Herrschaft über den Geist
Herrschaft über den Geist zu erlangen, ist das Ziel des Raja Yoga. Raja heißt König, heißt auch Herrschaft. Wer seinen Geist beherrscht, der ist ein Raja, ein Herrscher. Mit Meditation kann man seinen Geist schrittweise kennen und steuern lernen.
Das Meistern des Geistes
Der Geist ist wie ein See, Gedankenwellen kräuseln seine Oberfläche. Um das tiefer liegende Selbst sehen zu können, muss man zunächst die Wellen glätten; dann wird man – statt Diener zu bleiben – Meister des Geistes.
Die meiste Zeit, in der man wach ist, schlingert der Geist im Sturm der Gedanken, hin und her gerissen zwischen Wünschen und Wehren, angenehmen oder unangenehmen Gefühlen und Erinnerungen.
Von all den Kräften, die den Geist aufwühlen, sind es die Sinne, die die Konzentration am meisten stören: Sie wecken Wünsche und Fantasien. Man hört eine vertraute Melodie im Radio, und schon eilt der Geist zurück in die Zeit, als man sie zum ersten Mal vernahm; ein verführerischer Geruch, ein plötzlicher kalter Windzug, und wieder schweifen die Gedanken ab.
Die stärksten Sinne sind Sehen und Hören. Fortwährend lenken sie den Geist nach außen und verbrauchen wertvolle Energie. Aus diesem Grund benutzt man in der Yoga Meditation entweder Töne (Mantras) oder Bilder (im Tratak).
In der Natur des Geistes liegt es, ständig nach Glück zu suchen. Dabei hofft er dann vergeblich auf Befriedigung, wenn er erreicht hat, was er wünschte. Besitzt er den ersehnten Gegenstand endlich, gibt der Geist kurzzeitig Ruhe.
Doch nach einiger Zeit beginnt das ganze Spiel von neuem, denn der Geist selbst bleibt unverändert und sein wahrer Wunsch unerfüllt. Stelle dir zum Beispiel vor, du kaufst dir ein neues Auto. Eine Zeit lang bist du stolz und zufrieden, der Geist ruht. Doch schon bald möchtest du gern ein neueres Modell oder eine andere Farbe; oder du sorgst sich, dass es gestohlen oder beschädigt werden könnte. Was als Freude begann, wurde zu einer neuen Quelle der Unzufriedenheit, denn die Erfüllung eines Wunsches gebärt einen neuen.
Yoga lehrt uns, dass wir eine Quelle der Freude und Weisheit in uns tragen, einen Schatz der Stille, den wir erkennen und aus dem wir uns nähren können, wenn die Bewegung des Geistes zur Ruhe kommt. Gelingt es uns, unsere Sehnsucht nach Zufriedenheit nach innen zu lenken, statt sie an äußeren, vergänglichen Dingen festzumachen, entdecken wir, wie wir in Frieden leben können.