Nrisinha Purva Tapaniya Upanishad

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Die Nrisinha Purva Tapaniya Upanishad (Sanskrit: f.) ist ein Teil der indischen Heiligen Schriften, die Veda genannt werden. Die Nrisinha Purva Tapaniya Upanishad gehört zum Atharvaveda und wird außerdem den Vishnu Upanishaden zugeordnet.


Nrisinha Purva Tapaniya Upanishad mit Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus "Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 902 - 930.

Einleitung

Tapanam ist das Glühen, Schmerzleiden, asketische Sichentäu-ßern, Nrisinha-tapanam das asketische Sichhingeben an Nrisinha, also Nrisinha-tapaniya-Upanishad "die Geheimlehre, betreffend die asketische Hingabe an Nrisinha". Dieselbe liegt vor in zwei Hälften, einer mehr exoterischen (Nrisihhapurvatdpaniyopanishad), welche der früheren, elementaren, und einer mehr esoterischen (Nrisihhottara-tapaniyopanishad), welche der nachfolgenden, höheren Hingebung an Nrisinha gewidmet ist; erstere besteht aus fünf Teilen, letztere aus einem Hauptteil; beide werden zusammen als sechs Upanishaden ge¬rechnet. Während die Upanishadlehre zur Erkenntnis des einen Brahman-Atman gelangt war, hatte die monistische Tendenz, welche in aller Religion liegt, dahin geführt, daß auch das populäre religiöse Denken und Verehren, ähnlich wie es sich in Griechenland in der nachhomerischen Zeit um ZevÇ; konzentrierte, in Indien zwei räumlich oder zeitlich verschiedene Spitzen gewann, die eine in dem aus dem vedischen Rudra und Agni hervorgegangenen giva (Mahadeva, Isvara), die andere in dem altvedischen Sonnengott Visnu, welcher dann wieder in verschie¬denen Formen, so namentlich als Nrisinha, Rama, Krishna verehrt wurde (die eine spätere Zeit als verschiedene Avataras des einen Visnu zusammenfaßte). Während die beiden letzteren aus der Vergottung menschlicher, historischer Personen hervorgegangen zu sein scheinen, ist Nrisinha, der "Mannlöwe", d. h. der "Götterlöwe" (nri "Mann, Held, Gott"; vgl. z. B. Rigv. 4,25,4: Indraya nare naryaya, nritamaya nrinam), ursprünglich wohl nur "der gewaltige Götterheld", zu welchem die

Sonnenkraft personifiziert wurde. (Die Gestalt, als halb Mensch halb Löwe, dürfte weder mit assyrischen noch mit irgendwelchen anderen Bildwerken etwas zu tun haben, ist vielmehr wohl bloße Ausdeutung dieses Namens.) In dieser Form als Nrisinha (Narasiriha, gelegentlich auch Narasiriha, vgl. nara und daneben nariiyana) wurde Visnu von ei¬ner ziemlich exklusiven und daher, wie es scheint, wenig verbreiteten Sekte verehrt, deren symbolisches Buch die vorliegende Upanishad in ihren beiden Teilen ist; man kann dieselben füglich (mit Weber) als exoterischen und esoterischen Teil unterscheiden; beide huldigen dem Nrisinha-Glauben und beide stehen dabei unter dem Einfluß der Upanishadlehre; der Unterschied läßt sich am kürzesten dahin bezeichnen, daß im ersten Teil die Upanishadlehre in den Dienst des Nrisinhaglaubens (philosophia ancillatur theologiae), im zweiten Teil der Nrisinhaglaube in den Dienst der Upanishadlehre gestellt wird (theologia ancillatur philosophiae). Der erste Teil (Nrisinha purva-tapaniyii), mit dem wir es zu-nächst zu tun haben, lehrt die Verehrung des Visnu als Nrisinha durch eine heilige, im Anushtubh-Metrum abgefaßte Formel, wobei jedoch die Verehrung mehr der Formel als dem Gott gilt, und diese eine ähnliche, und nur weit übertriebenere Rolle spielt als in anderen Texten etwa die Vyahritis, die Savitri (vgl. z. B. Maitr. 6,6-7), und als in so vielen Atharvana-Upanishaden der heilige Laut Om. Ähnlich wie in dem Om-Laut, faßt sich auch in der Nrisinhaformel der ganze Veda zusammen; sie ist unter allen Mantras der Mantrarija der "König der Sprüche", diente bei der Weltschöpfung (1,1), befaßt alle Welten und alle Veden (1,2), ist identisch mit den vier Moren des Lautes Om (2,1); hat, wie Brahman, die Maya als Schöpferkraft (iahti) and den Akasa als Samen (bijam), d. h. als Ausgangspunkt der Schöpfung ("aus diesem Atman ist der Akasa entstanden, aus dem Akasa der Wind" usw. Taitt. 2,1), und die unablässige Wiederholung und kunstgemäße Nie-derschreibung dieser (als Amulett getragenen) Formel sichert über-schwänglichen Lohn. Wie ein Fürst nicht ohne Begleitung auftritt, so hat der Mantraraja drei (1,3) oder nachher (4,1-2) vier Angamantras "Nebensprüche" in seinem Geleit, an welche sich 4,3 als weitere Korona, entsprechend den 32 Silben des Spruchkönigs, noch ein Schwarm von 32 Sprüchen schließt. Da es zum Verständnis beider Nrisinha

Werke erforderlich ist, den Mantraraja immer vor Augen zu haben, so wollen wir ihn hier, nebst den vier Angamantras, in Text und Überset-zung vorausschicken. Der Mantraraja Ugram virani, maha-Vishnum, Jvalantam, sarvatomukham Nrisinham, bhishanam, bhadram, Mrityu-mrityum namamy aham. Der schreckliche, mächtige, große Visnu, Flammend nach allen Seiten ist, Als Mannlöwen, furchtbar und hold, Als Todes Tod verehr' ich ihn. Die vier Angamantras I. Der Pranava: Om! II. Die Savitri: Ghrinih, surya, ~ldityah, die Glut, die Sonne, Aditya. III. Das Lakshmiyajus (auch Yajurlakshmi), der Schönheitsspruch: Om! bhur lakshmir, bhuvar lakshmih, suvah kalakarni, tan no mahalakshmih pracodaydt. Om! Erde Glück und Luftraum Glück, Und Himmel Glück, schwarzohriges, - Drum fördre uns das große Glück!

