Brahma Sutra: Unterschied zwischen den Versionen

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==Form der Brahma Sutras, Shankaras Kommentar==
==Form der Brahma Sutras, Shankaras Kommentar==
Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
Nach diesen Andeutungen, welche bei einer erst in [[Zukunft]] möglichen Bestimmung der Abfassungszeit unseres Werks von Nutzen sein können, wenden wir uns zur Betrachtung seiner [[Form]], welche eine sehr wunderliche ist. Dasselbe ist, wie auch die Grundwerke der übrigen philosophischen Systeme [[Indien]]s abgefasst in einer Reihe von [[Sutra]]s, welches [[Wort]] „Faden" (von "siv" = lat. "suere") bedeutet und hier wohl am einfachsten verstanden wird als die beim Weben ausgespannte Kette der Fäden, welche den Grund des Gewebes bildet, zu diesem aber erst durch die Einführung des Einschlages wird. Ebenso wie die Satras zu einem zusammenhängenden Ganzen erst durch die in mündlichem oder schriftlichem Vortrage sie durchschlingenden Erklärungen. Denn ohne diese sind die 555 meist aus zwei his drei Worten bestehenden [[Sutra]]s, in denen unser Autor das ganze Vedantasystem darlegt, schlechterdings unverständlich, zumal dieselben nicht sowohl die Schlagworte des Systems enthalten, als vielmehr Stichworte, zum Anhalte für das [[Gedächtnis]], welche selten das Hauptsächliche, häufig etwas ganz Nebensächliches hervorheben, vielfach auch eine ganz allgemeine, nichtssagende [[Form]] haben, die auf die verschiedensten Umstände passt und dem Ausleger alles überlässt. Daher kehrt auch oft dasselbe Sutram wieder; so z. B. Smritesh Ca 1,2,6. 4,33,11; Crutesh Ca 3,4,4. 3,4,46; Darshayati Ca 3,3,4. 3,3,22; Sva Paksha Doshac Ca 2,1,10. 2,1,29; Ubhayatha Ca Doshat 2,2,16. 2,2,23; Darshanac Ca 3,1,20. 3,2,21. 3,3,48. 3,3,66. 4,3,13, also fünf Mal, und zwar, wenn wir dem Kommentator glauben sollen, wie wir es wohl müssen, in verschiedener [[Bedeutung]], indem Darshanac Ca in der Regel (3,2,21. 4,3,13 vgl. 1,3,30) bedeutet : „weil die Schrift es lehrt", hingegen 3,1,20. 2,2,15 und 4,2,1: „weil die Erfahrung es zeigt" und 3,3,48: „weil man es (aus den Merkmalen) ersieht".
Nach diesen Andeutungen, welche bei einer erst in [[Zukunft]] möglichen Bestimmung der Abfassungszeit unseres Werks von Nutzen sein können, wenden wir uns zur Betrachtung seiner [[Form]], welche eine sehr wunderliche ist. Dasselbe ist, wie auch die Grundwerke der übrigen philosophischen Systeme [[Indien]]s abgefasst in einer Reihe von [[Sutra]]s, welches [[Wort]] „Faden" (von "siv" = lat. "suere") bedeutet und hier wohl am einfachsten verstanden wird als die beim Weben ausgespannte Kette der Fäden, welche den Grund des Gewebes bildet, zu diesem aber erst durch die Einführung des Einschlages wird. Ebenso wie die Satras zu einem zusammenhängenden Ganzen erst durch die in mündlichem oder schriftlichem Vortrage sie durchschlingenden Erklärungen. Denn ohne diese sind die 555 meist aus zwei his drei Worten bestehenden [[Sutra]]s, in denen unser Autor das ganze Vedantasystem darlegt, schlechterdings unverständlich, zumal dieselben nicht sowohl die Schlagworte des Systems enthalten, als vielmehr Stichworte, zum Anhalte für das [[Gedächtnis]], welche selten das Hauptsächliche, häufig etwas ganz Nebensächliches hervorheben, vielfach auch eine ganz allgemeine, nichtssagende [[Form]] haben, die auf die verschiedensten Umstände passt und dem Ausleger alles überlässt. Daher kehrt auch oft dasselbe Sutram wieder; so z. B. Smritesh Ca 1,2,6. 