Heraklit: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 26. April 2015, 13:54 Uhr
Heraklit von Ephesus (griechisch Ἡράκλειτος ὁ Ἐφέσιος Herákleitos ho Ephésios, latinisiert Heraclitus Ephesius) (*Um 550 im ionischen Ephesos † um 489)
Leben
Heraklit wurde im Jahre 550 vor Christus in einer vornehmen Familie in Ephesos, in Kleinasien (heutige Westtürkei) geboren. Heraklit gilt als sehr tiefgründiger Philosoph, der Begriffe wie "Logos“ oder "verborgene Einheit“ definierte und vielen späteren Philosophen wie Nietzsche und Hegel als Inspiration diente. Der Stoizismus nahm die Lehren von Heraklit auf und brachte seine Thesen in die christliche und abendländische Philosophie ein.
Die Ansätze von Heraklit waren teilweise so komplex und voller Widersprüche, dass er auch "Der Verwirrende“ oder "Der Dunkle“ genannt wurde. Leider sind von Heraklit nur wenige Äußerungen überliefert, die häufig aus Aphorismen, Paradoxien und Wortspielen bestehen. Wegen der teilweise schwer zu interpretierenden Fragmente sind die Thesen von Heraklit nach wie vor Gegenstand für viele verschiedene Interpretationsansätze.
Erfahrung
Obwohl Heraklit als Philosoph bezeichnet wird, steht er der Philosophie kritisch gegenüber: "Lasst uns keine beliebigen Vermutungen anstellen über die höchsten Dinge. Vielwisserei führt nicht zum Erkennen. […] Die Grenzen der Seele wirst du nie entdecken und folgtest du auch allen Straßen der Welt – so tief ist ihr Sinn.“
Erkenntnis kann man laut Heraklit nicht durch das Philosophieren erlangen. Philosophen bauen laut Heraklit stets auf Informationen, auf Wissen; nie auf Erfahrungen. Aber nur das Wissen, das existenziell erworben wird, ist authentisch. Erfahrung ist immer ursprünglich, Wissen immer aus zweiter Hand. Menschen, die viel wissen, werden oft viel unbewusster.
Heraklit ist der Meinung, dass der Verstand nie fähig sein wird, die ganze Unendlichkeit begreifen zu können. Erst, wenn wir nicht mit den Augen des Verstandes schauen, werden wir die Unendlichkeit erreichen. Ohne Denken, bei vollem Bewusstsein. Menschen, die nach Wissen graben, geht es nicht um die Wahrheit, denn Wahrheit ist nicht Wissen; somit geht es ihnen auch nicht um das Leben, denn das Leben ist Wahrheit.
Die Menschen könnten laut Heraklit "allen Straßen der Welt“ folgen und nie würden sie das Ziel erreichen, weil sie stets mit dem Verstand denken und ein theoretisch orientiertes Ziel verfolgen. Das Leben aber ist ziellos, zwecklos. Die Menschen sollen sich laut Heraklit aber ohne Zweck bewegen, denn das Leben selbst ist der Zweck und nicht nur ein Mittel zum Zweck.
Logos
Der von Heraklit geprägte Begriff "Logos“ darf nicht mit dem Begriff "Logik“ verwechselt werden. Der Begriff Logik ist eine Lehrmeinung über das, was wahr ist. Die Logik ist eine sehr theoretische Lehrmeinung und basiert auf Intellekt.
Der Begriff "Logos“ stammt vom griechischen Wort "leg“ ab und hat ursprüngliche Bedeutungen wie sagen, reden, sprechen, Sammlung, Erzählung, Beziehung, Überlegung, Grund.
Heraklit gebraucht den Begriff Logos im Sinne von Wort, Rede, Sprache, die etwas darlegt, was verstanden werden kann und soll. Der Logos ist für Heraklit die Wahrheit selbst. Sie ist die durchdringende Kraft und das herrschende Gesetz über Kosmos und Mensch.