IV. Die Nrisinha-gayatri Om!Nrisinhdya vidmahe, vajranakhdya dhimahi, tan nah sinhah pracodaydt. Om! Laßt, Nrisinhas, wohlbewußt Des Blitzbekrallten denken uns, Der Löwe fördere unseren Geist. -41(0). S I HAPÛRVATIPANIYA- UPANISHAD Erste Upanishad Heilvolles laßt mit Ohren hören, Götter, Heilvolles uns mit Augen sehn, ihr Heil'gen; Mit festen Gliedern, preisend, laßt uns leibhaft Das gottgesetzte Lebensziel erreichen! (Rigv. 1,89,8.) Heil schenke Indra uns, der hochberühmte, Heil Pushan uns, der alles Reichtums Herr ist, Heil Tarkshya uns, des Radkranz unversehrt bleibt, Heil möge auch Brihaspati uns schenken! (Rigv. 1,89,6.) Om, Friede! 0m, Friede! 0m, Friede! 1,1 Prajapati hat vermittelst der Nrisinhaformel die Welt erschaffen. Om! "Wasser, fürwahr, war diese Welt, ein Gewoge, da entstand Prajapati allein auf einem Lotosblatt. In dessen Geiste (manas)

ging hervor ein Verlangen (kama): )Ich will diese Welt schaffen!< Darum, was ein Mann in seinem Geist erstrebt, das spricht er aus durch die Rede, das vollbringt er durch die Tat. Darüber ist dieser Vers (Rigv. 10,129,4): )Da ging aus ihm zuerst hervor Verlangen, Des Geistes erster Samenguß war dieses. - Des Daseins Wurzelung im Nichtsein fanden Die Weisen forschend in des Herzens Triebe.< Dem neigt sich zu, wonach er Verlangen trägt [wer solches weiß]! - Er (Prajapati) übte Tapas; nachdem er Tapas geübt" (von Anfang bis hierher = Taitt. Ar. 1,23, Gesch. d. Phil. I, 196), so schaute er jenen, auf Nrisinha bezüglichen, im Anushtubh-Metrum abgefaßten Mantraraja (Spruchkönig); mit dem schuf er diese ganze Welt, was irgend vorhanden ist. Darum sagen sie: Anushtubh ist diese ganze Welt, was irgend vorhanden ist. "Denn aus der Anushtubh entstehen ja diese Wesen, durch die Anushtubh, nachdem sie entstanden, leben sie, und in die Anushtubh gehen sie, dahinscheidend, wieder ein" (nach Taitt. 3,1-6). Darüber ist dieser [Vers]: "Die Anushtubh ist das Er¬ste, und die Anushtubh ist das Letzte; denn die Anushtubh ist Rede; durch die Rede aber vergehen und durch die Rede entstehen [die Kreaturen] "; und es heißt ja: "die Anushtubh ist das höchste unter den Versmaßen" (Taitt. Samh. 5,4,12,1). 1,2 Die vier Zeilen der Formel befassen die vier Weltgebiete mit allem ihrem Inhalt, sowie auch die vier Veden. Die Erde mit ihren Ozeanen, ihren Bergen, ihren sieben Inseln, die wisse man als jenes Sanges [des Mantraraja] erste Zeile. Den Luftraum, wie er von den Scharen der Yakshas, Gan dharvas, Apsaras bevölkert wird, den wisse man als des Sanges zweite Zeile.

Den Himmel, wie er von den Vasus, den Rudras, den Adityas und allen Göttern bevölkert wird, den wisse man als des Sanges dritte Zeile. Die lautere, "im höchsten Raum" (Taitt. 2,1) weilende Selbstwesenheit des Brahman, die wisse man als des Sanges vierte Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Die vier Veden, Rig-, Yajur-, Sama- und Atharvaveda mit ihren A.ingas (Gesch. d. Phil. I, 51) und Sakhas (Gesch. d. Phil. I, 65), das sind die vier Zeilen. Welches ist die Meditation [dieses Sanges], welches seine Gottheit, welches seine Glieder, welches deren Gottheiten, wel-ches sein Metrum, welches sein Dichter', so [frage man sich unablässig]. 1,3 Vorläufiges über die drei ersten der vier Gliedersprüche des Spruchkönigs. Also sprach Prajapati: Fürwahr, wer jene achtsilbige, schön-heitgesalbte Zeile des Savitarspruches als ein Glied [einen Arigamantra] jenes Sanges weiß, der wird dafür mit Schönheit gesalbt. Alle Veden haben den Pranava [den heiligen Laut Om] als Anfang; weiß er auch diesen Pranava als jenes Sanges Glied [als Arigamantra], so ersiegt er die drei Welten. Einen Opferspruch gibt es, die aus vierundzwanzig Silben bestehende große Lakshmi (Glück); weiß er auch diesen als jenes Sanges Glied, so wird er reich an Leben, Ruhm, Ehre, Wissen und Herrschaft. Darum soll man diesen Sang mitsamt seinen Gliedern [den Arigamantras) wissen; und wer ihn weiß, geht zur Unsterblich-keit ein. 1 Als dieser ist wohl Prajapati zu verstehen.

Den Savitarspruch, den heiligen Laut und die Spruch 757 Lakshmi gestatten die Lehrer keinem Weib, keinem Sudra. Wohl soll man den zweiunddreißigsilbigen Sang wissen, und wer ihn weiß, geht zur Unsterblichkeit ein, - aber wenn den Savitarspruch, den Lakshmi-Spruch, den Pranava ein Weib weiß oder ein Sudra, mit dem geht es nach dem Tode abwärts. Darum verkündige man ihnen dieselben nimmermehr! Wenn einer ihnen sie verkündigt, mit dem Lehrer geht es dafür nach dem Tode abwärts! 1,4 Nach nochmaliger Identifikation der Formel mit den höchsten Gottheiten wird das erste Silbenpaar jeder ihrer vier Zeilen eingeschärft. Also sprach Prajapati: Den Agni, fürwahr, die Vedas, dieses Weltall und alle Wesen, die Lebenshauche und Organe, die Tiere, die Nahrung, das Unsterbliche, den Allherrn, Selbstherrn, Weitherrn, - dieses wisse man als des Sanges erste Zeile. Die als Ric, Yajus, Saman und Atharvan gestaltete Sonne, "den goldenen Mann im Inneren der Sonne" (Chand. 1,6,6); - dieses wisse man als des Sanges zweite Zeile. Der über die Kräuter herrscht, der Sterneherr, der Soma, - diesen wisse man als des Sanges dritte Zeile. "Das ist Brahma, iva, Hari, Indra, Agni, der ewige, der höch-ste Herr" (Taitt. Ar. 10,11,12, oben S. 252), - diesen wisse man als des Sanges vierte Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Om! ugram wisse man als den Anfangssang der ersten, jva-Ian- als der zweiten, nrisiri- als der dritten, mrityu- als der vierten Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Darum soll man diesen Sang nicht überall kund machen; will man ihn mitteilen, so teile man ihn nur einem Sohn, wenn er lernbegierig, oder sonstigen Schüler mit.