4,33,11; Crutesh Ca 3,4,4. 3,4,46; Darshayati Ca 3,3,4. 3,3,22; Sva Paksha Doshac Ca 2,1,10. 2,1,29; Ubhayatha Ca Doshat 2,2,16. 2,2,23; Darshanac Ca 3,1,20. 3,2,21. 3,3,48. 3,3,66. 4,3,13, also fünf Mal, und zwar, wenn wir dem Kommentator glauben sollen, wie wir es wohl müssen, in verschiedener [[Bedeutung]], indem Darshanac Ca in der Regel (3,2,21. 4,3,13 vgl. 1,3,30) bedeutet : „weil die Schrift es lehrt", hingegen 3,1,20. 2,2,15 und 4,2,1: „weil die Erfahrung es zeigt" und 3,3,48: „weil man es (aus den Merkmalen) ersieht".
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Ebenso haben wir zweimal das Sutram Gaunyasambhavat (2,3,3. 2,4,2, und zwar, wie Shankara selbst hervorhebt (p. 706,9), in ganz entgegengesetztem Sinne. So heißt Anumanam gewöhnlich "die [[Smriti]]" (z. B. 1,33,28. 3,2,24. 4,4,20), dann aber auch zur Abwechslung ist es Synonym von Pradhanam (Urmaterie der Sankhyas) in 1,3,3; so bedeutet Itara 1,1,16. 2,1,21 die individuelle, aber 2,3,21 die höchste [[Seele]] und wiederum 4,1,14 „das gute Werk"; und Prakaranat heißt 1,2,10 und 1,3,6 „weil davon die Redo ist", hingegen 4,4,17 „weil er damit betraut ist". Hierzu kommt eine absonderliche Neigung zu seltsamen Wörtern und Wendungen, wobei häufig ein anderes [[Wort]] gewählt wird, als es die zur Besprechung herangezogene und mitunter allein durch das betreffende Wort indizierte Upanishadstelle bietet; so 1,1,24 Carana statt Pada (Chand. 3,12,6); 1,3,1 Sva statt Atman, Bhu statt Prithivi (Mund. 2,2,5); 1,3,2 Upa Sarp statt Ipai (Mund. 3,2,8); 1,3,10 Ambara statt [[Akasha]] (Brih. 3,8,7); 1,3,39 Kampana statt Ejati (Kath. 6,2); 1,4,24 Abhidhya statt Akamayata (Taitt. 2,6), Aikshata (Chand. 6,2,3); 4,2,4 Upayama statt Abhisamayanti (Brih. 4,3,38); 4,3,2 Abda statt Samvatsara (Chand. 5,10,2); 4,3,3 Tadit statt Vidyut (Chand. 5,10,2) usw.
Ebenso haben wir zweimal das Sutram Gaunyasambhavat (2,3,3. 2,4,2, und zwar, wie Shankara selbst hervorhebt (p. 706,9), in ganz entgegengesetztem Sinne. So heißt Anumanam gewöhnlich "die [[Smriti]]" (z. B. 1,33,28. 3,2,24. 4,4,20), dann aber auch zur Abwechslung ist es Synonym von Pradhanam (Urmaterie der Sankhyas) in 1,3,3; so bedeutet Itara 1,1,16. 2,1,21 die individuelle, aber 2,3,21 die höchste [[Seele]] und wiederum 4,1,14 „das gute Werk"; und Prakaranat heißt 1,2,10 und 1,3,6 „weil davon die Redo ist", hingegen 4,4,17 „weil er damit betraut ist". Hierzu kommt eine absonderliche Neigung zu seltsamen Wörtern und Wendungen, wobei häufig ein anderes [[Wort]] gewählt wird, als es die zur Besprechung herangezogene und mitunter allein durch das betreffende Wort indizierte Upanishadstelle bietet; so 1,1,24 Carana statt Pada (Chand. 3,12,6); 1,3,1 Sva statt Atman, Bhu statt Prithivi (Mund. 2,2,5); 1,3,2 Upa Sarp statt Ipai (Mund. 3,2,8); 1,3,10 Ambara statt [[Akasha]] (Brih. 3,8,7); 1,3,39 Kampana statt Ejati (Kath. 6,2); 1,4,24 Abhidhya statt Akamayata (Taitt. 2,6), Aikshata (Chand. 6,2,3); 4,2,4 Upayama statt Abhisamayanti (Brih. 4,3,38); 4,3,2 Abda statt Samvatsara (Chand. 5,10,2); 4,3,3 Tadit statt Vidyut (Chand. 5,10,2) usw.


