestimmte Kräuter und scharfe Gewürze zu sich nehmen usw.

In diesem Sinne kann man Agni erhöhen, Amas reduzieren, ein übersteuertes Dosha wieder herunterfahren, und dann geht es von den Erkrankungen in die Heilung hinein. So kannst du auch Ayurveda-Konzepte nutzen, um mit Erkrankungen anders umzugehen, und Hatha Yoga Übungen so auszuwählen, dass sie zur Heilung führen.

Es gäbe über Ayurveda noch sehr viel mehr zu sagen, ich möchte mich hier aber beschränken auf das Thema: „Wie kann man (aus der Sicht des Ayurveda) Hatha Yoga bei Krankheiten einsetzen.“ Also: „Wichtige Prinzipien, um aus der Sichtweise des Ayurveda Hatha Yoga Übungen auszuwählen.“

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