Ich bin: Unterschied zwischen den Versionen
Sutra1 (Diskussion | Beiträge) |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
| Zeile 1: | Zeile 1: | ||
==Ich bin – Gedicht von Swami Sivananda== | '''Ich bin''' - In der Yoga-Philosophie und im Vedanta steht „Ich bin“ für das reine Sein, das unsterbliche Bewusstsein jenseits aller Identifikationen und Rollen. | ||
== Ich bin – das Bewusstsein des Selbst == | |||
„Ich bin“ – diese zwei Worte sind der Schlüssel zur Selbsterkenntnis und inneren Freiheit. | |||
=== „Ich bin“ aus Sicht der Yoga-Philosophie= == | |||
Im Yoga bedeutet „Ich bin“ das Erkennen des eigenen wahren Selbst (Ātman). Der Mensch identifiziert sich normalerweise mit Körper, Gefühlen, Gedanken und äußeren Rollen – „Ich bin Lehrer“, „Ich bin Mutter“, „Ich bin erfolgreich“ oder „Ich bin unzufrieden“. Yoga lehrt jedoch: Diese Identifikationen sind vergänglich. | |||
Das wahre „Ich bin“ ist reines Bewusstsein, das alle Erfahrungen beobachtet, ohne selbst davon berührt zu werden. | |||
Patanjali beschreibt dies in den Yoga Sutras (1.3): | |||
: ''„Tadā draṣṭuḥ svarūpe’vasthānam“'' – Dann ruht der Sehende in seiner wahren Natur. | |||
Das heißt: Wenn der Geist ruhig ist, erkennt man das eigene Selbst als unendliche Stille und Bewusstheit. | |||
=== „Ich bin“ im Vedanta – das höchste Wissen === | |||
In der Vedanta-Lehre wird das „Ich bin“ als Ausdruck der Einheit mit Brahman, dem Absoluten, verstanden. | |||
Die Mahāvākyas („großen Aussprüche“) der Upanishaden drücken dies klar aus: | |||
* „Aham Brahmāsmi“ – Ich bin Brahman. | |||
* „Tat Tvam Asi“ – Das bist du. | |||
Das „Ich bin“ ist somit keine persönliche Identität, sondern die universelle Wirklichkeit, die in allen Wesen wohnt. Vedanta sagt: Wenn du erkennst „Ich bin“, erkennst du alles, denn nichts existiert getrennt vom Selbst. | |||
Swami Sivananda formulierte es so: | |||
„Erkenne dein Selbst, und du wirst Gott erkennen. Das Selbst ist reines Bewusstsein – Sat-Chid-Ānanda, Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit.“ | |||
=== Wie „Ich bin“ im Alltag leben === | |||
Das Bewusstsein „Ich bin“ bedeutet, inmitten aller Handlungen in innerer Gegenwärtigkeit zu verweilen. | |||
Das kannst du üben, indem du: | |||
* Im Alltag immer wieder bewusst atmest und innerlich wiederholst: „Ich bin“ | |||
* Dich nicht mit Gedanken oder Emotionen identifizierst, sondern beobachtest: „Ich nehme wahr – aber ich bin nicht das Wahrgenommene.“ | |||
* Bei Konflikten oder Stressmomenten kurz innehältst und dich erinnerst: „Ich bin Bewusstsein – ruhig, weit und unberührt.“ | |||
Dadurch entsteht innere Freiheit, die nicht von äußeren Umständen abhängt. | |||
=== Techniken und Übungen, um das „Ich bin“ zu realisieren === | |||
: '''1. Meditation auf das Selbst (Ātma-Dhyāna)''' | |||
* Setze dich ruhig hin, schließe die Augen. | |||
* Atme tief ein und aus. | |||
* Wiederhole innerlich beim Einatmen: „Ich“, beim Ausatmen: „bin“. | |||
* Spüre: Du bist reines Bewusstsein – jenseits von Gedanken, Gefühlen, Körper und Zeit. | |||
: '''2. Jnana Yoga – Selbstbefragung (Vichara)''' | |||
Inspiriert von Ramana Maharshi, der fragte: | |||
„[[Wer bin ich?]]“ | |||
* Richte deine Aufmerksamkeit nach innen. | |||
* Wann immer ein Gedanke kommt, frage: „Wem kommt dieser Gedanke?“ | |||
* Antwort: „Mir.“ | |||
* Dann frage: „Wer bin ich?“ | |||
So löst sich das Ego auf, und das reine „Ich bin“ bleibt. | |||
: '''3. Affirmationen zur Bewusstwerdung''' | |||
* „Ich bin Bewusstsein, nicht meine Gedanken.“ | |||
* „Ich bin Liebe, Frieden und Licht.“ | |||
* „Ich bin Eins mit dem Göttlichen.“ | |||
: '''4. Bhakti Yoga – Hingabe an das göttliche Selbst''' | |||
* Wiederhole ein Mantra wie „Soham“ („Ich bin Das“) oder „Aham Brahmāsmi“. | |||
* Spüre, dass das Göttliche nicht außerhalb, sondern in dir selbst wohnt. | |||