Dieser Tatbestand der Brahma Sutras lässt sich weder aus dem Streben nach Kürze, noch aus einer Vorliebe für charakteristische Ausdrucksweise hinlänglich erklären. Vielmehr müssen wir annehmen, dass der oder die Verfasser absichtlich das Dunkle suchten, um ihr die Geheimlehre des Veda behandelndes Werk allen denen unzugänglich zu machen, welchen es nicht durch die Erklärungen eines Lehrers erschlossen wurde. Aus solchen, dieser Absicht gemäß ursprünglich wohl nur mündlichen Erklärungen mochten sich dann mit der [[Zeit]] die geschriebenen Kommentare über unser Werk entwickeln, welche Colebrooke (Misc. Ess., p. 332. 334) aufzählt, und von denen uns für jetzt nur der des Shankara zugänglich ist. Wir müssen daher dennoch darauf verzichten, Badarayanas Lehre und Shankaras Auslegung derselben auseinander zu halten, so dass unsere Darstellung streng genommen nur eine solche des Vedantasystems vom Standpunkte des Shankara aus ist. Übrigens befindet sich derselbe nirgendwo mit den Sutras in Widerspruch (es wäre denn 1,1,19, worüber wir Kapitel IX, 5 handeln werden, und etwa noch p. 870,5, wo âdlnanâya durch samllagdarfana-arfham erklärt wird, und p. 908,12, wo der Ausleger dem ubhayatkâ ein itbliayatkâ-zibkâgena substituiert), wohl aber liegt 3.1,13 p. 764,3 der merkwürdige Fall vor, dass bei Besprechung von Kath. 2,6 Shankara die Worte „Punah Punar Vasham Apadyate Me" mit Badarayana unrichtigerweise auf Höllenstrafen bezieht, während er dieselben Worte in seinem Kommentare zu Kath. 2,6 p. 96,1-1 richtig von einem wiederholten Geboren-Werden und Sterben versteht.  
Dieser Tatbestand der Brahma Sutras lässt sich weder aus dem Streben nach Kürze, noch aus einer Vorliebe für charakteristische Ausdrucksweise hinlänglich erklären. Vielmehr müssen wir annehmen, dass der oder die Verfasser absichtlich das Dunkle suchten, um ihr die Geheimlehre des Veda behandelndes Werk allen denen unzugänglich zu machen, welchen es nicht durch die Erklärungen eines Lehrers erschlossen wurde. Aus solchen, dieser Absicht gemäß ursprünglich wohl nur mündlichen Erklärungen mochten sich dann mit der [[Zeit]] die geschriebenen Kommentare über unser Werk entwickeln, welche Colebrooke (Misc. Ess., p. 332. 334) aufzählt, und von denen uns für jetzt nur der des Shankara zugänglich ist. Wir müssen daher dennoch darauf verzichten, Badarayanas Lehre und Shankaras Auslegung derselben auseinander zu halten, so dass unsere Darstellung streng genommen nur eine solche des Vedantasystems vom Standpunkte des Shankara aus ist. Übrigens befindet sich derselbe nirgendwo mit den Sutras in Widerspruch (es wäre denn 1,1,19, worüber wir Kapitel IX, 5 handeln werden, und etwa noch p. 870,5, wo âdlnanâya durch samllagdarfana-arfham erklärt wird, und p. 908,12, wo der Ausleger dem ubhayatkâ ein itbliayatkâ-zibkâgena substituiert), wohl aber liegt 3.1,13 p. 764,3 der merkwürdige Fall vor, dass bei Besprechung von Kath. 2,6 Shankara die Worte „Punah Punar Vasham Apadyate Me" mit Badarayana unrichtigerweise auf Höllenstrafen bezieht, während er dieselben Worte in seinem Kommentare zu Kath. 2,6 p. 96,1-1 richtig von einem wiederholten Geboren-Werden und Sterben versteht.  