1,5 Das zweite Silbenpaar jeder der vier Zeilen, unter vorhergehender und nachfolgender Verherrlichung der Formel. Den im Milchmeer ruhenden Mannlöwen, den von den Yogins zu meditierenden "höchsten Schritt" (Rigv. 1,22,20) wisse man als den Sang. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. viram wisse man als den Endsang der Hälfte der ersten, tam sa als der zweiten, -ham bhi als der dritten, -mrityum als der vierten Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Darum wer diesen Sang erlernt durch irgendeines Lehrers Mund, der wird dadurch erlöst vom Samssra, hilft zur Erlö sung, trachtet nach Erlösung; wer ihn murmelt, gelangt in die sem seinem Leib zur Anschauung Gottes. Darum ist dieses die Erlösungspforte im Weltalter Kali, keinem anderen wird Erlö sung zuteil. Darum soll man den Sang nebst seinen Gliedern wissen. Wer ihn weiß, der trachtet nach Erlösung. 1,6 Das dritte Silbenpaar jeder der vier Zeilen, nebst Verherrlichungen. Om! "Als Recht, Wahrheit, höchstes Brahman, "Den" mannlöwegestaltigen, "schwarzbräunlichen Purusha, "Den keuschen, seltsamaugigen" (Taitt. Ar. 10, 12, oben S. 252), "Den schwarz-und-roten Shankara, den Ums-Gatten, den Herrn der Tiere, den Bogenträger, den unermeßlich glänzenden [rufe ich an, ihn der da ist] "der Be-herrscher aller Weisheit, der Herr aller Geschöpfe, Brahman als Oberherr, des Brahman Oberherr" (Taitt. Ar. 10,47), der nach dem Yajurveda zu preisen ist, - diesen wisse man als den Sang.

Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. mahl- wisse man als den Anfangssang der Schlußhälfte der ersten, -rvato- als der zweiten, -shanam als der dritten, namd- als der vierten Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Darum ist dieser Sang das aus Sein, Denken und Wonne' bestehende höchste Brahman; wer ihn als solchen weiß, der wird schon hier unsterblich. Darum soll man den Sang nebst seinen Gliedern wissen. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. 1,7 Das vierte Silbenpaar jeder der vier Zeilen, nebst Verherrlichungen. Vorbereitendes über die Einflechtung des Om-Lautes. "Mit diesem, fürwahr [d. h., an der ursprünglichen Stelle, mit dem tausendjährigen Opfer], haben die Allschöpfer diese gan¬ze Welt erschaffen; weil sie alles erschufen, darum heißen sie Allschöpfer. Alles entsteht hinter denen her, und mit Brahman zu Lebensgemeinschaft, Weltgemeinschaft gelangen sie [die das tausendjährige Opfer vollbringen oder auch nur lehren]" (Taitt. Br. 3,12,9,8), - darum soll man diesen Sang nebst seinen Gliedern wissen. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. -vishnum wisse man als den Endsang der ersten, mukham als der zweiten, bhadram als der dritten, -myaham als der vierten Zeile. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Er selbst [Prajapati] hat alles dieses offenbart. Auf den Atman, auf das Brahman bezüglich wisse man die Verehrung durch jene Anushtubh. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. 1 Sad-cid-ananda; dies könnte (abgesehen von Taitt. 2,1, worüber oben S. 225) möglicherweise das erste Vorkommen der berühmten Formel sein.

Und wenn einer, sei es Weib [nur die Aingamantras, nicht der Mantraraja war oben 1,3 den Weibern verboten worden] oder Mann, hienieden zu bleiben gedenkt, dem verleiht der [Mantraraja] Allherrschaft, und wo er auch immer sterben mag, da teilt ihm am Ende des Lebens der Gott [des Mantraraja] das höchste, erlösende Brahman mit, durch welches, [schon vorher] unsterblich seiend, er dann auch zur Unsterblichkeit gelangt. Darum murmelt man dieses [Brahman in Gestalt des Lautes Om] zwischendurch in dem Sang; darum ist dieses Glied des Sanges Prajapati, und darum wird zu diesem Gliede des Sanges, wird zu Prajapati, wer solches weiß. So lautet die große Upanishad. Und wer diese große Upanishad weiß, der wird, wenn er die vorbereitende Verehrung vollzogen, auch zum großen Visnu, - zum großen Visnu. Zweite Upanishad 2,1 Nach einem Mythos über die rettende Kraft der Nrisinhaformel (nachgebildet nach Paiïcav. Br. 22,12; vgl. dazu oben S. 73) folgt die Identifikation ihrer vier Zeilen mit den vier Moren des Om-Lautes, wobei die entsprechende Stelle der Atharvasikha Upanishad (oben S. 727) wörtlich herübergenommen und den Zwecken unserer Upanishad angepaßt wird. Om! Es geschah einmal, daß die Götter sich vor dem Tode, vor den Sünden und vor dem Samsara fürchteten. Da nahmen sie ihre Zuflucht zu Prajapati. Der reichte ihnen diesen an Nrisirnha gerichteten, in Anushtubh verfaßten Spruchkönig dar. Damit besiegten sie alle den Tod, überwanden sie alle die Sünde und überwanden sie den Samsara. Darum, wer sich vor dem Tode, vor den Sünden und vor dem Samsara fürchtet, der er