Das Urprinzip allen Seins ist laut Heraklit "Polemos“, der Streit. Erst durch den scheinbaren Widerspruch, den Streit der Gegensätze entsteht die höchste Einheit. Die durchdringende Kraft, die diese Vereinigung ermöglicht, ist der Logos. Heraklit ist der Meinung, dass die ganze Einheit vom ständigen Werden und Vergehen der Dinge lebt.
"Obwohl der Logos ewig gilt, kann der Mensch ihn nicht verstehen – nicht nur, bevor er ihn vernimmt, sondern auch, wenn er ihn vernommen hat. Wir sollten uns nach dem richten, was für alle gemeinsam gilt. Obwohl der Logos für alle gilt, leben die meisten so, als besäße jeder eine Privatintelligenz für sich. Die menschliche Natur ist nur begrenzt intelligent. Die göttliche Natur aber versteht alles. Der Mensch ist kein Vernunftwesen, aber er ist von Intelligenz umgeben. Das Göttliche entgeht dem Menschen, weil er es nicht für nötig hält. Obwohl aufs Innigste mit dem Logos verknüpft, widersetzt sich der Mensch ihm ständig. Wie kann sich jemand vor dem Licht verstecken, das niemals untergeht?“
Der Logos herrscht laut Heraklit überall vor und beinhaltet somit den gesamten Kosmos, die gesamte Schöpfung. Es gibt in unserer Welt jedoch nicht nur den Tag, sondern auch die Nacht. Nicht nur Freude, sondern auch Schmerz. Der Logos beinhaltet nach der Theorie von Heraklit alles, also auch die Paradoxien. Wenn der Mensch sich davor verschließt, verschließt er sich vor der immerwährenden Wahrheit; vor dem, so Heraklit, "Licht, das niemals untergeht“.
Der menschliche Geist jedoch kann die Paradoxien des Logos nicht verstehen, weil die menschliche Logik einseitig ist. Sie versucht, eine von zwei Seiten zu verstehen und schließt eine Seite dabei aus; der Logos aber umfasst alles, den Tag UND die Nacht. Heraklit: "Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluss und Mangel.“
Deutlicher wird diese Ansicht von Heraklit in seiner Aussage: "Menschen sind selbst in wachen Augenblicken wie Blinde und beachten das, was um sie herum geschieht, so wenig wie in ihrem Schlaf. […] Für sie gilt das Sprichwort: Selbst anwesend sind sie abwesend. Handelt nicht und sprecht nicht wie im Schlaf! Wachende haben eine Welt gemeinsam-Schlafende haben jeder eine Welt für sich.“
Laut Heraklit schlafen die Menschen auch dann, wenn sie wach sind. Der Geist reiht stetig Gedanken aneinander, die immer von Vergangenheit oder Zukunft handeln. Selbst wenn man in einem Moment über etwas im Jetzt nachdenkt, ist dieses "Jetzt“ im nächsten Augenblick wieder Vergangenheit. Wenn man beginnt, alles zu tun, ohne darüber nachzudenken und die Realität nicht im Kopf stattfinden zu lassen, beginnt man, mit Bewusstsein zu leben. Das ist der Zustand des Nichtschlafens. Im Augenblick zu sein, den Logos wahrnehmen zu können.
Der Logos ist in der Theorie von Heraklit allgegenwärtig. Das gesamte Leben funktioniert durch die Dialektik der Gegensätze. Der Logos gilt laut Heraklit für alle gemeinsam, er ist unsere gemeinsame Basis. Die Menschen sollen begreifen, dass die Intelligenz keine Privatsache ist; je unscheinbarer, gewöhnlicher der Mensch wird, desto fähiger wird er, den Logos zu begreifen. Je größer der Wunsch nach Individualität wird, desto mehr verschließt sich der Mensch vor dem Logos und verliert die Verbindung zum Gemeinsamen. Je mehr der Mensch nach dem Gesetz lebt, das für alle gilt und sich nach dem Allgemeinen richtet, desto näher wird er dem Logos stehen und ihn auch besser verstehen können.
Die Menschen sind laut Heraklit nicht für die Individualität gedacht, es besteht ein gemeinsames großes Bewusstsein, mit dem wir alle verbunden sind. Empathie beispielsweise spiegelt die Verbundenheit der Menschen wider.