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Hin und wieder ist seine Erklärung eines Sutram zweifelnd (z. 13. 2,4,1.2. 3,2,33), an folgenden Stellen gibt er (oder geben die verschiedenen Überarbeiter) eine doppelte Erklärung: 1,1,12-19. 1,1,31. 1,3,27. 1,4, 3. 2,2,39-40. 2,4,5-6. 3,1.7. 3,2,22. 3,2,33. 3,3,16-17. 3,3,26. 3,3,35. 3,3,64; zu 1,1,23 bekämpft er (p. 141,7 fg.) die Beziehung des Sutram auf Brih. 4,4,18 Chand. 6,8,2 statt auf Chand. 1,10,9; zu 1,4.26 merkt er an, dass es manche als zwei Sutras behandeln; zu 1,2,26 und 2.1,15 bespricht er eine Varia Lectio des Sutram, zu 2,4,2. 3,3,38 und 3,3,57 eine andere Auffassung desselben: 3,2,11-21 betrachtet er als zu-sammengehörig und verwirft, unter sehr eingehenden Erör-terungen, die Meinung derer, welche daraus zwei Abschnitte (Adhikarana), nämlich 11-14 und 15-21 machen; noch merkwürdiger und auf tiefgehende prinzipielle Differenzen der Ausleger hindeutend ist es, wenn Shankara p. 1124,9 die Meinung anderer erwähnt und weiterhin ausführlich widerlegt, welche den Siddhanta (die endgültige Meinung) nicht in der Anschauung des Badarayana 4,3,7-1l, sondern in der hinterher folgenden des Jaimini 4,3,12-14 ausgesprochen finden wollen, was vorauszusetzen scheint, dass für sie Badarayana nicht als letzter Autor des Werkes galt, und zu den oben (S. 25) erwähnten Bezeichnungen der Karma Mimansa als Teil des eigenen Werkes und des Autors als Vyasa stimmen würde.
Hin und wieder ist seine Erklärung eines Sutram zweifelnd (z. 13. 2,4,1.2. 3,2,33), an folgenden Stellen gibt er (oder geben die verschiedenen Überarbeiter) eine doppelte Erklärung: 1,1,12-19. 1,1,31. 1,3,27. 1,4, 3. 2,2,39-40. 2,4,5-6. 3,1.7. 3,2,22. 3,2,33. 3,3,16-17. 3,3,26. 3,3,35. 3,3,64; zu 1,1,23 bekämpft er (p. 141,7 fg.) die Beziehung des Sutram auf Brih. 4,4,18 Chand. 6,8,2 statt auf Chand. 1,10,9; zu 1,4.26 merkt er an, dass es manche als zwei Sutras behandeln; zu 1,2,26 und 2.1,15 bespricht er eine Varia Lectio des Sutram, zu 2,4,2. 3,3,38 und 3,3,57 eine andere Auffassung desselben: 3,2,11-21 betrachtet er als zu-sammengehörig und verwirft, unter sehr eingehenden Erör-terungen, die Meinung derer, welche daraus zwei Abschnitte (Adhikarana), nämlich 11-14 und 15-21 machen; noch merkwürdiger und auf tiefgehende prinzipielle Differenzen der Ausleger hindeutend ist es, wenn Shankara p. 1124,9 die Meinung anderer erwähnt und weiterhin ausführlich widerlegt, welche den Siddhanta (die endgültige Meinung) nicht in der Anschauung des Badarayana 4,3,7-1l, sondern in der hinterher folgenden des Jaimini 4,3,12-14 ausgesprochen finden wollen, was vorauszusetzen scheint, dass für sie Badarayana nicht als letzter Autor des Werkes galt, und zu den oben (S. 25) erwähnten Bezeichnungen der Karma Mimansa als Teil des eigenen Werkes und des Autors als Vyasa stimmen würde.


