Brahma Sutra mit einfacher Übersetzung und Kommentar: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Yogawiki
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'''āvr̥ttiḥ asakr̥d-upadeśāt 4.1.1.'''<br>
'''āvr̥ttiḥ asakr̥d-upadeśāt 4.1.1.'''<br>
Wiederholung – wegen der vielfachen Unterweisung.<br>
Wiederholung – wegen der vielfachen Unterweisung.<br>''
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āvr̥ttiḥ'' – Wiederholung; ''asakṛt-upadeśāt'' – wegen mehrfacher Unterweisung<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āvr̥ttiḥ'' – Wiederholung; ''asakṛt-upadeśāt'' – wegen mehrfacher Unterweisung<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Die Unterweisung muss immer wieder wiederholt werden. ''' <br>
''Kommentar:'' Das Wiederholen der Meditation ist notwendig, da die Schriften es mehrfach gebieten.   
''Kommentar:'' Das Wiederholen der Meditation ist notwendig, da die Schriften es mehrfach gebieten.   


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Und auch wegen der Kennzeichen.<br>
Und auch wegen der Kennzeichen.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''liṅgāt'' – wegen der Kennzeichen; ''ca'' – und<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''liṅgāt'' – wegen der Kennzeichen; ''ca'' – und<br>
''Alternative Übersetzung'': ''' bis man die Kennzeichen (des befreiten Weisen) erlangt hat. ''' <br>
''Kommentar:'' Hinweise in den Texten zeigen, dass Wiederholung erforderlich ist.   
''Kommentar:'' Hinweise in den Texten zeigen, dass Wiederholung erforderlich ist.   


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„Es ist das Selbst“ – so nehmen sie es an und lehren es.<br>
„Es ist das Selbst“ – so nehmen sie es an und lehren es.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ātmeti'' – „es ist das Selbst“; ''tu'' – jedoch; ''upagacchanti'' – sie nehmen an; ''grāhayanti ca'' – und lehren es<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ātmeti'' – „es ist das Selbst“; ''tu'' – jedoch; ''upagacchanti'' – sie nehmen an; ''grāhayanti ca'' – und lehren es<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Über das Selbst sollte man meditieren. Das Selbst sollte man lehren. Vom Selbst sollte man ausgehen. ''' <br>
''Kommentar:'' Die Schriften erklären ausdrücklich, dass es das Selbst ist, das Gegenstand der Meditation.   
''Kommentar:'' Die Schriften erklären ausdrücklich, dass es das Selbst ist, das Gegenstand der Meditation.   


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Nicht auf Symbole, denn das ist er nicht.<br>
Nicht auf Symbole, denn das ist er nicht.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''na pratīke'' – nicht auf Symbole; ''na hi saḥ'' – denn er ist das nicht<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''na pratīke'' – nicht auf Symbole; ''na hi saḥ'' – denn er ist das nicht<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Meditation auf Symbole reicht nicht aus. ''' <br>
''Kommentar:'' Meditation bezieht sich nicht auf Symbole, sondern direkt auf Brahman.   
''Kommentar:'' Meditation bezieht sich nicht auf Symbole, sondern direkt auf Brahman.   


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Die Schau auf Brahman – wegen seiner Überlegenheit.<br>
Die Schau auf Brahman – wegen seiner Überlegenheit.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''brahma-dṛṣṭiḥ'' – Schau auf Brahman; ''utkarṣāt'' – wegen der Überlegenheit<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''brahma-dṛṣṭiḥ'' – Schau auf Brahman; ''utkarṣāt'' – wegen der Überlegenheit<br>
''Kommentar:'' Brahman ist das Höchste, daher soll die Meditation auf ihn gerichtet sein.   
''Kommentar:'' '''Brahman ist das Höchste, daher soll die Meditation auf ihn gerichtet sein.'''  




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Doch Vorstellungen wie Sonne usw. – als Hilfsmittel, wegen der Zweckmäßigkeit.<br>
Doch Vorstellungen wie Sonne usw. – als Hilfsmittel, wegen der Zweckmäßigkeit.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āditya-ādi'' – Sonne usw.; ''matayaḥ'' – Vorstellungen; ''ca'' – und; ''aṅga'' – als Hilfsmittel; ''upapatteḥ'' – wegen der Zweckmäßigkeit<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āditya-ādi'' – Sonne usw.; ''matayaḥ'' – Vorstellungen; ''ca'' – und; ''aṅga'' – als Hilfsmittel; ''upapatteḥ'' – wegen der Zweckmäßigkeit<br>
''Kommentar:'' Meditationen auf Sonne und andere Aspekte sind als Hilfsmittel erlaubt.   
''Alternative Übersetzung'': '''Meditation auf die Sonne und andere Vorstellungen sind als Hilfsmittel zweckmäßig  ''' <br>
''Kommentar:'' Meditationen auf Sonne und andere Aspekte sind als Hilfsmittel zweckmäßig.   




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Im Sitzen – weil es möglich ist.<br>
Im Sitzen – weil es möglich ist.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āsīnaḥ'' – sitzend; ''sambhavāt'' – weil es möglich ist<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''āsīnaḥ'' – sitzend; ''sambhavāt'' – weil es möglich ist<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Soweit es möglich ist, sollte man im Sitzen praktizieren... ''' <br>
''Kommentar:'' Meditation soll im Sitzen geübt werden, da dies praktischer ist.   
''Kommentar:'' Meditation soll im Sitzen geübt werden, da dies praktischer ist.   


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Und wegen der Meditation.<br>
Und wegen der Meditation.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''dhyānāt'' – wegen der Meditation; ''ca'' – und<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''dhyānāt'' – wegen der Meditation; ''ca'' – und<br>
''Alternative Übersetzung'': '''... um so in tiefe Meditation zu gelangen.  ''' <br>
''Kommentar:'' Meditation erfordert innere Sammlung, was im Sitzen leichter gelingt.   
''Kommentar:'' Meditation erfordert innere Sammlung, was im Sitzen leichter gelingt.   


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Auch wegen der Notwendigkeit der Bewegungslosigkeit.<br>
Auch wegen der Notwendigkeit der Bewegungslosigkeit.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''acalatvam'' – Bewegungslosigkeit; ''ca'' – auch; ''āpekṣya'' – wegen der Notwendigkeit<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''acalatvam'' – Bewegungslosigkeit; ''ca'' – auch; ''āpekṣya'' – wegen der Notwendigkeit<br>
''Kommentar:'' Körperliche Ruhe ist Voraussetzung für tiefe Meditation.   
''Kommentar:'' '''Körperliche Ruhe ist Voraussetzung für tiefe Meditation.'''  




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Auch die Überlieferung erinnert daran.<br>
Auch die Überlieferung erinnert daran.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''smaranti'' – sie erinnern, die Smṛtis; ''ca'' – auch<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''smaranti'' – sie erinnern, die Smṛtis; ''ca'' – auch<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Daran sollte man sich immer wieder erinnern. ''' <br>
''Kommentar:'' Auch die Smṛti-Texte erwähnen die Sitzhaltung für Meditation.   
''Kommentar:'' Auch die Smṛti-Texte erwähnen die Sitzhaltung für Meditation.   


Zeile 2.901: Zeile 2.909:
Wo Einpünktigkeit (gegeben ist) – dort wegen der Gleichheit.<br>
Wo Einpünktigkeit (gegeben ist) – dort wegen der Gleichheit.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''yatra'' – wo; ''ekāgratā'' – Einpünktigkeit; ''tatra'' – dort; ''aviśeṣāt'' – wegen der Gleichheit<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''yatra'' – wo; ''ekāgratā'' – Einpünktigkeit; ''tatra'' – dort; ''aviśeṣāt'' – wegen der Gleichheit<br>
''Kommentar:'' Jede Haltung ist akzeptabel, wenn Einpünktigkeit erreicht wird.   
''Kommentar:'' '''Jede Haltung ist akzeptabel, wenn Einpünktigkeit erreicht wird.'''  




Zeile 2.907: Zeile 2.915:
Bis zum Lebensende – auch dort ist es nämlich gesehen.<br>
Bis zum Lebensende – auch dort ist es nämlich gesehen.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ā prāyaṇāt'' – bis zum Hinscheiden; ''tatra api hi'' – auch dort nämlich; ''dṛṣṭam'' – ist gesehen<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ā prāyaṇāt'' – bis zum Hinscheiden; ''tatra api hi'' – auch dort nämlich; ''dṛṣṭam'' – ist gesehen<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Meditiere bis zum Lebensende - auch dort ist die tiefe meditative Schau möglich. ''' <br>
''Kommentar:'' Meditation ist bis zum letzten Atemzug möglich.   
''Kommentar:'' Meditation ist bis zum letzten Atemzug möglich.   


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Durch dessen Erkenntnis werden die früheren und späteren Sünden nicht verbunden und zerstört – wegen der Bezeichnung.<br>
Durch dessen Erkenntnis werden die früheren und späteren Sünden nicht verbunden und zerstört – wegen der Bezeichnung.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''tat-adhigamaḥ'' – dessen Erkenntnis; ''uttara-pūrva-āghayoḥ'' – der späteren und früheren Sünden; ''aśleṣa-vināśau'' – Nicht-Verbindung und Zerstörung; ''tat-vyapadeśāt'' – wegen der Bezeichnung<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''tat-adhigamaḥ'' – dessen Erkenntnis; ''uttara-pūrva-āghayoḥ'' – der späteren und früheren Sünden; ''aśleṣa-vināśau'' – Nicht-Verbindung und Zerstörung; ''tat-vyapadeśāt'' – wegen der Bezeichnung<br>
''Kommentar:'' Erkenntnis Brahmans zerstört vergangenes und künftiges Karma.   
''Kommentar:'' '''Erkenntnis Brahmans zerstört vergangenes und künftiges Karma.'''  




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Auch für den anderen (Karma) gilt die Nichtverbindung – doch im Fall des Sturzes (aus der Meditation) nicht.<br>
Auch für den anderen (Karma) gilt die Nichtverbindung – doch im Fall des Sturzes (aus der Meditation) nicht.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''itarasya api'' – auch des anderen; ''evam'' – so; ''asaṁśleṣaḥ'' – Nichtverbindung; ''pāte tu'' – jedoch beim Fall<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''itarasya api'' – auch des anderen; ''evam'' – so; ''asaṁśleṣaḥ'' – Nichtverbindung; ''pāte tu'' – jedoch beim Fall<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Durch tiefe Meditation löste man sich aus allen Bindungen. Man kann aber wieder zurückfallen in die Gebundenheit''' <br>
''Kommentar:'' Bei beständiger Erkenntnis verbindet sich kein Karma; bei Abfall jedoch wirkt es wieder.   
''Kommentar:'' Bei beständiger Erkenntnis verbindet sich kein Karma; bei Abfall jedoch wirkt es wieder.   


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Nur bei noch nicht begonnenem Werk jedoch gilt die frühere Zerstörung – wegen der Grenze.<br>
Nur bei noch nicht begonnenem Werk jedoch gilt die frühere Zerstörung – wegen der Grenze.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''anārabdha-kārye'' – bei nicht begonnenem Werk; ''eva tu'' – nur aber; ''pūrve'' – früheres; ''tat-avadeḥ'' – wegen der Grenze<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''anārabdha-kārye'' – bei nicht begonnenem Werk; ''eva tu'' – nur aber; ''pūrve'' – früheres; ''tat-avadeḥ'' – wegen der Grenze<br>
''Kommentar:'' Zerstört wird nur Karma, das noch nicht wirksam begonnen hat.   
''Kommentar:'' '''Zerstört wird nur Karma, das noch nicht wirksam begonnen hat'''.   




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Das Agnihotra u.a. jedoch nur für dessen Wirkung – wegen der Schriftzeugung.<br>
Das Agnihotra u.a. jedoch nur für dessen Wirkung – wegen der Schriftzeugung.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''agnihotra-ādi'' – Agnihotra usw.; ''tu'' – jedoch; ''tat-kāryāya eva'' – nur für dessen Wirkung; ''tat-darśanāt'' – wegen der Schriftzeugung<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''agnihotra-ādi'' – Agnihotra usw.; ''tu'' – jedoch; ''tat-kāryāya eva'' – nur für dessen Wirkung; ''tat-darśanāt'' – wegen der Schriftzeugung<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Agnihotra und andere Rituale werden praktiziert wegen ihrer besonderen Wirkungen. ''' <br>
''Kommentar:'' Rituale wie Agnihotra gelten nur zur Erreichung ihrer besonderen Früchte.   
''Kommentar:'' Rituale wie Agnihotra gelten nur zur Erreichung ihrer besonderen Früchte.   


Zeile 2.937: Zeile 2.948:
Und auch anderes, so (ist die Meinung) einiger – in beiden Fällen.<br>
Und auch anderes, so (ist die Meinung) einiger – in beiden Fällen.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ataḥ'' – daher; ''anyat api'' – auch anderes; ''iti'' – so; ''ekeṣām'' – einiger; ''ubhayoḥ'' – in beiden Fällen<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''ataḥ'' – daher; ''anyat api'' – auch anderes; ''iti'' – so; ''ekeṣām'' – einiger; ''ubhayoḥ'' – in beiden Fällen<br>
''Kommentar:'' Manche Lehrer sehen die Verbindung von Ritual und Wissen in beiden Hinsichten.   
''Kommentar:'' '''Manche Lehrer sehen die Verbindung von Ritual und Wissen.'''.   




Zeile 2.943: Zeile 2.954:
Denn nur das (gilt) als Wissen.<br>
Denn nur das (gilt) als Wissen.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''yat eva'' – nur das; ''vidyayā'' – durch Wissen; ''iti hi'' – denn so<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''yat eva'' – nur das; ''vidyayā'' – durch Wissen; ''iti hi'' – denn so<br>
''Kommentar:'' Nur das, was aus Wissen hervorgeht, gilt als wahres Wissen.   
''Kommentar:'' '''Es geht nur um das, was aus Wissen hervorgeht'''.   




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Doch teilweise – die anderen (Karmas) verzehrend – wird er zur Vereinigung gelangen.<br>
Doch teilweise – die anderen (Karmas) verzehrend – wird er zur Vereinigung gelangen.<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''bhāgena'' – teilweise; ''tu'' – jedoch; ''itare'' – die anderen (Karmas); ''kṣapayitvā'' – verzehrend; ''sampatsyate'' – wird er zur Vereinigung gelangen<br>
Wort-für-Wort-Übersetzung: ''bhāgena'' – teilweise; ''tu'' – jedoch; ''itare'' – die anderen (Karmas); ''kṣapayitvā'' – verzehrend; ''sampatsyate'' – wird er zur Vereinigung gelangen<br>
''Alternative Übersetzung'': '''Manche Karmas müssen ausgearbeitet sein, bevor man zur Vereinigung kommt'''.<br>
''Kommentar:'' Teilweise werden Karmas aufgebraucht, bevor Befreiung erlangt wird.   
''Kommentar:'' Teilweise werden Karmas aufgebraucht, bevor Befreiung erlangt wird.   




'''iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ'''<br>
'''iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ'''<br>
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).
'''So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).'''


===Pada 1===
===Pada 1===

Version vom 26. November 2025, 21:12 Uhr

Brahma Sutra mit einfacher Übersetzung und Kommentar: Hier findest du das vollständige Brahma Sutra Sanskrit Text (IAST), vereinfachte Übersetzung, Wort-für-Wort Übersetzung und einfachem Kommentar. Für umfassenderen Kommentar und mehr Hintergrundinformationen gehe bitte zum Hauptartikel Brahma Sutra. Eine tiefgehende Abhandlung ist auch der Kommentar von Swami Sivananda zum Brahma Sutra. Hier spricht der Text für sich ohne allzu viel Kommentar. Hinweis: Um einen einfachen Zugang zum Text zu finden, lies einfach nur die fett gedruckten Teile. Behalte aber im Hinterkopf, dass diese Übersetzung um der Verständlichkeit willen stark vereinfacht wurde.

Adhyaya 1

Pada 1

oṁ athāto brahmajijñāsā 1.1.1.

Nun also das Streben nach der Erkenntnis des Brahman.

Wort-für-Wort-Übersetzung: oṁ – Urklang, Einleitung; athaḥ – nun, also; ataḥ – daher, deshalb; brahma – das Absolute, Brahman; jijñāsā – Streben nach Erkenntnis, Wunsch zu wissen

Kommentar: Dies ist das erste Sūtra des Brahma Sūtra. Es leitet das Werk mit der Aufforderung ein, sich nach eingehender Vorbereitung der höchsten Aufgabe zuzuwenden: der Erkenntnis des Brahman.

janmādy asya yataḥ 1.1.2.

Aus dem (Unendlichen, Brahman) kommt Ursprung, Fortbestehen und Auflösung dieser Welt .

Wort-für-Wort-Übersetzung: janma – Geburt, Entstehung; ādi – und so weiter, d.h. auch Bestand, Auflösung; asya – von diesem (Universum, der Welt); yataḥ – aus dem, von welchem

Kommentar: Dies ist das erste Sūtra des Brahma Sūtra und definiert Brahman als die Ursache aller Ursachen – Ursprung, Erhaltung und Auflösung des Universums.

oṁ śāstrayonitvāt 1.1.3.

Die Schriften (Śāstra) sind die Quelle des Wissens über Brahman.

Wort-für-Wort-Übersetzung: oṁ – Urklang, Einleitung; śāstra – die Heilige Schrift, Offenbarung; yoni – Ursprung, Quelle; tvāt – weil, aufgrund von

Kommentar: Brahman ist nicht durch Sinneswahrnehmung oder gewöhnliches Denken erkennbar, sondern nur durch die Schriften. Deshalb gilt die Śruti (z. B. die Upaniṣaden) als maßgebliche Erkenntnisquelle.

tattu samanvayāt 1.1.4.

Über dieses (Brahman) gibt es viele Darlegungen, die in Übereinstimmung zu bringen sind.

Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – dieses, das (Brahman); tu – jedoch, aber; samanvayāt – aufgrund der Übereinstimmung, harmonischen Darlegung

Kommentar: Obwohl die Schriften viele Themen behandeln, ist Brahman ihr gemeinsamer Bezugspunkt und Ziel. Alle Śruti-Texte stimmen darin überein, Brahman als die höchste Wirklichkeit zu lehren.

īkṣater nāśabdam 1.1.5.

Brahman ist nicht nur Konzept. Vielmehr muss Brahman geschaut, verwirklicht werden. Weil (Brahman) als das Schauende (das Willenshabende) beschrieben wird, kann es nicht das bloße, unbeseelte Wort (śabda) sein.

Wort-für-Wort-Übersetzung: īkṣateḥ – wegen des Schauens, des Willensaktes; na – nicht; aśabdam – nicht bloßes Wort, nicht nur Laut

Kommentar: Hier wird klargestellt, dass die Ursache des Universums nicht ein lebloser Klang oder nur ein Wort ist, sondern ein bewusstes, willenskräftiges Prinzip – Brahman.

gauṇaś cen nātmaśabdāt 1.1.6.

Brahman existiert nicht nur im übertragenen Sinne - sondern es ist das Selbst in allen Wesen.

Wort-für-Wort-Übersetzung: gauṇaḥ – im übertragenen Sinn; cet – wenn; na – nicht; ātmaśabdāt – wegen des Wortes „Ātman“

Kommentar: Da die Schriften Brahman ausdrücklich als Ātman (das Selbst) bezeichnen, kann es nicht bloß im übertragenen Sinn verstanden werden.


tanniṣṭhasya mokṣopadeśāt 1.1.7.

Durch rechte Belehrung wird man in Brahman etabliert und erreicht Befreiung.

Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – jenes (Brahman); niṣṭhasya – des in ihm Feststehenden; mokṣa – Befreiung; upadeśāt – wegen der Belehrung

Kommentar: Die Schriften lehren Befreiung für den, der in Brahman verankert ist. Das bestätigt, dass Brahman die höchste Wirklichkeit ist.


heyatvāvacanācca 1.1.8.

Brahman kann nicht abgelehnt noch ignoriert werden.

Wort-für-Wort-Übersetzung: heyatva – Abzulehnendes; avacanāt – wegen des Nichtgesagtseins; ca – und

Kommentar: Brahman wird niemals als etwas zu Vermeidendes dargestellt, sondern als das Höchste, nach dem zu streben ist.


svāpyayāt 1.1.9.

Weil alles in Brahman aufgeht.

Wort-für-Wort-Übersetzung: svāpyayāt – wegen des Zurückgehens, Aufgehens (in Brahman)

Kommentar: In den Schriften heißt es, dass alle Wesen am Ende wieder in Brahman eingehen. Dies bestätigt Brahman als die Ur- und Endursache.


gatisāmānyāt 1.1.10.

Brahman ist das gemeinsame Ziel aller.

Wort-für-Wort-Übersetzung: gati – Ziel, Weg; sāmānyāt – aufgrund der Gemeinsamkeit

Kommentar: Obwohl es viele Lehrstellen gibt, weisen sie alle übereinstimmend Brahman als das höchste Ziel aus.


śrutatvācca 1.1.11.

So sagen es die Schriften (insbesondere die Upanishaden).

Wort-für-Wort-Übersetzung: śrutatvāt – weil gehört, weil in der Śruti überliefert; ca – und

Kommentar: Die Upaniṣaden verkünden eindeutig Brahman als Ursache und Ziel. Damit ist seine Autorität direkt aus der Offenbarung begründet.

ānandamayo'bhyāsāt 1.1.12.
Brahman besteht aus reiner Glückseligkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ānandamayaḥ – aus Glückseligkeit bestehend; abhyāsāt – aufgrund der Wiederholung
Kommentar: Brahman wird in den Upaniṣaden beständig als Glückseligkeit beschrieben, was seine Natur kennzeichnet.


vikāraśabdān neti cen na prācuryāt 1.1.13.
Brahman ist Überfülle von Glückseligkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vikāra – Veränderung; śabdāt – aufgrund des Wortgebrauchs; na – nicht; iti – so; cet – wenn; na – nein; prācuryāt – wegen Häufigkeit (des anderen Gebrauchs)
Kommentar: Das Wort „maya“ bedeutet hier nicht „gebildet aus“, sondern „übervoll von“ – Brahman ist Überfülle an Glückseligkeit.


taddhetuvyapadeśācca 1.1.14.
Brahman ist die Ursache der Welt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – das (Brahman, Glückseligkeit); hetu – Ursache; vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung; ca – und
Kommentar: Die Schriften sprechen von Glückseligkeit als Ursache der Welt – dies kann sich nur auf Brahman beziehen.


māntravarṇikam eva ca gīyate 1.1.15.
Durch Mantra Gesang wird Brahman verwirklicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: māntra – zu den Mantras gehörig; varṇikam – beschreibend; eva – tatsächlich, gewiss; ca – und; gīyate – wird gesungen, gepriesen
Kommentar: Auch die Mantra-Abteilung der Veden besingt Brahman als Glückseligkeit und bestätigt so die Lehre der Upaniṣaden.


netaro'nupapatteḥ 1.1.16.
Neben Brahman gibt es nichts weiteres"'.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; itaraḥ – ein anderes; anupapatteḥ – wegen der Unmöglichkeit, Unangemessenheit
Kommentar: Nur Brahman, nicht ein anderes Prinzip, kann das hier Gemeinte sein, da nur Brahman die Merkmale erfüllt.


bhedavyapadeśācca 1.1.17.
Scheinbare Unterschiede sind nur Bezeichnungen - in Wahrheit gibt es nur das Eine.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bheda – Unterschied; vyapadeśāt – wegen der Benennung, Erwähnung; ca – und
Kommentar: Die Schriften machen klar, dass Brahman sich von der Welt unterscheidet, auch wenn alles in ihm gegründet ist.

kāmācca nānumānāpekṣā 1.1.18.
Brahman wird erfahren aufgrund tieferer innerer Sehnsucht und innerer Notwendigkeit, nicht aufgrund bloßer intellektueller Überlegungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāmāt – aufgrund der Wünsche; ca – und; na – nicht; anumāna – Schlussfolgerung, Vermutung; āpekṣā – Bedürfnis, Notwendigkeit
Kommentar: Brahman wird ausdrücklich als Sitz aller Wünsche beschrieben – daher ist keine zusätzliche, nur logische Ableitung erforderlich.


asminn asya ca tadyogaṁ śāsti 1.1.19.
Und es wird gelehrt, dass dieses (Brahman) mit jenem (Individuum) verbunden ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asmin – in diesem (Brahman); asya – dessen (des Jīva); ca – und; tat – das; yogam – Verbindung, Einheit; śāsti – lehrt, verkündet
Alternative Übersetzung: Die Schriften lehren die Einheit von Individuum und Brahman.


antas taddharmopadeśāt 1.1.20.
Dieses Brahman ist im Inneren erfahrbar durch Dharma, Erfüllung der Pflicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antaḥ – im Inneren; tat – dessen (Brahmans); dharma – Eigenschaften; upadeśāt – wegen der Belehrung
Kommentar: In den Upaniṣaden wird Brahman als das innere Selbst mit seinen Eigenschaften beschrieben. Dies zeigt, dass Brahman das innerste Wesen ist.

bhedavyapadeśāccānyaḥ 1.1.21.
Unterschiede mögen erwähnt werden - aber das ist etwas anderes .
Wort-für-Wort-Übersetzung: bheda – Unterschied; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung; ca – und; anyaḥ – ein anderes
Kommentar: Auch wenn manchmal in den Schriften Unterschiede gemacht werden zwischen Individuum und Brahman, sind beide doch gleich.

ākāśas talliṅgāt 1.1.22.
Der unendliche Raum ist ein Symbol für Brahman
Wort-für-Wort-Übersetzung: ākāśaḥ – der Raum, Äther; tat – das; liṅgāt – wegen der Merkmale, Hinweise
Kommentar: In den Schriften wird ākāśa als aus Brahman hervorgegangen bezeichnet, was auf Brahman als Ursache verweist.


ata eva prāṇaḥ 1.1.23.
Auch Leben ist Brahman.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – ebenso, aus demselben; prāṇaḥ – der Lebenshauch
Kommentar: Da die Schriften lehren, dass auch der Prāṇa aus Brahman hervorgeht, ist Brahman als Urgrund bestätigt.


jyotiś caraṇābhidhānāt 1.1.24.
Brahman kann als Licht verehrt werden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotiḥ – Licht; caraṇa – Verehrung, Praxis; abhidhānāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Die Schriften bezeichnen das Licht als Gegenstand ritueller Verehrung und identifizieren es mit Brahman.


chando'bhidhānān neti cen na tathāceto'rpaṇanigadāt tathā hi darśanam 1.1.25.
Durch Hingabe und Ausrichtung des Geistes kommt man zur Schau des Lichts, nicht einfach nur durch Worte und Rezitationen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: chandas – Metrum; abhidhānāt – wegen der Benennung; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; tathā – so; cetas – des Geistes; arpaṇa – Hingabe, Ausrichtung; nigadāt – wegen der Lehre; tathā hi – denn so; darśanam – Schau, Erfahrung
Kommentar: Das Wort „Licht“ bezeichnet hier nicht bloß das Metrum, sondern Brahman, da die Schriften von der geistigen Hinwendung zu ihm sprechen.


bhūtādipādavyapadeśopapatteś caivam 1.1.26.
Alle Elemente und Wesen kann man als Teile von Brahman ansehen, denn sie sind aus ihm hervorgegangen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhūta – Elemente, Wesen; ādi – und andere; pāda – Abschnitte, Teile; vyapadeśa – Bezeichnung; upapatteḥ – wegen dem Hervorkommen; ca – und; evam – so
Kommentar: Auch bei den Elementen usw. wird Brahman als ihre Ursache bezeichnet – dies ist konsistent.


upadeśabhedān neti cen nobhayasminn apy avirodhāt 1.1.27.
Es mag scheinbare Unterschiede in den Belehrungen (der Schriften) geben. In Wahrheit widersprechen sie sich nicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upadeśa – Belehrung; bhedāt – wegen der Unterschiede; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; ubhayasmin – in beiden; api – auch; avirodhāt – wegen der Widerspruchslosigkeit
Kommentar: Unterschiedliche Ausdrucksweisen der Schriften widersprechen sich nicht, sondern verweisen auf ein und dasselbe Brahman.


prāṇas tathānugamāt 1.1.28.
Auch auf Prāṇa wird in den Schriften immer wieder Bezug genommen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāṇaḥ – der Lebenshauch; tathā – so, ebenso; anugamāt – wegen der fortlaufenden Bezugnahme
Kommentar: Da die Upaniṣaden den Prāṇa beständig in Zusammenhang mit Brahman erwähnen, ist klar, dass er mit Brahman verbunden ist.


navaktur ātmopadeśād iti ced adhyātmasaṁbandhabhūmā hy asmin 1.1.29.
Hier geht es nicht um eine äußere Person oder den Lehrer – die Lehre richtet sich auf das Selbst. Hier geht es um die innere Wahrheit, das Unendliche, das Ewige
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; vaktuḥ – vom Sprecher; ātma – das Selbst; upadeśāt – wegen der Belehrung; iti cet – wenn so; na – nein; adhyātma – das Innere, das Selbst; saṁbandha – Zusammenhang; bhūmā – die Fülle, Unendlichkeit; hi – in der Tat; asmin – hierin
Kommentar: Der Bezug auf Prāṇa zielt auf das innere Selbst und auf die Fülle (bhūmā) – Brahman – und nicht bloß auf den physischen Atem.


śāstradṛṣṭyā tūpadeśo vāmadevavat 1.1.30.
Diese Unterweisung geschieht nicht als intellektuelle Belehrung, sondern aus der Schau des Selbst heraus – so wie bei Vāmadeva, der in der Erkenntnis ‚Ich bin das All‘ erwachte.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śāstra – die Schrift; dṛṣṭyā – nach der Sicht, nach der Lehre; tu – jedoch; upadeśaḥ – Belehrung; vāmadeva – der Weise Vāmadeva; vat – wie
Kommentar: Wie Vāmadeva in den Upaniṣaden die Einheit mit Brahman erkannte, so ist auch hier die Belehrung aus der Sicht der Schrift zu verstehen.


jīvamukhyaprāṇaliṅgān neti cen nopāsatraividyādāśritatvād iha tadyogāt 1.1.31.
Wahre Verehrung dreht sich nicht um Jiva (das Individuum) und sein Prana (Lebensenergien. Vielmehr will die Dreiheit der Veden zur Vereinigung mit Diesem (Brahman) führen.

Alternative Übersetzung: Wenn man meint, es beziehe sich auf den individuellen Jīva oder den Haupt-Prāṇa, wegen der Merkmale – nein, denn hier besteht die Verbindung mit Verehrung und der dreifachen Wissenschaft (des Opfers).
Wort-für-Wort-Übersetzung: jīva – das individuelle Selbst; mukhya-prāṇa – der Haupt-Lebenshauch; liṅgāt – wegen der Kennzeichen; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; upāsana – Verehrung; traividya – die dreifache Wissenschaft (die Veden); āśritatvāt – wegen der Bezugnahme; iha – hier; tat – diese; yogāt – wegen der Verbindung
Kommentar: Auch wenn Merkmale auf Jīva oder Prāṇa hindeuten, zeigt der Kontext der Verehrung und der vedischen Lehre, dass Brahman gemeint ist.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu prathamādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ

So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda (Abschnitt) des ersten Adhyāya (Kapitels).

Wort-für-Wort-Übersetzung: iti – so, hiermit; śrīmat – ehrwürdig, heilig; kṛṣṇa-dvaipāyana – Vyāsa, Sohn der Satyavatī; kṛta – verfasst, gemacht; brahmasūtreṣu – in den Brahma-Sūtras; prathama-adhyāyasya – des ersten Kapitels; prathamaḥ – erster; pādaḥ – Abschnitt; samāptaḥ – beendet, abgeschlossen

Kommentar: Mit dieser Formel wird traditionell der Abschluss des ersten Abschnitts des ersten Kapitels markiert und die Urheberschaft Vyāsas gewürdigt.

Pada 2

sarvatra prasiddhopadeśāt 1.2.1.
Hier die allgemein und überall anerkannte Lehre (über Brahman).
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarvatra – überall; prasiddha – bekannt, allgemein anerkannt; upadeśāt – wegen der Belehrung
Kommentar: Die Schriften lehren überall dasselbe höchste Prinzip – Brahman.


vivakṣita-guṇopapatteś ca 1.2.2.
Mit all ihren Eigenschaften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vivakṣita – beabsichtigt; guṇa – Eigenschaft; upapatteḥ – wegen des Zutreffens; ca – und
Kommentar: Die in den Schriften genannten Eigenschaften passen nur zu Brahman, nicht zu einem anderen Prinzip.


anupapatteḥ tu na śārīraḥ 1.2.3.
Hier geht es nicht um den verkörperten Menschen (sondern um das höchste Selbst).
Wort-für-Wort-Übersetzung: anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit; tu – jedoch; na – nicht; śārīraḥ – der Verkörperte, die individuelle Seele
Kommentar: Der Jīva kann nicht gemeint sein, da die Eigenschaften der Schriften sich nur auf Brahman beziehen.


karma-kartr̥-vyapadeśācca 1.2.4.
Auch hinter Handlung und Handelndem ist das Höchste Selbst.
Wort-für-Wort-Übersetzung: karma – Handlung; kartr̥ – Handelnder; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung; ca – und
Kommentar: Die Schriften unterscheiden zwischen Handlung, Handelndem und dem höchsten Prinzip, was Brahman als eigenständig bestätigt.