Der Mensch aber, so Heraklit, erkennt den Logos selbst dann nicht, wenn er ihn vernimmt. Das liegt an den Zweifeln der Menschen. Zweifel ersticken Vertrauen schon im Keim. Dieses Vertrauen sieht Heraklit allerdings als notwendig, um das Göttliche und die Paradoxien erkennen und verstehen zu können.
Die verborgene Harmonie
"Die verborgene Harmonie ist mächtiger als die offensichtliche. Die Menschen sehen nicht, dass alles, was sich widerspricht, dadurch mit sich in Einklang kommt.“
"Aus Zwietracht entsteht Eintracht, aus Missklang entsteht die höchste Harmonie. Erst durch dauernden Wechsel kommen die Dinge zur Ruhe. Die Menschen sehen nicht, dass alles, was sich widerspricht, dadurch mit sich in Einklang kommt. Es liegt Harmonie im Widerstreit, das zeigen Bogen und Leier. Der Name des Bogens ist Leben, aber sein Werk ist tot.“ -> "Armonia aphanes phaneres kreisson.“ Im Griechischen haben die beiden Begriffe "Aphanes“ und "Phaneres“ die gleiche Wurzel: phanos, die Fackel, die Leuchte.
Heraklit ist der Meinung, dass die verborgene Harmonie mächtiger als die offensichtliche sei: Harmonie kann leuchtend sein, offensichtlich. Heraklit sieht diese Harmonie dann aber lediglich als eine offensichtliche Erscheinung, die nur ein Traumbild, ein Gespenst und dementsprechend täuschend sein kann. Die mächtigere Harmonie sieht Heraklit in der verborgenen Harmonie; jene, die nicht sofort zu sehen ist, weil sie verborgen ist. Diese sei laut Heraklit nützlicher als die "öffentliche Harmonie“.
Beispiel für verborgene Harmonie: Ein Fluss erreicht das Meer. Ganz egal, welchen Weg er geht, das Meer bleibt stets sein Ziel. Manchmal muss er die Richtung ändern; wenn das Gefälle im Süden oder im Norden liegt, aber stets bewegt er sich auf das Meer zu und erreicht es schlussendlich auch, obwohl es manchmal nicht danach aussieht, als ob er sich in die richtige Richtung bewegen würde.
Die Formulierung von Heraklit in diesem Satz hat hier große Bedeutung, denn die Dinge kommen DADURCH in Einklang, eben weil sie sich widersprechen. Indem Gegensätze sich vermischen werden sie eins. Sie sind nicht wahrhaftig in Harmonie, wenn ihr Einklang offensichtlich ist, meint Heraklit, denn das Leben äußert sich in Paradoxien.
Auch für die Formulierung "panta rhei“ ist Heraklit bekannt, was so viel bedeutet wie "alles fließt“. Oft wird diese Aussage mit "Niemand kann zweimal in den gleichen Fluss steigen“ übersetzt. Auch hier geht er wieder darauf ein, dass alles vergänglich ist. In der nächsten Sekunde wird der Fluss weiter geflossen sein und auch die Person, die in dem Fluss steht, ist nicht mehr dieselbe.
"Diese Weltordnung, die für alle Wesen gilt: Weder Gott noch Mensch hat sie geschaffen. Sie war schon immer da, ist und wird sein: Ein ewig lebendiges Feuer, das regelmäßig auflodert und regelmäßig erlischt. Die Gezeiten des Feuers sind Hunger und Sättigung. Die Sonne ist jeden Tag neu.“
Der Geist denkt non-dualistisch. Sein Wesen besteht darin, alles zu spalten – in immer und immer kleinere Teile.
Gegenteile kann man aber nicht trennen, zwischen allen Gegenteilen gibt es Brücken, meint Heraklit. So wie beispielsweise die Nahrung die Brücke zwischen Hunger und Sättigung ist. Durch diese Brücke werden beide Zustände eins, der eine Zustand bedingt den anderen.