Der Kommentar des Shankara hat, wie wir anzunehmen Grund haben, mehrfache Interpolationen erlitten, namentlich im ersten Teile, wo dieselben gewöhnlich durch ein Apara'aha angefügt werden. Eine Verfolgung dieses Themas würde zu weit führen, daher wir hier nur kurz die Stellen namhaft machen, in denen wir Zusätze von fremder [[Hand]] zu erkennen glauben: 1) p. 122,9-129,5, worüber wir Kap. IX, 5 handeln werden; 2) p. 141,7-1.142,3 scheint polemischer Zusatz eines andern zu sein, vgl. p. 138,12; 3) p. 150,10-151,5, ohne Zweifel eine Interpolation; 4) p. 153,5-154,2 wiederholt ein „Apara", der daran Anstoß nahm, dass [[Brahman]] im Himmel, statt jenseits des Himmels sei, Shankaras Worte, indem er sie dabei verbessert; 5) p. 163,11 folgt mit den Worten: „Athava — Asya Ayam Anyo Rthah" eine ganz andere Erklärung des Sutram, möglicherweise von fremder [[Hand]]; 6) p. 184,1-185,17: ein „Apara" bestreitet die vorher gemachte Anwendung des Verses Mund. 3,1,1 und erklärt ihn mit Berufung auf das Paingi Rahasya Brahmanam in anderem Sinne; hierbei zitiert er Brih. 4,5,15 nach den Madhyandinas, während Shankara diese Stelle gewöhnlich nach den Kanyas (oder an ihrer Statt 2,4,14 Madhy.) zu zitieren pflegt, p. 111,4. 199,12. 393,3. Das Motiv dieser Ausführung scheint aus p. 232,12 entnommen zu sein; 3,3,34 wird sie ebenso ignoriert, wie der Zusatz p. 122,9-129,5 in 3,3,11-13; 7) p. 228,2-6 offenbar Zusatz eines Interpolators, nach welchem die Brücke „Setu" in Mund. 2,2,5 die [[Erkenntnis]] des [[Brahman]] und nicht das Brahman selbst ist, auf welches doch der Ausdruck vorher, p. 227,10, und ebenso wieder später, p. 834,11, bezogen wird, p. 247,3 (wohl nur bis 247,7) behauptet ein „Apara", der Jivaghana sei nicht der Jiva, wie vorher erklärt wird, sondern Brahmaloka. Auf einer Fusion beider Ansichten scheint die Auffassung des Jivaghana als Hiranyagarbha im Kommentar zu Prashna 5,5 zu beruhen.
Der Kommentar des Shankara hat, wie wir anzunehmen Grund haben, mehrfache Interpolationen erlitten, namentlich im ersten Teile, wo dieselben gewöhnlich durch ein Apara'aha angefügt werden. Eine Verfolgung dieses Themas würde zu weit führen, daher wir hier nur kurz die Stellen namhaft machen, in denen wir Zusätze von fremder [[Hand]] zu erkennen glauben: 1) p. 122,9-129,5, worüber wir Kap. IX, 5 handeln werden; 2) p. 141,7-1.142,3 scheint polemischer Zusatz eines andern zu sein, vgl. p. 138,12; 3) p. 150,10-151,5, ohne Zweifel eine Interpolation; 4) p. 153,5-154,2 wiederholt ein „Apara", der daran Anstoß nahm, dass [[Brahman]] im Himmel, statt jenseits des Himmels sei, Shankaras Worte, indem er sie dabei verbessert; 5) p. 163,11 folgt mit den Worten: „Athava — Asya Ayam Anyo Rthah" eine ganz andere Erklärung des Sutram, möglicherweise von fremder [[Hand]]; 6) p. 184,1-185,17: ein „Apara" bestreitet die vorher gemachte Anwendung des Verses Mund. 3,1,1 und erklärt ihn mit Berufung auf das Paingi Rahasya Brahmanam in anderem Sinne; hierbei zitiert er Brih. 4,5,15 nach den Madhyandinas, während Shankara diese Stelle gewöhnlich nach den Kanyas (oder an ihrer Statt 2,4,14 Madhy.) zu zitieren pflegt, p. 111,4. 199,12. 393,3. Das Motiv dieser Ausführung scheint aus p. 232,12 entnommen zu sein; 3,3,34 wird sie ebenso ignoriert, wie der Zusatz p. 122,9-129,5 in 3,3,11-13; 7) p. 228,2-6 offenbar Zusatz eines Interpolators, nach welchem die Brücke „Setu" in Mund. 2,2,5 die [[Erkenntnis]] des [[Brahman]] und nicht das Brahman selbst ist, auf welches doch der Ausdruck vorher, p. 227,10, und ebenso wieder später, p. 834,11, bezogen wird, p. 247,3 (wohl nur bis 247,7) behauptet ein „Apara", der Jivaghana sei nicht der Jiva, wie vorher erklärt wird, sondern Brahmaloka. Auf einer Fusion beider Ansichten scheint die Auffassung des Jivaghana als Hiranyagarbha im Kommentar zu Prashna 5,5 zu beruhen.
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==Siehe auch==
==Siehe auch==