greife diesen an Nrisiinha gerichteten, in Anushtubh verfaßten Spruchkönig. So besiegt er den Tod, überwindet die Sünde und überwindet den Samsara. Von diesem Pranava [dem Laute Om], fürwahr', "die erste Mora, die Erde ist der A-Laut. Er ist, aus Versen bestehend, der Rigveda, ist Brahma, die Vasus, die Gayatri, das Garhapatyafeu-er", - dieses ist die erste Zeile [des Spruchkönigs]. "Ihre zweite Mora, der Luftraum, ist der u-Laut. Er ist, aus Opfersprüchen bestehend, der Yajurveda, ist Visnu, die Rudras, die Trishtubh, das Daksinafeuer", - dieses ist die zweite Zeile. "Ihre dritte Mora, der Himmel, ist der M-Laut. Er ist, aus Liedern bestehend, der Samaveda, ist Rudra, die Adityas, die Jagati, das Ahavaniyafeuer", - dieses ist die dritte Zeile. 761 "Die vierte, die Halbmora, die am Ende der Silbe ist, ist die Somawelt, der Om-Laut [dafür Atharvasikha: ist der abge-brochene m-Laut]. Er ist, aus Atharvanliedern bestehend, der Atharvaveda, ist das Weltuntergangsfeuer, die Maruts, die Viraj, der Höchstweise, die glänzende", - dieses ist die vierte Zeile des Sanges. 2,2 Die Nrisinhaformel als Spruchkönig (mantraraja) hat fünf Attribute, nämlich Herz, Kopf, Haarlocke, Panzer und Geschoß, welchen die vier Zeilen der Formel nebst dem Pranava als fünftem entsprechen. Diese Elemente werden im folgenden durcheinandergeflochten, so wie die Welten verflochten sind, deren Symbol sie sind. Die erste Zeile ist achtsilbig, und [auch] die drei [übrigen] Zeilen sind achtsilbig; so ergeben sich zweiunddreißig Silben; denn zweiunddreißigsilbig ist die Anushtubh; durch die Anushtubh aber ist diese ganze Welt geschaffen worden, und durch die Anushtubh wird alles wieder resorbiert. 1 Alles in Anführungszeichen Eingeschlossene ist wörtlich aus Atharva sikha (oben S. 727) entlehnt.

Nämlich jener [Mantraraja] hat fünf Attribute [arigdni: Herz, Kopf, Haarlocke, Panzer und Geschoß); die vier Zeilen ent¬sprechen den vier Attributen und das mit dem Pranava ver¬sehene Ganze [des Spruches] dem fünften. Von den fünf [aus den Attributen gebildeten Formeln]: om dem Herzen namah, om dem Haupte svdhd, om der Haarlocke vashat, om dem Panzer hum, om dem Geschosse phat, wird die erste mit der ersten Zeile verbunden [ugram viram mahdvishnum, om hridaydya na-mah], die zweite mit der zweiten [jvalantam sarvatomukham, om dirase svdha], die dritte mit der dritten [nrisiriham bhishanam bhadram, om iikhdyai vashat], die vierte mit der vierten [mrity-umrityum namdmy aham, om kavacdya hum] und die fünfte mit der fünften [om! ugram viram mahdvishnum jvalantam sarvato-mukham nrisiriham bhichanam bhadram mriNumrityum namdmy aham, om astrdya phat]; denn ineinander verflochten sind diese Welten, darum sind auch die Bestandteile [der Zeilen und der Formeln] miteinander verflochten. - "Om! diese Silbe ist die ganze Welt" (blind. 1); darum hat bei jeder Silbe [der obigen fünf Kombinationen] der Laut Om vorher und nachher seinen Platz [also: om u 0m, om gram 0m, om vi 0m, om ram om usw.]; 762 in dieser Weise sind, wie die Brahmanwisser lehren, die Silben aufzuzeichnen. 2,3 Aufzählung der elf Worte der Formel, nebst Verherrlichung. In diesem [Mantraraja], soll man wissen, steht an erster Stelle ugram - und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein, - an zweiter Stelle viram, an dritter mahdvishnum, an vierter jvalantam, an fünfter sarvatomukham, an sechster nrisiriham, an siebenter bhlshanam, an achter bhadram, an neunter mrityumri-tyum, an zehnter namdmi, an elfter aham. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Elf Worte hat die Anushtubh, durch die Anushtubh aber ist diese ganze Welt geschaffen worden, und durch die Anushtubh wird alles wieder resorbiert. Darum soll man diese ganze Welt

wissen als anushtubhartig; und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. 2,4 Die elf Wörter der Formel werden etymologisch erklärt und diese Erklärungen mit vedischen Zitaten verziert, die oft sehr wenig Beziehung zur Sache zeigen. Als Vorbild scheint Atharvasiras 4, oben S. 720, vorzuschweben. Es begab sich, daß die Götter zu Prajapati sprachen: Aber warum heißt es ugram? - Und Prajapati sprach: Weil er durch seine Majestät alle Welten, alle Götter, alle Selbst, alle Wesen erhebt (udgrihnati), fort und fort schafft, ausbreitet und wohnen macht, weil er von ihnen erhaben gemacht und erhoben wird, - Preis dem berühmten jungen Wagenkämpfer, Der wie ein grimmer Löwe schrecklich angreift; Sei hold dem Sanger, Löwe, hochgelobter! Andere als uns laß deine Heere fällen! (Rigv. 2,33,11, frei) — darum heißt es ugram. Aber warum heißt es viram? - Weil er durch seine Majestät alle Welten, alle Götter, alle Selbst, alle Wesen in Ruhe läßt (von ihnen absteht, viramati), zur Ruhe bringt, fort und fort schafft, ausbreitet und wohnen macht, - Durch den ein Held, tatkräftig, reich an Tugend, Ein Kelterer und Götterfreund entspringen (Rigv. 3,4,9), darum heißt es viram. Aber warum heißt es maMvishnum? - [Weil er der ist,] welcher alle Welten durchsetzt und [sich von ihnen] durchsetzen macht, wie das Öl in betreff der von ihm durchwobenen, verwobenen, durchzogenen Sesamteigklumpen wechselseitig von ihnen durchsetzt wird und sie mit sich durchsetzen macht, -

Er, über dem nichts Höh'res ist vorhanden, Der eingegangen in die Wesen alle, Ja, über den hinaus nichts and'res da ist, Prajapati, mit Nachkommen versehen, Durchdringt die drei Weltlichter sechzehnteilig, (Vaj. Sarah. 8,36, frei, vgl. Gesch. d. Phil. L 191) darum heißt es mahavishnum. Aber warum heißt es jvalantam? - Weil er durch seine Maje-stät alle Welten, alle Götter, alle Selbst, alle Wesen durch seine Glut entflammt, flammen macht, entflammt wird, sich entflammen macht, "Reger', Erreger, Lichter, Leuchtender, Erleuchtender, Flammer, Entflammer, Brenner, Anbrenner, Verbrenner, Glänzer, Erglänzer, Schmücker; Schmückender, Schöner" (Taitt. Br. 3,10,1,2), darum heißt es jvalantam. Aber warum heißt es sarvatomukham? - Weil er auch ohne Sinnesorgane allerwärts sieht, allerwärts hört, allerwärts geht, allerwärts nimmt und, überallhin gehend, überall weilt, - "Der Eine, der die Welt vordem gewesen, Aus dem entsprossen ist des Weltalls Hüter, In den die Welt zergeht beim Übergang, Ihn ehre ich, den allerwärts Gewandten", - darum heißt es sarvatomukham. Aber warum heißt es nrisinham? - Weil von allen Wesen der 764 Mann (nri) das tapferste und edelste, und der Löwe (siriha) das tapferste und edelste ist, darum wurde der höchste Gott zum Mannlöwen, denn zum Heil der Welt nimmt das Unver gängliche diese Gestalt an, - 1 Die Stelle enthält nur eine Aufzählung der fünfzehn Stunden der Tage der zweiten Monatshälfte, wie Weber, Ind. Stud. IX, 94, bemerkt.