śabda-viśeṣāt 1.2.5.
Die besonderen Worte der Schrift weisen auf das höchste Selbst hin.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabda – Wort, Ausdruck; viśeṣāt – aufgrund der Besonderheit
Kommentar: Die präzise Terminologie in den Schriften weist auf Brahman als das besondere höchste Prinzip hin.


smṛteś ca 1.2.6.
Auch die Smriti Texte und Erinnerungen der großen Weisen beziehen sich auf Brahman.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smṛteḥ – wegen der Smṛti, der erinnerten Schriften; ca – und
Kommentar: Auch die Smṛti-Texte (wie Bhagavad Gītā) bestätigen Brahman als höchste Ursache.


arbhaka-ukastvāt tad-vyapadeśācca neti cen na nicāyyatvād evaṁ vyomavat ca 1.2.7.
Die Beschreibung (Gottes) als Kind oder an einem Ort ist metaphorisch – das Eine Selbst bleibt grenzenlos wie der Raum.
Wort-für-Wort-Übersetzung: arbhaka – kindlich, gering; ukas – Wohnung, Sitz; tvāt – weil; tat – dieses; vyapadeśāt – wegen der Benennung; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; nicāyyatvāt – wegen der Überlegenheit; evam – so; vyoma – der Raum; vat – wie; ca – und
Kommentar: Auch wenn die Darstellung klein oder kindlich wirkt, ist Brahman erhaben und vergleichbar dem Raum, der trotz Unsichtbarkeit unermesslich ist.
Auch wenn Gott mal als Baby Krishna dargestellt wird oder Heilige Orte oder Tempel als Wohnstätte Gottes gesehen werden, ist Gott in Wahrheit im Unendlichen und Ewigen.

saṁbhoga-prāptir iti cen na vaiśeṣyāt 1.2.8.
Gotteserfahrung ist nicht nur Genuss - sondern etwas ganz Besonderes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁbhoga – Genuss, Vereinigung; prāptiḥ – Erreichen; iti cet – wenn so; na – nein; vaiśeṣyāt – wegen der Besonderheit
Kommentar: Brahman ist nicht bloß ein Objekt des Genusses, sondern das höchste Prinzip mit einzigartigen Eigenschaften.


attā carācaragrahaṇāt 1.2.9.
Er ist das Eine, das alles in sich erfährt – das Bewegte und das Unbewegte.
Wort-für-Wort-Übersetzung: attā – der Essende, der Genießer, der Aufnehmende; cara – das Bewegliche; acara – das Unbewegliche; grahaṇāt – wegen des Erfassens, Umfassens
Kommentar: Brahman ist das alles umfassende Prinzip, das das gesamte Universum in sich aufnimmt.


prakaraṇācca 1.2.10.
Aus Brahman kommt alles hervor.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakaraṇāt – wegen des Zusammenhangs, des Themas, durch das Hervorbringen; ca – und
Kommentar: Der Kontext der Lehren zeigt eindeutig, dass Brahman das Thema der betreffenden Passagen ist.

guhāṁ praviṣṭāv ātmānau hi taddarśanāt 1.2.11.
Die beiden Selbste (individuelles und höchstes Selbst) sind in die Höhle (des Herzens) eingegangen – so kannst du es in meditativer Schau erfahren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: guhām – in die Höhle (des Herzens); praviṣṭau – eingetreten, eingegangen; ātmānau – die beiden Selbste; hi – denn; tad-darśanāt – wegen der (Schrift-)Aussage
Kommentar: Die Upaniṣaden lehren das Nebeneinander von individuellem Selbst und höchstem Selbst im Herzen.


viśeṣaṇācca 1.2.12.
Individuelles und Höchstes Selbst werden unterschiedlich gekennzeichnet.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viśeṣaṇāt – aufgrund der besonderen Kennzeichnung, Attribute; ca – und
Kommentar: Die Schriften unterscheiden das höchste Selbst durch besondere Attribute vom individuellen Selbst.


antara upapatteḥ 1.2.13.
Es (das höchste Selbst) ist das Innere, aus dem alles hervorgeht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antaraḥ – das Innere; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit, logischen Stimmigkeit, Zustandekommen
Kommentar: Brahman ist als innerstes Prinzip aller Wesen zu verstehen.


sthānādi-vyapadeśācca 1.2.14.
Dies (das Herz) wird sein besonderer Sitz genannt
Wort-für-Wort-Übersetzung: sthāna – Ort, Sitz; ādi – und so weiter; vyapadeśāt – wegen der Benennung; ca – und
Kommentar: Die Schriften bezeichnen Brahman als Sitz, Ort oder Basis des Selbst.


sukha-viśiṣṭābhidhānād eva ca 1.2.15.
Das Höchste Selbst wird als Glückseligkeit bezeichnet.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sukha – Glück, Freude; viśiṣṭa – ausgezeichnet, besonders; abhidhānāt – wegen der Bezeichnung; eva – gerade; ca – und
Kommentar: Das höchste Selbst wird durch die Eigenschaft der Glückseligkeit hervorgehoben.


śrutopaniṣatka-gatyabhidhānācca 1.2.16.
Die Verwirklichung dieses Selbst ist das Ziel der Upanishaden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śruta – gehört, in der Śruti bezeugt; upaniṣatka – die Upaniṣad; gati – Weg, Ziel; abhidhānāt – wegen der Erwähnung; ca – und
Kommentar: Der in den Upaniṣaden beschriebene Weg (gati) bezieht sich eindeutig auf Brahman.


anavasthiter asaṁbhavācca netaraḥ 1.2.17.
Es gibt nur ein Unendliches. Es kann kein Zweites geben.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anavasthiteḥ – wegen der Unendlichkeit, Unbegrenztheit; asaṁbhavāt – wegen der Unmöglichkeit; ca – und; na – nicht; itaraḥ – ein anderes
Kommentar: Nur Brahman erfüllt diese Eigenschaften; ein anderes Prinzip ist nicht möglich.


antaryāmy-adhidaivādiṣu tad-dharma-vyapadeśāt 1.2.18.
Der innere Lenker, das wahre Selbst scheint die Eigenschaften der Götter azunehmen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antaryāmin – der innere Lenker; adhi-daiva – in Bezug auf die Götter; ādiṣu – und so weiter; tat-dharma – dessen Eigenschaften; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Die Upaniṣaden beschreiben Brahman als inneren Lenker aller Ebenen, von Menschen bis zu den Göttern.


na ca smārtaṁ atad-dharmābhipālāt 1.2.19.
Das in den Smṛti gemeinte Göttliche ist das Höchste Brahman, nicht dessen Eigenschaften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; ca – und; smārtam – das in der Smṛti Genannte; atad-dharma – nicht dessen Eigenschaften; abhipālāt – wegen der Bezugnahme
Kommentar: Hier ist nicht ein gewöhnliches, in Smṛti erwähnte Prinzip gemeint, sondern das höchste Brahman, da andere Eigenschaften gelehrt werden.


śarīraś cobhaye'pi hi bhedenainam adhīyate 1.2.20.
Dieses Selbst manifestiert sich in den verschiedenen Körpern - ist aber verschieden vom Körper.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śarīraḥ – der Körper; ca – und; ubhaye – beide; api – auch; hi – in der Tat; bhedena – in Unterscheidung; enam – dieses (Selbst); adhīyate – wird gelehrt
Kommentar: Die Schriften unterscheiden klar zwischen Körper und Selbst und lehren Brahman als vom Körper verschieden. Du bist nicht der Körber

adṛśyatvādiguṇako dharmokteḥ 1.2.21.
Brahman ist unsichtbar - und doch mit Eigenschaften versehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: adṛśyatva – Unsichtbarkeit; ādi – und andere; guṇakaḥ – mit Eigenschaften versehen; dharma – Eigenschaft, Qualität; ukteḥ – wegen der Aussage
Kommentar: Brahman wird in den Schriften als unsichtbar, ungreifbar usw. beschrieben – daher ist es hier gemeint.


viśeṣaṇa-bheda-vyapadeśābhyāṁ netarau 1.2.22.
Letztlich ist Brahman ohne Eigenschaften und ohne Unterschiede.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viśeṣaṇa – Kennzeichnung, Attribut; bheda – Unterschied; vyapadeśābhyām – durch die Erwähnungen; na – nicht; itarau – die anderen
Kommentar: Brahman ist gemeint, nicht andere Dinge, weil es speziell durch besondere Attribute beschrieben wird.


rūpopanyāsācca 1.2.23.
Es manifestiert sich in unterschiedlichen Gestalten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: rūpa – Gestalt, Form; upanyāsāt – wegen der Darstellung; ca – und
Kommentar: Brahman wird in den Schriften mit einer besonderen Gestalt beschrieben, was es von anderen unterscheidet.


vaiśvānaraḥ sādhāraṇa-śabda-viśeṣāt 1.2.24.
Brahman manifestiert sich als die Gesamtheit der Schöpfung
Wort-für-Wort-Übersetzung: vaiśvānaraḥ – das universelle Feuer, alle Wesen, das Weltall, die Welt im Wachzustand; sādhāraṇa – allgemein; śabda – Wort; viśeṣāt – wegen der besonderen Verwendung
Kommentar: Der Ausdruck „Vaiśvānara“ wird im Kontext der Upaniṣaden auf Brahman bezogen, nicht auf das gewöhnliche Feuer.


smaryamāṇam anumānaṁ syād iti 1.2.25.
Daran sollte man sich immer erinnern. So sollte man immer schlussfolgern.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaryamāṇam – erinnernd; anumānam – Schlussfolgerung; syāt – könnte sein; iti – so
Kommentar: Einige meinen, es handle sich nur um eine Schlussfolgerung aus Erinnerung, doch dies trifft nicht den Kern der Upaniṣaden.


śabdādibhyo'ntaḥ pratiṣṭhānān neti cen na tathā … dṛṣṭyupadeśād asaṁbhavāt puruṣa-vidham api cainam adhīyate 1.2.26.
Das höchste Selbst ist nicht in äußeren Dingen wie Klang oder Form begrenzt; es wird durch innere Erkenntnis erfahren und als das bewusste, göttliche Prinzip beschrieben.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabda – Laut, Wort; ādi – und so weiter; bhyah – aus; antaḥ – innen; pratiṣṭhānāt – wegen der Gründung; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; tathā – so; dṛṣṭi – Schau; upadeśāt – wegen der Belehrung; asaṁbhavāt – wegen der Unmöglichkeit; puruṣa-vidham – in der Gestalt des Puruṣa; api – auch; ca – und; enam – dieses; adhīyate – wird gelehrt
Kommentar: Obwohl man meinen könnte, Brahman sei in Worten oder Lauten gegründet, zeigen die Schriften klar, dass es als inneres Prinzip und sogar in Gestalt des kosmischen Puruṣa gelehrt wird.


ata eva na devatā bhūtaṁ ca 1.2.27.
Brahman ist nicht eine bestimmte Gottheit noch ein Element bzw. Wesen (unter vielen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – eben deshalb; na – nicht; devatā – eine Gottheit; bhūtam – ein Element, Wesen; ca – und
Kommentar: Brahman ist übergeordnete Ursache und kann nicht mit einer einzelnen Gottheit oder einem Element gleichgesetzt werden.


sākṣād apy avirodhaṁ jaiminiḥ 1.2.28.
Durch unmittelbare Erfahrung des Selbst verschwinden alle scheinbaren Widersprüche – so sagt Jaimini.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sākṣāt – direkt, unmittelbar; api – auch; avirodham – kein Widerspruch; jaiminiḥ – Jaimini sagt
Kommentar: Selbst wenn Brahman direkt mit bestimmten Begriffen bezeichnet wird, gibt es keinen Widerspruch, da es der höchste Bezugspunkt ist.


abhivyakter ity āśmarathyaḥ 1.2.29.
Es geht um die Offenbarung – so meint Āśmarathya.
Wort-für-Wort-Übersetzung: abhivyakteḥ – wegen der Offenbarung; iti – so; āśmarathyaḥ – (sagt) Āśmarathya
Kommentar: Nach Āśmarathya sind die Lehrstellen Offenbarungen von Brahman.


anusmṛter bādariḥ 1.2.30.
Durch Erinnerung (besinnt man sich auf Brahman) – so sagt Bādari.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anusmṛteḥ – wegen der Erinnerung; bādariḥ – (sagt) Bādari
Kommentar: Bādari erklärt, dass die Stellen sich auf Brahman beziehen, weil sie Erinnerung an das höchste Prinzip lehren.


sampatter iti jaiminiḥ tathā hi darśayati 1.2.31.
In der Erfüllung und Vollendung zeigt es sich – so sagt Jaimini.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sampatteḥ – wegen der Erfüllung, Vollendung; iti – so; jaiminiḥ – Jaimini (sagt); tathā hi – denn so; darśayati – es zeigt sich
Kommentar: Jaimini sieht in den Schriften Brahman als Ziel und Erfüllung, was den Bezug bestätigt.


āmananti cainam asmin 1.2.32.
So verkünden sie dieses (Brahman).
Wort-für-Wort-Übersetzung: āmananti – sie verkünden, berichten; ca – und; enam – dieses (Brahman); asmin – in diesem Zusammenhang
Kommentar: Auch an dieser Stelle wird Brahman ausdrücklich von den Schriften verkündet.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu prathamādhyāyasya dvitīyaḥ pādaḥ samāptaḥ

So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der zweite Pāda (Abschnitt) des ersten Adhyāya (Kapitels).

Wort-für-Wort-Übersetzung: iti – so, hiermit; śrīmat – ehrwürdig, heilig; kṛṣṇa-dvaipāyana – Vyāsa, Sohn der Satyavatī; kṛta – verfasst, gemacht; brahmasūtreṣu – in den Brahma-Sūtras; prathama-adhyāyasya – des ersten Kapitels; dvitīyaḥ – zweiter; pādaḥ – Abschnitt; samāptaḥ – beendet, abgeschlossen

Kommentar: Mit dieser Abschlussformel wird der zweite Pāda des ersten Kapitels beendet und die Urheberschaft Vyāsas verehrt.

Pada 3

dyubhvādyāyatanaṁ svaśabdāt 1.3.1.
Der Sitz von Himmel, Erde usw. ist Brahman, wegen der ausdrücklichen Benennung durch die Schrift.
Alternative Übersetzung: Der Sitz von Brahman ist Himmel und Erde
Wort-für-Wort-Übersetzung: dyu-bhuvādi – Himmel, Erde usw.; āyatanam – Sitz, Stätte; sva-śabdāt – wegen der eigenen Bezeichnung in der Schrift
Kommentar: Da die Upaniṣaden Brahman ausdrücklich als Stätte von Himmel, Erde usw. benennen, ist hier Brahman gemeint.

muktopasṛpya-vyapadeśāt 1.3.2.
Die Schrift beschreibt, dass die Befreiten Brahman erreichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: mukta – die Befreiten; upasṛpya – hingehen, sich nähern; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Die Schrift beschreibt, dass die Befreiten Brahman erreichen – dies bestätigt seine Identität.

nānumānam atacchabdāt 1.3.3.
Es ist keine bloße Schlussfolgerung, da die Schrift das Wort (Brahman) selbst verwendet.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; anumānam – Schlussfolgerung; atac-chabdāt – wegen des Gebrauchs des (eigentlichen) Wortes
Alternative Übersetzung: Brahman ist nicht durch Logik erschlossen, sondern direkt durch die Worte der Upaniṣaden bezeugt.

prāṇabhṛcca 1.3.4.
Und wegen der Erwähnung des Prāṇa-Trägers.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāṇa-bhṛt – der Träger des Prāṇa, Lebenserhalter; ca – und
Alternative Übersetzung: Brahman wird als Träger des Lebens bezeichnet – dies ist kein anderes Prinzip.

bheda-vyapadeśāt 1.3.5.
Es wird Unterschiedliches gelehrt in unterschiedlichen Schriften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bheda – Unterschied; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Die Schrift macht Unterschiede zwischen Brahman und den einzelnen Seinsbereichen deutlich.

prakaraṇāt 1.3.6.
Das ist wegen des Kontextes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakaraṇāt – wegen des Kontextes, Zusammenhangs
Kommentar: Der Kontext der betreffenden Passage zeigt, dass Brahman das Thema ist.

sthityadanābhyāṁ ca 1.3.7.
Und wegen der Aussagen über Erhaltung und Schöpfung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sthiti – Erhaltung; adana – Ernährung, Schöpfung; abhyām – durch beide; ca – und
Alternative Übersetzung: Brahman erhält und nährt das Universum.

bhūmā samprasādād adhyupadeśāt 1.3.8.
Die Fülle (bhūmā) ist Brahman. Sie wird über samprasāda, in der Meditation erfahrener tiefer Frieden, erfahren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhūmā – die Fülle, das Unendliche; samprasādāt – ausgehend vom Frieden, tiefen Zustand; adhyupadeśāt – wegen der Unterweisung
Kommentar: In der Chāndogya-Upaniṣad wird Bhūmā als das höchste Prinzip gelehrt – dies ist Brahman.

dharmopapatteś ca 1.3.9.
(Auch) durch Erfüllung des Dharma (wird Brahman erfahren).
Wort-für-Wort-Übersetzung: dharma – Eigenschaft; upapatteḥ – wegen des Zutreffens; ca – und
Kommentar: Die in den Schriften genannten Eigenschaften passen nur zu Brahman.

akṣaram ambarānta-dhṛteḥ 1.3.10.
Das Unvergängliche (akṣara) ist Brahman, da es den Raum und alles darin trägt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: akṣaram – das Unvergängliche; ambara – Raum, Himmel; anta – Ende, Grenze; dhṛteḥ – wegen des Tragens, Haltens
Kommentar: Brahman wird als Akṣara bezeichnet, das den Raum und das Universum trägt.

sā ca praśāsanāt 1.3.11.
Und diese (Macht) aufgrund des Herrschens.
Wort-für-Wort-Übersetzung: – diese (höchste Macht); ca – und; praśāsanāt – wegen der Herrschaft, des Befehls
Alternative Übersetzung: Brahman ist Herrscher und Lenker des Universums.

anyabhāvavyāvṛtteś ca 1.3.12.
Es gibt kein anderes sein (als Brahman).
Wort-für-Wort-Übersetzung: anya-bhāva – anderes Sein; vyāvṛtteḥ – Ausschluss; ca – und
Kommentar: Die Schriften grenzen andere Prinzipien aus und bestätigen Brahman als einziges Höchstes.

īkṣati-karma-vyapadeśāt saḥ 1.3.13.
Brahman ist der Sehende und der Handelnde.
Wort-für-Wort-Übersetzung: īkṣati – er schaut; karma – Handlung; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung; saḥ – er
Kommentar: Brahman wird als bewusst schauendes und handelndes Prinzip dargestellt.

dahara uttarebhyaḥ 1.3.14.
Brahman ist das Kleinste vom Kleinsten
Wort-für-Wort-Übersetzung: daharaḥ – das Kleine (Raum im Herzen); uttarebhyaḥ – aus den späteren (Stellen)
Kommentar: Die Upaniṣaden lehren, dass der kleine Raum im Herzen Brahman ist.

gati-śabdābhyāṁ tathā hi dṛṣṭaṁ liṅgaṁ ca 1.3.15.
Über die Worte der Heiligen Schrift (Upanishaden) kannst du Brahman und seine Merkmale schauen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: gati – Weg; śabdābhyām – durch die Worte; tathā hi – denn so; dṛṣṭam – gesehen; liṅgam – Merkmal; ca – und
Kommentar: Der beschriebene Weg und die Zeichen zeigen eindeutig, dass Brahman gemeint ist.

dhṛteś ca mahimno'syāsminn upalabdheḥ 1.3.16.
Brahman ist der Halt des Universums und das Größte vom Größten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: dhṛteḥ – wegen des Haltens; ca – und; mahimnaḥ – der Größe; asya – von ihm; asmin – hierin; upalabdheḥ – wegen der Erkenntnis
Kommentar: Brahman wird als Halt des Universums und als das erkannt, dessen Größe alles überragt.

prasiddheś ca 1.3.17.
...und es ist der Schöpfer von allem.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prasiddheḥ – wegen der Bekanntheit, Anerkennung, Gelingen, Schöpfung; ca – und
Kommentar: Brahman ist allgemein in den Schriften als höchstes Prinzip anerkannt.

itaraparāmarśāt sa iti cen nāsambhavāt 1.3.18.
Es gibt nichts anderes als Brahman, keinen separaten Schöpfer, keine separate Welt.
Wenn gesagt wird, es sei ein anderes – nein, weil das unmöglich ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itara – ein anderes; parāmarśāt – wegen der Bezugnahme; saḥ – er; iti cet – wenn so; na – nein; asambhavāt – wegen der Unmöglichkeit
Kommentar: Brahman kann nicht ein anderes Prinzip sein, da dies unmöglich wäre.

uttarāc ced āvirbhūta-svarūpas tu 1.3.19.
Es wird aus sich selbst heraus offenbar".
Wort-für-Wort-Übersetzung: uttarāt – später, aus den folgenden; cet – wenn; āvirbhūta – offenbar geworden; svarūpaḥ – die eigene Natur; tu – aber
Kommentar: In späteren Passagen wird die wahre Natur Brahmans noch deutlicher enthüllt.

anyārthaś ca parāmarśaḥ 1.3.20.
Durch Bezugnahme auf Brahman bekommt alles seinen Sinn.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anya – ein anderer; arthaḥ – Sinn, Bedeutung; ca – und; parāmarśaḥ – Bezugnahme
Kommentar: Manche scheinbare Bezugnahme betrifft einen anderen Sinnbereich, nicht aber das höchste Brahman selbst.

alpaśruter iti cet tad uktam 1.3.21.
Schon ein wenig Kenntnis der Schrift führt zu diesem Wissen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: alpa – wenig; śruteḥ – wegen der Schrift, der Lehre; iti cet – wenn so; tat – das; uktam – ist gesagt
Kommentar: Ein Einwand, dass die Schriften zu knapp seien, ist bereits widerlegt worden.

anukṛtes tasya ca 1.3.22.
Es gilt, sich immer wieder daran zu erinnern.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anukṛteḥ – wegen der Wiederholung; tasya – dessen; ca – und
Kommentar: Die wiederholte Aussage in den Schriften bestätigt die Lehre.

api smaryate 1.3.23.
Erinnere dich wieder und wieder daran.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; smaryate – es wird erinnert, in der Smṛti erwähnt
Kommentar: Neben den Śruti-Texten bezeugen auch Smṛtis diese Wahrheit.

śabdād eva pramitaḥ 1.3.24.
Es wird erkannt durch das Wort (der Upanishaden bzw. der Mantras) allein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabdāt – durch das Wort, die Offenbarung; eva – allein; pramitaḥ – erkannt, bestimmt
Kommentar: Brahman ist nicht durch Sinneswahrnehmung erkennbar, sondern allein durch die Śruti.

hṛdy apekṣayā tu manuṣyādhikāratvāt 1.3.25.
Der Mensch hat die besondere Fähigkeit, im Herzen das Göttliche zu erfahren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: hṛdi – im Herzen; apekṣayā – in Bezug auf; tu – jedoch; manuṣya – Mensch; adhikāratvāt – wegen des Zugangs, der Befähigung
Kommentar: Die Unterweisung richtet sich an den Menschen, der Brahman im Herzen verwirklichen soll.

tad upary api bādarāyaṇaḥ saṁbhavāt 1.3.26.
Bādarāyaṇa sagt: Brahman übersteigt das Herz - ist aber auch im Herzen erfahrbar.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tad – das; upari – darüber hinaus; api – auch; bādarāyaṇaḥ – (sagt) Bādarāyaṇa; saṁbhavāt – wegen der Möglichkeit
Kommentar: Brahman übersteigt das Herz, ist aber auch darin möglich.

virodhaḥ karmaṇīti cen nāneka-pratipatter darśanāt 1.3.27.
Dies widerspricht nicht dem Karma: Die Schriften zeigen viele Weisen der intuitiven Erkenntnis (Schau).
Wort-für-Wort-Übersetzung: virodhaḥ – Widerspruch; karmaṇi – mit dem Handeln; iti cet – wenn so; na – nein; aneka-pratipatteḥ – wegen der vielfältigen Lehren; darśanāt – wegen der Schau
Kommentar: Zwischen Karma und Erkenntnis besteht kein Widerspruch, da beide in den Schriften gelehrt werden.

śabda iti cen nātaḥ prabhavāt pratyakṣānumānābhyām 1.3.28.
Wenn gesagt wird, es sei nur ein Wort – nein, wegen des Ursprungs und auch durch Wahrnehmung und Schlussfolgerung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabdaḥ – Wort; iti cet – wenn so; na – nein; ataḥ – deswegen; prabhavāt – wegen des Ursprungs; pratyakṣa – direkte Wahrnehmung; anumānābhyām – durch Schlussfolgerung
Alternative Übersetzung: Brahman ist nicht nur ein Wort, sondern Ursprung aller Dinge, was durch Erfahrung und Logik bestätigt wird.

ata eva ca nityatvam 1.3.29.
Und deshalb ist es ewig.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – deshalb; ca – und; nityatvam – Ewigkeit
Alternative Übersetzung: Als Ursprung ist Brahman notwendig ewig.

samāna-nāma-rūpatvāc cāvṛttāv apy avirodho darśanāt smṛteś ca 1.3.30.
Weil es gleichen Namen und Gestalt hat, besteht kein Widerspruch auch bei Wiederholung – wie Schrift und Smṛti zeigen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samāna – gleich; nāma – Name; rūpatvāt – wegen der Gestalt; ca – und; āvṛttau – bei Wiederholung; api – auch; avirodhaḥ – kein Widerspruch; darśanāt – wegen der Schau; smṛteḥ – wegen der Smṛti
Alternative Übersetzung: Wiederholungen in den Texten widersprechen sich nicht, sondern bestätigen die gleiche Wahrheit.

madhvādiṣv asaṁbhavād anadhikāraṁ jaiminiḥ 1.3.31.
Bei Madhva und anderen (Göttern) ist es unmöglich – Jaimini sagt: Sie haben keinen Zugang (zu Brahman).
Wort-für-Wort-Übersetzung: madhva-ādiṣu – bei Madhva und anderen; asaṁbhavāt – wegen der Unmöglichkeit; anadhikāram – keine Befähigung; jaiminiḥ – Jaimini sagt
Alternative Übersetzung: Nur der Mensch hat Zugang zur Brahma-Erkenntnis, nicht die Götter.

jyotiṣi bhāvāc ca 1.3.32.
Und weil es sich im Licht zeigt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotiṣi – im Licht; bhāvāt – wegen der Manifestation; ca – und
Alternative Übersetzung: Brahman manifestiert sich im inneren und äußeren Licht.

bhāvaṁ tu bādarāyaṇo'sti hi 1.3.33.
Bādarāyaṇa sagt: Es ist wirklich vorhanden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāvam – Existenz, Wirklichkeit; tu – jedoch; bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa (sagt); asti – es ist; hi – in der Tat
Alternative Übersetzung: Brahman ist nicht nur Konzept, sondern wirkliche Existenz.

śugasya tad-anādara-śravaṇāt tad-ādravaṇāt sūcyate hi 1.3.34.
Weil man hört, dass Śuka es nicht achtete, sondern sich ihm zuwandte – so wird es angedeutet.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śugasya – des Śuka; tat – dieses; anādara-śravaṇāt – wegen des Hörens der Nichtachtung; tat – zu diesem; ādravaṇāt – wegen des Hinwendens; sūcyate – wird angedeutet; hi – in der Tat
Kommentar: Śuka beschränkte sich nicht auf das Hören, sondern er wandte sich ganz Brahman zu - so kam er zur Verwirklichung.

kṣatriyatvāv ateś cottaratra caitrarathena liṅgāt 1.3.35.
Auch der Kshatriya Chitraratha hat Brahman verwirklicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṣatriyatvāt – wegen der Kṣatriya-Natur; āgateḥ – wegen des Erscheinens; ca – und; uttaratra – später; caitrarathena – mit Citraratha; liṅgāt – wegen der Merkmale
Kommentar: Die Schrift bezeichnet es bildhaft als Kṣatriya – dies bestätigt seine Überlegenheit.

saṁskāra-parāmarśāt tad-abhāvābhilāpāc ca 1.3.36.
Brahman ist jenseits aller Samskaras (Riten, Eindrücke im Unterbewusstsein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁskāra – Eindrücke, Riten; parāmarśāt – wegen der Erwähnung; tad-abhāva – sein Fehlen; abhilāpāt – wegen der Aussage; ca – und
Kommentar: Brahman wird als frei von Saṁskāras beschrieben – ein Hinweis auf seine Transzendenz.

tad-abhāva-nirdhāraṇe ca pravṛtteḥ 1.3.37.
Um Brahman zu erklären, muss man alle Eigenschaften, alles Beschränkte negieren und transzendieren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tad-abhāva – dessen Nichtvorhandensein; nirdhāraṇe – zur Bestimmung; ca – und; pravṛtteḥ – wegen der Ausrichtung
Kommentar: Die Schrift zielt darauf ab, Brahman als frei von bedingten Eigenschaften zu bestimmen.

śravaṇādhyayanārtha-pratiṣedhāt smṛteś ca 1.3.38.
Weil Hören und Studium alleine reichen nicht aus.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śravaṇa – Hören; adhyayana – Studium; artha – Bedeutung, Zweck; pratiṣedhāt – wegen der Verneinung; smṛteḥ – wegen der Smṛti; ca – und
Kommentar: Die Texte verneinen äußere Praxis als Weg, und Smṛti bestätigt dies.

kampanāt 1.3.39.
(Brahman-Erfahrung braucht) das Erschüttern, das Erzittern...
Wort-für-Wort-Übersetzung: kampanāt – wegen des Zitterns, Erschütterns
Kommentar: Zeichen wie Zittern werden beschrieben, wenn Brahman erfahren wird.

jyotir darśanāt 1.3.40.
... durch die Schau des Lichtes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotiḥ – Licht; darśanāt – wegen des Sehens, der Schau
Kommentar: Das Sehen von innerem Licht ist Merkmal der Brahman-Erfahrung.

ākāśo'rthāntaratvādi-vyapadeśāt 1.3.41.
Ākāśa (Raum) ist etwas anderes, wegen der Erwähnung von Unterschieden.
Alternative Übersetzung: Akasha, der Raum, (wurde vorher als Analogie für Brahman beschrieben) ist nicht identisch mit Brahman
Wort-für-Wort-Übersetzung: ākāśaḥ – Raum; artha-antaratvāt – wegen des Andersseins; ādi – usw.; vyapadeśāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Der Raum ist nicht identisch mit Brahman, sondern wird unterschieden.

suṣupty-utkrāntyor bhedena 1.3.42.
Im Tiefschlaf und beim Austritt (Tod) kommt man nicht in die Brahman Erfahrung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: suṣupti – Tiefschlaf; utkrānti – Austritt der Seele; yoḥ – bei diesen beiden; bhedena – in Unterscheidung
Kommentar: Die Schriften unterscheiden zwischen Brahman und den Zuständen von Schlaf und Tod. Tiefschlaf und Tod reichen nicht aus, um in Brahman einzugehen.

paty-ādi-śabdebhyaḥ 1.3.43.
Wegen der Worte „Herr“ und andere.
Alternative Übersetzung: Brahman hat viele Namen, wie z.B. "der Herr".
Wort-für-Wort-Übersetzung: pati – Herr; ādi – und andere; śabdebhyaḥ – aus den Wörtern
Kommentar: Bezeichnungen wie „Herr“ weisen auf Brahman hin.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu prathamādhyāyasya tṛtīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der dritte Pāda (Abschnitt) des ersten Adhyāya (Kapitels).
Kommentar: Mit dieser Formel wird traditionell der dritte Pāda abgeschlossen und die Autorität Vyāsas verehrt.

