Yoga und Christentum
Es wird viel darüber diskutiert, ob Christen Yoga praktizieren dürfen. Aus der Sicht des Yoga ist es kein Problem, weil Yoga im Westen vorwiegend eine Körperübung ist. Innerhalb des Christentums gibt es verschiedene Meinungen.
Yoga besteht aus Körperübungen (Gymnastik), Meditation (Entspannung) und Gedankenarbeit (positives Denken). Für für die meisten Menschen im Westen ist Yoga ein Weg der Gesundheit, der Beweglichkeit und der Entspannung. Yoga kann als körperlicher und als spiritueller Weg praktiziert werden. Es kommt darauf an, mit welchem Ziel und wie intensiv man ihn praktiziert. Es gibt im Yoga viele verschiedene spirituelle Wege und Gottesvorstellungen. Nur einzelne Gruppen haben eine hinduistische Ausrichtung. Im Yoga darf grundsätzlich jeder seinen persönlichen Weg gehen. Christen dürfen ihren Glauben an Jesus behalten.
Im Christentum herrscht viel Unklarheit über den Weg der Erleuchtung. Ein wichtiger Vorwurf besteht darin, dass Yoga ein Selbsterlösungsweg ist und die Christen durch die Gnade Gottes erlöst werden. Auch zwischen Katholiken und Lutheranern ist es umstritten, in wieweit ein Christ spirituell üben sollte oder ob alles alleine durch die Gnade geschieht. Im Yoga wird der Schwerpunkt auf das spirituelle Üben gelegt. Andererseits kann man die Erleuchtung nicht erzwingen. Sie kommt letztlich von alleine, spontan, als Gnade.
Wikipedia Yoga: Auch wenn die Wurzeln im Hinduismus liegen, wird Yoga von Menschen unterschiedlicher Religionen und Weltanschauungen praktiziert. In den Yamas und Niyamas lassen sich einige Parallelen zu den Geboten des Christentums, Judentums und des Islams feststellen. Die Yoga-Philosophie Patanjalis unterscheidet sich durch eine theistische Orientierung von der indischen Samkhya-Lehre, in der der Glaube an einen Gott keine Rolle spielt. Im „modernen Yoga“ liegt der Schwerpunkt in der Praxis des Yoga. Unter Hinweis auf die positiven Auswirkungen der Übungspraxis betrachtet man Yoga als individuelle Bereicherung oder als Beitrag zur persönlichen Entwicklung, weitgehend unabhängig von religiösen oder weltanschaulichen Überzeugungen des Schülers.
Christliche Internetseiten zum Yoga
www.kath.ch: “Immer mehr Christen entdecken Yoga und andere fernöstliche Besinnungstechniken für sich. Die katholischen Bildungshäuser sind schon längst auf diesen Trend aufgesprungen und bieten die verschiedensten Kurse dazu an. Sie sehen in der Praxis des Yogas keinen Widerspruch zur christlichen Lehre. Yoga würde sich nicht nur positiv auf Körper und Geist auswirken, sondern auch neue Zugänge zur christlichen Spiritualität ermöglichen. Zu einer gemässigt-kritischen Einstellung gegenüber Yoga ruft die EKD, die Evangelische Kirche Deutschland, in einer umfangreichen Stellungnahme zum Verhältnis von Christentum und Yoga auf: Radikale Ablehnung sei genauso falsch wie eine undifferenzierte Bejahung.”
katholischen Kirchengemeinde St. Michael in Stuttgart-Sillenbuch: “Yoga ist ein jahrjausende altes System körperlicher und geistiger Übungen, das den ganzen Menschen anspricht in seiner Einheit von Körper und Geist. Yoga ist eine Erfahrungsmethode und zählt zum Kulturerbe der Menschheit unabhängig vom jeweiligen Kulturkreis. Yoga verträgt sehr wohl mit christlicher Meditation. Yogaübungen werden in St Michael seit mehr als 25 Jahren sehr erfolgreich angeboten.”
Diskussion
(Jesus.de, Foren: Yoga – unchristlich?, 2012)
Caro: Die meisten hier im Forum teilen mit mir die Meinung/den Glauben,daß Jesus die einzige Person ist, in der Gott in seiner ganzen Fülle wohnt.
Yogi Nils: Es gibt viele verschiedene Ansichten unter den Christen. Wir sollten offen darüber diskutieren und einen guten Weg des konstruktiven Miteinanders finden. Für mich ist Gott eine höhere Bewusstseinsdimension im Kosmos, die sich in vielen Religionen und Menschen ausdrücken kann. Jeder Erleuchtete ist ein Sohn oder eine Tochter Gottes, weil er oder sie das Gottesbewusstsein verkörpert. Es gibt viele Wege zur Erleuchtung. Jesus verkörpert für mich den Weg der umfassenden Liebe.