"Gerühmt wird Visnu wegen dieser Großtat, Gleich wildem Tier, das schweifend haust in Bergen, Er, unter dessen drei gewalt'gen Schritten Die Wesen alle sichre Wohnung haben," (Rigv. 1,154,2.) darum heißt es nrisiriham. Aber warum heißt es bhishanam? - Weil er, vor dessen An-blick alle Welten, alle Götter, alle Wesen aus Furcht flüchten, selbst sich vor nichts, was es auch immer sei, fürchtet, - "Aus Furcht vor ihm der Wind läutert, Aus Furcht vor ihm die Sonne scheint, Aus Furcht vor ihm eilt hin Agni Und Indra und der Tod zu fünft," (Taitt. 2,8.) - darum heißt es bhishanam. Aber warum heißt es bhadram? - [Weil] er, der selbst heil-voll ist, allezeit Heilvolles verleiht, "der Lichte, Leuchtende, Schmucke, Geschmückte, Schöne" (Taitt. Br. 3,10,1), - "Heilvolles laßt mit Ohren hören, Götter, Heilvolles uns mit Augen sehn, ihr Heil'gen, Mit festen Gliedern, preisend, laßt uns leibhaft Das gottgesetzte Lebensziel erreichen!" (Rigv. 1,89,8.) darum heißt es bhadram. Aber warum heißt es mrityumrityum? - Weil er für seine Ver¬ehrer, sobald sie nur an ihn denken, den Tod und Abertod tötet, "Der Odem gibt und Kraft gibt, er, dem alle, Wenn er befiehlt, gehorchen, auch die Götter, Des Abglanz das Unsterbliche, der des Todes Tod, Wer ist der Gott, daß wir ihm opfernd dienen?" (Rigv. 10,121,2, frei.) - darum heißt es mrityumrityum.

Aber warum heißt es namami? - Weil [er der ist,] vor wel- 765 them alle Götter sich neigen und die Erlösungsuchenden und die Brahmanlehrer, "Jetzt stimmet Brahmanaspati Ein preisbegabtes Spruchlied an, An welchem Indra und die Götter sich erfreun, Varuna, Mitra, Aryaman," (Rigv. 1,40,5.) — darum heißt es namami. Aber warum heißt es aham? - "Der Erstgeborne der Weltordnung bin ich, Schon vor den Göttern an des Ew'gen Quellpunkt, Wer mich austeilt, der labt mich eben damit, Denn ich bin Nahrung, essend den Nahrungesser, Bin über diese ganze Welt erhaben. Wie Gold leuchtend ist, wer solches weiß! - So lautet die große Upanishad" (Taitt. 3,10, oben S. 240). Dritte Upanishad An einer heiligen Formel pflegen drei Bestandteile unterschieden zu werden: 1) bam, "der Keim", d. h. die erste Silbe, 2) hi/a oder hI/a-ka, "der Stamm", die mittleren Silben von der zweiten bis zur vorletz¬ten, 3) Sakti, "die Kraft" (gleichsam die Krone oder Frucht derselben), d. h. die letzte Silbe. Im folgenden werden Bijam (u) und Sakti (-ham) der Nrisiinhaformel allegorisch gedeutet. Sakti, die schöpferische Kraft des Nrisinha, ist die Maya, und Bam, der Same, aus dem sich die Schöpfung entwickelt hat, ist (nach einer vielbenutzten Stelle, Taitt. 2,1: "Aus diesem Atman ist der Akasa entstanden, aus dem Akasa der Wind" usw.) der Akasa (Raum, Äther). Es geschah, daß die Götter zu Prajapati sprachen: Lehre uns, o Ehrwürdiger, von diesem, in Anushtubh verfaßten, auf

Nrisinha bezüglichen Mantraraja die Sakti (Kraft) und das Bi jam (den Samen). Und Prajapati sprach: Jene Maya des Narasiinha ist es, welche das Weltall erschafft, das Weltall behütet und das Weltall resorbiert. Darum soll man jene Maya als die Sakti (Schöpferkraft) wissen; wer jene Maya als die Sakti weiß, der überwindet das Böse, überwindet den Tod, der geht auch zur Unsterblichkeit ein und erlangt großes Glück. - Die Brahmanwisser fragen sich: ist sie [die Sakti, die Schlußsilbe des Spruches] kurz oder lang oder überlang (ham, ham, ha-am) zu sprechen? - Wenn sie kurz [gesprochen] wird, so verbrennt man damit alles Böse und geht zur Unsterblichkeit ein; wenn lang, so erlangt man großes Glück und geht zur Unsterblichkeit ein; wenn überlang, so wird man weise und geht zur Unsterblichkeit ein. Darum ist folgendes von dem Bi-shi gesprochen als eine Andeutung: So trinke nun ihn, aufstrebend und siegreich (Rigv. 6,17,2)! Glück, Schönheit, Preßstein, Mütterchen und Erdkuh, Und Indras Waffe, die man zählt als sechste, Wiss' ich brahman-entsprungen gleicherweise, Und fleh' sie an zum Schutze für mein Leben. Der Akasa, fürwahr, ist aller Wesen höchstes Ziel. Denn alle Wesen entstehen aus dem Akasa, aus dem Aka§a, nachdem sie entstanden sind, leben sie, und in den Akasa gehen sie, dahinscheidend, wieder ein [nach Taitt. 3,1 f. gebildet]. Darum soll man den Aka§a als das Bam (Weltsamen) wissen. Darum ist folgendes vom Rishi gesprochen als eine Andeutung (Kath. 5,2. Mahanar. 10,6, nach B.igv. 4,40,5; vgl. oben S. 248. 282). "Im Äther ist Sonnenschwan er, Vasu in der Luft, Hotar am Opferbette, auf der Schwelle Gast, Er weilt in Mensch und Weite, im Gesetz, im Raum, Entspringt aus Wassern, Rindern, Recht, Gebirg' als großes Recht, - er, der solches weiß. - So lautet die große Upanishad.