Der menschliche Geist kreiert einen Schöpfergott, weil er von seiner Natur aus stets alles zerlegen möchte. Er kann nicht verstehen, dass die Schöpfung ungeteilt ist und denkt sich deshalb jemanden aus, der die Schöpfung erschaffen haben muss. Die Schöpfung wurde aber nicht erschaffen, sie ist einfach. Gott ist die gesamte Existenz und diese entsteht aus sich und verschwindet auch wieder in sich.
Dieses große Ganze, unsere gemeinsame Basis, hat ein gewisses Energiefeld, das für sich genommen neutral ist. In diesem Zitat betitelt Heraklit dieses Energiefeld als Feuer, "das regelmäßig auflodert und regelmäßig erlischt“.
Laut Heraklit kann unsere Weltordnung nur aufgrund des ständigen Kreislaufs von Entstehung und Verfall bestehen. Wenn der Mensch mit diesem Prozess, dieser Energie mitgeht, ist er glücklich, wenn er nicht mitgeht, ist er unglücklich. Intelligent sein heißt laut Heraklit, mitzugehen.
Es liegt am Menschen selbst; jeder Mensch ist für sich selbst verantwortlich.
"Die Sonne ist jeden Tag neu.“: Die Sonne geht jeden Tag neu auf. Aufgrund des ständigen Wechsels von Entstehung und Verfall ist jeder Augenblick etwas Einzigartiges.
Alles um uns herum ist in stetem Wandel - das, was sich nicht ändert, ist unser Kopf, unser unbewusster Zustand. Er verhindert, dass wir den Sonnenaufgang jeden Tag als etwas Neues, Wundervolles erleben.
Nicht nur Heraklit, sondern auch Buddha und die theoretische Physik haben den Ansatz des ständigen Verfalls und der wiederkehrenden Entstehung. Buddha hat einmal gesagt "Es gibt nichts in dir, das Dauer hat, nichts, das Wesen hat. Du bist etwas Fließendes, ein Strom.“ Und die theoretische Physik wurde von einem neuen Weltbild namens "Holomovement“ geprägt (holo=ganz, movere=bewegen): Alles ist eins und in steter Bewegung.
Gott
"Gott ist Tag und Nacht, Winter und Sommer, Krieg und Frieden, Überfluss und Mangel. […] Tag und Nacht sind ihrem Wesen nach eins. Der Weg nach oben und der Weg nach unten ist ein und derselbe.“
Gott ist der Logos: "Einmal kamen Besucher zu Heraklit und waren überrascht, ihn am Herdfeuer zu finden, wo er sich wärmte. Er sagte zu ihnen: Auch hier sind die Götter zu Hause. Ich habe mich selbst durchforscht. Die Zeit ist ein Kind, das in einem Brettspiel Steine hin und her schiebt: Königliche Macht eines Kindes! Fanatismus ist die heilige Seuche!“
In diesen Zitaten von Heraklit wird klar, dass Gott überall ist. Gott ist keine Person. Gott ist alles, was ist. Alles ist göttlich, alles ist heilig.
In dieser Aussage bezieht sich Heraklit auf die sogenannte "heilige Seuche“. Er bezieht sich hier auf Menschen, die die Wahrheit nicht erkannt haben: Jemand, der die Wahrheit erkannt hat, ist nämlich nie fanatisch, nie von einer Ideologie besessen. Wer die Wahrheit kennt, weiß auch, dass die Wahrheit viele Gesichter hat und dass jeder sie auf seine Weise sieht.
Wenn jemand behauptet, seine Wahrheit sei die einzig wahre Wahrheit, ist das laut Heraklit die heilige Seuche. Wahrheit braucht nicht aufzutrumpfen, sie ist einfach da. Ohne etwas zu fordern, ohne zu bekehren.