Pada 4

sūkṣmaṁ tu 1.4.1.
(Brahman) ist fein (subtil).
Wort-für-Wort-Übersetzung: sūkṣmam – fein, subtil; tu – jedoch
Kommentar: Brahman wird als subtil beschrieben, jenseits grober Wahrnehmung.


tad arhatvāt 1.4.2.
Es (allein) ist würdig (es zu erfahren, sich damit zu beschäftigen ...).
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – das; arhatvāt – wegen der Würdigkeit
Kommentar: Brahman allein ist der würdige Bezugspunkt der Schriften.


tad-adhīnatvād arthavat 1.4.3.
Alles hängt von ihm ab. Daher ist es überaus bedeutsam (es verleiht dem Leben den Sinn).
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – das; adhīnatvāt – wegen der Abhängigkeit; arthavat – sinnvoll, bedeutsam
Kommentar: Der Sinn der Lehre ergibt sich, weil alles von Brahman abhängt.


jñeyatvāvacanācca 1.4.4.
(Die Schriften sagen:) Brahman ist das was es zu erkennen gilt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jñeyatva – Erkennbarkeit; avacanāt – wegen der Aussage; ca – und
Kommentar: Die Schriften lehren, dass Brahman erkannt werden soll.


vadatīti cen na prājño hi 1.4.5–6.
Es reicht nicht aus über Brahman zu sprechen. Es muss erkannt werden. Brahman ist Bewusstsein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vadati – es spricht; iti cet – wenn so; na – nein; prājñaḥ – wissend, weise; hi – denn
Kommentar: Brahman wird nicht im physischen Sinn als sprechend verstanden, sondern als wissendes Prinzip.


prakaraṇāt 1.4.6.
Wegen des Zusammenhangs.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakaraṇāt – wegen des Kontextes
Kommentar: Der Kontext zeigt, dass Brahman gemeint ist.


trayāṇām eva caivam upanyāsaḥ praśnaś ca 1.4.7.
Es gibt überall Dreiheiten. Diesbezüglich gibt es Fragen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: trayāṇām – der drei; eva – tatsächlich; ca – und; evam – so; upanyāsaḥ – Darstellung; praśnaḥ – Frage
Kommentar: Die Schriften stellen Fragen und Lehren über die drei (z. B. Prāṇa, Agni, Sūrya) in Bezug auf Brahman.


mahadvac ca 1.4.8.
Es (Brahman) ist das Großartige, das Große.
Wort-für-Wort-Übersetzung: mahat – groß; vat – wie; ca – und
Kommentar: Brahman wird in den Schriften durch Größe charakterisiert.


camasavad aviśeṣāt 1.4.9.
(Mit Brahman und Verschiedenheit ist es) wie bei den Trinkschalen aus Holz wegen der Nichtunterscheidung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: camasa-vat – wie die Holzschalen; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Kommentar: Verschiedene Ausdrucksweisen beziehen sich letztlich auf dasselbe Brahman, so wie verschiedene Schalen aus dem gleichen Holz bestehen.


jyotir upakramā tu tathā hy adhīyata eke 1.4.10.
Brahman ist von Beginn an Licht – so lehren einige.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotiḥ – Licht; upakramāt – vom Beginn an; tu – aber; tathā hi – denn so; adhīyata – wird gelehrt; eke – einige
Kommentar: Einige Upaniṣaden beginnen mit dem „Licht“ als Symbol für Brahman.


kalpanopadeśācca madhvādivad avirodhaḥ 1.4.11.
Auch wenn Brahman verschieden bezeichnet wird, sind das keine Widersprüche, denn alles über Brahman muss als symbolische Darstellung gesehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kalpana – symbolische Darstellung; upadeśāt – wegen der Belehrung; ca – und; madhva-ādi-vat – wie bei Madhva u. a.; avirodhaḥ – kein Widerspruch
Kommentar: Auch symbolische Lehren verweisen letztlich auf Brahman.


na saṅkhyopasaṅgrahād api nānābhāvād atirekācca 1.4.12.
(Brahman wird nicht) durch Aufzählung oder Attribute erfasst, sondern ist allem übergeordnet
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; saṅkhya – Zahl, Aufzählung; upasaṅgrahāt – durch Einbeziehung; api – auch; nānābhāvāt – wegen der Verschiedenheit; atirekāt – wegen der Überlegenheit; ca – und
Kommentar: Brahman wird nicht durch Zählung erfasst, sondern ist übergeordnet.


prāṇādayo vākyaśeṣāt 1.4.13.
Prāṇa und alles andere - alles hängt von Brahman ab.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāṇa-ādayaḥ – Prāṇa und andere; vākya-śeṣāt – wegen des Restes des Satzes
Kommentar: Der gesamte Abschnitt zeigt, dass Prāṇa usw. von Brahman abhängen.


jyotiṣaikeṣām asaty anne 1.4.14.
Das Licht – bei einigen (Autoren) – ist nicht die Nahrung (sondern Brahman).
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotiṣa – Licht; ekeṣām – bei einigen; asati – nicht seiend; anne – Nahrung
Kommentar: In manchen Texten wird „Licht“ nicht mit Nahrung identifiziert, sondern mit Brahman.


kāraṇatvena cākāśādiṣu yathāvyapadiṣṭokteḥ 1.4.15.
Es gibt auch die Aussage, dass Raum usw. aus ihm hervorgehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāraṇatvena – als Ursache; ca – und; ākāśa-ādiṣu – bei Raum usw.; yathā-vyapadiṣṭa – wie angegeben; ukteḥ – wegen der Aussage
Kommentar: Die Schriften lehren, dass Raum und die Elemente aus Brahman entstehen.


samākarṣāt 1.4.16.
Alles kann auf Brahman zurückgeführt werden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samākarṣāt – wegen des Zusammenziehens, der Zusammenfassung
Kommentar: Die Schriften fassen am Ende alles auf Brahman zurück.


jagad-vācitvāt 1.4.17.
Brahman wird als das bezeichnet, was die Welt hervorbringt und trägt. .
Wort-für-Wort-Übersetzung: jagat – Welt; vācitvāt – wegen des Bezeichnens


jīva-mukhya-prāṇa-liṅgān neti cet tad vyākhyātam 1.4.18.
Brahman ist nicht begrenzt auf Jīva oder Prāṇa .
Wort-für-Wort-Übersetzung: jīva – individuelle Seele; mukhya-prāṇa – Haupt-Prāṇa; liṅgāt – wegen der Merkmale; na – nicht; iti cet – wenn so; tat – das; vyākhyātam – ist erklärt


anyārthaṁ tu jaiminiḥ praśna-vyākhyānābhyām api caivam eke 1.4.19.
Manche Deutungen legen die Passage anders aus, aber die Vedānta-Tradition spricht von Brahman.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anya-artham – einen anderen Sinn; tu – jedoch; jaiminiḥ – Jaimini (sagt); praśna – Frage; vyākhyānābhyām – aufgrund der Erklärung; api – auch; ca – und; evam – so; eke – einige


vākyānvayāt 1.4.20.
Der Zusammenhang der Aussagen zeigt, dass Brahman gemeint ist
Wort-für-Wort-Übersetzung: vākya – Satz; anvayāt – wegen der Verbindung

pratijñā-siddher liṅgam āśmarathyaḥ 1.4.21.
Ein Merkmal der Erfüllung der Behauptung – so Āśmarathya.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pratijñā – Behauptung; siddheḥ – Erfüllung; liṅgam – Merkmal; āśmarathyaḥ – Āśmarathya (sagt)
Kommentar: Āśmarathya (sagt): Brahman ist die Erfüllung aller Lehraussagen.


utkramiṣyata evaṁ bhāvād ity auḍulomiḥ 1.4.22.
Es wird hinausgehen – wegen dieser Natur – so Auḍulomi.
Wort-für-Wort-Übersetzung: utkramiṣyati – wird hinausgehen; evaṁ-bhāvāt – wegen dieser Natur; iti – so; auḍulomiḥ – Auḍulomi (sagt)
Alternative Übersetzung: Auḍulomi betont das Hinausgehen der Seele im Einklang mit Brahmans Natur.


avasthiter iti kāśakṛtsnaḥ 1.4.23.
Wegen des Bleibens – so Kāśakṛtsna.
Wort-für-Wort-Übersetzung: avasthiteḥ – wegen des Bleibens, Bestehens; iti – so; kāśakṛtsnaḥ – Kāśakṛtsna (sagt)
Alternative Übersetzung: Kāśakṛtsna hebt das Bleiben in Brahman hervor.


prakṛtiś ca pratijñā-dṛṣṭāntān uparodhāt 1.4.24.
Und die Urnatur, wegen der Behauptung und der Beispiele ohne Widerspruch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakṛtiḥ – die Natur; ca – und; pratijñā – Behauptung; dṛṣṭānta – Beispiel; anuparodhāt – ohne Widerspruch
Alternative Übersetzung: Brahman wird mit vielen Beispielen und Analogien als Urnatur beschrieben.


abhidhyopadeśācca 1.4.25.
Und wegen der Belehrung über das Denken.
Wort-für-Wort-Übersetzung: abhi-dhyā – Meditation, Denken; upadeśāt – wegen der Belehrung; ca – und
Alternative Übersetzung: Brahman wird als Objekt der Meditation gelehrt.


sākṣāc cobhayāmnānāt 1.4.26.
Und weil beide Überlieferungen es unmittelbar lehren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sākṣāt – unmittelbar; ca – und; ubhaya – beide; āmnānāt – wegen der Überlieferung
Alternative Übersetzung: Sowohl Śruti als auch Smṛti lehren unmittelbar Brahman.


ātmakṛteḥ pariṇāmāt 1.4.27.
Weil die Welt aus ihm selbst hervorgeht, durch Transformation.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātma – aus sich selbst; kṛteḥ – wegen des Hervorgehens; pariṇāmāt – durch Wandlung
Alternative Übersetzung: Brahman ist die Ursache, aus sich selbst die Welt hervorbringend.


yoniś ca hi gīyate 1.4.28.
Und es wird als Quelle besungen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yoniḥ – Quelle, Ursprung; ca – und; hi – in der Tat; gīyate – wird gesungen
Alternative Übersetzung: Die Upaniṣaden preisen Brahman als Quelle allen Seins.


etena sarve vyākhyātā vyākhyātāḥ 1.4.29.
Damit ist alles gesagt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: etena – durch dieses; sarve – alle; vyākhyātāḥ – erklärt
Kommentar: Mit dieser Begründung sind auch andere ähnliche Passagen geklärt.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu prathamādhyāyasya caturthaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der vierte Pāda (Abschnitt) des ersten Adhyāya (Kapitels).


iti prathamo'dhyāyaḥ samāptaḥ
So ist das erste Kapitel beendet.

Adhyaya 2

Pada 1

atha dvitīyo'dhyāyaḥ
Nun beginnt das zweite Kapitel.

smṛty-anavakāśa-doṣa-prasaṅga iti
Eine Auslegung, die keinen Raum für die traditionellen Schriften oder die lebendige Überlieferung lässt, wäre fehlerhaft.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smṛti – die Smṛti, erinnerte Schrift; anavakāśa – kein Raum; doṣa – Fehler; prasaṅgaḥ – Folge; iti – so
Kommentar: Der zweite Adhyāya beginnt mit einer Einwendung: Wenn nur die Śruti maßgeblich sei, hätte die Smṛti keinen Raum – dies wird im Folgenden behandelt.

cennānyasmṛtyanavakāśadoṣaprasaṅgāt 2.1.1.
Es wäre ein Fehler, anderen Schriften (als die Upanishaden) keinen Raum zu geben
Alternative Übersetzung: Wenn gesagt wird, (die Vedānta-Lehre sei unzulässig) wegen des Fehlers, dass für andere Schriften (Smṛtis) kein Raum bliebe – das gilt nicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: cet – wenn; na – nicht; anya-smṛti – andere Schriften (Smṛti); anavakāśa – kein Raum lassend; doṣa – Fehler; prasaṅgāt – wegen der Folge
Kommentar: Die Autorität der Śruti wird nicht durch die Smṛti verdrängt; beide haben ihren Platz.

itareṣāṁ cānupalabdheḥ 2.1.2.
Für anderes gibt es keine Belege.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itareṣām – der anderen (Philosophien); ca – und; anupalabdheḥ – wegen des Nichtnachweises, Fehlens
Kommentar: Andere Lehrsysteme liefern keine endgültige Erkenntnis des Brahman, daher ist Vedānta maßgeblich.

etena yogaḥ pratyuktaḥ 2.1.3.
Damit ist auch der Yoga (als unabhängiger Weg) widerlegt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: etena – dadurch; yogaḥ – der Yoga; pratyuktaḥ – widerlegt
Kommentar: Yoga ist ohne Śruti-Grundlage nicht eigenständig maßgeblich, sondern im Rahmen des Vedānta gültig.

na vilakṣaṇatvādasya tathātvaṁ ca śabdāt 2.1.4.
Es gibt kein anderes Prinzip als Brahman, so sagen es die Upanishaden
Alternative Übersetzung: Nicht verschieden, denn es ist nicht abweichend, und so lehrt es auch die Schrift.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; vilakṣaṇatvāt – wegen der Nicht-Verschiedenheit; asya – dessen; tathātvam – dieselbe Natur; ca – und; śabdāt – aus der Schrift
Kommentar: Vedānta und andere Praktiken sind nicht grundsätzlich verschieden, sondern die Śruti bestätigt ihre Einheit im Ziel.

dṛśyate tu 2.1.5.
Auch die Erfahrung, die innere Schau zeigt das.
Wort-für-Wort-Übersetzung: dṛśyate – es wird gesehen, beobachtet; tu – jedoch
Kommentar: Die Schriften bezeugen direkt Brahman als Ursache und Ziel.

abhimāni-vyapadeśas tu viśeṣānugatibhyām 2.1.6.
Die Bezeichnung "persönlicher Herrscher (Gott)" erfolgt nur im Hinblick auf bestimmte Erscheinungsformen und Funktionen
Wort-für-Wort-Übersetzung: abhimāni – der Herr, Beherrscher; vyapadeśaḥ – Bezeichnung; tu – jedoch; viśeṣa – besondere Eigenschaften; anugatibhyām – wegen der Zugehörigkeit
Kommentar: Wenn von Göttern als Beherrschern die Rede ist, so bezieht sich das auf ihre besonderen Kräfte, letztlich aber auf Brahman.

dṛśyate ca 2.1.7.
So kannst du es erfahren in innerer Schau
Wort-für-Wort-Übersetzung: dṛśyate – es wird gesehen; ca – und
Kommentar: Auch in anderen Texten wird Brahman als Herrscher hinter allen Kräften gesehen.

asad iti cen na pratiṣedhamātratvāt 2.1.8.
Wenn von Brahman gesagt wird: „Es sei Nichtseiendes“, ist nur eine Verneinung (des Gewöhnlichen). In Wahrheit ist Brahman reines sein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asat – Nichtseiendes; iti cet – wenn so; na – nicht; pratiṣedha – Verneinung; mātratvāt – weil es nur ist
Kommentar: „Asat“ in den Schriften bedeutet nicht völlige Nichtexistenz, sondern das Nicht-Bedingte, jenseits von Manifestation.

apītau tadvat-prasaṅgād asamañjasam 2.1.9.
Genauso ist es bei der Auflösung (Brahman kann nicht aufgelöst werden).
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; ītau – bei der Auflösung; tadvat – ebenso; prasaṅgāt – wegen der Folge; asamañjasam – unlogisch, widersinnig
Kommentar: Würde man „asat“ als Nichtsein deuten, entstünden absurde Konsequenzen wie beim Beispiel der Auflösung.

na tu dṛṣṭānta-bhāvāt 2.1.10.
Für das Nichtvorhandensein oder das Auflösen von Brahman gibt es kein Beispiel.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; tu – aber; dṛṣṭānta – Beispiel; bhāvāt – wegen des Vorhandenseins
Kommentar: Die Annahme, dass Brahman Nichtseiendes sei, hat keinen gültigen Beleg oder Vergleich in der Erfahrung.

svapakṣadoṣācca 2.1.11.
Argumente gegen Brahman führen zu Widersprüchen im eigenen System, nicht im Vedānta.
Alternative Übersetzung: Und auch wegen der Fehler der eigenen Position (der Gegner).
Wort-für-Wort-Übersetzung: sva-pakṣa – die eigene Position; doṣāt – wegen des Fehlers; ca – und

tarkāpratiṣṭhānād api anyathānumeyam iti ced evam apy anirmokṣa-prasaṅgaḥ 2.1.12.
Wenn man Brahman nur logisch beweisen will, führt das zu endlosem Zweifel – Befreiung wäre dann unmöglich. Alternative Übersetzung: Wenn gesagt wird: „Es könne auch anders durch Logik erschlossen werden“ – auch dann folgt die Absurdität, dass es keine Befreiung gäbe.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tarka – Logik; apratiṣṭhānāt – wegen der Haltlosigkeit; api – auch; anyathā – anders; anumeyam – erschließbar; iti cet – wenn so; evam api – auch so; anirmokṣa – keine Befreiung; prasaṅgaḥ – Folge
Kommentar: Logik allein ist unsicher und führt nicht zur Befreiung; nur die Śruti ist verlässlich.

etena śiṣṭāparigrahā'pi vyākhyātāḥ 2.1.13.
Damit sind auch die Argumente anderer Lehrer (Schulen) widerlegt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: etena – dadurch; śiṣṭa – andere Lehrer; aparigrahāḥ – deren Auffassungen; api – auch; vyākhyātāḥ – sind erklärt, beantwortet
Kommentar: Die Kritik betrifft nicht nur einzelne Gegner, sondern widerlegt alle nicht-vedantischen Systeme.

bhoktrāpatter avibhāgaś cet syāl lokavat 2.1.14.
Wenn eingewendet wird, die Einheit führe dazu, dass Genießer und Genossenes ununterschieden wären – (Antwort:) wie in der Welt (gibt es dennoch Unterscheidung).
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhoktr – Genießer; āpateḥ – wegen des Auftretens; avibhāgaḥ – keine Unterscheidung; cet – wenn; syāt – wäre; loka-vat – wie in der Welt
Alternative Übersetzung: Auch wenn alles von Brahman abhängt, bleibt die praktische Unterscheidung von Subjekt und Objekt bestehen.

tad-ananyatvam ārambhaṇa-śabdādibhyaḥ 2.1.15.
Seine Nichtverschiedenheit (vom Brahman), wegen der Worte wie „Ursprung“ u. a.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – das (Universum); ananyatvam – Nichtverschiedenheit; ārambhaṇa-śabda – Worte wie Ursprung, Hervorgehen; ādibhyaḥ – aufgrund anderer (Ausdrücke)
Alternative Übersetzung: Da die Schriften lehren, dass die Welt aus Brahman entsteht, ist sie von ihm nicht verschieden.

bhāve copalabdheḥ 2.1.16.
Und weil man die Existenz (der Welt) tatsächlich erfährt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāve – in der Existenz; ca – und; upalabdheḥ – wegen der Erfahrung
Kommentar: Die Welt ist erfahrbar und daher kein völliges Nichtsein; sie verweist auf Brahman als Grundlage.

sattvāc cāvarasya 2.1.17.
Und weil das Niedrigere (die Welt) Sein hat.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sattvāt – wegen des Seins; ca – und; avarasya – des Niedrigeren, Abgeleiteten
Alternative Übersetzung: Auch die vergängliche Welt hat Sein, da sie im Brahman gegründet ist.

asad-vyapadeśān neti cen na dharmāntareṇa vākya-śeṣāt 2.1.18.
Wenn gesagt wird: „Wegen der Bezeichnung als Nichtseiendes (ist es nicht Brahman)“ – nein, wegen eines anderen Sinnes und des übrigen Satzes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asat – Nichtseiendes; vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; dharma-antarena – durch eine andere Bedeutung; vākya-śeṣāt – wegen des übrigen Satzes
Alternative Übersetzung:Asat“ bedeutet in den Schriften nicht absolutes Nichts, sondern die unmanifestierte Ursache – Brahman.

yukteḥ śabdāntarācca 2.1.19.
Und wegen der Angemessenheit sowie anderer Worte.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yukteḥ – wegen der Angemessenheit; śabda-antarāt – wegen anderer Worte; ca – und
Alternative Übersetzung: Andere Begriffe in den Schriften bestätigen, dass „Asat“ hier Brahman meint.

paṭavac ca 2.1.20.
Und wie beim Tuch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: paṭa-vat – wie beim Tuch; ca – und
Alternative Übersetzung: So wie das Tuch nicht verschieden vom Garn ist, so ist die Welt nicht verschieden von Brahman.

yathā prāṇādiḥ 2.1.21.
So wie Prāṇa und andere (aus Brahman hervorgehen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: yathā – so wie; prāṇa – Lebenshauch; ādiḥ – und anderes
Alternative Übersetzung: Wie Prāṇa aus Brahman entsteht, so geht auch die gesamte Welt aus ihm hervor.

itaravyapadeśād dhi tākaraṇādidoṣa-prasaktiḥ 2.1.22.
Wenn (die Welt) einem anderen zugeschrieben würde, entstünden Fehler wie die Unmöglichkeit der Hervorbringung usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itara – ein anderes; vyapadeśāt – wegen der Zuschreibung; hi – denn; tā-karaṇa – Hervorbringung; ādi – und anderes; doṣa – Fehler; prasaktiḥ – Folge
Alternative Übersetzung: Würde man die Welt einer anderen Ursache zuschreiben, entstünden unlösbare Widersprüche.

adhikaṁ tu bheda-nirdeśāt 2.1.23.
Es ist jedoch mehr (als nur Ursache), wegen der Erwähnung der Verschiedenheiten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: adhikam – mehr; tu – jedoch; bheda-nirdeśāt – wegen der Erwähnung von Unterschieden
Alternative Übersetzung: Brahman ist nicht nur Ursache, sondern übersteigt die Welt, wie die Schriften durch Unterscheidung zeigen.

aśmādivac ca tad-anupapattiḥ 2.1.24.
Und seine Unangemessenheit (als selbständige Ursache) – wie bei Stein usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aśmā – Stein; ādi – und andere; vat – wie; ca – und; tad-anupapattiḥ – dessen Unangemessenheit
Alternative Übersetzung: Eine unbelebte Materie wie Stein kann nicht selbständig Ursache sein – ebenso wenig kann die Welt Ursache ohne Brahman sein.

upasaṁhāra-darśanān neti cen na kṣīravad dhi 2.1.25.
Wenn gesagt wird: wegen der Auflösung am Ende – nein, denn es ist wie bei der Milch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upasaṁhāra – Auflösung, Rückführung; darśanāt – wegen der Beobachtung; na – nicht; iti cet – wenn so; na – nein; kṣīra-vat – wie Milch; hi – denn
Alternative Übersetzung: Wie Milch sich in andere Formen verwandelt, so geht auch die Welt in Brahman auf, ohne dessen Wirken zu verlieren.

devādivad api loke 2.1.26.
Und so auch in der Welt, wie bei den Göttern usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: deva – Götter; ādi – und andere; vat – wie; api – auch; loke – in der Welt
Alternative Übersetzung: Wie in der Welt bestimmte Wirkungen Göttern zugeschrieben werden, so wird alles letztlich Brahman zugeschrieben.

kṛtsna-prasaktir niravayavatva-śabda-kopo vā 2.1.27.
Es würde entweder eine Allvermischung entstehen oder ein Widerspruch mit der Aussage von Teil- und Teilchenlosigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṛtsna-prasaktiḥ – Allvermischung, völlige Einheit; niravayavatva – Teilchenlosigkeit; śabda – Wort; kopaḥ – Widerspruch; – oder
Alternative Übersetzung: Nimmt man eine falsche Deutung, entstehen logische Widersprüche mit den Aussagen der Schriften.

śrutēs tu śabda-mūlatvāt 2.1.28.
Aber (maßgeblich ist) die Śruti, da sie die Quelle ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śruteḥ – wegen der Śruti; tu – aber; śabda-mūlatvāt – weil sie die Quelle (allen Wissens) ist
Alternative Übersetzung: Letztlich ist die Śruti alleiniger Maßstab zur Erkenntnis Brahmans.

ātmani caivaṁ vicitrāś ca hi 2.1.29.
Und ebenso im Selbst, da es mannigfaltige (Kräfte) hat.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātmani – im Selbst, in Brahman; ca – und; evam – so; vicitrāḥ – vielfältige; ca hi – und in der Tat
Alternative Übersetzung: Brahman erscheint als vielfältig in seinen Kräften, bleibt aber in sich selbst eins.

svapakṣa-doṣācca 2.1.30.
Und wegen der Fehler der gegnerischen Position.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sva-pakṣa – die eigene Position (der Gegner); doṣāt – wegen der Fehler; ca – und
Alternative Übersetzung: Auch die gegnerischen Systeme widersprechen sich selbst und bestätigen so indirekt die Vedānta-Lehre.

sarvopetā ca taddarśanāt 2.1.31.
Und es ist mit allen (Eigenschaften) ausgestattet, wie die Schriften zeigen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva – alle; upetā – versehen, ausgestattet; ca – und; tat-darśanāt – weil dies in den Schriften gesehen wird
Alternative Übersetzung: Brahman wird als Träger aller Eigenschaften dargestellt, die Vollkommenheit ausdrücken.

vikaraṇatvān neti cet tad uktam 2.1.32.
Wenn gesagt wird: „Nicht, weil es ohne Organe ist“ – das ist bereits erklärt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vikaraṇatvāt – wegen des Organelos-Seins; na – nicht; iti cet – wenn so; tat – das; uktam – ist erklärt
Alternative Übersetzung: Brahman benötigt keine Sinnesorgane, da es unmittelbar Bewusstsein ist.

na prayojanattvāt 2.1.33.
Nicht (ungenügend), weil es kein Ziel braucht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; prayojanattvāt – wegen der Ziellosigkeit
Alternative Übersetzung: Brahman handelt nicht aus Bedürfnis oder Ziel, sondern aus seiner eigenen Natur heraus.

lokavattu līlākaivalyam 2.1.34.
Wie in der Welt – (die Schöpfung) ist allein ein Spiel (līlā).
Wort-für-Wort-Übersetzung: loka-vat – wie in der Welt; tu – jedoch; līlā – Spiel; aikalyam – Alleinheit
Alternative Übersetzung: Die Schöpfung geschieht nicht aus Notwendigkeit, sondern ist Ausdruck göttlicher Līlā.

vaiṣamya-nairghṛṇye na sāpekṣatvāt tathā hi darśayati 2.1.35.
Ungleichheit und Grausamkeit liegen nicht vor, weil es von Bedingungen abhängt – so lehren die Schriften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vaiṣamya – Ungleichheit; nairghṛṇya – Grausamkeit; na – nicht; sāpekṣatvāt – wegen der Abhängigkeit von Bedingungen; tathā hi – denn so; darśayati – lehrt (die Schrift)
Alternative Übersetzung: Brahman handelt nicht willkürlich; Unterschiede entstehen durch das Karma der Wesen.

karmāvibhāgād iti cen nānāditvāt 2.1.36.
Wenn gesagt wird: „Dies (wäre ungerecht) wegen der ungleichen Verteilung des Karmas“ – nein, denn es ist anfangslos.
Wort-für-Wort-Übersetzung: karma – Handlung, Karma; avibhāgāt – wegen der Verschiedenheit, Ungleichheit; iti cet – wenn so; na – nicht; anāditvāt – wegen der Anfangslosigkeit
Alternative Übersetzung: Ungleichheit ist nicht willkürlich, sondern auf das anfangslose Karma der Wesen zurückzuführen.

upapadyate cāpy upalabhyate ca 2.1.37.
Es ist sowohl logisch möglich als auch erfahrbar.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upapadyate – es ist folgerichtig; ca – und; api – auch; upalabhyate – es wird erfahren; ca – und
Alternative Übersetzung: Die Lehre vom abhängigen Entstehen in Brahman ist sowohl vernünftig als auch durch Erfahrung bestätigt.

sarva-dharmopapatteś ca 2.1.38.
Und weil alle Eigenschaften zutreffen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva – alle; dharma – Eigenschaften; upapatteḥ – wegen des Zutreffens; ca – und
Alternative Übersetzung: Daraus entstehen auch alle Dharmas (Aufgaben und Pflichten).

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu dvitīyādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda des zweiten Adhyāya (Kapitels).

Pada 2

acanānupapatteś ca nānumānam 2.2.1.
Das Formlose, das Unermessliche, kann nicht durch Schlussfolgerung erfahren werden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: acanā – das Formlose, Ungeformte; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit; ca – und; na – nicht; anumānam – Schlussfolgerung
Kommentar: Brahman kann nicht allein durch Logik als formlose Ursache erschlossen werden, sondern nur durch die Śruti.

pravṛtteś ca 2.2.2.
... und auch nicht durch Aktivitäten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pravṛtteḥ – wegen der Aktivität, Handlung; ca – und
Kommentar: Das Wirken der Welt setzt eine bewusste Ursache voraus, nicht bloß Ungeformtes.

payo'mbuvac cet tatrāpi 2.2.3.
Wenn (eingewendet wird): „Wie Milch und Wasser“ – auch dort (besteht ein Unterschied).
Wort-für-Wort-Übersetzung: payaḥ – Milch; ambu – Wasser; vat – wie; cet – wenn; tatra api – auch dort
Alternative Übersetzung: Selbst bei Milch und Wasser wirkt eine innewohnende Intelligenz – es gibt keine unbewussten Ursachen.

vyatirekānavasthiteś cānapekṣatvāt 2.2.4.
Und wegen des Mangels an Abgrenzung und Beständigkeit – es wäre nicht tragfähig.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vyatireka – Abgrenzung, Unterschied; anavasthiteḥ – wegen der Unbeständigkeit; ca – und; anapekṣatvāt – wegen der Haltlosigkeit
Alternative Übersetzung: Eine materielle Ursache ohne Bewusstsein kann die Unterschiede und Ordnung der Welt nicht erklären.

anyatrābhāvācc a na tṛṇādivat 2.2.5.
Und weil es nicht anderswo (existiert) – nicht wie Gras u. a.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anyatra – an einem anderen Ort; abhāvāt – wegen des Fehlens; ca – und; na – nicht; tṛṇa-ādi-vat – wie Gras usw.
Alternative Übersetzung: Prakṛti ist nicht wie Dinge, die unabhängig an anderen Orten vorkommen, sondern ist in Brahman gegründet.

abhyupagame'py arthābhāvāt 2.2.6.
Auch wenn man es zugesteht – es fehlt an Zweck und Bedeutung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: abhyupagame – auch wenn zugestanden; api – auch; artha-abhāvāt – wegen Fehlens eines Zwecks
Alternative Übersetzung: Selbst wenn man eine unabhängige materielle Ursache annimmt, erfüllt sie keinen Zweck und erklärt die Welt nicht.

puruṣāśmavad iti cet tathāpi 2.2.7.
Wenn gesagt wird: „Wie beim Menschen und Stein“ – auch dann (gilt das nicht).
Wort-für-Wort-Übersetzung: puruṣa – Mensch; aśma-vat – wie ein Stein; iti cet – wenn gesagt wird; tathā api – auch dann
Alternative Übersetzung: Auch Beispiele wie „Mensch und Stein“ können eine unbewusste Ursache für die bewusste Welt nicht erklären.

aṅgitvānupapatteḥ 2.2.8.
Weil das Verhältnis von Träger und Beigemischtem unhaltbar ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṅgitva – das Verhältnis von Haupt und Teil, Träger und Beigemischtem; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit
Alternative Übersetzung: Prakṛti kann nicht als selbständige Hauptursache fungieren, da ihr das Bewusstsein fehlt.

anyathānumitau ca jña-śakti-viyogāt 2.2.9.
Und wenn man es anders erschließen will – wegen des Fehlens der Erkenntniskraft (ist es unhaltbar).
Wort-für-Wort-Übersetzung: anyathā – anders; anumitau – im Erschließen; ca – und; jña-śakti – die Kraft des Wissens; viyogāt – wegen des Fehlens
Alternative Übersetzung: Ohne Bewusstsein kann keine Ursache die Ordnung und Erkenntnisfähigkeit der Welt hervorbringen.

vipratiṣedhāc cāsamañjasam 2.2.10.
Und wegen der Widersprüche ist es unlogisch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vipratiṣedhāt – wegen der Widersprüche; ca – und; asamañjasam – unlogisch, widersinnig
Alternative Übersetzung: Die Annahme einer unbewussten Urmaterie widerspricht den Schriften und führt zu logischen Absurditäten.

mahaddīrghavad dhā hrasva-parimaṇḍalābhyām 2.2.11.
Wie bei Großem und Langen auch bei Kleinem und Rundem (tritt das Problem auf).
Wort-für-Wort-Übersetzung: mahat – groß; dīrgha-vat – wie das Lange; dhā – ebenso; hrasva – kurz, klein; parimaṇḍala – rund; abhyām – bei beiden
Alternative Übersetzung: Widersprüche ergeben sich sowohl bei großen als auch bei kleinen Formen, wenn man Materie als Ursache annimmt.

ubhayathāpi na karmātas tad-abhāvaḥ 2.2.12.
In beiden Fällen ist keine Handlung möglich, daher (folgt) dessen Abwesenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ubhayathā – in beiden Fällen; api – auch; na – nicht; karma – Handlung, Tätigkeit; ataḥ – deshalb; tat-abhāvaḥ – dessen Nichtvorhandensein
Alternative Übersetzung: Weder in grober noch feiner Form kann eine unbewusste Materie wirksam handeln.

samavāyābhyupagamāc ca sāmyād anavasthiteḥ 2.2.13.
Auch durch die Annahme von „Samavāya“ (Inhärenz) ergibt sich eine Endlosigkeit wegen der Gleichförmigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samavāya – Inhärenz; abhyupagamāt – durch die Annahme; ca – und; sāmya – Gleichheit; anavasthiteḥ – wegen des unendlichen Rückgangs
Alternative Übersetzung: Die Theorie der Inhärenz führt zu einem unendlichen Regress und erklärt die Welt nicht. Inhärenz: Das eine ist im anderen enthalten.

nityam eva ca bhāvāt 2.2.14.
Und (dann) wäre es ewig, wegen seines Seins.
Wort-für-Wort-Übersetzung: nityam – ewig; eva – in der Tat; ca – und; bhāvāt – wegen des Seins
Alternative Übersetzung: Materie als unabhängige Ursache wäre ewig und unveränderlich – das widerspricht der Erfahrung der Veränderung.

rūpādimattvācca viparyayo darśanāt 2.2.15.
Und weil sie Form usw. besitzt – da die Erfahrung (etwas anderes) zeigt, folgt Widerspruch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: rūpa – Form; ādi – und anderes; mattvāt – wegen des Besitzens; ca – und; viparyayaḥ – Widerspruch; darśanāt – wegen der Erfahrung
Alternative Übersetzung: Die Elemente besitzen Eigenschaften wie Form, die sich ständig verändern – das widerspricht der Annahme einer unveränderlichen Urmaterie.

ubhayathā ca doṣāt 2.2.16.
Und in beiden Fällen (entsteht) ein Fehler.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ubhayathā – in beiden Fällen; ca – und; doṣāt – wegen des Fehlers
Alternative Übersetzung: Sowohl bei der Annahme ewiger als auch nicht-ewiger Materie entstehen Widersprüche.

aparigrahāc cātyantam anapekṣā 2.2.17.
Und weil keine Annahme möglich ist, ergibt sich völlige Unhaltbarkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aparigrahāt – wegen der Nichtannahme, fehlenden Begründung; ca – und; atyantam – völlig; anapekṣā – Haltlosigkeit
Alternative Übersetzung: Ohne Beleg durch Śruti oder Erfahrung bleibt die Theorie der Urmaterie unbegründet.

samudāyo'bhaya-hetuke'pi tad-aprāptiḥ 2.2.18.
Auch wenn man eine gemeinsame oder doppelte Ursache annimmt, erreicht man (das Ziel) nicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samudāyaḥ – Gesamtheit, Zusammenfassung; ubhaya-hetuke – wenn man beide Ursachen annimmt; api – auch; tat-aprāptiḥ – das Nichterreichen dessen
Alternative Übersetzung: Die Annahme mehrerer Ursachen (wie Materie und Bewusstsein getrennt) löst das Problem nicht.

itaretara-pratyayatvād iti cen na utpatti-mātra-nimittatvāt 2.2.19.
Wenn gesagt wird: „Weil sie sich gegenseitig bedingen“ – nein, denn das gilt nur für die unmittelbare Entstehung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itaretara – gegenseitig; pratyayatvāt – wegen der Bedingtheit; iti cet – wenn so; na – nicht; utpatti-mātra – nur für die Entstehung; nimittatvāt – wegen der Verursachung
Alternative Übersetzung: Die Theorie wechselseitiger Bedingtheit erklärt nur einzelne Vorgänge, nicht die letzte Ursache.

uttarotpāde ca pūrva-nirodhāt 2.2.20.
Und weil beim Hervortreten des Späteren das Frühere aufhört.
Wort-für-Wort-Übersetzung: uttara – das Spätere; utpāde – beim Entstehen; ca – und; pūrva – das Frühere; nirodhāt – wegen des Aufhörens
Alternative Übersetzung: Die Entstehung des Neuen geht mit dem Aufhören des Vorigen einher – das widerspricht der Annahme einer ewigen, unveränderlichen Urmaterie.

asati pratijñoparodho yaugapadyam anyathā 2.2.21.
Wenn es kein Sein gäbe, würde die Behauptung zerstört; sonst ergäbe sich Gleichzeitigkeit (Unmögliches).
Wort-für-Wort-Übersetzung: asati – wenn kein Sein; pratijñā – Behauptung; uparodhaḥ – Zerstörung, Widerspruch; yaugapadyam – Gleichzeitigkeit; anyathā – andernfalls
Alternative Übersetzung: Ohne Sein könnte keine Lehre bestehen; mit gleichzeitigem Sein und Nichtsein entsteht Widerspruch.

pratisaṅkhyā-pratisaṅkhyā-nirodhāprāptiḥ avicchedāt 2.2.22.
Die Erreichung der (endgültigen) Auflösung durch Erkenntnis oder Nicht-Erkenntnis wäre unmöglich wegen der Ununterbrochenheit (des Seins).
Wort-für-Wort-Übersetzung: pratisaṅkhyā – durch Unterscheidung, Erkenntnis; apratisaṅkhyā – durch Nicht-Erkenntnis; nirodha – Auflösung; aprāptiḥ – Nichterreichung; avicchedāt – wegen der Ununterbrochenheit
Alternative Übersetzung: Befreiung ist ohne ein wirklich Seiendes nicht möglich.

ubhayathā ca doṣāt 2.2.23.
Und in beiden Fällen ergibt sich ein Fehler.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ubhayathā – in beiden Weisen; ca – und; doṣāt – wegen des Fehlers
Alternative Übersetzung: Ob man Sein oder Nichtsein ansetzt – beide Annahmen führen zu Widersprüchen, wenn man Brahman negiert.