Caro: Ich glaube auch, daß wir einen Weg der Verständigung finden. Und ich denke nicht, daß wir dazu genau das Gleiche glauben müssen, sondern daß wir uns mit Respekt und Freundlichkeit begegnen können. Ich denke Jesus ist mehr als ein Erleuchteter. Es ist gut, wenn wir nicht versuchen uns gegenseitig zu “überzeugen”.
Yogi Nils: Die Essenz des Christentums ist der Doppelweg aus Liebe zu Gott und zu allen Wesen (zum Nächsten). Ein christlicher Yoga basiert auf diesen beiden Grundsätzen. Meine beiden zentralen Übungen sind deshalb das Lichtsenden (Ich sende Licht zu …) und das Anrufen (Om alle erleuchteten Meister. Om innere Weisheit). In meinen Gruppen machen Atheisten, Christen und Menschen anderer Glaubensrichtungen gemeinsam Yoga. Ich habe die Mantras deshalb so formuliert, dass sie für alle Menschen akzeptabel sind. Jeder Übende kann sie aber auch für sich persönlich umformulieren. Durch die Anrufung der erleuchteten Meister verbinden wir uns mit der Erleuchtungsenergie (atheistisch: dem Glück und der Weisheit in uns, christlich: dem Heiligen Geist). In dem wir allen Wesen Licht senden, aktivieren wir die Liebe in uns und gelangen in die Bewusstseinsdimension der Einheit (atheistisch: zur inneren Harmonie, christlich: in ein Leben in Gott). Christen können die Mantras für sich passend umformulieren. Zum Beispiel können sie statt “Ich sende Licht zu…” sagen: “Ich bete für ….”. Statt “Om alle erleuchteten Meister” kann es einfach heißen “Jesus Christus” oder “Lieber Gott”. Ein Christ stellt Gott in den Mittelpunkt seines Glauben. Ein Buddhist konzentriert sich auf Buddha und ein Hindu auf seinen persönlichen Gott (Shiva, Vishnu, Göttin) oder auf das Erleuchtungsbewusstsein (die Einheitsdimension, Brahman, das Licht). Ein Atheist kann an sich selbst oder seine eigene Weisheit glauben. Im westlichen Yoga darf jeder seinen persönlichen Glauben haben. Der westliche Yoga ist pluralistisch, vielfältig und gesundheitsorientiert.
Suzie die Pilgerin: Christen brauchen keinen erleuchteten Meister. Jesus Christus genügt und die, die das Evangelium verkünden und die Bibel auslegen.
Yogi Nils: Und genau hier fangen die Schwierigkeiten an. Wer legt die Bibel richtig aus? Ganz offensichtlich gibt es viele verschiedene Möglichkeiten die Worte der Bibel zu verstehen. Ich erinnere nur an die Bergpredigt von Jesus. Viele Deutungsmöglichkeiten werden von den Christen gegeben. Wer hat Recht? Ich behaupte: Wer nicht erleuchtet ist, kann die Bibel in der Tiefe nicht erfassen. Wer nicht selbst heilig ist, liest immer eine Anleitung zur Stärkung seines eigenen Egos aus der Bibel heraus. Die Bibel ist von der Erfahrung Gottes her zu verstehen. Auch die Christen brauchen erleuchtete Meister (verwirklichte Heilige), die ihnen bei der Auslegung der Bibel und auf dem Weg des spirituellen Übens helfen. Ich habe persönlich erfahren, dass erst mein Erleuchtungserlebnis mir die Augen zum tieferen Verständnis der heiligen Schriften geöffnet hat. Ich sehe deutlich, wie fehlgeleitet viele Christen mit den Texten der Bibel umgehen. Jesus Christus genügt offensichtlich oft nicht. Nur ein Heiliger lebt wirklich in Gott und kann deshalb Gott seinen Mitmenschen authentisch vermitteln. Deswegen sagte man von Jesus, dass er aus eigener Kraft zu den Menschen spricht. Deswegen konnte Christus den Heiligen Geist zu Pfingsten auf seine Jünger übertragen (Energieübertragung durch einen Erleuchteten). Er öffnete ihr Scheitelchakra, so dass sie Feuerzungen auf ihren Köpfen spürten und alle Menschen ihre spirituellen Worte verstanden. Ich halte mich an den Heiligen Antonius und die christlichen Wüstenväter. Sie lehrten, dass jeder intensiv Übende einen erleuchteten Meister braucht. Sie nannten diesen Meister Wüstenvater oder Wüstenmutter. Viele erleuchtete Aussprüche sind von diesen christlichen Heiligen übermittelt. Auch Jesus selbst hatte einen erleuchteten Meister, Johannes den Täufer, der ihm bei der Taufe den Heiligen Geist übertrug. Nur scheinbar kam der Geist Gottes als Taube vom Himmel zu Jesus geflogen. In Wirklichkeit hat Johannes das Scheitelchakra von Jesus geöffnet, so dass er anschließend 40 Tage und Nächte in der Wüste meditieren konnte. Jesus gab dann seine Erleuchtungsenergie zu Pfingsten an sein Jünger weiter. Nur die heutigen Christen meinen, dass sie keinen erleuchteten Meister brauchen. Sie taufen mit Wasser und nicht mit Erleuchtungsenergie.