Version vom 23. Oktober 2013, 16:09 Uhr

Form der Brahma Sutras, Shankaras Kommentar

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.

Nach diesen Andeutungen, welche bei einer erst in Zukunft möglichen Bestimmung der Abfassungszeit unseres Werks von Nutzen sein können, wenden wir uns zur Betrachtung seiner Form, welche eine sehr wunderliche ist. Dasselbe ist, wie auch die Grundwerke der übrigen philosophischen Systeme Indiens abgefasst in einer Reihe von Sutras, welches Wort „Faden" (von "siv" = lat. "suere") bedeutet und hier wohl am einfachsten verstanden wird als die beim Weben ausgespannte Kette der Fäden, welche den Grund des Gewebes bildet, zu diesem aber erst durch die Einführung des Einschlages wird. Ebenso wie die Satras zu einem zusammenhängenden Ganzen erst durch die in mündlichem oder schriftlichem Vortrage sie durchschlingenden Erklärungen. Denn ohne diese sind die 555 meist aus zwei his drei Worten bestehenden Sutras, in denen unser Autor das ganze Vedantasystem darlegt, schlechterdings unverständlich, zumal dieselben nicht sowohl die Schlagworte des Systems enthalten, als vielmehr Stichworte, zum Anhalte für das Gedächtnis, welche selten das Hauptsächliche, häufig etwas ganz Nebensächliches hervorheben, vielfach auch eine ganz allgemeine, nichtssagende Form haben, die auf die verschiedensten Umstände passt und dem Ausleger alles überlässt. Daher kehrt auch oft dasselbe Sutram wieder; so z. B. Smritesh Ca 1,2,6. 4,33,11; Crutesh Ca 3,4,4. 3,4,46; Darshayati Ca 3,3,4. 3,3,22; Sva Paksha Doshac Ca 2,1,10. 2,1,29; Ubhayatha Ca Doshat 2,2,16. 2,2,23; Darshanac Ca 3,1,20. 3,2,21. 3,3,48. 3,3,66. 4,3,13, also fünf Mal, und zwar, wenn wir dem Kommentator glauben sollen, wie wir es wohl müssen, in verschiedener Bedeutung, indem Darshanac Ca in der Regel (3,2,21. 4,3,13 vgl. 1,3,30) bedeutet : „weil die Schrift es lehrt", hingegen 3,1,20. 2,2,15 und 4,2,1: „weil die Erfahrung es zeigt" und 3,3,48: „weil man es (aus den Merkmalen) ersieht".