ākāśe cāviśeṣāt 2.2.24.
Und ebenso beim Raum, wegen der Nichtunterscheidung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ākāśe – beim Raum; ca – und; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Alternative Übersetzung: Auch der Raum unterscheidet sich nicht vom Sein und ist daher in Brahman gegründet.

anusmṛteś ca 2.2.25.
Und wegen der Erinnerung (in den Schriften).
Wort-für-Wort-Übersetzung: anusmṛteḥ – wegen der Erinnerung, Erwähnung; ca – und
Alternative Übersetzung: Die Smṛtis bestätigen das in der Śruti Gesagte über Sein als Grundlage.

nāsato'dṛṣṭatvāt 2.2.26.
Nichtsein kann nicht Grundlage sein, da es nicht wahrgenommen wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; asataḥ – vom Nichtsein; adṛṣṭatvāt – wegen der Nichterfahrung
Alternative Übersetzung: Nichtsein wird nie erfahren, daher kann es nicht Ursprung der Welt sein.

udāsīnānām api caivaṁ siddhiḥ 2.2.27.
Und auch für die Neutralen (unbeteiligten Beobachter) ergibt sich so die Bestätigung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: udāsīnānām – der Neutralen, Gleichgültigen; api – auch; ca – und; evam – so; siddhiḥ – Begründung, Bestätigung
Alternative Übersetzung: Auch unabhängige Betrachter erkennen, dass Nichtsein nicht Ursache sein kann.

nābhāva upalabdheḥ 2.2.28.
Es gibt kein Nichtsein, weil es nicht wahrgenommen wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; abhāvaḥ – Nichtsein; upalabdheḥ – wegen der Wahrnehmung (bzw. ihres Fehlens)
Alternative Übersetzung: Nur Seiendes wird erfahren, Nichtsein bleibt unbelegt.

vaidharmyāc ca na svapnādivat 2.2.29.
Und wegen der Verschiedenheit ist es nicht wie Traum u. ä.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vaidharmyāt – wegen der Verschiedenheit; ca – und; na – nicht; svapna-ādi-vat – wie Traum usw.
Alternative Übersetzung: Die Welt ist nicht wie ein Traum, da sie durchgehend gemeinsame Erfahrung ermöglicht.

na bhāvo'nupalabdheḥ 2.2.30.
Sein kann nicht verneint werden, weil es wahrgenommen wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; bhāvaḥ – Sein; anupalabdheḥ – wegen der Nichterfahrung (des Gegenteils)
Alternative Übersetzung: Das Sein ist erfahrbar, daher ist es die Grundlage der Welt und nicht das Nichtsein.

kṣaṇikatvācca 2.2.31.
Und wegen der (angeblichen) Momentanheit (ist es unhaltbar).
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṣaṇikatvāt – wegen der Momentanheit; ca – und
Kommentar: Die buddhistische Theorie der Vergänglichkeit (Kshanika) von allem widerspricht der Beständigkeit von Erfahrung und Erinnerung.

sarvathānupapatteś ca 2.2.32.
Und weil es in keiner Weise stimmig ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarvathā – in jeder Hinsicht; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit; ca – und
Alternative Übersetzung: Die Vorstellung nur vergänglicher Existenzen ist logisch und erfahrungsmäßig nicht haltbar.

naikasminn asambhavāt 2.2.33.
Nicht in einem Einzigen, wegen der Unmöglichkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; ekasmin – in einem einzigen; asambhavāt – wegen der Unmöglichkeit
Alternative Übersetzung: Ein einzelnes Moment kann nicht die ganze Erfahrung erklären.

evaṁ cātmākārtsnyam 2.2.34.
Ebenso das Ganze des Selbst.
Wort-für-Wort-Übersetzung: evam – ebenso; ca – und; ātma – das Selbst; ākārtsnyam – die Ganzheit
Alternative Übersetzung: Das Selbst ist nicht fragmentarisch oder momenthaft, sondern ein Ganzes.

na ca paryāyād apy avirodhaḥ vikārādibhyaḥ 2.2.35.
Auch nicht durch Abfolge – wegen der Veränderung usw. bleibt Widerspruch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; ca – und; paryāyāt – durch Abfolge; api – auch; avirodhaḥ – kein Widerspruch; vikāra-ādibhyaḥ – wegen Veränderung usw.
Alternative Übersetzung: Auch durch zeitliche Abfolge lässt sich die Beständigkeit des Selbst nicht leugnen.

antyāvasthiteś cobhaya-nityatvād aviśeṣat 2.2.36.
Und wegen des Endzustandes – ob beides ewig oder nicht, es gibt keinen Unterschied.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antya-avasthiteḥ – wegen des Endzustandes; ca – und; ubhaya – beides; nityatvāt – wegen Ewigkeit; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Alternative Übersetzung: Ob man Ewigkeit oder Vergänglichkeit annimmt – am Ende bleibt die Annahme unhaltbar.

patyur asāmañjasyāt 2.2.37.
Wegen der Unangemessenheit für den Herrn.
Wort-für-Wort-Übersetzung: patyuḥ – des Herrn, Gottes; asāmañjasyāt – wegen der Unangemessenheit
Alternative Übersetzung: Ein vergängliches oder unvollkommenes Prinzip kann nicht Herr und Schöpfer der Welt sein.

saṁbandhānupapatteś ca 2.2.38.
Und wegen der Unmöglichkeit einer Beziehung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁbandha – Beziehung, Verbindung; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit; ca – und
Alternative Übersetzung: Zwischen vergänglichen Existenzen ist keine echte Verbindung möglich.

adhiṣṭhānānupapatteś ca 2.2.39.
Und wegen der Unmöglichkeit eines Trägers.
Wort-für-Wort-Übersetzung: adhiṣṭhāna – Träger, Grundlage; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit; ca – und
Alternative Übersetzung: Für die Welt und das Selbst muss es ein bleibendes Substrat geben – nicht bloße Augenblicke.

karaṇavat cen na bhogādibhyaḥ 2.2.40.
Wenn gesagt wird: „Wie mit einem Werkzeug“ – nein, wegen Erfahrung von Genuss usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: karaṇa-vat – wie ein Werkzeug; cet – wenn gesagt wird; na – nicht; bhoga-ādibhyaḥ – wegen Genuss usw.
Alternative Übersetzung: Das Selbst ist nicht bloß Werkzeug, sondern erfahrendes Subjekt.

antavattvam asarvajñatā vā 2.2.41.
Es würde Begrenztheit oder Nicht-Allwissenheit folgen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antavattvam – Begrenztheit; a-sarvajñatā – Nicht-Allwissenheit; – oder
Kommentar: Würde man ein unvollkommenes Prinzip annehmen, folgten Begrenztheit und Unwissenheit – im Widerspruch zur Lehre vom allwissenden Brahman.

utpatti-asambhavāt 2.2.42.
Wegen der Unmöglichkeit der Entstehung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: utpatti – Entstehung; asambhavāt – wegen der Unmöglichkeit
Alternative Übersetzung: Entstehen ohne Grundlage ist unmöglich.

na ca kartuḥ karaṇam 2.2.43.
Und das Werkzeug kann nicht Schöpfer sein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; ca – und; kartuḥ – des Handelnden, Schöpfers; karaṇam – das Werkzeug
Alternative Übersetzung: Ein Werkzeug kann nicht die Rolle des Schöpfers übernehmen – das Selbst ist mehr als ein Instrument.

vijñānādi-bhāve vā tad-apratiṣedhaḥ 2.2.44.
Und wenn Wissen usw. vorhanden sind, wird dies nicht verneint.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vijñāna – Wissen; ādi – usw.; bhāve – im Dasein; – oder; tat-apratiṣedhaḥ – dies wird nicht verneint
Alternative Übersetzung: Das Vorhandensein von Bewusstsein bestätigt das Selbst, es kann nicht geleugnet werden.

vipratiṣedhāc ca 2.2.45.
Und wegen der Widersprüche (in gegnerischen Theorien).
Wort-für-Wort-Übersetzung: vipratiṣedhāt – wegen der Widersprüche; ca – und
Alternative Übersetzung: Die inneren Widersprüche der gegnerischen Systeme bestätigen die Position des Vedānta.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu dvitīyādhyāyasya dvitīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der zweite Pāda des zweiten Adhyāya (Kapitels).

Pada 3

na viyad aśruteḥ 2.3.1.
Der Raum ist nicht die ursprüngliche Ursache.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; viyat – der Raum, der Äther; aśruteḥ – wegen des Nichtgehörtseins (in der Śruti)
Kommentar: Brahman, nicht Ākāśa, wird in den Upaniṣaden als Ursache genannt.

asti tu 2.3.2.
Etwas ist jedoch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asti – es ist; tu – jedoch
Kommentar: Brahman existiert und wird ausdrücklich in der Śruti als Ursache bezeichnet.

gauṇy asambhavāt 2.3.3.
Im übertragenen Sinn ist es nicht möglich.
Wort-für-Wort-Übersetzung: gauṇī – übertragen, sekundär; asambhavāt – wegen der Unmöglichkeit
Kommentar: Weil das Wirkliche ewig ist, kann das Augenblickliche nur scheinbar sein; eine übertragene Bedeutung kommt nicht in Betracht..

śabdācca 2.3.4.
Und auch wegen der (verbindlichen) Worte (der Śruti).
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabdāt – wegen der Worte (der Śruti); ca – und
Kommentar: Die eindeutigen Worte der Śruti bestätigen Brahman als Ursache.

syāc caikasya brahmaśabdavat 2.3.5.
Und auch für eines (Prinzips) könnte es gelten, wie beim Wort „Brahman“.
Wort-für-Wort-Übersetzung: syāt – könnte sein; ca – und; ekasya – des Einen; brahma-śabda-vat – wie beim Wort „Brahman“
Kommentar: Das Eine hat viele Bezeichnungen, wie z.B. Brahman.

pratijñā-hānir avyatirekāc chabdebhyaḥ 2.3.6.
Die These würde zerstört, da es keine Abweichung von den Worten gibt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pratijñā – Behauptung, These; hāniḥ – Verlust, Zerstörung; avyatirekāt – wegen der Nichtabweichung; śabdebhyaḥ – von den Worten
Kommentar: Unterschiedliche Worte (für die höchste Wirklichkeit) ändern nichts an der eigentlichen Feststellung.

yāvadvikāraṁ tu vibhāgo lokavat 2.3.7.
Solange es Veränderung gibt, besteht Trennung – wie in der Welt.'
Wort-für-Wort-Übersetzung: yāvat – solange; vikāram – Veränderung; tu – jedoch; vibhāgaḥ – Trennung; loka-vat – wie in der Welt
Kommentar: Veränderungen setzen Unterschied voraus, wie es auch in der Erfahrungswelt sichtbar ist.

etena mātariśvā vyākhyātaḥ 2.3.8.
Damit ist auch Mātariśvan (Prāṇa, Wind) erklärt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: etena – dadurch; mātariśvā – der Wind, Prāṇa; vyākhyātaḥ – ist erklärt
Kommentar: Auch Prāṇa (Mātariśvan) und damit alles Leben wird aus Brahman abgeleitet.

asambhavas tu sato'nupapatteḥ 2.3.9.
Aber die Unmöglichkeit besteht, da das Seiende nicht erklärt würde.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asambhavaḥ – Unmöglichkeit; tu – aber; sataḥ – des Seienden; anupapatteḥ – wegen der Unangemessenheit
Kommentar: Prana kann nicht Ursache des Seienden sein, da er selbst bedingt ist.

tejo'tas tathā hy āha 2.3.10.
Daher (ist) Feuer – so sagen die Schriften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tejaḥ – Feuer; ataḥ – deshalb, daraus; tathā hi – so nämlich; āha – sagt (die Śruti)
Kommentar: Daraus (aus Brahman) entsteht auch Feuer.

āpaḥ 2.3.11.
(Dann entstehen) die Wasser.
Wort-für-Wort-Übersetzung: āpaḥ – Wasser
Kommentar: ... und Wasser

pṛthivy adhikāra-rūpa-śabdāntarādibhyaḥ 2.3.12.
...und die Erde mit ihren Formen, Klängen etc.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pṛthivī – Erde; adhikāra – Bezug, Kontext; rūpa – Form; śabda-antara-ādibhyaḥ – wegen anderer Worte wie Klang usw.
Kommentar: Die Śruti beschreibt die Entstehung der Erde anhand ihrer Eigenschaften.

tad-abhidhyānād eva tu talliṅgāt saḥ 2.3.13.
Alles mit allen Eigenschaften entsteht aus dem Wollen (Brahmans).
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – dessen; abhidhyānāt – aus dem Denken, Wollen; eva – allein; tu – jedoch; tat-liṅgāt – wegen dieses Merkmals; saḥ – er, das
Kommentar: Brahmans Wille (Abhidhyāna) ist Ursache für die Schöpfung.

viparyayeṇa tu kramo'ta upapadyate ca 2.3.14.
Umgekehrt ergibt sich aber dennoch eine Reihenfolge.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viparyayeṇa – in Umkehrung; tu – jedoch; kramaḥ – Reihenfolge; ataḥ – daraus; upapadyate – ergibt sich; ca – und
Kommentar: Die unterschiedlichen Reihenfolgen in den Śruti-Texten widersprechen nicht, sondern ergänzen sich.

antarā vijñānam anasī krameṇa talliṅgād iti cen nāviśeṣāt 2.3.15.
Wenn gesagt wird: „Dazwischen sind Erkenntnis und Geist in der Reihenfolge, weil es Anzeichen dafür gibt“ – nein, wegen der Nichtunterscheidung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antarā – dazwischen; vijñānam – Erkenntnis; manasī – und Geist; krameṇa – in der Reihenfolge; tat-liṅgāt – wegen dieses Merkmals; iti cet – wenn so; na – nein; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Kommentar: Die Erwähnung von Geist und Erkenntnis ist nicht als gesonderte Elemente, sondern als Funktionen Brahmans zu verstehen.

carācara-vyapāśrayas tu syāt tad-vyapadeśo bhāktaḥ tad-bhāva-bhāvitvāt 2.3.16.
Der Bezug auf Bewegliches und Unbewegliches ist metaphorisch, da sie im einen Sein gegründet sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung: cara – beweglich; acara – unbeweglich; vyapāśrayaḥ – Bezug; tu – jedoch; syāt – ist; tat-vyapadeśaḥ – die Bezeichnung; bhāktaḥ – metaphorisch; tat-bhāva-bhāvitvāt – weil sie in seinem Sein gegründet sind
Kommentar: Die Zuschreibungen auf Brahman erfolgen bildlich, da alles in ihm seinen Grund hat.

nātmā aśruter nityatvācca tābhyaḥ 2.3.17.
Nicht das Selbst (ist hervorgebracht), wegen fehlender Erwähnung und wegen seiner Ewigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; ātmā – das Selbst; aśruteḥ – wegen der Nichterwähnung; nityatvāt – wegen der Ewigkeit; ca – und; tābhyaḥ – aus diesen Gründen
Kommentar: Das Selbst ist nicht erschaffen, sondern ewig und daher nicht wie die Elemente hervorgebracht.

jño'ta eva 2.3.18.
Es ist daher wissend.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jñaḥ – wissend; ataḥ – deshalb; eva – in der Tat
Kommentar: Brahman/Ātman ist bewusst.

yukteś ca 2.3.19.
(Das ergibt sich) aus der Vernunft.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yukteḥ – aus der Vernunft, logischer Folgerung; ca – und
Kommentar: Auch die Logik bestätigt, dass das Selbst wissend sein muss.

utkrānti-gaty-āgatīnām 2.3.20.
BeimHinausgehen, Gehen und Zurückkehren...
Wort-für-Wort-Übersetzung: utkrānti – das Hinausgehen (der Seele beim Tod); gati – das Gehen; āgati – das Zurückkehren; nām – bei diesen
Kommentar: Die Śruti beschreibt das bewusste Verlassen und Zurückkehren des Selbst, was sein Wissenscharakter bestätigt.

svātmanā cottarayoḥ 2.3.21.
...bleibt das gleiche Selbst - auch in späteren Stadien.
Wort-für-Wort-Übersetzung: svātmanā – durch sich selbst; ca – und; uttarayoḥ – in den späteren (Stadien)
Kommentar: In späteren Existenzen und Zuständen zeigt das Selbst seine Kontinuität.

nāṇur atat śruter iti cen na itarādhikārāt 2.3.22.
Das Selbst ist nicht wie ein Atom, sagt die Shruti. Es hängt von nichts ab.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na aṇuḥ – nicht atomar; atat – nicht das; śruteḥ – wegen der Śruti; iti cet – wenn so; na – nicht; itara-adhikārāt – wegen des anderen Zusammenhangs
Kommentar: Die Śruti bezieht sich nicht auf Größe, sondern auf die Unermesslichkeit des Selbst.

svaśabdonmānābhyāṁ ca 2.3.23.
Und auch durch den eigenen Ausdruck und durch logische Folgerung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sva-śabda – eigener Ausdruck (Śruti); unmānābhyām – durch Schlussfolgerung; ca – und
Alternative Übersetzung: Śruti und Vernunft belegen beide, dass das Selbst nicht atomar ist.

avirodhaś candanavat 2.3.24.
Und kein Widerspruch, wie beim Sandelholz.
Wort-für-Wort-Übersetzung: avirodhaḥ – kein Widerspruch; candana-vat – wie beim Sandelholz
Kommentar: Wie Sandelholz trotz Ausdehnung Duft besitzt, so kann das Selbst trotz Unermesslichkeit Bewusstsein haben.

avasthiti-vaiśeṣyād iti cen nābhyupagamād dhṛd dhi hi 2.3.25.
Wenn gesagt wird: „Aufgrund besonderer Zustände“ – nein, wegen der Annahme (in der Śruti); denn dort heißt es Beständigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: avasthiti – Zustand; vaiśeṣyāt – wegen der Besonderheit; iti cet – wenn so; na – nicht; abhyupagamāt – wegen der Annahme, Zustimmung (der Śruti); dhṛt – Beständigkeit; hi – denn
Kommentar: Die Śruti bezeugt die Beständigkeit des Selbst, ungeachtet seiner verschiedenen Zustände.

guṇād vālokavat 2.3.26.
Oder wie beim Licht, wegen der Eigenschaft.
Wort-für-Wort-Übersetzung: guṇāt – wegen der Eigenschaft; – oder; āloka-vat – wie beim Licht
Kommentar: Das ist so wie die Eigenschaften des Lichts.

vyatireko gandhavat tathā ca darśayati 2.3.27.
Das ist so wie der der Unterschied beim Duft.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vyatirekaḥ – Unterschied; gandha-vat – wie beim Duft; tathā ca – und so; darśayati – lehrt es
Kommentar: Wie Duft von einer Substanz unterschieden ist, so ist auch das Bewusstsein als Eigenschaft des Selbst erkennbar.

pṛthag upadeśāt 2.3.28.
Verschiedenes wird gelehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pṛthak – getrennt, gesondert; upadeśāt – wegen der Belehrung
Kommentar: Die Śruti lehrt das Selbst ausdrücklich gesondert von den Elementen.

tad-guṇa-sāratvāt tu tad-vyapadeśaḥ prājñavat 2.3.29.
Weil es die Natur und Eigenschaften des Höchsten in sich trägt, wird es als jenes benannt – ähnlich wie beim Weisen, der Brahman erkennt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – dessen; guṇa – Eigenschaft; sāratvāt – wegen der Essenz; tu – jedoch; tat-vyapadeśaḥ – seine Bezeichnung; prājña-vat – wie beim Wissenden
Kommentar: Das Selbst wird aufgrund seiner Wesensmerkmale (Bewusstsein) wie ein Wissender bezeichnet.

yāvad-ātma-bhāvitvā c ca na doṣas tad-darśanāt 2.3.30.
Solange es durch das Selbst getragen ist, entsteht kein Fehler – da dies gelehrt wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yāvat – solange; ātma-bhāvitvāt – vom Selbst getragen; ca – und; na – kein; doṣaḥ – Fehler; tat-darśanāt – da dies gesehen (gelehrt) wird
Kommentar: Alles gründet im Selbst; daher gibt es keinen Widerspruch in der Lehre vom allgegenwärtigen Ātman.

puṁstvād ivattvasya sato'bhibhyakti-yogāt 2.3.31.
Wie Männlichkeit usw. – so auch die Manifestation des Seienden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: puṁstvāt – wie Männlichkeit; iva – so; tvasya – dessen; sataḥ – des Seienden; abhibhyakti-yogāt – wegen der Möglichkeit der Manifestation
Kommentar: So wie Eigenschaften sichtbar werden, offenbart sich das Seiende (Ātman) in der Erfahrung.

nityopalabdhy-anupalabdhi-prasaṅgo'nyatara-niyamo vā'nyathā 2.3.32.
Es würde eine ständige Wahrnehmung oder völlige Abwesenheit der Wahrnehmung folgen – oder eine unlogische Einschränkung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: nitya – ständig; upalabdhi – Wahrnehmung; anupalabdhi – Nicht-Wahrnehmung; prasaṅgaḥ – Folge; anyatara – das eine oder das andere; niyamaḥ – Beschränkung; – oder; anyathā – andernfalls
Alternative Übersetzung: Wäre im ewigen Zeugen kein Wechsel von Wahrnehmung und Nichtwahrnehmung, so gäbe es nicht das Spiel des Geistes – das Aufscheinen und Vergehen der Erkenntnis. Kommentar: Die Theorie des Augenblicks führt zu unhaltbaren Konsequenzen in Bezug auf Wahrnehmung.

kartā śāstrārthavattvāt 2.3.33.
Es ist Handelnder, weil die Schriften sonst sinnlos wären.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kartā – Handelnder; śāstra – Schrift; arthavattvāt – wegen der Sinnhaftigkeit
Alternative Übersetzung: Wenn es keinen Handelnden gäbe, wären Gebote und Verbote der Śruti bedeutungslos.

vihāropadeśāt 2.3.34.
Weil die Śruti auch das Spielen (des Selbst) lehrt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vihāra – Spiel, Bewegung; upadeśāt – wegen der Belehrung
Alternative Übersetzung: Die Schriften sprechen vom Handeln des Ātman im Sinne von Spiel und Ausdruck.

upādānāt 2.3.35.
Weil Atman die Ursache aller Materie ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upādānāt – wegen der Materialursache
Kommentar: Das Selbst/Brahman ist sowohl Material- als auch Wirkursache.

vyapadeśāc ca kriyāyāṁ na cen nirdeśa-viparyayaḥ 2.3.36.
Und wegen der Bezeichnung (als Handelnder in der Śruti) – wäre es nicht so, entstünde Widerspruch mit den Aussagen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung; ca – und; kriyāyām – in den Handlungen; na cet – wenn nicht; nirdeśa-viparyayaḥ – Umkehrung der Aussagen
Alternative Übersetzung: Da die Śruti das Selbst als Handelnden bezeichnet, wäre jede andere Auffassung widersprüchlich.

upalabdhi-vad aniyamaḥ 2.3.37.
Wie bei der Wahrnehmung (gäbe es sonst) keine Bestimmtheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upalabdhi-vat – wie bei der Wahrnehmung; aniyamaḥ – keine Bestimmtheit
Kommentar: Ohne das beständige Selbst gäbe es keine Verlässlichkeit in der Wahrnehmung.

śakti-viparyayāt 2.3.38.
Wegen der Umkehrung der Kräfte (wäre es unhaltbar).
Wort-für-Wort-Übersetzung: śakti – Kraft; viparyayāt – wegen Umkehrung
Alternative Übersetzung: Ohne konstantes Selbst würden die Kräfte nicht beständig wirken.

samādhy-abhāvāc ca 2.3.39.
Und wegen der Abwesenheit von Samādhi (wäre es widersinnig).
Wort-für-Wort-Übersetzung: samādhi – Versenkung; abhāvāt – wegen Abwesenheit; ca – und
Alternative Übersetzung: Ohne ein konstantes Bewusstsein wäre Samādhi unmöglich.

yathā ca takṣo'bhayathā 2.3.40.
Wie ein Zimmermann, so in beiden Weisen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yathā – wie; ca – und; takṣaḥ – Zimmermann; ubhayathā – auf beide Weisen
Alternative Übersetzung: Wie der Zimmermann sowohl das Material als auch das Werkzeug verwendet, so ist Brahman sowohl Material- als auch Wirkursache.

parāt tu tac chruteḥ 2.3.41.
Doch von dem Höheren, wegen der Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: parāt – vom Höheren (Brahman); tu – aber; tat-śruteḥ – wegen der Lehre der Śruti
Alternative Übersetzung: Die Śruti bezeugt, dass die Ursache nicht begrenzte Materie, sondern das höchste Brahman ist.

kṛta-prayatnopekṣas tu vihita-pratiṣiddhāv-aiyarthyādibhyaḥ 2.3.42.
Aber das Übersehen von Bemühung und Unterlassung (wäre falsch), da sonst Gebote und Verbote sinnlos wären.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṛta-prayatna – eigene Bemühung; upekṣaḥ – Übersehen; tu – aber; vihita-pratiṣiddhau – Gebot und Verbot; aiyarthya – Sinnlosigkeit; ādibhyaḥ – wegen solcher Gründe
Alternative Übersetzung: Wenn das Selbst nicht Handelnder wäre, wären ethische Vorschriften ohne Bedeutung.

aṁśo nānā-vyapadeśād anyathā cāpi dāśakitavāditvam adhīyata eke 2.3.43.
Ein Teil – wegen verschiedener Bezeichnungen; andere aber lehren auch Sklaverei usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṁśaḥ – Teil; nānā-vyapadeśāt – wegen verschiedener Bezeichnungen; anyathā ca – auch anders; api – auch; dāsa-kitavāditvam – Sklaverei, Spielsucht usw.; adhīyata – wird gelehrt; eke – von einigen
Kommentar: Es gibt verschiedene Bezeichnungen und Analogien für das Selbst.

mantra-varṇāt 2.3.44.
Durch die Kraft der Mantras kann man das Selbst verwirklichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: mantra – heiliger Spruch; varṇāt – wegen der Worte
Kommentar: Auch die Mantras bezeichnen das Selbst als Ursache und Wissenden.

api smaryate 2.3.45.
Daran sollte man sich immer wieder erinnern.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; smaryate – wird erinnert, erwähnt
Alternative Übersetzung: Neben der Śruti bestätigt auch die Smṛti das Wissende Selbst.

prakāśādivan naivaṁ paraḥ 2.3.46.
Der Höchste (ist) nicht so, wie (bloß) Licht usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakāśa-ādi-vat – wie Licht usw.; na – nicht; evam – so; paraḥ – der Höchste
Alternative Übersetzung: Brahman ist nicht bloß unpersönliche Energie wie Licht, sondern bewusstes, höchstes Prinzip.

smaranti ca 2.3.47.
Daran sollte man sich immer wieder erinnern.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaranti – sie erinnern, erwähnen; ca – und
Alternative Übersetzung: Auch die Smṛti-Texte bestätigen Brahman als bewusstes Prinzip.

anujñā-parihārau deha-sambandhāj jyotir-ādivat 2.3.48.
Zustimmung und Verneinung gelten wegen des Körperbezugs – wie beim Licht usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anujñā – Zustimmung; parihāraḥ – Verneinung; deha-sambandhāt – wegen des Bezugs zum Körper; jyotis-ādi-vat – wie beim Licht usw.
Alternative Übersetzung: Zustimmung und Verneinung betreffen den Körper, nicht das eigentliche Selbst.

asantateś cāvyatikaraḥ 2.3.49.
Und wegen der Ununterbrochenheit gibt es keine Vermischung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asantateḥ – wegen der Ununterbrochenheit; ca – und; avyatikaraḥ – keine Vermischung
Alternative Übersetzung: Das Selbst bleibt stets unvermischt, auch wenn es verschiedene Zustände durchläuft.

ābhāsa eva ca 2.3.50.
Es ist nur eine Erscheinung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ābhāsaḥ – Erscheinung; eva – nur; ca – und
Alternative Übersetzung: Unterschiedliche Zustände sind nur Erscheinungen, nicht das wahre Wesen des Selbst.

adṛṣṭā-niyamāt 2.3.51.
Wegen der Regel durch das Unsichtbare (Karma).
Wort-für-Wort-Übersetzung: adṛṣṭa – das Unsichtbare, Karma; niyamāt – wegen der Bestimmung
Alternative Übersetzung: Karma bestimmt die Verkörperungen, nicht die wahre Natur des Selbst.

abhisandhy-ādiṣv api caivam 2.3.52.
Und ebenso bei Vorsatz und anderen (Handlungen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: abhisandhi – Vorsatz, Absicht; ādiṣu – in anderen; api – auch; ca – und; evam – ebenso
Alternative Übersetzung: Auch Handlungen wie Vorsatz beruhen auf dem Selbst als Handelndem.

pradeśād iti cen nāntarbhāvāt 2.3.53.
Wenn gesagt wird: „Wegen des Ortes“ – nein, da es (bereits) einbezogen ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pradeśāt – wegen des Ortes; iti cet – wenn so; na – nicht; antarbhāvāt – weil es bereits einbezogen ist
Alternative Übersetzung: Ortsangaben in den Schriften sind metaphorisch; das Selbst ist allgegenwärtig und nicht räumlich begrenzt.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu dvitīyādhyāyasya tṛtīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der dritte Pāda des zweiten Adhyāya (Kapitels).