Das rechte Maß
"Es ist die Aufgabe eines jeden Menschen, sich selbst zu kennen und das rechte Maß zu wissen. Das rechte Maß zu wissen, das ist die höchste Kunst. Weisheit besteht in nichts als diesem: Wahr reden, wahr handeln, der Natur der Dinge folgen. Wer den Logos nicht hört, der höre auf mich: Der Weise sieht ein, dass alle Dinge eins sind. Es gibt nur eine Weisheit: Erkenne die Intelligenz, die alle Dinge mit allen Dingen verwebt. Weisheit ist eins und einzig.“
Laut Heraklit ist es unsere Aufgabe, "das rechte Maß“ zu erkennen. Das rechte Maß bedeutet für Heraklit, den Weg der Mitte allen Handelns zu erkennen und auch demnach zu reden, zu handeln und ihm zu folgen. Der Mensch solle laut Heraklit Extreme meiden. Den richtigen Weg, den Weg der Mitte, erkenne man daran, dass es schwer sei, ihn zu gehen.
Das spiegelt sich auch in der Lehre vieler Religionen wider, die die richtigen Wege oft als "steinig“ bezeichnen. Das Ego, der Ich-Macher, lebt von Unausgewogenheiten, lebt also in Extremen und kann in der Mitte nicht leben – in der Mitte triffst du demnach Gott, in den Extremen verfehlst du ihn.
Er fordert die Menschen dazu auf, der Natur der Dinge zu folgen. Das Künstliche ist vielleicht schön, aber nur das Natürliche folgt der Natur und ist lebendig.
Der Begriff "Logos“ wird in diesem Satz wieder von Heraklit aufgegriffen: Wenn du den Logos nicht hören kannst, darfst du in Heraklit vertrauen. Jemand, der dich an der Hand nimmt und dich vom Bekannten ins Unbekannte führt, in die Weisheit.
Wenn der Mensch sein rechtes Maß nicht kennt, kann es oft passieren, dass er versucht, seiner Realität zu entfliehen, da er seine wirklichen Bedürfnisse nicht zu befriedigen weiß. Laut Heraklit erfolgt die Flucht aus der Realität meist mit Drogen: "Ein betrunkener Mann muss sich von einem Knaben führen lassen. Er folgt ihm strauchelnd, ohne zu wissen, wohin. Denn seine Seele ist feucht. Seelen werden gerne feucht. Eine trockene Seele ist die weiseste und beste.“
Feucht ist in der Aussage von Heraklit als Gegenteil zum Feuer sehen, dem trockenen Zustand. Der feuchte Zustand ist also Wasser. Wasser fließt immer ins Tal, also verfolgt stets eine Abwärtsbewegung.Das menschliche Bewusstsein wird gerne feucht und lässt sich nach unten ziehen, denn der Mensch genießt es, sich einfach fallen zu lassen. Er sucht nach Genuss und nicht nach wahrem Glück, denn das würde Anstrengung bedeuten.
Drogen wie Alkohol ziehen die Menschen auch nach unten, sie wissen nicht, was sie tun. Das ist laut Heraklit der feuchte Zustand – der Mensch wird nach unten gezogen, hat keinen inneren Zusammenhalt. Diese Flucht in den Alkohol verhindert die Aufwärtsbewegung und damit auch Wachstum.
Das Gegenteil zum Wasser, dem "feuchten“ Zustand und seiner Abwärtsbewegung ist das Feuer, der "trockene“ Zustand – das Feuer verfolgt eine stetige Aufwärtsbewegung. Trocken zu sein bedeutet, wach und bewusst zu leben. Heraklit hält Mühe für notwendig und richtig. Wenn man sich wirklich Mühe gibt, kann die Mühe mühelos werden, weil sie bei tatsächlicher Anstrengung geläufig wird und von allein geschieht. Durch den trockenen Zustand und einer steten Aufwärtsbewegung kann es dir laut Heraklit gelingen, den Logos und das Göttliche zu erkennen.
Wünsche
"Es wäre nicht besser für die Menschen, wenn alles, was sie wollen, in Erfüllung ginge. Wer nicht hofft, dass das Unhoffbare eintritt, wird nie zur Wahrheit vordringen. Denn sie ist unaufspürbar und unzugänglich. Die Natur versteckt sich gern.“
Die Wünsche der Menschen kommen immer von innen heraus. Da die meisten Menschen aber laut Heraklit ja unbewusst leben, haben sie die Wahrheit noch nicht erkannt und alles, was sie sich von innen heraus wünschen, kann demnach nicht die Wahrheit sein und seine Wünsche sind nichts Wahres.