Ebenso haben wir zweimal das Sutram Gaunyasambhavat (2,3,3. 2,4,2, und zwar, wie Shankara selbst hervorhebt (p. 706,9), in ganz entgegengesetztem Sinne. So heißt Anumanam gewöhnlich "die Smriti" (z. B. 1,33,28. 3,2,24. 4,4,20), dann aber auch zur Abwechslung ist es Synonym von Pradhanam (Urmaterie der Sankhyas) in 1,3,3; so bedeutet Itara 1,1,16. 2,1,21 die individuelle, aber 2,3,21 die höchste Seele und wiederum 4,1,14 „das gute Werk"; und Prakaranat heißt 1,2,10 und 1,3,6 „weil davon die Redo ist", hingegen 4,4,17 „weil er damit betraut ist". Hierzu kommt eine absonderliche Neigung zu seltsamen Wörtern und Wendungen, wobei häufig ein anderes Wort gewählt wird, als es die zur Besprechung herangezogene und mitunter allein durch das betreffende Wort indizierte Upanishadstelle bietet; so 1,1,24 Carana statt Pada (Chand. 3,12,6); 1,3,1 Sva statt Atman, Bhu statt Prithivi (Mund. 2,2,5); 1,3,2 Upa Sarp statt Ipai (Mund. 3,2,8); 1,3,10 Ambara statt Akasha (Brih. 3,8,7); 1,3,39 Kampana statt Ejati (Kath. 6,2); 1,4,24 Abhidhya statt Akamayata (Taitt. 2,6), Aikshata (Chand. 6,2,3); 4,2,4 Upayama statt Abhisamayanti (Brih. 4,3,38); 4,3,2 Abda statt Samvatsara (Chand. 5,10,2); 4,3,3 Tadit statt Vidyut (Chand. 5,10,2) usw.

Dieser Tatbestand der Brahma Sutras lässt sich weder aus dem Streben nach Kürze, noch aus einer Vorliebe für charakteristische Ausdrucksweise hinlänglich erklären. Vielmehr müssen wir annehmen, dass der oder die Verfasser absichtlich das Dunkle suchten, um ihr die Geheimlehre des Veda behandelndes Werk allen denen unzugänglich zu machen, welchen es nicht durch die Erklärungen eines Lehrers erschlossen wurde. Aus solchen, dieser Absicht gemäß ursprünglich wohl nur mündlichen Erklärungen mochten sich dann mit der Zeit die geschriebenen Kommentare über unser Werk entwickeln, welche Colebrooke (Misc. Ess., p. 332. 334) aufzählt, und von denen uns für jetzt nur der des Shankara zugänglich ist. Wir müssen daher dennoch darauf verzichten, Badarayanas Lehre und Shankaras Auslegung derselben auseinander zu halten, so dass unsere Darstellung streng genommen nur eine solche des Vedantasystems vom Standpunkte des Shankara aus ist. Übrigens befindet sich derselbe nirgendwo mit den Sutras in Widerspruch (es wäre denn 1,1,19, worüber wir Kapitel IX, 5 handeln werden, und etwa noch p. 870,5, wo âdlnanâya durch samllagdarfana-arfham erklärt wird, und p. 908,12, wo der Ausleger dem ubhayatkâ ein itbliayatkâ-zibkâgena substituiert), wohl aber liegt 3.1,13 p. 764,3 der merkwürdige Fall vor, dass bei Besprechung von Kath. 2,6 Shankara die Worte „Punah Punar Vasham Apadyate Me" mit Badarayana unrichtigerweise auf Höllenstrafen bezieht, während er dieselben Worte in seinem Kommentare zu Kath. 2,6 p. 96,1-1 richtig von einem wiederholten Geboren-Werden und Sterben versteht.