Salomon: Jeder ist sich selber sein eigener Meister.
Yogi Nils: Der Weg der Erleuchtung ist nicht leicht zu begreifen, weil Gott ein Mysterium ist. Ich bin mit dir der Meinung, dass jeder Mensch sich in seiner eigenen Weisheit (Wahrheit, Richtigkeit) zentrieren sollte. Aber für den Durchbruch zur Erleuchtung brauchen wir grundsätzlich einen Menschen, der den Weg schon kennt. Ohne einen guten Führer ist es schwer den schmalen Pfad durch den Dschungel der Gefühle zum Berg Gottes zu finden. Viele Menschen haben sich auf dem spirituellen Weg schon verlaufen. Und sehr offensichtlich auch viele Christen. Ich verweise auf die vielen aktuellen Debatten über das unheilige Verhalten christlicher Würdenträger. Der Heilige Geist als alleiniger Führer scheint bei den meisten Christen nicht auszureichen.
Cream: Diese sogenannten “Erleuchteten” sind in aller Regel Bauernfänger und Scharlatane, die nur ein Ziel kennen, nämlich die eigene finanzielle Lage zu verbessern.
Yogi Nils: Es gibt auch falsche Heilige, die vorwiegend den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Im Yoga arbeiten wir deshalb oft zum Selbstkostenpreis oder kostenlos. Etwas Geld auf dem spirituellen Weg zu verdienen ist okay. Auch ein Heiliger muss von irgendetwas leben. Er sollte aber die Spiritualität und die Liebe zum Zentrum seines Lebens machen. Wenn du die Worte “in aller Regel” verwendest, bedeutet das, dass es auch echte Erleuchtete gibt. Und so ist es. Ein spiritueller Mensch, der gut in Kontakt mit seiner eigenen Wahrheit und Liebe ist, wird nicht auf falsche Heilige hereinfallen, sondern sich vom Echten angezogen fühlen.
Dana: Den wesentlichen Unterschied zwischen der christlichen Erleuchtung und der Führung durch erleuchtete Meister anderer Religionen sehe ich darin, dass die christliche Form der Erleuchtung durch den Schmerz und die Akzeptanz des Schmerzes geht, während bei anderen Arten von Erleuchtungen der Schmerz abgetrennt wird.
Yogi Nils: Es gibt nur einen Gott, eine höchste Wahrheit, eine Erleuchtung, ein kosmisches Bewusstein. Aber es gibt viele Erleuchtungsstufen, viele Wege zur Erleuchtung und viele unterschiedliche Erleuchtungserfahrungen auf dem Weg. Ein Mensch kann Gott als Person verehren, zu Jesus beten, Buddha visualisieren oder einfach nur meditieren, in der Ruhe verweilen, Yoga machen. Oder er kann den Weg der umfassenden Liebe gehen und für eine glückliche Welt und die Erleuchtung aller Menschen arbeiten. Jede echte Erleuchtung geht durch den Schmerz und die Akzeptanz des Schmerzes hindurch. Positives Denken, das das Leid auf der Welt verdrängt, führt nicht zur Erleuchtung. Erleuchtung bedeutet Trauerarbeit, Emotionsarbeit, Annehmen der Gegebenheiten, Loslassen des Eigenwillens, Nichtswerdung und Einswerdung mit allem. Die Erleuchtungserfahrung besteht in der Essenz aus Leere und Einheit. Man spürt Trauer, Liebe, Glück, Frieden und Einheit gleichzeitig in sich. Das Bewusstsein der Leidhaftigkeit der Welt bleibt vorhanden, aber das innere Glück und die Liebe dominieren. Die Erleuchtungsenergie beginnt gerade dadurch zu fließen, dass man sich in das Zentrum des Leidens hineinopfert (sein Ego kreuzigt, das Wurzelchakra öffnet). Der Mensch muss von allen weltlichen Wünschen leer werden, damit das Licht Gottes (der Heilige Geist) in ihm wohnen kann. Er muss allen Schmerz und alles Leid annehmen, integrieren und transzendieren. Nach Buddha besteht der Weg der Erleuchtung aus dem Loslassen der weltlichen Wünsche (Suchtüberwindung), dem Annehmen des Leidens (Angstüberwindung) und der Zentrierung in Gott (im Nirvana, in der Weisheit, in der Spiritualität).