Vierte Upanishad Wie ein König nicht ohne Gefolge auftritt, so wird auch der Spruchkönig (Mantraraja), d. h. die Nrisinhaformel, begleitet von vier Neben-sprüchen, welche hier (nachdem die ersten drei schon 1,3 vorgreifend erwähnt worden waren) ihrem Wortlaut nach vorgeführt werden. Bemerkenswert ist dabei die Unbefangenheit, mit welcher, zur Erklärung des Om-Lautes, die Mandukya Upanishad geplündert wird. Auf die vier Nebensprüche folgt §3 noch ein Schwarm von zweiunddreißig Sprüchlein, welche ganz nach dem Schema von Atharvasiras 2 gedich¬tet sind. 4,1 Om! Und die Götter sprachen zu Prajapati: Lehre uns, o Ehrwür-diger, von dem in Anushtubh verfaßten, auf Nrisinha bezüglichen Mantraraja die Arigamantras (Geleitsprüche). - Und Prajapati sprach: Den Pranava, die Savitri, die Yajurlakshmi und die Nrisirihagayatri, - diese soll man wissen als die Aasgas. Und wer es weiß, geht zur Unsterblichkeit ein. Erster Anga: der Pranava "Om! Diese Silbe ist die ganze Welt. Ihre Erläuterung ist wie folgt. Das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige, dieses alles ist der Laut Om. Und was außerdem noch über die drei Zeiten hinausliegend ist, auch das ist der Laut Om. Denn dies alles ist Brahman, Brahman aber ist dieser Atman (Seele), und dieser Atman ist vierfach. Der im Stande des Wachens befindliche, nach außen erken-nende, siebengliederige, neunzehnmündige, das Grobe genie-ßende Vaiivanara ist sein erstes Viertel. Der im Stande des Träumens befindliche, nach innen erken

nende, siebengliederige, neunzehnmündige, das Auserlesene genießende Taijasa ist sein zweites Viertel. Der Zustand, wo er eingeschlafen keine Begierde mehr empfindet und kein Traumbild schaut, ist der Tiefschlaf. Der im Stande des Tiefschlafes befindliche, einsgewordene, durch und durch ganz aus Erkenntnis bestehende, aus Wonne bestehen¬de, die Wonne genießende, das Bewußtsein als Mund habende Pr4ina ist sein drittes Viertel. - Er ist der Herr des Alls, er ist der Allwissende, er ist der innere Lenker, er ist die Wiege des Weltalls, denn er ist Schöpfung und Vergang der Wesen. Nicht nach außen erkennend und nicht nach innen erkennend, noch nach beiden Seiten erkennend, weder bewußt noch unbewußt, auch nicht durch und durch aus Erkenntnis bestehend, - unsichtbar, unbetastbar, ungreifbar, uncharakte 768 risierbar, undenkbar, unbezeichenbar, nur in der Gewißheit des eigenen Selbstes gegründet, die ganze Weltausbreitung auslöschend, selig, zweitlos, - das ist das vierte Viertel, das soll man als den Atman erkennen." (Diese ganze Betrachtung über den Pranava ist fast völlig unverändert aus Maudukya-Up. 17 entlehnt.) 4,2 Zweiter Anga: die Savitri Ferner die Savitri, nämlich die Gayatri, welche durch den Opferspruch (ghrinih surya' adityah Taitt. Ar. 10,15] gebildet wird, von der ist diese ganze Welt durchdrungen; ghrinih das sind zwei Silben, suria sind drei und aditya sind drei; das ist jene achtsilbige, mit Schönheit gesalbte Zeile des Savitarspru-ches; und wer sie also weiß, der wird dafür mit Schönheit gesalbt. Dieses besagt der Vers (Rigv. 1,164,39): Des Hymnus Laut im höchsten Himmelsraume, Auf dem gestützt die Götter alle thronen, Wenn man den nicht kennt, wozu hilft der Hymnus dann? - Wir, die ihn kennen, haben uns versammelt hier.

Fürwahr, der braucht weiter keine Ric, kein Yajus, kein Saman, wer die Savitri weiß. Dritter Anga: das Lakshmi-yajus oder die Yajur-lakshmi Om! bhur lakshmir, bhuvar lakshmih, suvah kdlakarni, tan no mahdlakshmin pracoday it! (Om, Erde Glück, und Luftraum Glück, Und Himmel Glück, schwarzohriges', — Drum fördre uns das große Glück!) Dieses ist der Opferspruch Mahdlakshmi, eine vierundzwan¬zigsilbige Gayatri. Fürwahr, die Gayatri ist alles dieses, was ir¬gend vorhanden ist. Darum wer diese in einen Opferspruch 769 gefaßte Mahalakshmi weiß, der erlangt großes Heil. Vierter Anga: die Nrisinhagdyatri Om! Laßt Nrisinhas, wohlbewußt, Des Blitzbekrallten denken uns, Der Löwe fördre unseren Geist (nach Taitt. Ar. 10,1, v. 31). Fürwahr, diese Nrisiinha-Gayatri ist die Grundwesenheit der Götter und der Veden. Wer solches weiß, der ist grundwesen-haft. 4,3 Und die Götter sprachen zu Prajapati: Durch welche Sprüche muß der Gott gepriesen werden, damit er befriedigt wird und sein Wesen zu schauen gibt? das sage uns, o Erhabener! 1 Schwarze Ohren bedeuten sonst in der Regel Unglück. Wir haben also hier, als Gegenstück zum Euphemismus, einen Dysphemismus, welcher psychologisch nicht so leicht zu verstehen ist wie jener. (Analog ist es, wenn man als Ausdruck der Zärtlichkeit Schimpfworte gebraucht.)