Pada 4

tathā prāṇāḥ 2.4.1.
Ebenso die Prāṇas (Lebenskräfte).
Wort-für-Wort-Übersetzung: tathā – ebenso; prāṇāḥ – die Lebenskräfte
Alternative Übersetzung: Auch die Prāṇas gehen aus Brahman hervor.


gauṇy asambhavāt 2.4.2.
Nicht im übertragenen Sinn, wegen der Unmöglichkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: gauṇī – metaphorische Bedeutung; asambhavāt – wegen der Unmöglichkeit
Alternative Übersetzung: Das ist nicht im übertragenen Sinn zu verstehen. Kommentar: Die Prāṇas sind nicht nur metaphorisch zu verstehen, sondern real hervorgebracht.


pratijñānuparodhāc ca 2.4.3.
Und weil sonst die These (der Śruti) zerstört würde.
Alternative Übersetzung: So wird der These (dass Brahman alles ist und alles hervorbring) nicht widersprochen. Wort-für-Wort-Übersetzung: pratijñā – Behauptung, These; anuparodhāt – wegen der Nichtzerstörung; ca – und
Kommentar: Die klare Lehre der Śruti von Brahman als Ursache bliebe unhaltbar, wenn man die Prāṇas anders deutet.


tat-prāk-śruteś ca 2.4.4.
Und wegen der Erwähnung vor (den Prāṇas) in der Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – dessen; prāk – vorher; śruteḥ – wegen der Erwähnung in der Śruti; ca – und
Kommentar: Die Śruti nennt Brahman als Ursprung vor der Erwähnung der Prāṇas.


tat-pūrvakatvād vācaḥ 2.4.5.
Weil die Rede von ihm abhängig ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – von dem; pūrvakatvāt – wegen des Vorrangs, der Abhängigkeit; vācaḥ – der Rede
Kommentar: Auch die Rede (Vāc) wird aus Brahman abgeleitet.


sapta gater viśeṣitatvācca 2.4.6.
Und weil siebenfacher Weg unterschieden wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sapta – sieben; gateḥ – des Weges; viśeṣitatvāt – wegen der Unterscheidung; ca – und
Kommentar: Die Schriften erwähnen sieben Lebenskräfte mit besonderen Funktionen.


hastādayas tu sthite'to naivam 2.4.7.
Die Hände usw. jedoch nicht, da sie abhängig sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung: hasta – Hände; ādayaḥ – und anderes; tu – jedoch; sthiteḥ – wegen der Abhängigkeit, Stabilität; ataḥ – deshalb; na evam – nicht so
Kommentar: Die Glieder sind Werkzeuge, nicht selbständige Prinzipien wie Prāṇa.


aṇuś ca 2.4.8.
Und sie (die Prāṇas) sind subtil/atomar.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṇuḥ – atomar, subtil; ca – und
Kommentar: Prāṇas sind feinstofflich, nicht grobstofflich.


śreṣṭhaś ca 2.4.9.
Und er (Prāṇa) ist der Höchste.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śreṣṭhaḥ – der Höchste; ca – und
Kommentar: Unter den Lebenskräften gilt Prāṇa als die wichtigste.


na vāyu-kriye pṛthag-upadeśāt 2.4.10.
Nicht bloß als Windtätigkeit, wegen der gesonderten Lehre.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; vāyu – Wind; kriye – Tätigkeit, Funktion; pṛthak-upadeśāt – wegen gesonderter Erwähnung
Kommentar: Prāṇa ist nicht identisch mit der physischen Luft, sondern wird eigens von der Śruti gelehrt.


cakṣur-ādivat tu tat-saha-śiṣṭyādibhyaḥ 2.4.11.
Vielmehr ist er wie Auge usw., da er mit ihnen gelehrt wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: cakṣus – Auge; ādi-vat – wie usw.; tu – vielmehr; tat-saha-śiṣṭyādibhyaḥ – weil er zusammen mit ihnen gelehrt wird
Kommentar: Prāṇa ist wie die Sinne – er wird zusammen mit ihnen erwähnt, jedoch als übergeordnet.


akaraṇatvācc a na doṣas tathā hi darśayati 2.4.12.
Und da er kein Sinnesorgan ist, entsteht kein Fehler – so zeigt es die Schrift.
Wort-für-Wort-Übersetzung: akaraṇatvāt – da er kein Organ ist; ca – und; na – kein; doṣaḥ – Fehler; tathā hi – so nämlich; darśayati – lehrt (die Schrift)
Kommentar: Obwohl Prāṇa nicht als Organ gilt, ist er dennoch grundlegend – so bestätigt die Śruti.


pañca-vṛttir manovat vyapadiśyate 2.4.13.
Er wird als fünffach tätig beschrieben, ähnlich wie der Geist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pañca-vṛttiḥ – fünffach tätig; manovat – wie der Geist; vyapadiśyate – wird beschrieben
Kommentar: Prāṇa wirkt in fünf Hauptfunktionen (prāṇa, apāna, vyāna, udāna, samāna).


aṇuś ca 2.4.14.
Er ist feinstofflich.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṇuḥ – subtil, fein; ca – und
Kommentar: Prāṇa ist nicht grobstofflich, sondern feinstofflich.


jyotir-ādi-adhiṣṭhānaṁ tu tad-āmananāt 2.4.15.
Er ist jedoch Grundlage von Licht usw., da dies gesagt wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: jyotis – Licht; ādi – usw.; adhiṣṭhānam – Grundlage; tu – jedoch; tat-āmananāt – da dies erwähnt wird
Alternative Übersetzung: Es wird gesagt, dass er die Grundlage für Licht usw. ist.


prāṇavatā śabdāt 2.4.16.
Wie Prāṇa, wegen der Worte (der Śruti).
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāṇavat – wie Prāṇa; śabdāt – wegen der Worte
Kommentar: Auch andere Prinzipien werden wie Prāṇa erklärt.


tasya ca nityatvāt 2.4.17.
Weil er (Prana) ewig ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tasya – dessen; ca – und; nityatvāt – wegen der Ewigkeit
Kommentar: Prāṇa ist nicht zufällig, sondern ewig mit dem Leben verbunden.


ta indriyāṇi tad-vyapadeśād anyatra śreṣṭhāt 2.4.18.
Und die Sinne (sind abgeleitet), wegen der Bezeichnung, außer dem Höchsten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: te – diese; indriyāṇi – Sinne; tat-vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung; anyatra – außer; śreṣṭhāt – dem Höchsten
Alternative Übersetzung: Die Sinne entstehen aus Brahman, nicht unabhängig davon.


bheda-śruteḥ 2.4.19.
Es gibt die Lehre der Verschiedenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bheda – Verschiedenheit; śruteḥ – wegen der Lehre der Śruti
Kommentar: Die Śruti unterscheidet zwischen Brahman, Prāṇa und den Sinnen.


vailakṣaṇyāc ca 2.4.20.
... und der Besonderheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vailakṣaṇyāt – wegen der Besonderheit; ca – und
Kommentar: Prāṇa und die Sinne haben besondere Funktionen, die sie von Brahman unterscheiden.

saṁjñā-mūrti-klṛptis tu tri-vṛt-kurvata upadeśāt 2.4.21.
Die Benennung und Gestaltbestimmung erfolgt durch das Dreifach-Mischen, so lautet die Lehre.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁjñā – Benennung; mūrti – Gestalt; klṛptiḥ – Bestimmung, Einrichtung; tu – jedoch; tri-vṛt-kurvataḥ – durch das Dreifach-Machen (Mischen der Elemente); upadeśāt – wegen der Belehrung (der Śruti)
Kommentar: Die Śruti erklärt, dass Namen und Formen durch die dreifache Mischung der Elemente entstehen.


māṁsādi bhaumaṁ yathā-śabdam itarayoś ca 2.4.22.
Fleisch usw. stammen von der Erde, so wird gesagt. So ist es auch bei den anderen (Elementen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: māṁsa-ādi – Fleisch usw.; bhaumam – von der Erde; yathā-śabdam – gemäß den Worten (der Śruti); itarayoḥ – der anderen beiden (Wasser und Feuer); ca – und
Kommentar: Die Śruti lehrt, dass bestimmte Teile des Körpers aus den jeweiligen Elementen hervorgehen.


vaiśeṣyāt tu tad-vādaḥ tad-vādaḥ 2.4.23.
Aber wegen der Besonderheit gilt diese Lehre, und nur diese.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vaiśeṣyāt – wegen der Besonderheit; tu – aber; tat-vādaḥ – diese Lehre; tat-vādaḥ – nur diese Lehre
Alternative Übersetzung: Die Vedānta-Lehre über die Elemente und ihre Mischung ist aufgrund ihrer besonderen Grundlage gültig.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu dvitīyādhyāyasya caturthaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der vierte Pāda des zweiten Adhyāya (Kapitels).


iti dvitīyo'dhyāyaḥ
So endet der zweite Adhyāya (Kapitel).

Adhyaya 3

atha tṛtīyo'dhyāyaḥ
Hier beginnt der dritte Adhyāya.

Pada 1

tad-antara-pratipattau raṁhati sampariṣvaktaḥ praśna-nirūpaṇābhyām 3.1.1.
Bei der Erkenntnis des Übergangs eilt er, umfassend umschlungen, entsprechend den Fragen und Antworten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-antara-pratipattau – beim Erkennen des Übergangs (von einem Zustand zum anderen); raṁhati – er eilt; sampariṣvaktaḥ – umschlungen, umfassend; praśna-nirūpaṇābhyām – durch Frage und Antwort
Kommentar: Die Upaniṣaden schildern in Lehrgesprächen den Übergang in verschiedene Zustände.

try-ātmakatvāt tu bhūyastvāt 3.1.2.
Es (Brahman) ist das Höchste, weil es dreifache Natur (Sein, Bewusstsein, Glückseligkeit) besitzt. und weil es größer (bhūyas) ist.“.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tri-ātmakatvāt – wegen der dreifachen Natur (Körper, Sinne, Seele); tu – aber; bhūyastvāt – wegen der Größe

prāṇa-gateś ca 3.1.3.
Die Lebenskräfte können verschwinden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāṇa – Lebenskräfte; gateḥ – wegen des Weggehens; ca – und
Kommentar: Beim Tod geht der Jīva mit den Prāṇas fort, wie die Śruti beschreibt.

agny-ādi-gati-śruter iti cen na bhāktatvāt 3.1.4.
Wenn gesagt wird: „Wegen der Śruti vom Weg über Agni usw.“ – nein, denn das ist metaphorisch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: agni-ādi – Agni usw.; gati-śruteḥ – wegen der Lehre vom Weg; iti cet – wenn so; na – nein; bhāktatvāt – wegen der Metapher
Kommentar: Beschreibungen vom Weg über Agni usw. sind bildlich und auf die Seelenreise zu beziehen.

prathame'śravaṇād iti cen na tā eva hy upapatteḥ 3.1.5.
Wenn gesagt wird: „Weil sie im Anfang nicht gehört werden“ – nein, denn genau diese sind gemeint, wie es stimmig ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prathame – im Anfang; aśravaṇāt – wegen Nicht-Erwähnung; iti cet – wenn so; na – nein; tāḥ eva hi – gerade diese; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit
Kommentar: Auch wenn sie anfangs nicht genannt sind, handelt es sich dennoch um dieselben Prinzipien.

aśrutatvād iti cen neṣṭādi-kāriṇāṁ pratīteḥ 3.1.6.
Wenn gesagt wird: „Weil es nicht gehört wird“ – nein, denn es wird für Handelnde von Gutem und Schlechtem verstanden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aśrutatvāt – wegen Nicht-Erwähnung; iti cet – wenn so; na – nein; iṣṭa-ādi-kāriṇām – der Handelnden von Gutem und Schlechtem; pratīteḥ – wegen des Verständnisses
Kommentar: Auch nicht ausdrücklich Erwähntes wird durch Zusammenhang für gute und schlechte Taten bestätigt.

bhāktaṁ vā'nātma-vittvāt tathā hi darśayati 3.1.7.
Oder es ist metaphorisch, da es das Nicht-Selbst meint – so lehrt es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāktam – metaphorisch; – oder; anātma-vittvāt – wegen der Unkenntnis des Selbst; tathā hi darśayati – so lehrt es nämlich
Kommentar: Manche Angaben sind bildlich, um den unwissenden Zustand des Jīva zu erklären.

kṛtātyaye'nuśayavān dṛṣṭa-smṛtibhyām 3.1.8.
Nach dem Ende der Taten bleibt der Rest zurück – belegt durch Erfahrung und Überlieferung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṛta-atyaye – nach Vollendung der Taten; anuśayavān – der mit Restkarma Versehene; dṛṣṭa – durch Erfahrung; smṛtibhyām – durch die Überlieferung
Kommentar: Nach Vollendung der Haupttaten verbleiben Restneigungen, wie Śruti und Erfahrung bezeugen.

yathetam an evaṁ ca 3.1.9.
Wie hier, so auch dort.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yathā – wie; idam – hier; evaṁ ca – so auch dort
Kommentar: Der Vorgang verläuft gleichermaßen hier und im Jenseits.

caraṇād iti cen nopalakṣaṇārtheti kārṣṇājaniḥ 3.1.10.
Wenn gesagt wird: „Wegen der (besonderen) Schritte“ – nein, sie sind nur im übertragenen Sinn zu verstehen – so Kārṣṇājani.
Wort-für-Wort-Übersetzung: caraṇāt – wegen der Schritte; iti cet – wenn so; na – nicht; upalakṣaṇārthe – im übertragenen Sinn; iti kārṣṇājaniḥ – so sagt Kārṣṇājani
Kommentar: Die Erwähnung von Schritten ist bildlich gemeint und nicht wörtlich.

ānarthakyam iti cen na tad-apekṣatvāt 3.1.11.
Wenn gesagt wird: „Das sei sinnlos“ – nein, denn es ist von dem abhängig.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ānarthakyam – Sinnlosigkeit; iti cet – wenn so; na – nein; tat-apekṣatvāt – weil es davon abhängt
Kommentar: Auch scheinbar nebensächliche Angaben haben ihren Sinn im größeren Zusammenhang.

sukṛta-duṣkṛte eveti tu Bādariḥ 3.1.12.
Nur gutes und schlechtes Karma (wirkt) – so (sagt) Bādari.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sukṛta – gute Tat; duṣkṛte – schlechte Tat; eva – nur; iti tu – so jedoch; Bādariḥ – der Lehrer Bādari
Kommentar: Der Weg der Seele hängt allein von guten und schlechten Taten ab.

aniṣṭādikāriṇām api ca śrutam 3.1.13.
Auch für die Handelnden von Unerwünschtem usw. ist es überliefert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aniṣṭa-ādi-kāriṇām – der Handelnden von Unerwünschtem usw.; api ca – auch; śrutam – ist überliefert
Kommentar: Auch für schlechte Handlungen gilt die Lehre über den Weg der Seele.

saṁyamane tv anubhūy etareṣām āroha-avarohau tad-gati-darśanāt 3.1.14.
Bei der Seelenprüfung jedoch erfahren die anderen Auf- und Abstieg, da ihre Wege gesehen werden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁyamane – bei der Seelenprüfung; tu – jedoch; anubhūya – wird erfahren; itaraeṣām – der anderen; āroha – Aufstieg; avarohau – Abstieg; tad-gati-darśanāt – da ihre Wege gesehen werden
Kommentar: Die Schriften beschreiben Auf- und Abstieg der Seelen nach ihren Handlungen im Jenseitsgericht.

smaranti ca 3.1.15.
Und so erinnern (auch die Smṛtis).
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaranti – erinnern, berichten; ca – und
Kommentar: Auch die Smṛtis bestätigen die Lehre vom Seelenweg.

api sapta 3.1.16.
Auch (gibt es) sieben (Wege).
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; sapta – sieben
Kommentar: Die Schriften sprechen von sieben Wegen oder Stationen der Seele.

tatrāpi ca tad-vyāpārād avirodhaḥ 3.1.17.
Auch dort besteht kein Widerspruch, wegen der entsprechenden Wirksamkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tatra api – auch dort; ca – und; tat-vyāpārāt – wegen der Tätigkeit; avirodhaḥ – kein Widerspruch
Kommentar: Unterschiedliche Beschreibungen widersprechen nicht, da sie verschiedene Aspekte desselben Vorgangs betreffen.

vidyā-karmaṇor iti tu prakṛtatvāt 3.1.18.
Von Wissen und Handlung – so jedoch, wegen des thematischen Zusammenhangs.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vidyā – Wissen; karmaṇoḥ – und Handlung; iti tu – so jedoch; prakṛtatvāt – wegen des Zusammenhangs
Kommentar: Wissen und Karma bestimmen den Weg der Seele, entsprechend dem Thema der Śruti.

na tṛtīye tathopalabdheḥ 3.1.19.
Nicht im dritten (Fall), da dies nicht so gefunden wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; tṛtīye – im dritten Fall; tathā – so; upalabdheḥ – wegen des Nichtgefundenwerdens
Kommentar: Ein dritter Weg neben Wissen und Karma wird nicht in der Śruti belegt.

smaryate'pi ca loke 3.1.20.
Auch in der Welt (Überlieferung) wird es erinnert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaryate – wird erinnert, überliefert; api ca – auch; loke – in der Welt, im gewöhnlichen Leben
Kommentar: Auch die weltliche Tradition bestätigt die Lehre von den Wegen der Seele.

darśanāc ca 3.1.21.
Und auch wegen der Wahrnehmung (ist es so).
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Wahrnehmung; ca – und
Kommentar: Erfahrung und Offenbarung bestätigen den beschriebenen Vorgang der Seele.

tṛtīye śabda-avarodhaḥ saṁśokajasya 3.1.22.
Im dritten (Fall) aber erfolgt die Einschränkung durch die Worte, für den vom Leid Betroffenen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tṛtīye – im dritten (Fall); śabda-avarodhaḥ – Einschränkung durch die Worte; saṁśoka-jasya – des vom Leid Erzeugten
Kommentar: Bei einer dritten Möglichkeit ist der Bezug durch die Schrift selbst eingeschränkt.

smaraṇāc ca 3.1.23.
Und auch wegen der Erinnerung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaraṇāt – wegen der Erinnerung; ca – und
Kommentar: Die Erinnerung aus der Überlieferung bestätigt den Seelenweg.

tat-svābhāvy-āpattir upapatteḥ 3.1.24.
Das Eintreten in seine eigene Natur – wegen der Angemessenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – das; svābhāvya – seine eigene Natur; āpattiḥ – das Eintreten, das Erreichen; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit
Kommentar: Die Seele tritt ihrem eigenen Wesen gemäß in den entsprechenden Zustand ein.

nāticireṇa viśeṣāt 3.1.25.
Nicht nach zu langer Zeit, wegen der Besonderheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; aticireṇa – nach langer Zeit; viśeṣāt – wegen der Besonderheit
Kommentar: Der Übergang der Seele geschieht ohne zu große Verzögerung.

anyādhiṣṭhite pūrvavad abhilāpāt 3.1.26.
Wenn ein anderer (Körper) beherrscht wird, wie zuvor, wegen der Erwähnung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anya – ein anderer; adhiṣṭhite – wenn beherrscht, beseelt; pūrva-vat – wie zuvor; abhilāpāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Die Seele wirkt auch in einem neuen Körper wie im alten, so die Śruti.

aśuddham iti cen na śabdāt 3.1.27.
Wenn gesagt wird: „Es sei unrein“ – nein, wegen der Worte (der Śruti).
Wort-für-Wort-Übersetzung: aśuddham – unrein; iti cet – wenn so; na – nein; śabdāt – wegen der Worte (der Śruti)
Kommentar: Die Śruti erklärt klar die Reinheit des Selbst trotz Verkörperung.

retaḥ si-yogo'tha 3.1.28.
Dann die Verbindung mit dem Samen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: retaḥ – Samen; siyogaḥ – Verbindung; atha – dann
Kommentar: Die Seele verbindet sich mit dem Samen bei der neuen Geburt.

yoneḥ śarīram 3.1.29.
Vom Schoß (entsteht) der Körper.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yoneḥ – aus dem Schoß; śarīram – der Körper
Kommentar: Der physische Körper entsteht aus dem Schoß der Mutter.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu tṛtīyādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda des dritten Adhyāya (Kapitels).

Pada 2

sandhye sṛṣṭir āha hi 3.2.1.
Im Zwischenzustand (Traum) findet Schöpfung statt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sandhye – im Zwischenzustand, Traum; sṛṣṭiḥ – Schöpfung; āha hi – sagt nämlich (die Śruti)
Kommentar: Die Upaniṣaden lehren, dass im Traum eine Schöpfung durch das Selbst stattfindet.

nirmātāraṁ caike putrādayaś ca 3.2.2.
Und einige sagen, es gäbe einen Schöpfer – wie Vater - Sohn usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: nirmātāram – den Schöpfer; ca – und; eke – einige (Lehrer); putra-ādayaḥ – Vater, Sohn usw.; ca – und
Kommentar: Manche Traditionen sehen das Selbst als Schöpfer verschiedener Rollen im Traum.

māyāmātraṁ tu kārtsnyenānabhivyaktasvarūpatvāt 3.2.3.
Doch es ist nur Māyā, da das wahre Wesen nicht vollständig offenbar ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: māyā-mātram – bloße Illusion; tu – aber; kārtsnyena – im Ganzen; anabhivyakta-svarūpatvāt – wegen der Nichtoffenbarung der wahren Natur
Kommentar: Der Traum ist Māyā, weil er nicht die volle Realität des Selbst zeigt.

sūcakaś ca hi śruteḥ ācakṣate ca tad-vidaḥ 3.2.4.
Hinweisend ist es, wie die Śruti sagt, und wie Kenner es erklären.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sūcakaḥ – ein Hinweis; ca hi – und nämlich; śruteḥ – laut Śruti; ācakṣate – erklären; ca – und; tat-vidaḥ – die Kundigen
Kommentar: Traum ist ein Hinweis auf die schöpferische Kraft des Selbst, so Śruti und die Kundigen.

parābhidhyānāt tu tirohitaṁ tato hy asya bandha-viparyayau 3.2.5.
Durch das Denken an anderes wird es verhüllt – daraus folgen Bindung und Verwechslung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: para-abhidhyānāt – durch Denken an anderes; tu – jedoch; tirohitaṁ – verhüllt; tataḥ hi – daraus nämlich; asya – dessen; bandha – Bindung; viparyayau – Verwechslung
Kommentar: Falsches Denken im Traum oder Leben führt zu Verdeckung und Bindung.

deha-yogād vāso'pi 3.2.6.
Und aufgrund der Verbindung mit dem Körper (besteht dieser Zustand).
Wort-für-Wort-Übersetzung: deha-yogāt – wegen der Verbindung mit dem Körper; vāsaḥ – Aufenthalt, Zustand; api – auch
Kommentar: Der Traum entsteht aus der Verbindung des Selbst mit dem Körper.

tad-abhāvo nāḍīṣu tac-śruteḥ ātmany api ca 3.2.7.
Die Abwesenheit (des Traums) liegt in den Nāḍīs, wie die Śruti lehrt – und im Selbst.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-abhāvaḥ – die Abwesenheit (Traumlosigkeit); nāḍīṣu – in den Nāḍīs; tat-śruteḥ – wegen dieser Śruti; ātmani – im Selbst; api ca – auch
Kommentar: Traumloser Schlaf wird auf die Ruhe in den Nāḍīs zurückgeführt, letztlich aber auf das Selbst.

ataḥ prabodho'smāt 3.2.8.
Daraus (erfolgt) das Erwachen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ – daraus; prabodhaḥ – Erwachen; asmāt – aus diesem (Zustand)
Kommentar: Aus dem Tiefschlaf erwacht die Seele wieder zum Wachbewusstsein.

sa eva tu karmānusmṛti-śabda-vidhibhyaḥ 3.2.9.
Es ist aber derselbe (Jīva), wie aus Karma, Erinnerung, Schrift und Gebot hervorgeht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saḥ eva – derselbe; tu – jedoch; karma-anusmṛti – Karma und Erinnerung; śabda-vidhibhyaḥ – aus Schrift und Gebot
Kommentar: Der Jīva bleibt durch alle Zustände derselbe, wie Śruti und Erinnerung lehren.

mugdhe'rtha-sampattir pariśeṣāt 3.2.10.
Im Zustand der Bewusstlosigkeit besteht dennoch das Erreichen des Zieles – durch Ausschluss (anderer Möglichkeiten).
Wort-für-Wort-Übersetzung: mugdhe – im unbewussten Zustand; artha-sampattiḥ – Erreichen des Zieles; pariśeṣāt – durch Ausschluss
Kommentar: Auch im Ohnmachts- oder Schlafzustand bleibt die Verbindung mit dem Selbst erhalten.

na sthānato'pi parasyobhayaliṅgaṁ sarvatra hi 3.2.11.
Nicht aufgrund des Ortes (kann man unterscheiden), denn das Zeichen des Höchsten gilt überall.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; sthānataḥ – vom Ort her; api – auch; parasya – des Höchsten; ubhayaliṅgam – beide Zeichen; sarvatra hi – denn überall
Kommentar: Brahman ist nicht durch Ort bestimmt, sondern überall erkennbar.

na bhedād iti cen na pratyeka-matad-vacanāt 3.2.12.
Wenn gesagt wird: „Nicht wegen der Verschiedenheit“ – nein, da die Lehre von den einzelnen Ansichten spricht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na bhedāt – nicht wegen der Verschiedenheit; iti cet – wenn so; na – nein; pratyeka-matad-vacanāt – wegen der Erwähnung einzelner Ansichten
Kommentar: Unterschiedliche Angaben der Śruti über Zustände widersprechen nicht, sondern sind jeweils kontextbezogen.

api caivam eke 3.2.13.
Und ebenso sagen es auch einige.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; ca – und; evam – so; eke – einige (Lehrer)
Kommentar: Unterschiedliche Lehrer vertreten dieselbe Auffassung.

arūpavad eva hi tat-pradhānatvāt 3.2.14.
Es ist formlos, weil es die Grundlage ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: arūpavat – formlos; eva – in der Tat; hi – denn; tat-pradhānatvāt – weil es Grundlage ist
Kommentar: Das Selbst bleibt formlos, da es die Grundlage aller Erscheinungen ist.

prakāśavac cāvaiyarthyam 3.2.15.
Wie beim Licht ist es nicht sinnlos.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakāśavat – wie Licht; ca – und; avaiyarthyam – nicht sinnlos
Kommentar: Wie Licht nicht zwecklos ist, so auch nicht die Manifestationen des Selbst.

āha ca tan-mātram 3.2.16.
Und die Schrift sagt: „Nur das allein.“
Wort-für-Wort-Übersetzung: āha – sagt; ca – und; tat-mātram – nur das
Kommentar: Die Śruti erklärt, dass im Tiefschlaf nur Brahman existiert.

darśayati cātho'pi smaryate 3.2.17.
So wird es überliefert und gezeigt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśayati – es zeigt (die Śruti); ca – und; athaḥ api – außerdem; smaryate – wird erinnert
Kommentar: Auch Smṛti und Śruti bestätigen die Lehre vom Zustand im Tiefschlaf.

ata eva copamā sūrya-kādivat 3.2.18.
So gibt es auch einen Vergleich – wie mit Sonne und Mond.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – eben deshalb; upamā – Vergleich; sūrya-kādivat – wie mit Sonne und Mond
Kommentar: Die Schriften vergleichen das Leuchten des Selbst mit Sonne und Mond.

ambu-vad agrahaṇāt tu na tathātvam 3.2.19.
Wie beim Wasser – aber da es nicht ergriffen wird, gilt dies nicht so.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ambu-vat – wie Wasser; agrahaṇāt – wegen Nichtergreifens; tu – aber; na – nicht; tathātvam – gilt es so
Kommentar: Brahman ist nicht wie Wasser zu greifen oder zu halten.

vṛddhi-hrāsa-bhāktvam antarbhāvāt ubhaya-sāmañjasyād evam 3.2.20.
Wachstum und Abnahme werden durch Einbeziehung (verstanden) – so ergibt sich Übereinstimmung in beidem.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vṛddhi – Wachstum; hrāsa – Abnahme; bhāktvam – Teilhabe; antarbhāvāt – durch Einbeziehung; ubhaya – in beiden; sāmañjasyāt – wegen der Stimmigkeit; evam – so
Kommentar: Wachstum und Abnahme gelten nur für Körper und Sinne, nicht für das Selbst, das stets gleich bleibt.

darśanāc ca 3.2.21.
Und auch wegen der Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Wahrnehmung; ca – und
Kommentar: Die direkte Erfahrung bestätigt die Lehre vom Selbst.

prakṛta-itāvattvaṁ hi pratiṣedhati tato bravīti ca bhūyaḥ 3.2.22.
Das Beschränkte weist er zurück und lehrt dann das Höhere.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakṛta – das Behandelte; itāvattvam – die Beschränkung; hi – nämlich; pratiṣedhati – er verwirft; tataḥ – dann; bravīti – sagt, lehrt; ca – und; bhūyaḥ – das Mehr, Höhere
Kommentar: Die Śruti verwirft das Begrenzte und führt zum Unendlichen Brahman.

tad-avyaktam āha hi 3.2.23.
Das Unmanifestierte wird nämlich erwähnt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – jenes; avyaktam – das Unmanifestierte; āha – sagt, erwähnt; hi – nämlich
Kommentar: Die Śruti spricht vom Unmanifestierten als Ausdruck des Brahman.

api saṁrādhane pratyakṣānumānābhyām 3.2.24.
Auch bei der Verehrung – durch Wahrnehmung und Schlussfolgerung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; saṁrādhane – bei der Verehrung; pratyakṣa – Wahrnehmung; anumānābhyām – durch Schlussfolgerung
Kommentar: Durch Verehrung kommt direkte Erfahrung, bestätigt durch logische Schlussfolgerung.

prakāśavac cāvaiśeṣyaṁ 3.2.25.
Wie beim Licht gibt es keine Unterschiede
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakāśavat – wie beim Licht; ca – und; avaśeṣyam – keine Verschiedenheit
Kommentar: Wie das Licht überall gleich wirkt, so ist auch Brahman ununterschieden.

prakāśaś ca karmaṇy abhyāsāt 3.2.26.
Und wie das Licht in den Handlungen – wegen der Wiederholung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakāśaḥ – das Licht; ca – und; karmaṇi – in den Handlungen; abhyāsāt – wegen der Wiederholung
Kommentar: Brahman leuchtet in allen Handlungen, wie die Śruti wiederholt lehrt.

ato'nantena tathā hi liṅgam 3.2.27.
Daher (ist es) unendlich – so ist nämlich das Kennzeichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ – daher; anantena – unendlich; tathā hi – so nämlich; liṅgam – Kennzeichen
Kommentar: Die Kennzeichen in den Śruti-Texten zeigen Brahmans Unendlichkeit.

ubhayavyapadeśāt tu ahikuṇḍalavat 3.2.28.
Aber wegen der doppelten Bezeichnung – wie bei der zusammengerollten Schlange.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ubhaya-vyapadeśāt – wegen der doppelten Bezeichnung; tu – aber; ahi-kuṇḍalavat – wie bei einer zusammengerollten Schlange
Kommentar: Brahman wird je nach Aspekt verschieden bezeichnet, ähnlich einer Schlange in Ruhe oder Bewegung.

prakāśāśraya-vad vā tejas-tvāt 3.2.29.
Oder wie bei der Stütze des Lichts, da es leuchtet.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prakāśa – Licht; āśraya-vat – wie bei der Stütze; – oder; tejas-tvāt – wegen des Leuchtens
Kommentar: Brahman ist Träger und Quelle des Lichts.

pūrvavad vā 3.2.30.
Oder wie zuvor.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pūrvavat – wie zuvor; – oder
Kommentar: Dieselben Erklärungen wie zuvor gelten auch hier.

pratiṣedhāc ca 3.2.31.
Und auch wegen der Verneinung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pratiṣedhāt – wegen der Verneinung; ca – und
Kommentar: Die Śruti verneint das Endliche und weist so auf das Unendliche hin.

paramatas setūn māna-saṁbandha-bheda-vyapadeśebhyaḥ 3.2.32.
Aufgrund anderer Lehren – von Brücken, Maßen, Verbindungen und Unterschieden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: paramataḥ – aus anderer Lehre; setūn – Brücken; māna – Maß; saṁbandha – Verbindung; bheda – Unterschied; vyapadeśebhyaḥ – wegen der Bezeichnungen
Kommentar: Andere Lehrstellen bestätigen Brahman als Träger aller Unterschiede und Verbindungen.

darśanāt 3.2.33.
Wegen der Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Wahrnehmung
Alternative Übersetzung: Brahman kann direkt wahrgenommen werden. In der meditativen Schau wird Brahman erfahren.
Kommentar: Auch durch intuitive Erkenntnis wird Brahman bestätigt.

buddhy-arthaḥ pāda-vat 3.2.34.
Es ist für den Verstand bestimmt, wie ein Fuß (Teil).
Wort-für-Wort-Übersetzung: buddhi-arthaḥ – für den Intellekt; pāda-vat – wie ein Teil, Fuß
Alternative Übersetzung: Erläuterungen sind für den Intellekt bestimmt - geben aber nur Teilwissen
Kommentar: Brahman wird für den Intellekt in Teilen erklärt, als didaktische Hilfe.

sthāna-viśeṣāt prakāśādivat 3.2.35.
Wegen des besonderen Ortes – wie beim Licht usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sthāna-viśeṣāt – wegen des besonderen Ortes; prakāśa-ādi-vat – wie beim Licht usw.
Alternative Übersetzung: Wie beim Licht erfährt man je nach Ort (der Konzentration) Brahman unterschiedlich.
Kommentar: Verschiedene Erscheinungen ergeben sich je nach Kontext, ohne das Eine zu verändern.

upapatteś ca 3.2.36.
Und auch wegen der Angemessenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upapatteḥ – wegen der Angemessenheit; ca – und
Alternative Übersetzung: (Brahman wird unterschiedlich erklärt,) so wie es angemessen ist (gemäß Kontext und Zuhörer).
Kommentar: Logische Stimmigkeit unterstützt die Auslegung.

tathā'nyapratiṣedhāt 3.2.37.
Ebenso wegen der Verneinung des Anderen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tathā – ebenso; anya-pratiṣedhāt – wegen der Verneinung des Anderen
Alternative Übersetzung: Ebenso ist es wenn etwas verneint wird (da es wg. Kontext und Zuhörer so angemessen ist).
Kommentar: Die Śruti weist andere Vorstellungen zurück und bestätigt Brahman.

anena sarvagatatvam āyāmaya-śabdādibhyaḥ 3.2.38.
Hierdurch ergibt sich die Allgegenwart, aufgrund von Worten wie „Ausdehnung“ usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anena – dadurch; sarvagatatvam – Allgegenwart; āyāmaya-śabda-ādibhyaḥ – aus Worten wie „Ausdehnung“ usw.
Alternative Übersetzung: Durch Worte wie Allgegenwart, Unendlichkeit (wird auf Brahman hingewiesen.
Kommentar: Śruti-Ausdrücke wie „allumfassend“ bestätigen Brahmans Allgegenwart.

phalam ata upapatteḥ 3.2.39.
Die Frucht (folgt) daher, wegen der Angemessenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: phalam – Frucht, Ergebnis; ataḥ – daher; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit; Eintreffen, Zustandekommen
Alternative Übersetzung: So kommt die Frucht (allen spirituellen Strebens) zustande (nämlich Brahmanverwirklichung.
Kommentar: Das Ergebnis ist die Verwirklichung Brahmans, was logisch und scriptural bestätigt wird.