Hin und wieder ist seine Erklärung eines Sutram zweifelnd (z. 13. 2,4,1.2. 3,2,33), an folgenden Stellen gibt er (oder geben die verschiedenen Überarbeiter) eine doppelte Erklärung: 1,1,12-19. 1,1,31. 1,3,27. 1,4, 3. 2,2,39-40. 2,4,5-6. 3,1.7. 3,2,22. 3,2,33. 3,3,16-17. 3,3,26. 3,3,35. 3,3,64; zu 1,1,23 bekämpft er (p. 141,7 fg.) die Beziehung des Sutram auf Brih. 4,4,18 Chand. 6,8,2 statt auf Chand. 1,10,9; zu 1,4.26 merkt er an, dass es manche als zwei Sutras behandeln; zu 1,2,26 und 2.1,15 bespricht er eine Varia Lectio des Sutram, zu 2,4,2. 3,3,38 und 3,3,57 eine andere Auffassung desselben: 3,2,11-21 betrachtet er als zu-sammengehörig und verwirft, unter sehr eingehenden Erör-terungen, die Meinung derer, welche daraus zwei Abschnitte (Adhikarana), nämlich 11-14 und 15-21 machen; noch merkwürdiger und auf tiefgehende prinzipielle Differenzen der Ausleger hindeutend ist es, wenn Shankara p. 1124,9 die Meinung anderer erwähnt und weiterhin ausführlich widerlegt, welche den Siddhanta (die endgültige Meinung) nicht in der Anschauung des Badarayana 4,3,7-1l, sondern in der hinterher folgenden des Jaimini 4,3,12-14 ausgesprochen finden wollen, was vorauszusetzen scheint, dass für sie Badarayana nicht als letzter Autor des Werkes galt, und zu den oben (S. 25) erwähnten Bezeichnungen der Karma Mimansa als Teil des eigenen Werkes und des Autors als Vyasa stimmen würde.

Der Kommentar des Shankara hat, wie wir anzunehmen Grund haben, mehrfache Interpolationen erlitten, namentlich im ersten Teile, wo dieselben gewöhnlich durch ein Apara'aha angefügt werden. Eine Verfolgung dieses Themas würde zu weit führen, daher wir hier nur kurz die Stellen namhaft machen, in denen wir Zusätze von fremder Hand zu erkennen glauben: 1) p. 122,9-129,5, worüber wir Kap. IX, 5 handeln werden; 2) p. 141,7-1.142,3 scheint polemischer Zusatz eines andern zu sein, vgl. p. 138,12; 3) p. 150,10-151,5, ohne Zweifel eine Interpolation; 4) p. 153,5-154,2 wiederholt ein „Apara", der daran Anstoß nahm, dass Brahman im Himmel, statt jenseits des Himmels sei, Shankaras Worte, indem er sie dabei verbessert; 5) p. 163,11 folgt mit den Worten: „Athava — Asya Ayam Anyo Rthah" eine ganz andere Erklärung des Sutram, möglicherweise von fremder Hand; 6) p. 184,1-185,17: ein „Apara" bestreitet die vorher gemachte Anwendung des Verses Mund. 3,1,1 und erklärt ihn mit Berufung auf das Paingi Rahasya Brahmanam in anderem Sinne; hierbei zitiert er Brih. 4,5,15 nach den Madhyandinas, während Shankara diese Stelle gewöhnlich nach den Kanyas (oder an ihrer Statt 2,4,14 Madhy.) zu zitieren pflegt, p. 111,4. 199,12. 393,3. Das Motiv dieser Ausführung scheint aus p. 232,12 entnommen zu sein; 3,3,34 wird sie ebenso ignoriert, wie der Zusatz p. 122,9-129,5 in 3,3,11-13; 7) p. 228,2-6 offenbar Zusatz eines Interpolators, nach welchem die Brücke „Setu" in Mund. 2,2,5 die Erkenntnis des Brahman und nicht das Brahman selbst ist, auf welches doch der Ausdruck vorher, p. 227,10, und ebenso wieder später, p. 834,11, bezogen wird, p. 247,3 (wohl nur bis 247,7) behauptet ein „Apara", der Jivaghana sei nicht der Jiva, wie vorher erklärt wird, sondern Brahmaloka. Auf einer Fusion beider Ansichten scheint die Auffassung des Jivaghana als Hiranyagarbha im Kommentar zu Prashna 5,5 zu beruhen.

Siehe auch

Literatur

  • Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
  • Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
  • Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
  • Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
  • Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.(edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
  • Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985, Vol I - III
  • Sri Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
  • Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989

Weblinks