Da sprach Prajapati': Om! ihm, der der erhabene Gott Nrisinha und der auch J Brahma ist, ihm sei Ehre, Ehre! „ „ Visnu „ „ „ „ „ „ „ Mahesvara „ „ „ „ „ „ „ Purusha „ „ „ „ „ „ „ Isvara „ „ „ „ „ „ „ Sarasvati „ ,, „ „ „ „ „ §1 i 19 5, ff 55 „ „ „ Gauri „ „ „ „ „ „ „ Prakriti ,, ,, „ „ " das Nichtwissen ist, ihm sei Ehre, Ehre! der Laut Om ist, ihm sei Ehre, Ehre! 770 Om! ihm, der der erhabene l die Veden mit Aingas und Sakhas Gott Nrisinha und der auch J ist, ihm sei Ehre, Ehre! die fiinf Feuer ist, ihm sei Ehre, Ehre! • „ die sieben Vyahritis ist, ihm sei Ehre, Ehre! die acht Welthüter ist, ihm sei Ehre, Ehre! • 55 die acht Vasus ist, ihm sei Ehre, Ehre! 99 die Rudras ist, ihm sei Ehre, Ehre! „ die Adityas ist, ihm sei Ehre, Ehre! 1 Die ganze folgende Formel ist gebildet nach Atharvasiras 2, oben S. 718. 2 Den fünf ersten sind die fünf folgenden als Gattinnen beigegeben, wie Weber treffend bemerkt, mit dem wir daher auch in avidya auflösen; der Scholiast freilich liest vidyd.

der Prana ist, ihm sei Ehre, Ehre Surya „ ,9 „ ,! 9, Soma „ 9, 9, der Jiva (Seele) ist, ihm sei Ehre! Ehre! die Viraj ist, ihm sei Ehre, Ehre! das Weltall ist, ihm sei Ehre, Ehre!

Und [weiter] sprach Prajapati zu ihnen: Mit diesen zweiund-dreißig Sprüchen sollt ihr immerfort den Gott preisen, damit er befriedigt wird und sein Wesen zu schauen gibt. Darum, wer mit diesen Sprüchen immerfort den Gott preist, der bekommt den Gott zu schauen und geht zur Unsterblichkeit ein, - und [so auch] geht zur Unsterblichkeit ein, wer solches weiß. So lautet die große Upanishad. Fünfte Upanishad Ist schon die Ersetzung des Denkens durch die Formel ein Zeichen der Dekadenz, so bedeutet es den letzten Schritt in dieser Richtung, wenn die Formel, wie hier gelehrt, kunstvoll niedergeschrieben und

als zauberkräftiges Amulett an Hals, Arm oder Haarlocke getragen wird; - und die Wehmut darüber, die geistigste und sublimste aller Religionen in dieser Weise zu Grabe gehen zu sehen, wird nicht gelindert durch die Erwägung, daß wir auf anderen Gebieten der religiösen und philosophischen Entwicklung ganz analoge Erscheinungen auftreten sehen. - In grellem Gegensatz zu diesen Symptomen der geistigen Schwäche stehen die maßlosen Verheißungen, in denen die zweite Hälfte des Abschnittes schwelgt: 5,1 Om! Es geschah, daß die Götter zu Prajapati sprachen: Erkläre uns, o Erhabener, den Kreis (das Diagramm), der da heißt der große Kreis; ihn, den als die allwunscherftillende Erlösungs-pforte die Yogins bezeichnen: - Und Prajapati sprach: Sechs Speichen, fürwahr, hat jener große Kreis Sudarsanam [der Diskus des Visnu; ursprünglich der "schön anzuschauen-de" Sonnendiskus]; darum hat auch er sechs Speichen, und hat sechs Flächen. Nämlich sechs sind der Jahreszeiten; den Jahreszeiten ist er entsprechend. In der Mitte ist die Nabe; denn in der Nabe sind die Speichen gegründet: Und umgeben ist dieses Ganze von der Maya; nicht aber berührt die Maya sein Selbst (atman); darum ist es von außen umgeben von der Maya. Weiter ist da ein Kreis mit acht Speichen und acht Flächen; denn acht Silben hat die Gayatri; der Gayatri ist er entspre¬chend. Darum ist er von außen umgeben von der Maya. Näm¬lich Feld für Feld tritt diese Maya [als äußere Umgebung des¬selben] auf. Weiter ist da ein Kreis mit zwölf Speichen und zwölf Flächen; denn zwölf Silben hat die Jagati; der Jagati ist er entsprechend. Von außen ist er umgeben von der Maya. Weiter ist da ein Kreis mit sechzehn Speichen und sech¬zehn Flächen; denn "aus sechzehn Teilen besteht der Purusha"

(Chand. 6,7,1, aber in anderem Sinne), Purusha aber ist diese 772 ganze Welt; und dem Purusha ist er entsprechend. Von außen ist er umgeben von der Maya. Weiter ist da ein Kreis mit zweiunddreißig Speichen und zweiunddreißig Flächen; denn zweiunddreißig Silben hat die Anushtubh; der Anushtubh ist er entsprechend. Von außen ist er umgeben von der Maya. Durch die Speichen wird dieser Sudarsana-Kreis gebildet; die Speichen, fürwahr, sind die Vedas; in Flächen läuft er rings herum die Flächen, fürwahr, sind die Lieder. 5,2 Dieser Kreis also ist der große Kreis Sudar§anam. In seiner Mitte, in der Nabe, steht das Rettungszeichen (ilrakam); die Silbe, welche den Narasinha bedeutet [nämlich Om], diese eine Silbe ist es. Auf den sechs Flächen steht das sechssilbige Sudarsanam ["ein sechssilbiger Sudardana-mantra", Schol.; welcher, wird nicht gesagt; vielleicht: om namad cakraya]. Auf den acht Flächen steht das achtsilbige Narayanam (wohl: om namo NdrayaOya]. Auf den zwölf Flächen steht das zwölfsilbige Vasudevam [vielleicht: om namo bhagavate Vczsudevaya]. Auf den sechzehn Flächen stehen die Erstlinge der Buchsta-ben [nach dem Scholiasten "die Anfangszeichen eines Buch-stabenspruches", mdtriha-mantrasya, d. h. wohl eines Spruches, dessen Zeilen oder Worte mit den vierzehn Vokalen a a i i u u ri ri li li e ai o au anfangen] nebst den Punkten [Anusvara und Visarga] als die sechzehn Teile. Auf den zweiunddreißig Flächen steht der zweiunddreißigsilbige, auf Narasinha bezügliche, in Anushtubh verfaßte Spruchkönigsang. Das ist der große Kreis, welcher die allwunscherfiillende Erlösungspforte ist und aus den Rics, den Yajus, den Samans, dem Brahman, der Unsterblichkeit besteht.