śrutatvācc a 3.2.40.
Und auch wegen der Überlieferung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śrutatvāt – wegen der Śruti; ca – und
Alternative Übersetzung: Und durch das Studium der Shruti .
Kommentar: Die Śruti selbst bezeugt Brahmans Eigenschaften.

dharmaṁ Jaiminiḥ ata eva 3.2.41.
Jaimini sagt: „(Es betrifft) das Dharma“ – eben deshalb.
Wort-für-Wort-Übersetzung: dharmaṁ – das Dharma; Jaiminiḥ – der Weise Jaimini; ataḥ eva – eben deshalb
Alternative Übersetzung: Jaimni sagt: Daraus (aus der Brahmanverwirklichung) folgt Dharma .
Alternative Übersetzung: Jaimni sagt: Aus Dharma (folgt die Verwirklichung).
Kommentar: Jaimini interpretiert die Stelle im Sinne des Dharma, nicht direkt auf Brahman.

pūrvaṁ tu Bādarāyaṇo hetu-vyapadeśāt 3.2.42.
Bādarāyaṇa jedoch (sagt): „Früher“ – wegen der Angabe von Gründen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pūrvam – früher; tu – jedoch; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa (Vyāsa); hetu-vyapadeśāt – wegen der Angabe von Gründen
Alternative Übersetzung: Badarayana sagt, dass (Brahmanverwirklichung) aus den vorher angegebenen Gründen kommt .
Kommentar: Bādarāyaṇa sieht darin einen Hinweis auf Brahman aufgrund der Begründungen der Śruti.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu tṛtīyādhyāyasya dvitīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der zweite Pāda des dritten Adhyāya (Kapitels).

Pada 3

sarva-vedānta-pratyayaṁ codanādy-aviśeṣāt 3.3.1.
Die Erkenntnis aus allen Vedānta (Texten), wegen der Nichtunterscheidung von Gebot usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva-vedānta – aller Vedānta; pratyayam – Erkenntnis, Gewissheit; codanā-ādi – Gebot usw.; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Alternative Übersetzung: Aller Vedanta führt zur höchsten Erkenntnis und Gewissheit, unabhängig von einzelnen Geboten und Praktiken.
Kommentar: Alle Vedānta lehren übereinstimmend Brahman, unabhängig von unterschiedlichen Formulierungen.

bhedān neti ced ekasyām api 3.3.2.
Wenn gesagt wird: „Wegen Verschiedenheit nicht“ – nein, selbst in einer (Schrift) ist es einheitlich.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhedāt – wegen Verschiedenheit; na iti – nicht so; cet – wenn; ekasyām api – selbst in einer (Schrift)
Kommentar: Auch innerhalb einer einzelnen Upaniṣad finden sich verschiedene Ausdrucksweisen, ohne dass Verschiedenheit gemeint ist.

svādhyāyasya tathātvena hi samācāre'dhikārācca 3.3.3.
Denn das Studium der heiligen Texte gilt als solches, wegen Brauch und Berechtigung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: svādhyāyasya – des Selbststudiums (der Veden); tathātvena – als solches; hi – denn; samācāre – im Brauch, Verhalten; adhikārāt – wegen der Berechtigung, wegen der Schülerschaft
Alternative Übersetzung: Für Schüler ist Svadhaya Pflicht.
Kommentar: Das Studium gilt in allen Fällen als eine einzige Pflicht, auch wenn die Formen variieren.

salila-vac ca tan-niyamaḥ 3.3.4.
Und die Vorschrift ist wie beim Wasser.
Wort-für-Wort-Übersetzung: salila-vat – wie Wasser; ca – und; tat-niyamaḥ – die Vorschrift, die Regel
Alternative Übersetzung: Wie eine Flut gibt es so viele Vorschriften (Niyamas).
Kommentar: Wie Wasser trotz verschiedener Erscheinungsformen dasselbe bleibt, so ist auch die Vorschrift in den Śruti-Einheiten einheitlich.

darśayati ca 3.3.5.
Und die Śruti zeigt es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśayati – sie zeigt, lehrt; ca – und
Alternative Übersetzung: ... und Lehren.
Kommentar: Die Schrift selbst weist auf die Einheit der Lehre hin.

upasaṁhāro'rthābhedād vidhi-śeṣavat samāne ca 3.3.6.
Die Zusammenfassung erfolgt wegen der Einheit der Bedeutung – wie bei einer Ergänzung zum Gebot, auch wenn sie verschieden erscheinen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upasaṁhāraḥ – Zusammenfassung; artha-abhedāt – wegen der Einheit der Bedeutung; vidhi-śeṣavat – wie eine Ergänzung zum Gebot; samāne ca – auch im gleichen (Fall)
Alternative Übersetzung: Zusammenfassend gilt: Alle Gebote sollen zur Einheit führen.
Kommentar: Die Schriften führen verschiedene Aussagen zur gleichen Bedeutung zusammen.

anyathātvaṁ ca śabdād iti cen nāviśeṣāt 3.3.7.
Wenn gesagt wird: „Die Worte hätten eine andere Bedeutung“ – nein, wegen der Nichtunterscheidung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anyathātvam – eine andere Bedeutung; ca – und; śabdāt – aus den Worten; iti cet – wenn so; na – nein; aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Alternative Übersetzung: Worte sind viele, aber Wahrheit ist eins.
Kommentar: Unterschiedliche Worte bedeuten nicht Verschiedenheit der Lehre, sondern denselben Inhalt.

na vā prakaraṇa-bhedāt paro-varīyastvādivat 3.3.8.
Oder nicht (verschieden), wegen des Unterschieds der Themen – wie bei höher oder niedriger.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na vā – oder nicht; prakaraṇa-bhedāt – wegen Unterschied der Themen; paraḥ-varīyastva-ādi-vat – wie bei höher, geringer usw.
Alternative Übersetzung: Lehren variieren je nachdem ob sie sich auf die höchste oder niedrigere Wirklichkeit beziehen.
Kommentar: Verschiedene Kontexte erklären lediglich unterschiedliche Aspekte, nicht eine wirkliche Verschiedenheit.

saṁjñātaś cet tad uktam asti tu tad api 3.3.9.
Wenn es benannt ist, dann ist dies bereits gesagt – doch gilt auch das andere.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁjñātaḥ – benannt; cet – wenn; tat uktam – das ist gesagt; asti tu – doch ist; tat api – auch das
Alternative Übersetzung: Namen und Worte sind nicht wichtig - sondern die Bedeutung, das was dahintersteht.
Kommentar: Namen sind konventionell; entscheidend ist die eine Bedeutung, die dahintersteht.

prāpteś ca samañjasam 3.3.10.
Auch die Erlangung ist stimmig.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prāpteḥ – wegen der Erlangung; ca – und; samañjasam – stimmig, passend
Alternative Übersetzung: Wenn man Brahman erlangt hat, wird alles stimmig.
Kommentar: Die Übereinstimmung der Lehren zeigt sich in der gleichen Frucht: Brahma-Jñāna.

sarvābhedād anyatreme 3.3.11.
Aufgrund der Einheit aller (Texte) unterscheiden sich nur diese.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva-abhedāt – wegen der Einheit aller; anyat – das andere; ime – diese
Alternative Übersetzung: Dann erfährt man auch im anderen das Eine.
Kommentar: Alle Schriften sind eins im Ziel, Unterschiede sind nur im Ausdruck.

ānandādayaḥ pradhānasya 3.3.12.
Freude usw. (sind nicht) des Pradhāna.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ānanda-ādayaḥ – Freude usw.; pradhānasya – des Pradhāna (Urstoffs)
Kommentar: Glückseligkeit und ähnliche Zustände gehören nicht zur Urmaterie, sondern zum Selbst.

priya-śiras-tv-ādi-aprāptir upacaya-apacayau hi bhede 3.3.13.
„Geliebtes, Haupt“ usw. sind nicht zutreffend – da Zunahme und Abnahme nur bei Unterschieden bestehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: priya-śiras – Geliebtes, Haupt; tu – jedoch; ādi – usw.; aprāptiḥ – Nichtzutreffen; upacaya – Zuwachs; apacayaḥ – Abnahme; hi – denn; bhede – bei Unterschied
Alternative Übersetzung: Nur wenn man in der Dualität lebt, sieht man Wachsen und Auflösen, Mögen (/Nichtmögen) und Wichtiges (/Unwichtiges)
Kommentar: Solche Begriffe lassen sich nur bei zusammengesetzten Dingen anwenden, nicht beim einen Selbst.

itare tv artha-sāmānyāt 3.3.14.
Die anderen jedoch (sind gültig) wegen der Gemeinsamkeit des Sinns.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itare – die anderen; tu – jedoch; artha-sāmānyāt – wegen der Gemeinsamkeit des Sinns
Alternative Übersetzung: Auch die anderen sind Teil des gemeinsamen Sinns.
Kommentar: Andere Stellen über Freude usw. beziehen sich durch Bedeutungsähnlichkeit ebenfalls auf das Selbst.

ādhyānāya prayojanābhāvāt 3.3.15.
Zur Meditation – weil es keinen anderen Zweck gibt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ādhyānāya – zur Meditation; prayojana-abhāvāt – wegen Fehlens eines anderen Zwecks
Kommentar: All diese Beschreibungen dienen der Meditation über Brahman.

ātma-śabdāc ca 3.3.16.
Und auch wegen des Wortes „Ātman“.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātma-śabdāt – wegen des Wortes Ātman; ca – und
Alternative Übersetzung: ... und über Atman.
Kommentar: Da die Texte ausdrücklich „Ātman“ sagen, bezieht es sich nicht auf Pradhāna.

ātma-gṛhītir itaravad uttarāt 3.3.17.
Die Bezugnahme auf den Ātman ist wie bei den anderen, wegen der nachfolgenden (Stellen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātma-gṛhītiḥ – die Bezugnahme auf den Ātman; itaravat – wie bei den anderen; uttarāt – wegen der nachfolgenden Stellen
Alternative Übersetzung: Auf Atman wird in weiteren Versen genauer Bezug genommen.
Kommentar: Nachfolgende Texte klären, dass stets Ātman gemeint ist.

anvayād iti cet syād avadhāraṇāt 3.3.18.
Wenn gesagt wird: „Wegen der Verbindung“ – so sei es, wegen der Bestimmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anvayāt – wegen der Verbindung; iti cet – wenn so; syāt – so sei es; avadhāraṇāt – wegen der Bestimmung
Alternative Übersetzung: Durch Verbindung kommt man zu seiner Bestimmung.
Kommentar: Auch wenn man eine Verbindung annimmt, wird durch bestimmte Stellen Ātman eindeutig bestimmt.

kāryākhyānād apūrvam 3.3.19.
Wenn ein konkretes Werk (spirituelle Praxis, Ritual, Wohltätigkeit etc.) erwähnt wird, ist es etwas Besonderes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kārya – Werk; ākhyānāt – wegen der Erwähnung; apūrvam – etwas Besonderes, Neues
Kommentar: Wenn Werke erwähnt werden, so nur als besondere didaktische Hilfen, nicht als Selbstzweck.

samāna evañ cābhedāt 3.3.20.
Aber es ist dasselbe, wegen der Einheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samānaḥ – derselbe; evam ca – ebenso; abhedāt – wegen der Einheit
Alternative Übersetzung: Aber führt zum Selben, führt zur Einheit
Kommentar: Alle Schriften lehren dasselbe Brahman, trotz verschiedener Ausdrucksweisen.

saṁbandhād evam anyatrāpi 3.3.21.
Aufgrund der Verbindung gilt dies ebenso auch anderswo.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁbandhāt – wegen der Verbindung; evam – so; anyatra api – auch an anderen Stellen
Alternative Übersetzung: Durch Verbindung kommt man auf verschiedene Weisen dorthin. Kommentar: Aufgrund der inhaltlichen Verbindung gilt dieselbe Deutung in verschiedenen Kontexten der Śruti.

na vā viśeṣāt 3.3.22.
Oder nicht, wegen der Besonderheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na vā – oder nicht; viśeṣāt – wegen der Besonderheit
Kommentar: Je nach spezifischem Kontext kann auch eine abweichende Bedeutung zutreffen.
Alternative Übersetzung: Nicht durch Verschiedenheit entsteht das Eine —
in aller Vielfalt leuchtet nur das Eine selbst.

darśayati ca 3.3.23.
Und die Schrift zeigt es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśayati – sie zeigt, lehrt; ca – und
Alternative Übersetzung: So wird es gelehrt.
Kommentar: Die Śruti selbst weist auf diese Unterscheidung hin.


saṁbhr̥ti-dyu-vyāpty api cātaḥ 3.3.24.
Auch Sammlung und Durchdringung des Himmels, daher (ist es so).
Wort-für-Wort-Übersetzung: saṁbhr̥ti – Sammlung, Zusammenfassung; dyu-vyāptiḥ – Durchdringung des Himmels; api ca – auch; ataḥ – daher
Kommentar: Die Schrift beschreibt Brahmans allumfassende Gegenwart.
Alternative Übersetzung: Nach innerer Sammlung dehne deine Bewusstheit in die Weite aus

puruṣa-vidyāyām iva cetareṣām anāmnānāt 3.3.25.
Wie in der Puruṣa-Vidyā, da andere nicht genannt sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung: puruṣa-vidyāyām – in der Lehre vom Puruṣa; iva – wie; ca – und; itareṣām – der anderen; anāmnānāt – wegen Nichterwähnung
Kommentar: Wie in der Puruṣa-Vidyā andere nicht erwähnt sind, so auch hier: Es gibt nur die Einheit.

vedhādy-artha-bhedāt 3.3.26.
Wegen der Verschiedenheit des Sinns von Opfer usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vedha-ādi – Opfer usw.; artha-bhedāt – wegen Unterschied im Sinn
Alternative Übersetzung: Unterschiedliche Riten gibt es wegen unterschiedlicher Zwecke.
Kommentar: Unterschiede im Sinngehalt (Opfer, Riten) zeigen die Verschiedenheit der Lehren.

hānau tūpāyana-śabda-śeṣāt kuśāc-chandas-stuty-upagāna-vat tad uktam 3.3.27.
Aber bei Aufhebung – wegen der Restbedeutung von Worten wie „Darbringung“ – wie bei Kuśa-Gras, Hymnen und Lobgesängen, so ist gesagt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: hānau – bei Aufhebung; tu – aber; upāyana-śabda-śeṣāt – wegen der Restbedeutung der Worte wie „Darbringung“; kuśa – Kuśa-Gras; chandas – Hymnen; stuti – Lobpreis; upagāna-vat – wie beim Singen; tat uktam – so ist gesagt
Alternative Übersetzung: Wenn man die Äußerlichkeiten in Ritualgegenständen, Versmaß, Worte etc. wegnimmt, bleibt nur die Essenz.
Kommentar: Auch wenn die Handlung aufgehoben ist, bleibt ein Restwert, wie bei bestimmten symbolischen Ritualen.

sāmparāye tartavyābhāvāt tathā hy anye 3.3.28.
Im Jenseits gibt es kein Überschreiten – so sagen nämlich andere.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sāmparāye – im Jenseits; tartavya-abhāvāt – wegen Fehlens eines Überschreitens; tathā hi – so nämlich; anye – andere
Alternative Übersetzung: Nach dem Tod des Befreiten gibt es kein weiteres Überschreiten, kein weiteres Werden oder Wandern; er ist im Absoluten aufgegangen — so lehren auch andere Weisen.
Kommentar: Manche Lehrer lehren, dass jenseitige Riten nicht mehr vollzogen werden.

chandata ubhayāvirodhāt 3.3.29.
Nach Belieben – da kein Widerspruch in beiden Fällen besteht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: chandataḥ – nach Belieben; ubhaya-avirodhāt – wegen Widerspruchslosigkeit beiderseits
Alternative Übersetzung: Frei wählt der Weise seinen Weg —
denn Widerspruch ist nirgends mehr.
Kommentar: Beide Interpretationen sind möglich, ohne Widerspruch.

gater arthavattvam ubhayathā'nyathā hi virodhaḥ 3.3.30.
Der Weg hat in beiden Fällen Sinn; andernfalls gäbe es Widerspruch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: gateḥ – des Weges; arthavattvam – Sinnhaftigkeit; ubhaya-thā – in beiden Weisen; anyathā hi – andernfalls nämlich; virodhaḥ – Widerspruch
Alternative Übersetzung: Wie auch der Weg gedeutet sei – er bleibt sinnvoll;
denn Wissen widerspricht sich nicht.
Kommentar: Sowohl wörtliche als auch symbolische Deutung sind sinnvoll, andernfalls entsteht Widerspruch.

upapannas tallakṣaṇārthopalabdheḥ lokavat 3.3.31.
Dies ist angemessen, da die Merkmale erkannt werden – wie in der Welt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upapannaḥ – angemessen; tat-lakṣaṇa-artha – die Bedeutung der Merkmale; upalabdheḥ – wegen der Erkenntnis; lokavat – wie in der Welt
Alternative Übersetzung: Stimmig ist dies, denn in den Zeichen der Welt leuchtet das Wesen des Einen — wie überall Ursache und Wirkung sich gleichen.“
Kommentar: Weltliche Beispiele zeigen, dass solche Merkmale zutreffen.

aniyamaḥ sarveṣām avirodhaś śabdānumānābhyām 3.3.32.
Keine feste Regel für alle – Widerspruchslosigkeit durch Schrift und Vernunft.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aniyamaḥ – keine feste Regel; sarveṣām – für alle; avirodhaḥ – kein Widerspruch; śabda-anumānābhyām – durch Śruti und Vernunft
Alternative Übersetzung: Kein fester Weg ist allen bestimmt. denn Schrift und Einsicht widersprechen nicht der Freiheit der Pfade.
Kommentar: Unterschiedliche Regeln widersprechen nicht, da sie auf Śruti und Logik beruhen.

yāvad-adhikāram avasthitir ādhikārikāṇām 3.3.33.
Die Dauer für die Zuständigen währt solange wie ihr Auftrag.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yāvat-adhikāram – solange die Berechtigung, der Auftrag; avasthitiḥ – das Verweilen; ādhikārikāṇām – der Zuständigen
Kommentar: Eine Regel gilt für bestimmte Personen solange, wie ihr Auftrag oder ihre Stellung andauert.

akṣara-dhiyāṁ tv avirodhaḥ sāmānya-tad-bhāvābhyām aupasada-vat tad uktam 3.3.34.
Doch für die auf das Unvergängliche (gerichteten) Gedanken gibt es keinen Widerspruch – wegen Gemeinsamkeit und Mitvorhandensein – wie beim Aupasad-Feuer, so ist gesagt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: akṣara-dhiyām – für die Gedanken ans Unvergängliche; tu – jedoch; avirodhaḥ – kein Widerspruch; sāmānya – Gemeinsamkeit; tat-bhāvābhyām – wegen Mitvorhandensein; aupasada-vat – wie beim Aupasad-Feuer; tat uktam – so ist gesagt
Kommentar: Für die Meditation auf das Unvergängliche bestehen keine Widersprüche, ähnlich wie bei Ritualen, die auch dann sinnvoll bleiben.

iyad āmananāt 3.3.35.
So viel – weil es erwähnt wird.
Wort-für-Wort-Übersetzung: iyad – so viel; āmananāt – wegen der Erwähnung
Alternative Übersetzung: So wird gesagt.
Kommentar: Die Schrift gibt die Grenzen an, daher gilt es so.

antarā bhūta-grāmavad iti cet tad uktam 3.3.36.
Wenn gesagt wird: „Dazwischen, wie die Gruppe der Elemente“ – das ist bereits erklärt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antarā – dazwischen; bhūta-grāmavat – wie die Gruppe der Elemente; iti cet – wenn so; tat uktam – das ist gesagt
Alternative Übersetzung: Die Seele bleibt bewusst und eigenständig, auch im Zwischenzustand; sie ist nicht wie die Elemente, die sich einfach auflösen.
Kommentar: Der Einwand, es gebe eine Zwischenstufe, wurde bereits widerlegt.

anyathā bhedānupapattir iti cen nopadeśavat 3.3.37.
Wenn gesagt wird: „Andernfalls wäre Verschiedenheit unmöglich“ – nein, wie in der Lehre.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anyathā – andernfalls; bheda – Verschiedenheit; anupapattiḥ – Unmöglichkeit; iti cet – wenn so; na – nicht; upadeśavat – wie in der Lehre
Alternative Übersetzung: Die Unterschiede in der Welt sind Erscheinungsformen Brahmans, nicht Zeichen einer zweiten, unabhängigen Realität.
Kommentar: Unterschiede bestehen entsprechend den Lehren der Schrift, nicht unabhängig davon.

vyatihāro viśiṁṣanti hītaravrat 3.3.38.
Eine Abwechslung, so lehren die Anderen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vyatihāraḥ – Abwechslung, Austausch; viśiṁṣanti – lehren; hi – nämlich; itara-vrata – andere (Lehrer)
Alternative Übersetzung: Unterschiede bestehen, sagen die anderen Lehrer.
Kommentar: Manche Lehrer sprechen von einem Wechsel oder Austausch der Bedeutungen.

saiva hi satyādayaḥ 3.3.39.
Eben das sind „Satyam“ (Wahrheit) usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sā eva hi – eben das; satya-ādayaḥ – Wahrheit usw.
Alternative Übersetzung: Es gibt aber nur eine Wahrheit.
Kommentar: Begriffe wie Wahrheit, Tapas usw. beziehen sich letztlich auf dasselbe Prinzip.

kāmāditaratra tatra ca āyatana-ādibhyaḥ 3.3.40.
Wünsche usw. an einem Ort, an einem anderen – aufgrund von Bezeichnungen wie „Stätte“.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāma-ādi – Wünsche usw.; itaratra – an einem Ort; tatra ca – und an einem anderen; āyatana-ādibhyaḥ – wegen Worten wie „Stätte“ usw.
Alternative Übersetzung: Wünsche und anderes mag es an verschiedenen Orten geben - sie sind Stätten (der Erfahrung).
Kommentar: Die Śruti spricht von Wünschen und anderen Aspekten, jeweils bezogen auf bestimmte Orte oder Stätten des Selbst.

ādārād alopaḥ 3.3.41.
Wegen der Grundlage gibt es keine Auslassung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ādārāt – wegen der Grundlage, Stütze; alopaḥ – keine Auslassung
Alternative Übersetzung: Wenn man eine feste Grundlage hat, gibt es keinen Mangel
Kommentar: Da die Grundlage erhalten bleibt, tritt kein Verlust ein.

upasthites tad-vacanāt 3.3.42.
Weil es vorhanden ist, aufgrund der Aussage.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upasthiteḥ – wegen des Vorhandenseins; tat-vacanāt – wegen der Aussage (der Śruti)
Alternative Übersetzung: Dann ist alles da, was man braucht.
Kommentar: Die Śruti bezeugt das Vorhandensein des Prinzips.

tan-nirdhāraṇārtha-niyamas tad-dṛṣṭer pṛthag-dhyapratibandhaḥ phalam 3.3.43.
Die Bestimmung davon ist geregelt – wegen der Sichtung – das Ergebnis ist eine getrennte, nicht beeinträchtigte Erkenntnis.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-nirdhāraṇa-artha – zur Bestimmung dessen; niyamaḥ – eine Vorschrift; tat-dṛṣṭeḥ – wegen der Wahrnehmung; pṛthak-dhya-pratibandhaḥ – gesonderte, ungehinderte Erkenntnis; phalam – das Ergebnis, Frucht
Alternative Übersetzung: Durch Beachtung von Vorschriften kommt tiefe spirituelle Schau. Das Ergebnis ist ungehinderte, vollständige Erkenntnis.
Kommentar: Die Bestimmung dient der klaren Unterscheidung, wie sie durch die Śruti bestätigt wird.

pradānavad eva hi tad uktam 3.3.44.
Es ist in der Tat gesagt wie bei einer Gabe.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pradāna-vat – wie bei einer Gabe; eva hi – in der Tat; tat uktam – das ist gesagt
Alternative Übersetzung: So ist das zum Beispiel bei einer Gabe, die dargebracht wird.
Kommentar: Wie bei einer Opfergabe gibt es eine klare Bestimmung der Handlung.

liṅga-bhūyastvāt tad dhi balīyas tad api 3.3.45.
Wegen des Überwiegens der Merkmale – dieses ist stärker, auch jenes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: liṅga-bhūyastvāt – wegen des Überwiegens der Kennzeichen; tat hi – dieses nämlich; balīyaḥ – stärker; tat api – auch jenes
Alternative Übersetzung: Viele Merkmale weisen auf das Höchste hin. So kommt man zu wahrer Stärke.
Kommentar: Wenn mehrere Kennzeichen vorhanden sind, gilt das stärkste.

pūrva-vikalpaḥ prakaraṇāt syāt kriyāmāna-savat 3.3.46.
Die frühere Wahl ergibt sich aus dem Kontext – wie bei einer laufenden Handlung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pūrva-vikalpaḥ – die frühere Wahl; prakaraṇāt – wegen des Zusammenhangs; syāt – ergibt sich; kriyāmāna-savat – wie bei einer laufenden Handlung
Alternative Übersetzung: Das was jetzt gerade geschieht, ist das Resultat früherer Entscheidungen.
Kommentar: Der Kontext entscheidet, ähnlich wie bei fortgesetzten Handlungen.

atideśāc ca 3.3.47.
Und auch wegen der Übertragung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: atideśāt – wegen der Übertragung, Zuweisung; ca – und
Alternative Übersetzung: Diese werden weiter übertragen.
Kommentar: Regeln werden von einem Zusammenhang auf einen anderen übertragen.

vidyaiva tu nirdhāraṇāt 3.3.48.
Aber es ist allein Wissen, wegen der Bestimmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vidyā eva – nur Wissen, Erkenntnis; tu – aber; nirdhāraṇāt – wegen der Bestimmung
Alternative Übersetzung: Die Bestimmung (von Kriya/Karma) ist Erkenntnis.
Kommentar: Die Śruti macht klar, dass es sich im Kern um Wissen handelt.

darśanāc ca 3.3.49.
Und wegen der Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Wahrnehmung, der Schau; ca – und
Alternative Übersetzung: ... durch innere Schau.
Kommentar: Erfahrung bestätigt diese Lehre.

śruty-ādi-balīyastvāc ca na bādhaḥ 3.3.50.
Und weil Śruti usw. stärker sind, gibt es keine Widerlegung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śruti-ādi – Śruti usw.; balīyastvāt – wegen der Überlegenheit; ca – und; na bādhaḥ – keine Widerlegung
Kommentar: Śruti hat Vorrang vor anderen Quellen, daher besteht kein Widerspruch.

anubandhādibhyaḥ 3.3.51.
Wegen der Verbindung usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anubandhāt – wegen der Verbindung, Verknüpfung; ādibhyaḥ – und anderem
Alternative Übersetzung: Es gilt Verknüpfungen und Verbindungen zu erkennen.
Kommentar: Zusätzliche Gründe wie Zusammenhang stützen diese Lehre.

prajñāntara-pṛthaktvavad dṛṣṭiś ca tad uktam 3.3.52.
Und die Auffassung ist wie bei der Verschiedenheit der Erkenntnisse – so ist gesagt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: prajñā-antara – eine andere Erkenntnis, innere Erkenntnis; pṛthaktvat – Verschiedenheit; vat – wie; dṛṣṭiḥ – die Sicht, Auffassung; ca – und; tat uktam – das ist gesagt
Alternative Übersetzung: Verschiedene innere Prajnas (direkte Wahrnehmung, Erkenntnis, Wissen) führen auch zu dieser Sichtweise.
Kommentar: Unterschiedliche Erkenntnisse werden getrennt betrachtet, ebenso diese Stelle.

na sāmānyād apy upalabdher mṛtyuvan nahi lokāpattiḥ 3.3.53.
Nicht wegen des Allgemeinen – da es erkannt wird; wie beim Tod, sonst gäbe es keine weltliche Erfahrung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; sāmānyāt – wegen des Allgemeinen; api – auch; upalabdheḥ – wegen der Erkenntnis; mṛtyu-vat – wie beim Tod; na hi – sonst nicht; loka-āpattiḥ – weltliche Erfahrung
Alternative Übersetzung: Allgemeine Höchste Erkenntnis schließen nicht die weltlichen Erfahrungen wie Tod und Vergänglichkeit aus.
Kommentar: Allgemeine Begriffe schließen konkrete Erfahrung nicht aus, wie das Beispiel Tod zeigt.

pareṇa ca śabdasya tādvidhyaṁ bhūyastvāt tv anubandhaḥ 3.3.54.
Und durch das Weitere gilt die entsprechende Bedeutung des Wortes – wegen der Überlegenheit; so besteht Zusammenhang.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pareṇa – durch das Weitere; ca – und; śabdasya – des Wortes; tādvidhyam – die entsprechende Bedeutung; bhūyastvāt – wegen der Überlegenheit; tu – aber; anubandhaḥ – Zusammenhang
Alternative Übersetzung: Durch weitere Überlegungen findet man die Zusammenhänge.
Kommentar: Spätere Texte legen die Hauptbedeutung der Worte fest, was den Zusammenhang stützt.

eka ātmanaḥ śarīre bhāvāt 3.3.55.
Da ein Ātman in einem Körper ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ekaḥ – einer; ātmanaḥ – des Ātman; śarīre – im Körper; bhāvāt – wegen des Daseins
Alternative Übersetzung: In jedem Körper ist der Atman - das ist das wahre Sein.
Kommentar: In jedem Körper ist ein Ātman gegenwärtig, was die Einheit zeigt.

vyatirekas tad-bhāva-bhāvitvān na tūpalabdhivat 3.3.56.
Die Unterscheidung besteht, weil deren Dasein je nach Bedingung wirkt – nicht aber wie bei gewöhnlicher Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vyatirekaḥ – Unterschied; tat-bhāva-bhāvitvāt – wegen der Bedingtheit durch das Dasein davon; na tu – nicht aber; upalabdhi-vat – wie bei gewöhnlicher Wahrnehmung
Alternative Übersetzung: Unterschiede gibt es wegen der Bedingtheit - und nur bei gewöhnlicher Wahrnehmung.
Kommentar: Unterschiede bestehen nur relativ, nicht absolut.

aṅgāvabaddhās tu na śākhāsu hi prativedam 3.3.57.
Die verbundenen Teile sind jedoch nicht in den Zweigen, sondern jeweils gesondert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṅga-avabaddhāḥ – verbundene Teile; tu – jedoch; na – nicht; śākhāsu – in den Zweigen; hi – nämlich; prati-vedam – jeweils gesondert
Kommentar: Alle Teile gehören zum Ganzen - sie nicht getrennt.

mantrādivad vā'virodhaḥ 3.3.58.
Oder kein Widerspruch – wie bei Mantras usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: mantra-ādi-vat – wie bei Mantras usw.; – oder; avirodhaḥ – kein Widerspruch
Alternative Übersetzung: Verschiedene Mantras sind kein Widerspruch.
Kommentar: Unterschiedliche Stellen ergänzen sich wie verschiedene Mantras.

bhūmnaḥ kratu-vaj jyāyastvaṁ tathā ca darśayati 3.3.59.
Das Überragende des Bhūman (Unendlichen) – wie bei einem Opfer – so zeigt es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhūmnaḥ – des Bhūman, Unendlichen; kratu-vat – wie bei einem Opfer; jyāyastvam – das Überragende, Vorrang; tathā ca – und so; darśayati – lehrt
Alternative Übersetzung: Das Unendliche ist das Überragende - auch bei jedem Ritual.
Kommentar: Die Schrift zeigt, dass das Unendliche Vorrang hat, wie ein höheres Opfer.

nānā-śabdādi-bhedāt 3.3.60.
Wegen der Verschiedenheit von Worten usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: nānā-śabda-ādi – verschiedene Worte usw.; bhedāt – wegen Verschiedenheit
Kommentar: Unterschiedliche Bezeichnungen weisen auf verschiedene Aspekte hin, nicht auf wirkliche Unterschiede.

vikalpo viśiṣṭa-phalatvāt 3.3.61.
Die Wahl besteht wegen der besonderen Frucht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vikalpaḥ – Wahlmöglichkeit; viśiṣṭa-phalatvāt – wegen der besonderen Frucht
Alternative Übersetzung: Unterschiedliche Entscheidungen führen zu unterschiedlichen Ergebnissen.
Kommentar: Unterschiede im Ergebnis begründen eine Wahl zwischen Handlungen.

kāmyās tu yathākāmaṁ samuccīyeran na vā pūrva-hetv-abhāvāt 3.3.62.
Wunschhandlungen können nach Belieben kombiniert werden oder auch nicht – da es keine frühere Ursache gibt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāmyāḥ – Wunschhandlungen; tu – jedoch; yathā-kāmam – nach Belieben; samuccīyeran – können kombiniert werden; na vā – oder auch nicht; pūrva-hetu-abhāvāt – da es keine frühere Ursache gibt
Alternative Übersetzung: Wunschgetriebenes Handeln, Praktiken und Rituale kann man tun - oder auch nicht
Kommentar: Wunschriten sind optional und nicht durch eine vorherige Notwendigkeit bestimmt.

aṅgeṣu yathā-śraya-bhāvaḥ 3.3.63.
Bei den Teilen gilt Abhängigkeit, wie es die Stütze ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aṅgeṣu – bei den Teilen; yathā-āśraya-bhāvaḥ – je nach Stütze
Kommentar: Teile sind je nach Grundlage abhängig und erhalten dadurch ihre Bedeutung. Alternative Übersetzung: Resultate der Nebenhandlungen kommen gemäß ihrer Grundlage.