Frage: Ist Yoga ein Weg der Selbsterlösung?
Yogi Nils: Im Christentum herrscht viel Unklarheit über den Weg der Erleuchtung. Ein wichtiger Vorwurf besteht darin, dass die Esoteriker sich selbst erlösen wollen und die Christen durch die Gnade Gottes erlöst werden. Auch zwischen Katholiken und Lutheranern ist es umstritten, in wieweit ein Christ spirituell üben sollte oder ob alles alleine durch die Gnade geschieht. Im Yoga legen wir den Schwerpunkt auf das spirituelle Üben. Andererseits sagen auch die Yoga-Meister, dass man die Erleuchtung nicht erzwingen kann. Sie kommt letztlich von alleine, spontan, als Gnade.
Pfarrer: Ist Gott heilig, so konnte im Alten Testament auch sein Volk Israel als heilig (2.Mose 19,6) und konnten seine Angehörigen als Heilige (Psalm 4,4; 16,10 u.v.a.m.) bezeichnet werden. „Heilig“ bedeutet hier: dem heiligen Gott zugehörig, von ihm auserwählt, mit ihm verbunden und von ihm gesegnet. Dementsprechend wird das Volk aufgefordert, sich seinerseits zu „heiligen,“ womit auch rituelle Heiligung, vor allem aber ein Leben in Recht und Gerechtigkeit nach Gottes Gesetz gemeint ist.
Der Mensch kann Gott nur be-greifen, indem er von ihm er-griffen wird. Diese spirituelle Erfahrung Gottes ist Wurzel und Kraftquelle des Glaubens. Alles theologische Denken kann diese Erfahrung letztlich nur beschreiben und deuten und alle Ethik nur die lebenspraktischen Konsequenzen aus ihr ziehen. Beides sind folgerichtige, notwendige, aber in Bezug auf die erlebte Gotteserfahrung sekundäre Schritte.
Formen und Wege spirituellen Erlebens gab und gibt es unendlich viele. Wo sich die Kirche allzu sehr in äußerliche Dinge und weltliche Machenschaften verstrickte, suchten Mystiker in der Hinwendung nach innen das Einswerden mit Gott in Kontemplation und Meditation. Wo sich in der evangelischen Kirche die Glaubensverkündigung allzu einseitig auf das gesprochene Wort konzentrierte, entwickelte sich in ihr der ungemein reiche Schatz der Kirchenmusik, die unmittelbar das menschliche Herz anspricht. Heute ist es oft die Gospelmusik, die mit ihrer faszinierenden Lebendigkeit für viele zum emotionalen und religiösen Erlebnis wird.
Bei allem gilt jedoch: wenn Gott das Subjekt aller Erleuchtung und Gotteserfahrung ist, dann ist diese vom Menschen nicht planbar und „machbar.“ Menschen und auch Kirchen und religiöse Gemeinschaften können dazu nichts anderes tun als Vorbereitungen treffen, Erlebnisräume schaffen und für das, was in ihnen geschieht, bereit und offen sein. Aber sie tun es unter der Verheißung Gottes, daß er sich zu erkennen geben will und wird.
Yogi Nils: Vielen Dank lieber Pfarrer, dass du dir die Mühe gemacht hast, so eine lange Antwort auf meine Frage zu schreiben. Ich sehe, dass wir uns in wesentlichen Punkten einig sind. Erleuchtung und Heiligkeit sind zwei verschiedene Begriffe für denselben Sachverhalt. Erleuchtung ist nicht machbar. Sie kommt aus Gnade. Aber ein Mensch kann viel dafür tun, dass Gott als Gnade zu ihm kommen kann. Er kann beten, meditieren, in den heiligen Schriften lesen, als Yogi oder als Pfarrer leben. Er kann sich von weltlichen Dingen leer machen, so dass der Heilige Geist in ihm Platz finden kann.
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