Im Osten von ihm thronen die Vasus, im Süden die Rudras, im Westen die Adityas, im Norden die Vi§ve devah, in der Nabe Brahma, Visnu und Mahesvara, an seinen Seiten Sonne und Mond.' Darüber ist der Vers (Rigv. 1,164,39): Des Hymnus Laut im höchsten Himmelsraum, Auf dem gestützt die Götter alle thronen, Wenn man den nicht kennt, wozu hilft der Hymnus dann? - Wir, die ihn kennen, haben uns versammelt hier. Weiß einer diesen großen Kreis, sei er auch ein Kind oder ein Jüngling, der ist groß, der ist Lehrer, der ist aller Mantras (vedischer Lieder und Sprüche) Unterweiser. Durch die Anush 1 Hiernach würde das ganze Mahacakra-Diagramm etwa folgendes Aus sehen haben:

Vis've devah Rudras

Bemerkenswert ist, daß die altvedischen Götter außerhalb des Kreises, im Bereiche der Maya liegen.

tubh [indem man sie weiß und hersagt] opfert man, durch die Anushtubh bringt man Lobpreis. Dieses [Diagramm], welches die bösen Geister vernichtet 774 und vor dem Tode errettet, soll man sich, nachdem man es vom Lehrer erhalten hat, an den Hals, oder den Arm, oder an die Haarlocke binden. Dieser Spruch hilft soviel, als hätte man die Erde mit ihren sieben Inseln als Daksina (Opferlohn) gegeben. - Darum wenn einer, an ihn glaubend, was es auch immer sei, spendet, das gilt als [genügende] Daksina. 5,3 Es begab sich, daß die Götter zu Prajapati sprachen: Erkläre uns, o Erhabener, den Lohn dieses in Anushtubh-Maß verfaßten, an Nrisinha gerichteten Spruchkönigs. - Und Prajapati sprach: Wer diesen an Nrisiinha gerichteten, in Anushtubh-Maß ver-faßten Spruchkönig allezeit studiert, der wird durch Agni ge-läutert', durch Vayu geläutert, durch Aditya geläutert, durch Soma geläutert, durch die Wahrheit geläutert, durch die Welt-räume geläutert, durch Brahman geläutert, durch Visnu geläu-tert, durch Rudra geläutert, durch die Veden geläutert, durch das All geläutert, - durch das All geläutert. 5,4. Wer diesen an Nrisiinha gerichteten, in Anushtubh-Maß ver-faßten Spruchkönig allezeit studiert, der kommt hinaus über das Übel, über den Tod, über Embryo-Mord, Brahmanen-Mord, Männer-Mord, allen Mord, über den Samsara, über das All, - über das All. 1 Dieselbe oder eine ähnliche Formel findet sich häufig in späteren Upanishaden. Vgl. Ramottaratap. Anhang, p. 381. Kaivalya, Schluß, p. 464. Atharvasiras 7. Maha 4, p. 96 (Jacob). Mudgala 4 (Telugudruck p. 529,14).

928 ATHARVAVEDA, VISNU-UPANISHADEN 5,5 Wer diesen an Nrisinha gerichteten, in Anushtubh-Maß ver-faßten Spruchkönig allezeit studiert, der bannt den Agni fest, 775 bannt den Vayu fest, bannt den Aditya fest, bannt den Soma fest, bannt das Wasser fest, bannt alle Götter fest, bannt alle bösen Geister fest, bannt das Gift fest, - bannt das Gift fest. 5,6 Wer diesen an Nrisiiiha gerichteten, in Anushtubh-Maß ver-faßten Spruchkönig allezeit studiert; der gewinnt die Welt bhur, gewinnt die Welt bhuvar, gewinnt die Welt svar, gewinnt die Welt mahar, gewinnt die Welt jana, gewinnt die Welt tapas, ge-winnt die Welt satyam, gewinnt die ganze Welt, - gewinnt die ganze Welt. 5,7 Wer diesen an Nrisinha gerichteten, in Anushtubh-Maß ver-faßten Spruchkönig allezeit studiert, der zaubert die Menschen herbei, zaubert die Götter herbei, zaubert die Schlangen her¬bei, zaubert die bösen Geister herbei, zaubert die Genien (yak-sha) herbei, zaubert alle herbei, - zaubert alle herbei. 5,8 Wer diesen an Nrisiinha gerichteten, in Anushtubh-Maß verfaßten Spruchkönig allezeit studiert, der bringt damit den Agnishtoma' dar, den Ukthya dar, den Shodasin dar, den Vaja-peya dar, den Atiratra dar, den Aptoryama dar, bringt damit alle Opfer dar, - alle Opfer dar. 1 Über diese Formen des eintägigen Somaopfers vgl. z. B. Ait. Br. 3,39 f. (oben S. 9).

Nrisinha Purva Tapaniya Upanishad


5,9 Wer diesen an Nrisinha gerichteten, in Anushtubh-Maß verfaßten Spruchkönig allezeit studiert, der studiert damit' die Ries, die Yajus, die Samans, den Atharvan, den Angiras, die Sakhas, die Purahas, die Kalpas (rituellen Sutras), die Singverse, die Mannpreisverse und den Pranava, wer aber den Pranava studiert, der studiert damit alles, - der studiert damit alles. 5,10 776 Hundert Nichteingeführte sind so viel wie ein Eingeführter [d. h. ein Brahmacarin]; hundert Eingeführte sind soviel wie ein Hausvater (Grihastha); hundert Hausväter sind soviel wie ein Waldeinsiedler (Vanaprastha); hundert Waldeinsiedler sind so¬viel wie ein Asket (Yati d. h. Sannyasin); ganze hundert Asketen sind soviel wie einer, der den Rudrajapa [wohl das Satarudri-yam oder die aus ihm entlehnte Nilarudropanishad] murmelt; hundert, die den Rudrajapa murmeln, sind soviel wie einer, der das Atharvasiras und die Atharvasikha studiert; und hundert, die das Atharva§iras und die Atharvasikha studieren, sind soviel wie einer, der den Mantraraja murmelt. Dieses, fürwahr, ist die höchste Stätte des, der den Mantrara-ja studiert, wo keine Sonne glüht, kein Wind weht, kein Mond scheint, keine Sterne leuchten, kein Feuer brennt, kein Tod eindringt, kein Schmerz aufkommt, das Wahrwonnige, Höchst-wonnige, Ewige, Ruhige, Stetsselige, von allem von Brahma an Verherrlichte, von den Yogins zu Überdenkende, wohin einge-hend die Yogins nicht wieder zurückkehren. Darüber ist der Vers: Und dieses Visnu höchsten Schritt Schaun allezeit die Opferherrn Als Auge, das am Himmel steht. 1 Zur folgenden Aufzählung vgl. Taitt. Ar. 2,10 (p. 240f.).

Und dieses Visnu höchsten Schritt Bewundernd, zünden Priester hier Wachsam das Opferfeuer an (R.igv. 1,22,20-21). Und dieses wird dem Begierdelosen zuteil, - dieses wird dem Begierdelosen zuteil, der solches weiß. So lautet die große Upanishad.