Wünsche sind immer eine Wiederholung der Vergangenheit, denn der menschliche Geist kann sich nur Dinge vorstellen, die er schon erlebt hat. Er kann nichts Zukünftiges wünschen, weil wir diese nicht kennen.
Erwartung bedeutet, alles, was du kennst, auf das zu projizieren, was in der Zukunft liegt. Und die Wahrheit, Gott, ist unvorhersehbar. Der Mensch muss zuerst einsehen, wie der Verstand funktioniert.
Zeit
"Die Zeit ist ein Kind, das in einem Brettspiel Steine hin und her schiebt.“
Das Leben ist laut Heraklit wie ein Spiel. Man sollte es mit Geschick spielen, aber nicht, als ob man etwas dabei gewinnen könnte. Kinder spielen auch ohne Kummer, sie scheren sich nicht, was dabei herauskommt. Selbst Niederlage ist keine Niederlage. So ist es auch mit dem Leben: Das Leben hat kein Ziel, es ist ein zweckfreies Spiel. Kinder sind ganz unverdorben, der Verstand hat es noch nicht nach dem Sinn des Lebens, nach dem Zweck, gefragt. Kinder fragen nicht nach dem Warum.
Auch die Zeit ist für Heraklit wie ein Kind, das die Spielfiguren hin und her bewegt:Die hellen sind die Tage und die dunklen die Nächte. Für Heraklit bewegt sich die Zeit nicht linear, sondern im Kreis. Heraklit sieht das große Ganze, nicht nur Ausschnitte, wie es heute meistens der Fall ist. Heute denken wir, die Zeit verlaufe linear, weil wir sie bis zu einem kleinen Augenblick zerlegen. Dabei vergessen wir, alles in einem Zusammenhang zu sehen. Wir sehen zwar klarer, aber immer weniger. Die Zeit ist eine Bewegung, sie bewegt sich kreisförmig.
Yoga
Schaut man sich die Fragmente des Heraklit an, kann man feststellen, dass Heraklit sich vielleicht eher unwissend mit der Grundidee des Yoga auseinander gesetzt hat. Yoga bedeutet nämlich Einheit, Harmonie und wird oft als das "Einswerden mit dem Bewusstsein“ bezeichnet. Das Ziel des Yoga wird beispielsweise von Patanjali mit yogaś citta-vṛtti-nirodhaḥ beschrieben und bedeutet "Yoga ist das Zur-Ruhe-bringen der Gedanken im Geiste“.
Genau das beschreibt Heraklit auch, wenn er sagt, dass die Menschen selbst schlafen, wenn sie wach sind. Erst durch das Zur-Ruhe-bringen der Gedanken im Geiste können wir uns bewusst im Hier und Jetzt befinden. Erst, wenn wir in der Meditation unser eigenes Selbst erfahren, können wir die Paradoxien der Welt als eine Einheit begreifen. Wir können den Logos und alles, was ist, nur in seiner wahren Natur begreifen, wenn wir nicht mit dem Kopf denken, sondern mit dem Herzen fühlen; nicht wissen, sondern selbst erfahren.
Auch die Paradoxien werden bei Heraklit und im Yoga als eine Einheit verstanden. Wir können das Gute erst dadurch wahrnehmen, dass wir das Schlechte kennen gelernt haben. Erst durch die Verschmelzung, durch das Hinnehmen der Paradoxien, können wir unsere innere Mitte erkennen; erkennen, dass wir mehr als nur der physische Körper und der Geist sind. Das gelingt uns aber, so meint auch Heraklit, nicht nur durch theoretisches Wissen (was natürlich einen gewissen Denkanstoß hervorrufen kann), sondern vielmehr durch praktische Erfahrung.
Durch die Erfahrung, durch spirituelle Praxis, kann der Mensch sein höheres Selbst erfahren. Yoga kann dabei ein schöner Wegbereiter und Begleiter sein.
Siehe auch
Weblinks
Literatur
Osho, Die Verborgene Harmonie: Alles fließt - Vorträge über die Fragmente des Heraklit
Seminare
Jnana Yoga, Philosophie
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Spiritualität
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