śiṣṭeś ca 3.3.64.
Und auch wegen der Autorität der Gelehrten.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śiṣṭeḥ – der Autorität der Gelehrten; ca – und
Alternative Übersetzung: Folge der Autorität der Gelehrten.
Kommentar: Auch die Praxis der Gelehrten bestätigt diese Auslegung.

samāhārāt 3.3.65.
Wegen der Zusammenfassung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samāhārāt – wegen der Zusammenfassung
Alternative Übersetzung: So verstehst du die Zusammenhänge.
Kommentar: Zusammenfassende Stellen bestätigen die Einheit.

guṇa-sādhāraṇya-śruteś ca 3.3.66.
Und wegen der Lehre von der Gemeinsamkeit der Eigenschaften.
Wort-für-Wort-Übersetzung: guṇa-sādhāraṇya-śruteḥ – wegen der Śruti über die gemeinsame Eigenschaft; ca – und
Alternative Übersetzung: Hinter allem gibt es eine einzige Eigenschaft.
Kommentar: Śruti erklärt, dass die Eigenschaften Brahmans in allen Kontexten gleich sind.

na vā tat-saha-bhāva-śruteḥ 3.3.67.
Oder nicht – wegen der Śruti über das Mitvorhandensein.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na vā – oder nicht; tat-saha-bhāva-śruteḥ – wegen der Śruti über das Mitvorhandensein
Alternative Übersetzung: Verschiedenheiten scheinen zu existieren - sind aber in Wahrheit Ausdruck der Einheit.
Kommentar: Manche Texte lehren Mitvorhandensein, was gegen exklusive Deutung spricht.

darśanāc ca 3.3.68.
Und auch wegen der Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Wahrnehmung; ca – und
Kommentar: Erfahrung und intuitive Erkenntnis bestätigen die Lehre. Alternative Übersetzung: Durch intuitive Schau erfährst du diese Einheit.

iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu tṛtīyādhyāyasya tṛtīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der dritte Pāda des dritten Adhyāya (Kapitels).

Pada 4

puruṣārtho'taḥ śabdād iti Bādarāyaṇaḥ 3.4.1.
Daraus ergibt sich ein Zweck für den Menschen, aufgrund des Wortes – so sagt Bādarāyaṇa.
Wort-für-Wort-Übersetzung: puruṣa-arthaḥ – ein Zweck für den Menschen; ataḥ – daher; śabdāt – aufgrund des Wortes (Śruti); iti – so; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa
Alternative Übersetzung: Es gibt einen Zweck für den Menschen - so sagt es Badarayana.
Kommentar: Nach Bādarāyaṇa hat die Lehre einen praktischen Nutzen für den Menschen.


śeṣatvāt puruṣārthavādo yathā'nyeṣv iti Jaiminiḥ 3.4.2.
Weil es dienlich ist, ist es eine Aussage zum Zweck des Menschen – wie bei anderen – so Jaimini.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śeṣatvāt – wegen der Dienlichkeit; puruṣārtha-vādaḥ – Aussage zum Nutzen des Menschen; yathā – wie; anyeṣu – bei anderen (Fällen); iti – so; Jaiminiḥ – Jaimini
Alternative Übersetzung: Jaimni sagt, dass die Lehren dem Menschen helfen sollen.
Kommentar: Jaimini sieht die Texte als erklärende Aussagen, die zum Handeln anregen.


ācāra-darśanāt 3.4.3.
Wegen der Beobachtung der Praxis.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ācāra – Verhalten, Praxis; darśanāt – wegen der Beobachtung
Alternative Übersetzung: Der Nutzen kommt durch die Praxis und durch Bewusstheit.
Kommentar: Die Praxis der Weisen zeigt, wie die Lehre zu verstehen ist.


tac-chruteḥ 3.4.4.
Wegen der entsprechenden Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-śruteḥ – wegen dieser Śruti
Alternative Übersetzung: Die Schriften sollten in die Tat umgesetzt werden...
Kommentar: Auch die Śruti selbst bestätigt dies.


samanvārambhaṇāt 3.4.5.
Wegen der einheitlichen Einleitung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samanvārambhaṇāt – wegen der einheitlichen Einleitung
Alternative Übersetzung: ... um so zur Einheit zu kommen.
Kommentar: Die Śruti beginnt die Lehre einheitlich, was ihre Verbindlichkeit zeigt.


tadvato vidhānāt 3.4.6.
Weil es für den Träger vorgeschrieben ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tad-vataḥ – für den, der es hat (den Wissenden); vidhānāt – wegen der Vorschrift
Alternative Übersetzung: Für den Übenden gibt es Vorschriften...
Kommentar: Für den Wissenden gelten bestimmte Vorschriften.


niyamāc ca 3.4.7.
Und wegen der Festlegung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: niyamāt – wegen der Festlegung; ca – und
Alternative Übersetzung: ... und klare Regeln.
Kommentar: Die Texte legen klare Regeln fest.


adhikopadeśāt tu Bādarāyaṇasyaivaṁ tad-darśanāt 3.4.8.
Aber wegen der besonderen Belehrung – so ist die Ansicht Bādarāyaṇas.
Wort-für-Wort-Übersetzung: adhika-upadeśāt – wegen der besonderen Belehrung; tu – aber; Bādarāyaṇasya – Bādarāyaṇas; evam – so; tat-darśanāt – wegen dieser Sichtweise
Alternative Übersetzung: Es braucht besondere Belehrungen, um zur spirituellen Schau zu kommen.
Kommentar: Bādarāyaṇa sieht in den Vorschriften mehr als bloße Empfehlung.


tulyaṁ tu darśanam 3.4.9.
Aber die Ansicht ist gleich.
Alternative Übersetzung: So kommt man zur Schau der Einheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tulyam – gleich; tu – aber; darśanam – die Sichtweise
Kommentar: Beide Auffassungen führen zum gleichen Ergebnis.


asārvatrikī 3.4.10.
Sie gilt nicht überall.
Wort-für-Wort-Übersetzung: a-sārvatrikī – nicht allgemein, nicht überall gültig
Kommentar: Manche Vorschriften sind nicht universell, sondern situationsbedingt.


vibhāgaḥ śatavat 3.4.11.
Eine Unterteilung – wie bei Hundert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vibhāgaḥ – eine Unterteilung; śata-vat – wie bei Hundert
Alternative Übersetzung: Es mag Hunderte von Vorschriften geben.
Kommentar: Die Vorschriften sind aufgeteilt wie die Zählung von Hunderten.


adhyayana-mātravat 3.4.12.
Wie beim bloßen Studium.
Wort-für-Wort-Übersetzung: adhyayana – Studium; mātra-vat – wie bloßes
Alternative Übersetzung: Manche sollten man betrachten als Lernaufgabe.
Kommentar: Bestimmte Handlungen haben nur den Wert wie reines Studium, nicht mehr.


nāviśeṣāt 3.4.13.
Wegen der Nichtunterscheidung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na-aviśeṣāt – wegen der Nichtunterscheidung
Alternative Übersetzung: Andere Regeln gelten für alle jederzeit.
Kommentar: Manche Texte unterscheiden nicht und gelten daher allgemein.


stutaye'numatir vā 3.4.14.
Zur Verherrlichung – oder als Zustimmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: stutaye – zur Verherrlichung; anumatiḥ – Zustimmung; – oder
Alternative Übersetzung: Manches in den Schriften dient zur Verherrlichung, verlangt Zustimmung - erzeugt spirituelle Erfahrung.
Kommentar: Einige Aussagen dienen dem Lob oder der Zustimmung, nicht der Vorschrift.


kāmakāreṇa caike 3.4.15.
Und einige (Aussagen gelten) nach Belieben.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāma-kāreṇa – nach Belieben, nach Wunsch; ca – und; eke – einige
Kommentar: Bestimmte Vorschriften dürfen nach Belieben ausgeführt werden.


upamardaṁ ca 3.4.16.
Und eine Unterdrückung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upamardam – Unterdrückung, Zurücksetzung; ca – und
Alternative Übersetzung: Manche Vorschriften raten zur Disziplin, zur Entsagung.
Kommentar: Einige Regeln treten hinter wichtigere zurück.


ūrdhva-retassu ca śabde hi 3.4.17.
Auch bei den Zölibatären, denn die Schrift sagt es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ūrdhva-retassu – bei den Zölibatären (die Samen bewahren); ca – auch; śabde – in der Śruti; hi – denn
Alternative Übersetzung: Einige Vorschriften sind für die Zölibatären.
Kommentar: Die Śruti erwähnt ausdrücklich Vorschriften für die Enthaltsamen.


parāmarśaṁ Jaiminir acodanā cāpavad iti hi 3.4.18.
Jaimini sagt: Es ist nur eine Bezugnahme, keine Vorschrift – denn es ist Ausnahme.
Wort-für-Wort-Übersetzung: parāmarśam – eine Bezugnahme; Jaiminiḥ – Jaimini; a-codanā – keine Vorschrift; ca – und; apavādaḥ – Ausnahme; iti hi – so nämlich
Alternative Übersetzung: Manchmal gibt es Ausnahmen von Vorschriften.
Kommentar: Jaimini sieht manche Stellen als bloße Bezugnahme, nicht als Gebot.


anuṣṭheyaṁ Bādarāyaṇaḥ sāmya-śruteḥ 3.4.19.
Bādarāyaṇa sagt: Es ist auszuführen – wegen der Gleichheit der Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anuṣṭheyam – es ist auszuführen; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa; sāmya-śruteḥ – wegen der Gleichheit der Śruti
Alternative Übersetzung: Andere Vorschriften sind verbindlich.
Kommentar: Bādarāyaṇa betont die Verbindlichkeit, da die Śruti die Vorschrift gleichstellt.


vidhir vā dhāraṇavat 3.4.20.
Oder es ist eine Vorschrift – wie beim Tragen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vidhiḥ – Vorschrift; – oder; dhāraṇa-vat – wie beim Tragen
Alternative Übersetzung: Diese sind auszuführen.
Kommentar: Die Aussage ist als bindende Vorschrift zu verstehen, wie andere Vorschriften im Ritual.

stuti-mātram upādānād iti cen nāpūrvatvāt 3.4.21.
Wenn gesagt wird: „Es sei nur eine Verherrlichung, weil es erwähnt wird“ – nein, denn es ist etwas Neues.
Wort-für-Wort-Übersetzung: stuti-mātram – bloße Verherrlichung; upādānāt – wegen der Erwähnung; iti cet – wenn so; na – nein; apūrvatvāt – wegen des Neu-Seins
Kommentar: Manche Aussagen sind nicht bloß Lobpreis, sondern lehren Neues.


bhāva-śabdāc ca 3.4.22.
Und auch wegen des Wortes „Sein“.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāva-śabdāt – wegen des Wortes Sein; ca – und
Alternative Übersetzung: Sie weisen auf das reine Sein.
Kommentar: Die Verwendung des Wortes „bhāva“ weist auf eine verbindliche Bedeutung hin.


pāriplavārthā iti cen na viśeṣitatvāt 3.4.23.
Wenn gesagt wird: „Es diene nur dem Schmuck“ – nein, wegen der Besonderung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pāriplava-arthāḥ – zum Schmuck, Beiwerk dienend; iti cet – wenn so; na – nein; viśeṣitatvāt – wegen der Besonderung
Alternative Übersetzung: Manche Aussagen und Vorschriften stehen nicht einfach so als Beiwerk - sondern sind besonders wichtig.
Kommentar: Weil die Texte präzise spezifizieren, sind sie nicht bloß rhetorischer Schmuck.


tathā caika-vākya-upabandhāt 3.4.24.
Und ebenso, wegen der Verbindung in einem Satz.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tathā ca – und ebenso; eka-vākya-upabandhāt – wegen der Zusammengehörigkeit in einem Satz
Alternative Übersetzung: Sie sind essentiell notwendig für das Gesamte.
Kommentar: Einheitliche Satzverbindungen zeigen den verpflichtenden Sinn.


ata eva cāgnīndhanādy-anapekṣā 3.4.25.
Darum auch keine Abhängigkeit von Feuer, Brennholz usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – eben darum; agni-indhana-ādi – Feuer, Brennholz usw.; anapekṣā – keine Abhängigkeit
Kommentar: Bestimmte Meditationen erfordern keine äußeren Hilfsmittel wie Feueropfer.


sarvāpekṣā ca yajñādi-śruteḥ aśvavat 3.4.26.
Aber eine Abhängigkeit von allem – wie aus den Śruti über Opfer usw. hervorgeht – wie beim Pferd.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva-apekṣā – Abhängigkeit von allem; ca – und; yajña-ādi-śruteḥ – wegen der Śruti über Opfer usw.; aśva-vat – wie beim Pferd
Alternative Übersetzung: Manches ist abhängig von äußeren Handlungen, wie bestimmte Verehrungsrituale
Kommentar: Manche Handlungen sind mit anderen verbunden, wie Opfer mit dem Pferd beim Aśvamedha.


śama-damādy-upetaḥ syāt tathā'pi tu tad-vidheḥ tad-aṅgatayā teṣām avaśya-anuṣṭheyatvāt 3.4.27.
Zwar sollte er mit Ruhe und Selbstbeherrschung ausgestattet sein; dennoch müssen wegen der Vorschrift diese (Handlungen) als Teile unbedingt ausgeführt werden.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śama-dama-ādi-upetaḥ – ausgestattet mit Ruhe und Selbstbeherrschung usw.; syāt – soll er sein; tathā api tu – dennoch aber; tat-vidheḥ – wegen der Vorschrift; tat-aṅgatayā – als Teile davon; teṣām – dieser; avaśya-anuṣṭheyatvāt – wegen der Unbedingtheit der Ausführung
Alternative Übersetzung: Ausgestattet mit Ruhe und Selbstbeherrschung sollte man auch rituelle Handlungen und spirituelle Praktiken ausführen.
Kommentar: Ethische Tugenden sind notwendig, doch auch die rituellen Handlungen müssen als Teile ausgeführt werden.


sarvānnānumatiś ca prāṇātyaye tad-darśanāt 3.4.28.
Und die Erlaubnis aller Speisen – im Todesfall – wegen der Schriftzeugung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarva-anna-anumatiḥ – Erlaubnis aller Speisen; ca – und; prāṇa-atyaye – im Todesfall; tat-darśanāt – wegen des Nachweises (in der Śruti)
Alternative Übersetzung: Wenn der Tod droht, sind alle Speisen erlaubt. Kommentar: In Extremsituationen erlaubt die Śruti den Verzehr aller Speisen.


abādhācc a 3.4.29.
Und weil es keine Aufhebung gibt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: abādhāt – wegen des Nicht-Aufgehobenwerdens; ca – und
Alternative Übersetzung: Das heißt aber nicht, dass die Vorschriften aufgehoben sind.
Kommentar: Diese Vorschriften sind nicht aufgehoben, also weiterhin gültig.


api smaryate 3.4.30.
Auch die Smṛti erinnert daran.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; smaryate – wird erinnert, erwähnt
Alternative Übersetzung: Erinnere dich an die spirituellen Regeln!
Kommentar: Auch die Smṛti-Texte bestätigen diese Regel.


śabdaś cāto'kāmacāre 3.4.31.
Und daher gilt die Śruti auch für Handlungen ohne Wunsch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: śabdaḥ – die Śruti; ca – und; ataḥ – daher; akāmacāre – in Handlungen ohne Wunsch
Alternative Übersetzung: Besonders wichtig sind Handlungen ohne persönliche Wünsche.
Kommentar: Auch handlungsfreie Akte sind durch die Śruti geregelt.


vihitatvāc cāśrama-karmāpi 3.4.32.
Und auch die Pflichten der Lebensstadien, weil sie vorgeschrieben sind.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vihitatvāt – weil vorgeschrieben; ca – und; āśrama-karma – die Pflichten der Lebensstadien; api – auch
Alternative Übersetzung: Je nach Lebensalter (Ashrama) gibt es unterschiedliche Pflichten (Karmas).
Kommentar: Auch die Aufgaben der Āśramas sind bindend.


sahakāritvena ca 3.4.33.
Und wegen der Hilfsfunktion.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sahakāritvena – wegen der Mitwirkung, Hilfsfunktion; ca – und
Alternative Übersetzung: Diese Pflichten und Aufgaben verhelfen zu spirituellem Fortschritt.
Kommentar: Manche Handlungen wirken unterstützend und sind darum verbindlich.


sarvathāpi tu ta eva ubhaya-liṅgāt 3.4.34.
In jeder Hinsicht jedoch eben diese, wegen beider Kennzeichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sarvathā api – in jeder Hinsicht jedoch; tu – aber; te eva – eben diese; ubhaya-liṅgāt – wegen beider Kennzeichen
Alternative Übersetzung: Während manche Aufgaben je nach Lebensalter (Ashram) unterschiedlich sind, sind andere immer verpflichtend.
Kommentar: Bestimmte Handlungen sind aufgrund beider Merkmale (Śruti und Vernunft) stets verpflichtend.


anabhibhavaṁ ca darśayati 3.4.35.
Und sie zeigt die Unüberwindbarkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: an-abhibhavam – Unüberwindbarkeit; ca – und; darśayati – sie zeigt
Alternative Übersetzung: Sie gelten immer.
Kommentar: Die Śruti betont die Unüberwindbarkeit bestimmter Pflichten.


antarā cāpi tu tad-dṛṣṭeḥ 3.4.36.
Und auch ein Zwischenzustand, aber wegen der Wahrnehmung dessen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: antarā – dazwischen; ca api tu – und auch aber; tat-dṛṣṭeḥ – wegen der Wahrnehmung dessen
Alternative Übersetzung: Es gilt zwischen diesen beiden zu unterscheiden (lebensaltergebundene und immerwährende Pflichten).
Kommentar: Manche Texte weisen auf einen Zwischenzustand hin.


api smaryate 3.4.37.
Auch wird es in der Smṛti erwähnt.
Wort-für-Wort-Übersetzung: api – auch; smaryate – wird erwähnt, wird erinnert
Alternative Übersetzung: Man erinnere sich immer daran.
Kommentar: Auch die Smṛti bestätigt die Lehre.


viśeṣaṇānugrahaṁ ca 3.4.38.
Und auch eine Unterstützung durch die Attribute.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viśeṣaṇa – durch die Attribute; anugraham – Unterstützung; ca – und
Alternative Übersetzung: Man bekommt langfristig eine feste Grundlage durch Kultivierung von guten Eigenschaften.
Kommentar: Besondere Attribute stützen die Auslegung.


ataś tv itara-jjyāyo liṅgāc ca 3.4.39.
Darum ist das andere höher, auch wegen der Kennzeichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ – daher; tu – aber; itaraḥ – das andere; jyāyaḥ – höher; liṅgāt – wegen der Kennzeichen; ca – und
Alternative Übersetzung: So entwickelt man die Kennzeichen höherer Entwicklung.
Kommentar: Aufgrund der Merkmale ist die andere Interpretation vorzuziehen.


tad-bhūtasya tu tad-bhāvo Jaiminer api niyamāt tad-rūpā'bhāvebhyaḥ 3.4.40.
Doch für das, was von jener Art ist, gilt dieselbe Natur – so auch Jaimini – wegen der Regel und wegen des Fehlens jener Form.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-bhūtasya – für das, was von jener Art ist; tu – jedoch; tat-bhāvaḥ – gilt dieselbe Natur; Jaiminiḥ – Jaimini; api – auch; niyamāt – wegen der Vorschrift; tat-rūpa-abhāvebhyaḥ – wegen Fehlens jener Form
Alternative Übersetzung: Was von gleicher Art ist, hat die gleiche Regel - auch wenn manchmal die Form etwas anders ist.
Kommentar: Jaimini lehrt, dass etwas, was von gleicher Art ist, die gleiche Natur hat, aufgrund der Regel, auch wenn die konkrete Form fehlt.


na cādhikārikam api patanānumānāt tad-ayogāt 3.4.41.
Und nicht einmal für den Berechtigten – wegen der Folgerung des Fallens, da es unvereinbar ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na ca – und nicht; adhikārikam api – auch für den Berechtigten; patana-anumānāt – wegen der Folgerung des Fallens; tat-ayogāt – da es unvereinbar ist
Alternative Übersetzung: Ein Adhikari (Schüler) sollte aufpassen, dass er nicht fällt.
Kommentar: Auch für den Berechtigten gilt es nicht, weil es mit einem Abfall (pātaka) verbunden wäre.


upapūrvam apīty eke bhāva-śamanavat tad uktam 3.4.42.
„Auch mit Vorbereitung“ – so sagen einige; das ist gesagt wie beim Beruhigen des Geistes.
Wort-für-Wort-Übersetzung: upa-pūrvam – mit Vorbereitung; api iti – auch, so; eke – einige; bhāva-śamana-vat – wie beim Beruhigen des Geistes; tat uktam – das ist gesagt
Alternative Übersetzung: Es gibt vorbereitende Schritte, um in den Zustand der Meditation zu gelangen.
Kommentar: Einige sehen vorbereitende Schritte vor, ähnlich wie beim Üben von Sammlung.


bahis tūbhayathāpi smṛter ācārāc ca 3.4.43.
Außerhalb jedoch in beiden Fällen, aufgrund von Smṛti und Praxis.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bahiḥ tu – außerhalb jedoch; ubhaya-thā api – in beiden Weisen; smṛteḥ – wegen der Smṛti; ācārāt – wegen der Praxis; ca – und
Alternative Übersetzung: Es gilt sich daran zu erinnern - und es umzusetzen.
Kommentar: Sowohl durch Smṛti als auch durch die Praxis ist die Regelung außerhalb gültig.


svāminaḥ śruter ity Ātreyaḥ 3.4.44.
„Dem Herrn“ – so die Śruti, nach Ātreya.
Wort-für-Wort-Übersetzung: svāminaḥ – des Herrn; śruteḥ – wegen der Śruti (der Offenbarung); iti – so; Ātreyaḥ – Ātreya
Alternative Übersetzung: So wurde es Atreya durch Gott offenbart.
Kommentar: Ātreya leitet aus der Śruti ab, dass es dem Herrn zukommt.


ārtvijyam ity Auḍulomiḥ tasmai hi parikriyate 3.4.45.
„Priesteramt“ – so Auḍulomi; denn für ihn wird es vollzogen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ārtvijyam – Priesteramt; iti – so; Auḍulomiḥ – Auḍulomi; tasmai hi – für ihn nämlich; parikriyate – wird vollzogen
Alternative Übersetzung: Es gibt bestimmte Vorschriften für das Priesteramt.
Kommentar: Auḍulomi versteht die Stelle als Anweisung für den Opferpriester.


sahakāry-antara-vidhiḥ pakṣeṇa tṛtīyaṁ tad-vato vidyādivat 3.4.46.
Eine andere Vorschrift über Hilfsmittel – nach einer Ansicht – das dritte, für den, der es besitzt, wie bei Wissen usw.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sahakāri-antara-vidhiḥ – Vorschrift über ein anderes Hilfsmittel; pakṣeṇa – nach einer Ansicht; tṛtīyam – das dritte; tat-vataḥ – für den, der es hat; vidyā-ādi-vat – wie bei Wissen usw.
Alternative Übersetzung: Es gibt verschiedene Vorschriften, welche Hilfsmittel man verwenden kann.
Kommentar: Es wird eine zusätzliche Vorschrift für Hilfsmittel gelehrt, vergleichbar mit Wissen.


kṛtsna-bhāvāt tu gṛhiṇopasaṁhāraḥ 3.4.47.
Doch wegen der Vollständigkeit ist der Abschluss beim Haushälter.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kṛtsna-bhāvāt – wegen der Vollständigkeit; tu – jedoch; gṛhiṇā – beim Haushälter; upasaṁhāraḥ – der Abschluss
Alternative Übersetzung: Auch der Mensch in Berufs- und Familienleben sollte spirituellen Vorschriften folgen.
Kommentar: Wegen der umfassenden Pflichten gilt der Haushälter als Abschluss.


maunavad itareṣām apy upadeśāt 3.4.48.
Wie beim Schweigegelübde, so auch bei den anderen, wegen der Lehre.
Wort-für-Wort-Übersetzung: mauna-vat – wie beim Schweigegelübde; itareṣām – der anderen; api – auch; upadeśāt – wegen der Belehrung
Alternative Übersetzung: Für andere gibt es sehr weitgehende Vorschriften, z.B. das Schweigegelübde.
Kommentar: Wie beim Muni-Gelübde gibt es auch für andere eine klare Vorschrift.


anāviṣkurvan anvayāt 3.4.49.
Ohne es ausdrücklich zu machen – aufgrund der Verbindung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anāviṣkurvan – ohne es ausdrücklich zu machen; anvayāt – wegen der Verbindung
Alternative Übersetzung: Nicht alle spirituellen Vorschriften werden ausdrücklich beschrieben.
Kommentar: Auch wenn nicht ausdrücklich erwähnt, gilt es durch den Zusammenhang.


aihikam aprastuta-pratibandhe tad-darśanāt 3.4.50.
Wenn ein weltliches Hindernis vorliegt, das nicht Thema ist – wegen der Schriftzeugung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: aihikam – weltlich; aprastuta – nicht thematisch; pratibandhe – bei Hindernis; tat-darśanāt – wegen der Erwähnung
Kommentar: Selbst wenn ein weltliches Hindernis besteht, zeigen die Schriften eine Lösung.


evaṁ mukti-phala-aniyamas tad-avasthāvad-dhṛteḥ tad-avasthāvad-dhṛteḥ 3.4.51.
So ist die Frucht der Befreiung nicht festgelegt – je nach Zustand, wegen der Überlieferung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: evam – so; mukti-phala – Frucht der Befreiung; aniyamaḥ – keine Festlegung; tad-avasthā-vat-dhṛteḥ – je nach Zustand, wegen der Überlieferung (Śruti)
Alternative Übersetzung: Es gibt unterschiedliche Wege, wie man die Frucht der Befreiung erlangt.
Kommentar: Die Schriften zeigen, dass die Früchte der Befreiung je nach Zustand variieren können.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu tṛtīyādhyāyasya caturthaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der vierte Pāda des dritten Adhyāya (Kapitels).

iti tṛtīyo'dhyāyaḥ
So endet der dritte Adhyāya.

Adhyaya 4

Pada 1

āvr̥ttiḥ asakr̥d-upadeśāt 4.1.1.
Wiederholung – wegen der vielfachen Unterweisung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: āvr̥ttiḥ – Wiederholung; asakṛt-upadeśāt – wegen mehrfacher Unterweisung
Alternative Übersetzung: Die Unterweisung muss immer wieder wiederholt werden.
Kommentar: Das Wiederholen der Meditation ist notwendig, da die Schriften es mehrfach gebieten.


liṅgāc ca 4.1.2.
Und auch wegen der Kennzeichen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: liṅgāt – wegen der Kennzeichen; ca – und
Alternative Übersetzung: bis man die Kennzeichen (des befreiten Weisen) erlangt hat.
Kommentar: Hinweise in den Texten zeigen, dass Wiederholung erforderlich ist.


ātmeti tūpagacchanti grāhayanti ca 4.1.3.
„Es ist das Selbst“ – so nehmen sie es an und lehren es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātmeti – „es ist das Selbst“; tu – jedoch; upagacchanti – sie nehmen an; grāhayanti ca – und lehren es
Alternative Übersetzung: Über das Selbst sollte man meditieren. Das Selbst sollte man lehren. Vom Selbst sollte man ausgehen.
Kommentar: Die Schriften erklären ausdrücklich, dass es das Selbst ist, das Gegenstand der Meditation.


na pratīke na hi saḥ 4.1.4.
Nicht auf Symbole, denn das ist er nicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na pratīke – nicht auf Symbole; na hi saḥ – denn er ist das nicht
Alternative Übersetzung: Meditation auf Symbole reicht nicht aus.
Kommentar: Meditation bezieht sich nicht auf Symbole, sondern direkt auf Brahman.


brahma-dṛṣṭir utkarṣāt 4.1.5.
Die Schau auf Brahman – wegen seiner Überlegenheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: brahma-dṛṣṭiḥ – Schau auf Brahman; utkarṣāt – wegen der Überlegenheit
Kommentar: Brahman ist das Höchste, daher soll die Meditation auf ihn gerichtet sein.


ādityādi-matayaś cāṅga upapatteḥ 4.1.6.
Doch Vorstellungen wie Sonne usw. – als Hilfsmittel, wegen der Zweckmäßigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: āditya-ādi – Sonne usw.; matayaḥ – Vorstellungen; ca – und; aṅga – als Hilfsmittel; upapatteḥ – wegen der Zweckmäßigkeit
Alternative Übersetzung: Meditation auf die Sonne und andere Vorstellungen sind als Hilfsmittel zweckmäßig
Kommentar: Meditationen auf Sonne und andere Aspekte sind als Hilfsmittel zweckmäßig.


āsīnas sambhavāt 4.1.7.
Im Sitzen – weil es möglich ist.
Wort-für-Wort-Übersetzung: āsīnaḥ – sitzend; sambhavāt – weil es möglich ist
Alternative Übersetzung: Soweit es möglich ist, sollte man im Sitzen praktizieren...
Kommentar: Meditation soll im Sitzen geübt werden, da dies praktischer ist.


dhyānāc ca 4.1.8.
Und wegen der Meditation.
Wort-für-Wort-Übersetzung: dhyānāt – wegen der Meditation; ca – und
Alternative Übersetzung: ... um so in tiefe Meditation zu gelangen.
Kommentar: Meditation erfordert innere Sammlung, was im Sitzen leichter gelingt.


acalatvaṁ cāpekṣya 4.1.9.
Auch wegen der Notwendigkeit der Bewegungslosigkeit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: acalatvam – Bewegungslosigkeit; ca – auch; āpekṣya – wegen der Notwendigkeit
Kommentar: Körperliche Ruhe ist Voraussetzung für tiefe Meditation.


smaranti ca 4.1.10.
Auch die Überlieferung erinnert daran.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaranti – sie erinnern, die Smṛtis; ca – auch
Alternative Übersetzung: Daran sollte man sich immer wieder erinnern.
Kommentar: Auch die Smṛti-Texte erwähnen die Sitzhaltung für Meditation.


yatraikāgratā tatrāviśeṣāt 4.1.11.
Wo Einpünktigkeit (gegeben ist) – dort wegen der Gleichheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yatra – wo; ekāgratā – Einpünktigkeit; tatra – dort; aviśeṣāt – wegen der Gleichheit
Kommentar: Jede Haltung ist akzeptabel, wenn Einpünktigkeit erreicht wird.


ā prāyaṇāt tatrāpi hi dṛṣṭam 4.1.12.
Bis zum Lebensende – auch dort ist es nämlich gesehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ā prāyaṇāt – bis zum Hinscheiden; tatra api hi – auch dort nämlich; dṛṣṭam – ist gesehen
Alternative Übersetzung: Meditiere bis zum Lebensende - auch dort ist die tiefe meditative Schau möglich.
Kommentar: Meditation ist bis zum letzten Atemzug möglich.


tad-adhigama uttarapūrvāghayor aśleṣa-vināśau tad-vyapadeśāt 4.1.13.
Durch dessen Erkenntnis werden die früheren und späteren Sünden nicht verbunden und zerstört – wegen der Bezeichnung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-adhigamaḥ – dessen Erkenntnis; uttara-pūrva-āghayoḥ – der späteren und früheren Sünden; aśleṣa-vināśau – Nicht-Verbindung und Zerstörung; tat-vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung
Kommentar: Erkenntnis Brahmans zerstört vergangenes und künftiges Karma.


itarasyāpy evam asaṁśleṣaḥ pāte tu 4.1.14.
Auch für den anderen (Karma) gilt die Nichtverbindung – doch im Fall des Sturzes (aus der Meditation) nicht.
Wort-für-Wort-Übersetzung: itarasya api – auch des anderen; evam – so; asaṁśleṣaḥ – Nichtverbindung; pāte tu – jedoch beim Fall
Alternative Übersetzung: Durch tiefe Meditation löste man sich aus allen Bindungen. Man kann aber wieder zurückfallen in die Gebundenheit
Kommentar: Bei beständiger Erkenntnis verbindet sich kein Karma; bei Abfall jedoch wirkt es wieder.


anārabdha-kārye eva tu pūrve tad-avadeḥ 4.1.15.
Nur bei noch nicht begonnenem Werk jedoch gilt die frühere Zerstörung – wegen der Grenze.
Wort-für-Wort-Übersetzung: anārabdha-kārye – bei nicht begonnenem Werk; eva tu – nur aber; pūrve – früheres; tat-avadeḥ – wegen der Grenze
Kommentar: Zerstört wird nur Karma, das noch nicht wirksam begonnen hat.


agnihotrādi tu tat-kāryāyaiva tad-darśanāt 4.1.16.
Das Agnihotra u.a. jedoch nur für dessen Wirkung – wegen der Schriftzeugung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: agnihotra-ādi – Agnihotra usw.; tu – jedoch; tat-kāryāya eva – nur für dessen Wirkung; tat-darśanāt – wegen der Schriftzeugung
Alternative Übersetzung: Agnihotra und andere Rituale werden praktiziert wegen ihrer besonderen Wirkungen.
Kommentar: Rituale wie Agnihotra gelten nur zur Erreichung ihrer besonderen Früchte.


ato'nyad apīty ekeṣām ubhayoḥ 4.1.17.
Und auch anderes, so (ist die Meinung) einiger – in beiden Fällen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ – daher; anyat api – auch anderes; iti – so; ekeṣām – einiger; ubhayoḥ – in beiden Fällen
Kommentar: Manche Lehrer sehen die Verbindung von Ritual und Wissen..


yad eva vidyayeti hi 4.1.18.
Denn nur das (gilt) als Wissen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yat eva – nur das; vidyayā – durch Wissen; iti hi – denn so
Kommentar: Es geht nur um das, was aus Wissen hervorgeht.


bhāgena tv itare kṣapayitvā sampatsyate 4.1.19.
Doch teilweise – die anderen (Karmas) verzehrend – wird er zur Vereinigung gelangen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāgena – teilweise; tu – jedoch; itare – die anderen (Karmas); kṣapayitvā – verzehrend; sampatsyate – wird er zur Vereinigung gelangen
Alternative Übersetzung: Manche Karmas müssen ausgearbeitet sein, bevor man zur Vereinigung kommt.
Kommentar: Teilweise werden Karmas aufgebraucht, bevor Befreiung erlangt wird.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya prathamaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der erste Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).

Pada 1

vāṅg-manasī darśanāc chabdāc ca 4.2.1.
Die Rede und der Geist – wegen der Wahrnehmung und der Schrift.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vāk – Rede; manas – Geist; darśanāt – wegen der Wahrnehmung; śabdāt – wegen der Schrift; ca – und
Kommentar: Rede und Geist lösen sich zuerst, wie es die Schrift bezeugt.


ata eva ca sarvāṇy anu 4.2.2.
Und deshalb folgen auch alle anderen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – eben deshalb; ca – und; sarvāṇi – alle; anu – folgen
Kommentar: Alle anderen Sinne folgen Rede und Geist in der Auflösung.


tat-manaḥ prāṇa uttarāt 4.2.3.
Darauf folgt der Geist in den Lebenshauch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat – darauf; manaḥ – der Geist; prāṇaḥ – der Lebenshauch; uttarāt – anschließend
Kommentar: Nach Rede und Geist geht alles in den Prāṇa über.


so'dhyakṣe tad-upagamād-ibhyah 4.2.4.
Er (Prāṇa) in das Höchste – wegen der Schriftzeugung über sein Aufgehen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: saḥ – er; adhyakṣe – ins Höchste, in den Herrn; tat-upagamāt – wegen der Schriftzeugung seines Aufgehens; -ibhyah – usw.
Kommentar: Der Prāṇa geht schließlich in das Höchste, wie die Śruti sagt.


bhūteṣu tac chruteḥ 4.2.5.
In die Elemente – wegen der Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: bhūteṣu – in die Elemente; tat-śruteḥ – wegen der Śruti
Kommentar: Die Śruti lehrt, dass der Prāṇa in die Elemente eingeht.


naikasmin darśayato hi 4.2.6.
Nicht in eines – da die Schriften Verschiedenes zeigen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na ekasmin – nicht in eines; darśayataḥ hi – denn die Schriften zeigen
Kommentar: Die Upaniṣaden nennen verschiedene Ziele, daher kein einziges.


samānā cāsṛty-upakramād amṛtatvaṁ cānupoṣya 4.2.7.
Doch ähnlich, wegen Anfang mit „Zuflucht“ – und Unsterblichkeit auch ohne Nahrung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: samānā – ähnlich; ca – und; āsṛti-upakramāt – wegen des Beginns mit „Zuflucht“; amṛtatvam – Unsterblichkeit; ca – und; anupoṣya – ohne Nahrung
Kommentar: Verschiedene Darstellungen meinen letztlich dieselbe Unsterblichkeit.


tad apīteḥ saṁsāra-vyapadeśāt 4.2.8.
Auch das, wegen des Vergehens – wegen der Bezeichnung als Saṁsāra.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat api – auch das; īteḥ – wegen des Vergehens; saṁsāra-vyapadeśāt – wegen der Bezeichnung als Samsara
Kommentar: Der Untergang zeigt, dass dies noch zur Welt gehört.


sūkṣmaṁ pramāṇataś ca tathopalabdheḥ 4.2.9.
Das Feine – wegen der Schriften und der Wahrnehmung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sūkṣmam – das Feine; pramāṇataḥ – aus den Schriften; ca – und; tathā – ebenso; upalabdheḥ – wegen der Wahrnehmung
Kommentar: Die subtilen Elemente sind durch Śruti und Erfahrung bezeugt.


nopamardenātaḥ 4.2.10.
Nicht durch Vernichtung – darum.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na – nicht; upamardenāt – wegen Vernichtung; ataḥ – darum
Kommentar: Die subtilen Elemente gehen nicht durch Zerstörung verloren.


asyaiva copapatte rūṣmā 4.2.11.
Nur für diesen ist es angemessen – der Wärme.
Wort-für-Wort-Übersetzung: asya eva – nur für diesen; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit; ūṣmā – Wärme
Kommentar: Wärme bleibt als das Angemessene übrig.


pratiṣedhād iti cen na śārīrāt 4.2.12.
Wenn eingewendet wird „wegen der Verneinung“ – nein, wegen des Körpers.
Wort-für-Wort-Übersetzung: pratiṣedhāt – wegen der Verneinung; iti cet – wenn so; na – nein; śārīrāt – wegen des Körpers
Kommentar: Die Verneinung gilt nur in Bezug auf den Körper, nicht absolut.


spaṣṭo hy ekeṣām 4.2.13.
Denn für einige ist es deutlich.
Wort-für-Wort-Übersetzung: spaṣṭaḥ hi – deutlich nämlich; ekeṣām – für einige
Kommentar: Manche Schriften sprechen darüber ganz klar.


smaryate ca 4.2.14.
Auch wird es in der Smṛti erinnert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smaryate – wird erinnert; ca – auch
Kommentar: Auch die Smṛtis bestätigen diese Lehre.


tāni pare tathā hy āha 4.2.15.
Diese sind im Höheren – so sagt er nämlich.
Wort-für-Wort-Übersetzung: tāni – diese; pare – im Höheren; tathā hi – so nämlich; āha – sagt
Kommentar: Die Śruti erklärt, dass sie im Höchsten sind.


avibhāgo vacanāt 4.2.16.
Keine Trennung – wegen der Aussage.
Wort-für-Wort-Übersetzung: avibhāgaḥ – keine Trennung; vacanāt – wegen der Aussage
Kommentar: Die Schrift erklärt ausdrücklich die Untrennbarkeit.


tad-oko'gra-jvalanaṁ tat-prakāśita-dvāro vidyā-sāmarthyāt tac-cheṣa-gati-anusmṛti-yogāc ca hārdānugṛhītāḥ śatādhikayā 4.2.17.
Sein Wohnsitz ist das höchste Feuer, dessen Tore durch Wissen geöffnet werden, durch Kraft der Meditation, durch Rest-Karma, durch Erinnerung an den Weg – von dem Herzen geleitet mit mehr als hundert (Strahlen).
Wort-für-Wort-Übersetzung: tat-okaḥ – seine Wohnstätte; agra-jvalanam – das höchste Feuer; tat-prakāśita-dvāraḥ – dessen Tore geöffnet; vidyā-sāmarthyāt – durch die Kraft der Erkenntnis; tat-śeṣa-gati – durch Rest-Karma; anusmṛti-yogāt – durch Erinnerung an den Weg; hṛd-anugṛhītāḥ – vom Herzen geleitet; śata-adhikayā – mit mehr als hundert (Strahlen)
Kommentar: Der Weg des Wissenden wird in der Śruti als lichtvoller Pfad beschrieben.


raśmy-anusārī 4.2.18.
Er folgt den Strahlen.
Wort-für-Wort-Übersetzung: raśmi-anusārī – den Strahlen folgend
Kommentar: Die Seele folgt den Sonnenstrahlen auf ihrem Weg.


niśi neti cen na saṁbandhāt 4.2.19.
Wenn gesagt wird: „Nicht bei Nacht“ – nein, wegen der Verbindung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: niśi – in der Nacht; na iti cet – nicht, wenn so; na – nein; saṁbandhāt – wegen der Verbindung
Kommentar: Auch bei Nacht ist der Weg möglich, durch die Verbindung mit den Strahlen.


yāvad deha-bhāvitvād darśayati ca 4.2.20.
Solange der Körper besteht – so zeigt es auch.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yāvat – solange; deha-bhāvitvāt – solange der Körper besteht; darśayati ca – so zeigt es auch
Kommentar: Der Weg gilt, solange das Leben im Körper andauert.


atas cāyane'pi dakṣiṇe 4.2.21.
Und darum auch im südlichen Umschwung (der Sonne).
Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ ca – und darum; ayane – im Umschwung; api – auch; dakṣiṇe – südlich
Kommentar: Der Pfad ist nicht auf den nördlichen Sonnenlauf beschränkt.


yoginaḥ prati smaryate smārte caite 4.2.22.
Für den Yogi ist es überliefert – auch in den Smṛtis steht es.
Wort-für-Wort-Übersetzung: yoginaḥ prati – für den Yogi; smaryate – ist es überliefert; smārte ca – auch in den Smṛtis; ete – dies
Kommentar: Sowohl Śruti als auch Smṛti bestätigen den Weg für den Yogi.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya dvitīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der zweite Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).

Pada 3

arcirādinā tat-prathiteḥ 4.3.1.
Durch den Weg des Feuers usw. – wegen der Bekanntheit davon.
Wort-für-Wort-Übersetzung: arciḥ-ādinā – durch Feuer usw. (den „archirādi-mārga“); tat-prathiteḥ – wegen der Bekanntheit davon
Kommentar: Die Śruti beschreibt den bekannten Weg des Lichts (archirādi-mārga) für die Befreiten.


vāyu-śabdād aviśeṣa-viśeṣābhyām 4.3.2.
Wegen des Wortes „Vāyu“ – sowohl aufgrund der Gleichheit als auch der Besonderheit.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vāyu-śabdāt – wegen des Wortes Vāyu; aviśeṣa-viśeṣābhyām – durch Nichtunterschied und Unterschied
Kommentar: Der Begriff „Vāyu“ kann allgemein oder speziell gedeutet werden.


taṭito'dhi Varuṇaḥ saṁbandhāt 4.3.3.
Nach dem Blitz kommt Varuṇa – wegen des Zusammenhangs.
Wort-für-Wort-Übersetzung: taṭitā – nach dem Blitz; adhi Varuṇaḥ – kommt Varuṇa; saṁbandhāt – wegen des Zusammenhangs
Kommentar: Die Reihenfolge des Pfades wird durch den Zusammenhang in der Śruti erkannt.


ātivāhikas taddiṅgāt 4.3.4.
Ein Führer – wegen des Merkmals davon.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ātivāhikaḥ – ein Führer (Begleiter); tat-liṅgāt – wegen der Kennzeichnung davon
Kommentar: Ein göttlicher Führer begleitet die Seele auf dem Weg, wie die Śruti sagt.


ubhayavyāmohāt tat-siddheḥ 4.3.5.
Wegen der Verwirrung über beides – ist jedoch dies gesichert.
Wort-für-Wort-Übersetzung: ubhaya-vyāmohāt – wegen Verwirrung über beides; tat-siddheḥ – ist dies jedoch gesichert
Kommentar: Auch wenn Texte unterschiedlich erscheinen, ist der Pfad selbst gesichert.


vaidyutenaiva tataḥ tac-chruteḥ 4.3.6.
Doch durch den Blitz allein – denn so sagt es die Śruti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: vaidyutena eva – allein durch den Blitz; tataḥ – danach; tat-śruteḥ – wegen dieser Śruti
Kommentar: Die Schrift bezeugt ausdrücklich, dass nach dem Blitz der Führer kommt.


kāryaṁ Bādariḥ asya gaty-upapatteḥ 4.3.7.
Nach Bādari ist es eine Wirkung – wegen der Angemessenheit des Ganges.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kāryam – Wirkung; Bādariḥ – (sagt) Bādari; asya – davon; gati-upapatteḥ – wegen der Angemessenheit des Weges
Kommentar: Nach Bādari ist das Erscheinen des Führers eine Folgeerscheinung.


viśeṣitatvāc ca 4.3.8.
Und wegen der Besonderung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viśeṣitatvāt – wegen der Besonderung; ca – und
Kommentar: Die Texte spezifizieren diesen Punkt, daher ist er maßgeblich.


sāmīpyāt tu tad-vyapadeśaḥ 4.3.9.
Aber wegen der Nähe – erfolgt diese Bezeichnung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: sāmīpyāt – wegen der Nähe; tu – jedoch; tat-vyapadeśaḥ – diese Bezeichnung
Kommentar: Namen entstehen manchmal durch Nähe, nicht durch Identität.


kāryātyaye tad-adhyakṣeṇa sahātaḥ param-abhidhānāt 4.3.10.
Nach dem Ende der Wirkung – zusammen mit dessen Herrscher – wegen der ausdrücklichen Angabe des Höheren.
Wort-für-Wort-Übersetzung: kārya-atyaye – nach dem Ende der Wirkung; tat-adhyakṣeṇa saha – zusammen mit dessen Herrscher; ataḥ – daher; param-abhidhānāt – wegen der ausdrücklichen Angabe des Höheren
Kommentar: Am Ende führt der Herr selbst die Seele weiter, wie ausdrücklich gesagt.


smṛteś ca 4.3.11.
Und auch wegen der Smṛti.
Wort-für-Wort-Übersetzung: smṛteḥ – wegen der Smṛti; ca – und
Kommentar: Auch die Smṛti bestätigt diese Darstellung.


paraṁ Jaiminir mukhyatvāt 4.3.12.
Das Höchste – sagt Jaimini – wegen der Hauptbedeutung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: param – das Höchste; Jaiminiḥ – Jaimini; mukhyatvāt – wegen der Hauptbedeutung
Kommentar: Jaimini versteht die Stelle direkt auf das Höchste bezogen.


darśanāc ca 4.3.13.
Und wegen der Sichtung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: darśanāt – wegen der Sichtung, Aussage; ca – und
Kommentar: Auch die Schriften bestätigen dies ausdrücklich.


na ca kārye pratipatti-abhisandhiḥ 4.3.14.
Und es gibt kein zielgerichtetes Streben im Werk.
Wort-für-Wort-Übersetzung: na ca – und nicht; kārye – im Werk; pratipatti-abhisandhiḥ – zielgerichtetes Streben
Kommentar: Befreiung ist nicht von rituellem Werk abhängig.


apratīkālambanān nayatīti Bādarāyaṇaḥ ubhayathā ca doṣāt tat-kratuś ca 4.3.15.
Weil er nicht auf Symbole gestützt führt – so Bādarāyaṇa; und in beiden Fällen wäre ein Fehler, daher ist es Meditation.
Wort-für-Wort-Übersetzung: apratīka-ālambanāt – da er nicht auf Symbole gestützt ist; nayati iti – er führt; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa; ubhaya-thā – in beiden Fällen; ca – und; doṣāt – wegen des Fehlers; tat-kratuḥ ca – und es ist eine Meditation
Kommentar: Nach Bādarāyaṇa führt nicht das Symbol, sondern Brahman selbst; daher ist es Meditation.


viśeṣaṁ ca darśayati 4.3.16.
Und die Śruti zeigt auch die Besonderung.
Wort-für-Wort-Übersetzung: viśeṣam – Besonderung; ca – auch; darśayati – sie zeigt
Kommentar: Texte machen den besonderen Unterschied deutlich.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya tṛtīyaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der dritte Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).

Pada 4

sampadyāvihāya svena-śabdāt 4.4.1.
Beim Eingehen (in Brahman) gibt er die (Einzelheit) auf – wegen des Wortes „sein eigenes“. Wort-für-Wort-Übersetzung: sampadya – beim Eingehen; avihāya – aufgebend; svena-śabdāt – wegen des Wortes „sein eigenes“. Kommentar: Die Seele geht in Brahman ein, indem sie ihre besonderen Eigenschaften aufgibt.


muktaḥ pratijñānāt 4.4.2.
Befreit – wegen der Verheißung. Wort-für-Wort-Übersetzung: muktaḥ – befreit; pratijñānāt – wegen der Verheißung. Kommentar: Die Schriften verheißen Befreiung, daher ist die Seele frei.


ātmā prakaraṇāt 4.4.3.
Es ist der Ātman – wegen des Kontextes. Wort-für-Wort-Übersetzung: ātmā – der Ātman; prakaraṇāt – aus dem Kontext. Kommentar: Die Schriften sprechen im Zusammenhang eindeutig vom Ātman.


avibhāgena dṛṣṭatvāt 4.4.4.
Ohne Unterschied – weil es so gesehen wird. Wort-für-Wort-Übersetzung: avibhāgena – ohne Unterschied; dṛṣṭatvāt – da es so gesehen wird. Kommentar: Die Einheit des Ātman und Brahmans wird unmittelbar erfahren.


brāhmeṇa Jaiminir upanyāsād-ibhyah 4.4.5.
Durch das Brahman – so Jaimini – wegen Darlegung usw. Wort-für-Wort-Übersetzung: brāhmeṇa – durch Brahman; Jaiminiḥ – Jaimini; upanyāsa-ādibhyaḥ – wegen Darlegung usw. Kommentar: Nach Jaimini wird durch Brahman selbst die Identität erklärt.


citi-mātreṇa tad-ātmakatvād ity Auḍulomiḥ 4.4.6.
Allein durch Bewusstsein, da dies seine Natur ist – so Auḍulomi. Wort-für-Wort-Übersetzung: citi-mātreṇa – allein durch Bewusstsein; tat-ātmakatvāt – weil dies seine Natur ist; iti – so; Auḍulomiḥ – Auḍulomi. Kommentar: Auḍulomi betont: die Seele ist nichts anderes als Bewusstsein.


evam apy upanyāsāt pūrvabhāvād avirodhaṁ Bādarāyaṇaḥ 4.4.7.
Auch so – wegen Darlegung und Frühereexistenz – kein Widerspruch, sagt Bādarāyaṇa. Wort-für-Wort-Übersetzung: evam api – auch so; upanyāsāt – wegen der Darlegung; pūrva-bhāvāt – wegen früherer Existenz; avirodham – kein Widerspruch; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa. Kommentar: Nach Bādarāyaṇa besteht kein Widerspruch zwischen Bewusstsein und individueller Seele.


saṅkalpād eva ca tac-chruteḥ 4.4.8.
Und allein durch den Willen – wegen der Schrift. Wort-für-Wort-Übersetzung: saṅkalpāt eva – allein durch den Willen; ca – und; tat-śruteḥ – wegen der Schrift. Kommentar: Die Schrift zeigt, dass Brahman durch bloßen Willen wirkt.


ata eva cānanya-adhipatiḥ 4.4.9.
Darum auch ohne anderen Herrscher. Wort-für-Wort-Übersetzung: ataḥ eva – eben deshalb; ca – auch; ananya-adhipatiḥ – ohne anderen Herrscher. Kommentar: Brahman ist unabhängig und hat keinen übergeordneten Herrn.


abhāvaṁ Bādariḥ āha hi evam 4.4.10.
Von Nichtexistenz spricht Bādari – nämlich so. Wort-für-Wort-Übersetzung: abhāvam – Nichtexistenz; Bādariḥ – Bādari; āha hi evam – spricht nämlich so. Kommentar: Nach Bādari geht die Individualität beim Eintritt in Brahman gänzlich verloren.


bhāvaṁ Jaiminiḥ vikalpa-āmnānāt 4.4.11.
Von Existenz spricht Jaimini – wegen der Erwähnung der Unterscheidung. Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāvam – Existenz; Jaiminiḥ – Jaimini; vikalpa-āmnānāt – wegen der Erwähnung der Unterschiede. Kommentar: Jaimini betont die Beibehaltung individueller Existenz aufgrund der Śruti.


dvādaśāhavad ubhaya-vidhaṁ Bādarāyaṇo'taḥ 4.4.12.
Wie beim zwölftägigen Opfer gilt beides – so Bādarāyaṇa. Wort-für-Wort-Übersetzung: dvādaśāha-vat – wie beim zwölftägigen Opfer; ubhaya-vidham – zweifach; Bādarāyaṇaḥ – Bādarāyaṇa; ataḥ – deshalb. Kommentar: Sowohl Einheit als auch Verschiedenheit bestehen – wie bei Opferformen.


tanv-abhāve sandhyavad upapatteḥ 4.4.13.
Beim Fehlen des Leibes – wie in der Dämmerung, wegen der Angemessenheit. Wort-für-Wort-Übersetzung: tanv-abhāve – beim Fehlen des Leibes; sandhyā-vat – wie in der Dämmerung; upapatteḥ – wegen der Angemessenheit. Kommentar: Im Zustand ohne Leib ist die Seele wie die Dämmerung – weder ganz dies noch das.


bhāve jāgradvat 4.4.14.
Bei Existenz (des Leibes) – wie im Wachzustand. Wort-für-Wort-Übersetzung: bhāve – bei Existenz; jāgrad-vat – wie im Wachzustand. Kommentar: Solange der Leib existiert, bleibt die Individualität erfahrbar.


pradīpavad āveśaḥ tathā hi darśayati 4.4.15.
Wie das Licht einer Lampe ist die Einwohnung – so zeigt es nämlich. Wort-für-Wort-Übersetzung: pradīpa-vat – wie eine Lampe; āveśaḥ – das Einwohnen; tathā hi – so nämlich; darśayati – zeigt. Kommentar: Die Seele weilt in Brahman wie Licht in einer Lampe.


svāpyaya-sampattyor anyatara-apekṣam āviṣkṛtaṁ hi 4.4.16.
Abhängig entweder vom Aufgehen oder vom Eintritt – so ist es offenbart. Wort-für-Wort-Übersetzung: svāpyaya-sampattayoḥ – vom Aufgehen und vom Eintritt; anyatara-apekṣam – abhängig von einem der beiden; āviṣkṛtam hi – so ist es offenbart. Kommentar: Die Texte sprechen verschieden, je nach Situation.


jagad-vyāpāra-varjam 4.4.17.
Ohne das Treiben der Welt. Wort-für-Wort-Übersetzung: jagat-vyāpāra-varjam – frei vom Weltgeschehen. Kommentar: Befreiung bedeutet Abwesenheit von weltlicher Aktivität.


prakaraṇād asannihitatvācc a 4.4.18.
Wegen des Kontextes und weil nichts anderes nahe ist. Wort-für-Wort-Übersetzung: prakaraṇāt – aus dem Kontext; asannihitatvāt – weil nichts anderes nahe ist; ca – und. Kommentar: Der Kontext zeigt eindeutig Brahman als Ziel.


pratyakṣopadeśād iti cen nādhikārikamaṇḍala-sthokteḥ 4.4.19.
Wenn gesagt wird „wegen der direkten Lehre“ – nein, weil es nur für den Kreis der Berechtigten gesagt ist. Wort-für-Wort-Übersetzung: pratyakṣa-upadeśāt – wegen der direkten Lehre; iti cet – wenn so; na – nein; adhikārikamaṇḍala-stha-ukteḥ – weil es für den Kreis der Berechtigten gesagt ist. Kommentar: Die unmittelbare Lehre ist auf bestimmte Adhikārins (Berechtigte) beschränkt.


vikārāvarti ca tathā hi darśayati 4.4.20.
Und die Veränderung bleibt – denn so zeigt es. Wort-für-Wort-Übersetzung: vikāra-āvarti – die Veränderung bleibt; ca – und; tathā hi – denn so; darśayati – zeigt. Kommentar: Manche Veränderungen dauern bis zur endgültigen Befreiung an.


sthitim āha darśayataś caivaṁ pratyakṣānumāne 4.4.21.
Er lehrt den Zustand – und so zeigen es direkte Wahrnehmung und Schlussfolgerung. Wort-für-Wort-Übersetzung: sthitim āha – er lehrt den Zustand; darśayataḥ ca – und es zeigen; evaṁ – so; pratyakṣa-anumāne – direkte Wahrnehmung und Schlussfolgerung. Kommentar: Der Zustand der Seele wird von Schrift, Wahrnehmung und Vernunft bezeugt.


bhoga-mātra-sāmya-liṅgāc ca 4.4.22.
Und wegen des Zeichens der Gleichheit nur im Genießen. Wort-für-Wort-Übersetzung: bhoga-mātra-sāmya-liṅgāt – wegen des Zeichens der Gleichheit nur im Erleben; ca – und. Kommentar: Die Schriften lehren Gleichheit im Erleben, nicht in allen Hinsichten.


anāvṛttiḥ śabdād anāvṛttiḥ śabdāt 4.4.23.
Keine Rückkehr – aufgrund der Schrift. Keine Rückkehr – aufgrund der Schrift! Wort-für-Wort-Übersetzung: anāvṛttiḥ – keine Rückkehr; śabdāt – aus der Schrift. Kommentar: Die Seele kehrt nicht mehr in den Kreislauf zurück, so bezeugt es die Śruti.


iti śrīmat-kṛṣṇa-dvaipāyana-kṛta-brahmasūtreṣu caturthādhyāyasya caturthaḥ pādaḥ samāptaḥ
So endet im von Śrī Kṛṣṇa Dvaipāyana (Vyāsa) verfassten Brahma-Sūtra der vierte Pāda des vierten Adhyāya (Kapitels).

iti caturtho'dhyāyaḥ
So endet der vierte Adhyāya.

bhāratī-ramaṇa-mukhya-prāṇa-antargata śrī-kṛṣṇārpaṇam astu
Möge dies dem in Bharati-Ramana weilenden höchsten Lebenshauch, Śrī Kṛṣṇa, geweiht sein.

Gesamtübersicht Brahma Sutra

Adhyāya Pāda Adhikaraṇa (Thema) Sūtra(n) Inhalt
1. Samanvayādhyaayaḥ
(Übereinstimmung)
1 Jijñāsā 1.1.1 Wunsch nach Brahman-Erkenntnis
1 Janmādi 1.1.2 Brahman Ursprung der Welt
1 Śāstra-yoni 1.1.3 Brahman – Gegenstand der Schriften
1 Samanvaya 1.1.4 Brahman überall gelehrt
1 Ikṣaty-adhikaraṇa 1.1.5–11 „Ikṣate“ = Brahman, nicht Pradhāna
1 Ānandamaya 1.1.12–19 „Ānandamaya“ = Brahman
1 Antaryāmin 1.1.20–22 Innerer Lenker
1 Ākāśa 1.1.23–27 „Ākāśa“ = Brahman
1 Prāṇa 1.1.28–31 „Prāṇa“ = Brahman
1 Jyotiṣṭoma 1.1.32–33 Opfer ≠ Brahman
1 Ākṣiptya 1.1.34–35 Upāsanā-Begriffe = Brahman
1 Gatisāmānya 1.2.1–11 Einheit trotz Verschiedenheit
2 Bhūma 1.2.12–19 „Bhūman“ = Brahman
2 Akṣara 1.2.20–21 „Akṣara“ = Brahman, nicht Pradhāna
2 Ānanda 1.2.22–28 Glückseligkeit gehört Brahman
2 Ābhāsa 1.2.29–31 Brahman in Erscheinung
2 Dahara 1.2.32–38 „Dahara-ākāśa“ im Herzen
2 Śākā 1.2.39–41 Brahman ≠ Āditya
3 Antaryāmin 1.3.1–7 Innerer Lenker
3 Akṣara 1.3.8–11 „Akṣara“ wieder Brahman
3 Manomaya 1.3.12–21 „Manomaya“ = Brahman
3 Bṛhadāraṇyaka 1.3.22–28 Brahman als ātman
3 Hiraṇyagarbha 1.3.29–31 Brahman ≠ Hiraṇyagarbha
3 Vaiśvānara 1.3.32–33 kosmisches Feuer = Brahman
4 Ānandamaya (erneut) 1.4.1–7 Brahman als Glückseligkeit
4 Antaryāmin (erneut) 1.4.8–12 Herr im Innern
4 Ākāśa / Prāṇa 1.4.13–20 beide = Brahman
4 Samānapratipādya 1.4.21–28 Einheit der Upaniṣaden
2. Avirodhādhyaayaḥ
(Widerspruchsfreiheit)
1 Pradhāna-khaṇḍana 2.1.1–31 Widerlegung Sāṅkhya-Pradhāna
2 Vaiśeṣika 2.2.1–10 Widerlegung der Atomisten
2 Bauddha 2.2.11–32 Widerlegung der Buddhisten
2 Jaina 2.2.33–36 Widerlegung der Jainas
2 Īśvaravāda 2.2.37 Brahman = Herr
3 Jīva-kāraṇatva 2.3.1–6 Jīva nicht Ursache
3 Śakti-viśeṣa 2.3.7–23 Jīva abhängig von Brahman
3 Sūkṣma-śarīra 2.3.24–45 Natur des feinstofflichen Körpers
4 Saṁjñā 2.4.1–20 Keine Widersprüche in Begriffen
3. Sādhana-adhyāyaḥ
(Mittel)
1 Vidyā-āvr̥tti 3.1.1–11 Wiederholung der Meditation
1 Āsana-dhyāna 3.1.12–19 Sitzhaltung, Meditation
1 Karma-anugraha 3.1.20–30 Karma als Hilfsmittel
2 Vidyā-bheda 3.2.1–21 Verschiedenheit/Einheit der Upāsanās
2 Avirodha 3.2.22–42 Keine Widersprüche
3 Śruti-sāmānya 3.3.1–11 Einheit von Lehren
3 Ānanda-bheda 3.3.12–40 Differenzierungen in den Vidyās
3 Āśrama-niyama 3.3.41–68 Pflichten der Āśramas
4 Puruṣārtha 3.4.1–7 Zweck für den Menschen
4 Āśrama-dharma 3.4.8–20 Lebensstadien
4 Karma/vidyā 3.4.21–42 Verhältnis Werk/Wissen
4 Mukti-niyama 3.4.43–51 Befreiung und Karma
4. Phala-adhyāyaḥ
(Früchte)
1 Āvr̥tti 4.1.1–7 Wiederholung, Meditation
1 Karma-phala 4.1.8–19 Karma bis Befreiung
2 Prāṇa-laya 4.2.1–16 Auflösung der Sinne
2 Devayāna 4.2.17–22 Strahlenweg
3 Arcirādi-mārga 4.3.1–16 Weg über Licht, Blitz, Devatās
4 Sampatti 4.4.1–7 Vereinigung mit Brahman
4 Bhāva-abhāva 4.4.8–15 Einheit oder Unterschied?
4 Mokṣa-svarūpa 4.4.16–22 Natur der Befreiung
4 Anāvṛtti 4.4.23 „Keine Rückkehr“ – endgültige Befreiung