=== Wie große Meister das „Ich bin“ lebten === | |||
* Swami Sivananda lehrte, dass das Bewusstsein des „Ich bin“ durch Dienen, Meditation, Studium und Liebe verwirklicht wird. | |||
* Ramana Maharshi erkannte im stillen „Ich bin“ die Quelle allen Seins und lehrte, dass wahre Erkenntnis kein intellektuelles Wissen, sondern eine direkte Erfahrung ist. | |||
* Sri Nisargadatta Maharaj sagte: | |||
: „Bleibe mit dem Gefühl ‚Ich bin‘. Es allein ist wahr. Alles andere ist Vorstellung.“ | |||
=== Fazit: Die Verwirklichung des „Ich bin“ === | |||
Das „Ich bin“ ist kein Gedanke, sondern die unmittelbare Erfahrung des Seins. In diesem Bewusstsein gibt es keine Trennung, keine Angst, keinen Mangel – nur Stille, Frieden und Liebe. Wer sich im Alltag immer wieder an das reine „Ich bin“ erinnert, erfährt den Zustand, den Yoga Samadhi nennt – die Verschmelzung mit dem Göttlichen Selbst. | |||
== Ich bin – Gedicht von Swami Sivananda == | |||
Aus dem Buch „Samadhi Yoga“ von [[Swami Sivananda]] | Aus dem Buch „Samadhi Yoga“ von [[Swami Sivananda]] | ||
Version vom 18. Oktober 2025, 14:13 Uhr
Ich bin - In der Yoga-Philosophie und im Vedanta steht „Ich bin“ für das reine Sein, das unsterbliche Bewusstsein jenseits aller Identifikationen und Rollen.
Ich bin – das Bewusstsein des Selbst
„Ich bin“ – diese zwei Worte sind der Schlüssel zur Selbsterkenntnis und inneren Freiheit.
= „Ich bin“ aus Sicht der Yoga-Philosophie=
Im Yoga bedeutet „Ich bin“ das Erkennen des eigenen wahren Selbst (Ātman). Der Mensch identifiziert sich normalerweise mit Körper, Gefühlen, Gedanken und äußeren Rollen – „Ich bin Lehrer“, „Ich bin Mutter“, „Ich bin erfolgreich“ oder „Ich bin unzufrieden“. Yoga lehrt jedoch: Diese Identifikationen sind vergänglich.
Das wahre „Ich bin“ ist reines Bewusstsein, das alle Erfahrungen beobachtet, ohne selbst davon berührt zu werden.
Patanjali beschreibt dies in den Yoga Sutras (1.3):
- „Tadā draṣṭuḥ svarūpe’vasthānam“ – Dann ruht der Sehende in seiner wahren Natur.
Das heißt: Wenn der Geist ruhig ist, erkennt man das eigene Selbst als unendliche Stille und Bewusstheit.
„Ich bin“ im Vedanta – das höchste Wissen
In der Vedanta-Lehre wird das „Ich bin“ als Ausdruck der Einheit mit Brahman, dem Absoluten, verstanden.
Die Mahāvākyas („großen Aussprüche“) der Upanishaden drücken dies klar aus:
- „Aham Brahmāsmi“ – Ich bin Brahman.
- „Tat Tvam Asi“ – Das bist du.
Das „Ich bin“ ist somit keine persönliche Identität, sondern die universelle Wirklichkeit, die in allen Wesen wohnt. Vedanta sagt: Wenn du erkennst „Ich bin“, erkennst du alles, denn nichts existiert getrennt vom Selbst.
Swami Sivananda formulierte es so:
„Erkenne dein Selbst, und du wirst Gott erkennen. Das Selbst ist reines Bewusstsein – Sat-Chid-Ānanda, Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit.“
Wie „Ich bin“ im Alltag leben
Das Bewusstsein „Ich bin“ bedeutet, inmitten aller Handlungen in innerer Gegenwärtigkeit zu verweilen.
Das kannst du üben, indem du:
- Im Alltag immer wieder bewusst atmest und innerlich wiederholst: „Ich bin“
- Dich nicht mit Gedanken oder Emotionen identifizierst, sondern beobachtest: „Ich nehme wahr – aber ich bin nicht das Wahrgenommene.“
- Bei Konflikten oder Stressmomenten kurz innehältst und dich erinnerst: „Ich bin Bewusstsein – ruhig, weit und unberührt.“
Dadurch entsteht innere Freiheit, die nicht von äußeren Umständen abhängt.
Techniken und Übungen, um das „Ich bin“ zu realisieren
- 1. Meditation auf das Selbst (Ātma-Dhyāna)
- Setze dich ruhig hin, schließe die Augen.
- Atme tief ein und aus.
- Wiederhole innerlich beim Einatmen: „Ich“, beim Ausatmen: „bin“.
- Spüre: Du bist reines Bewusstsein – jenseits von Gedanken, Gefühlen, Körper und Zeit.
- 2. Jnana Yoga – Selbstbefragung (Vichara)
Inspiriert von Ramana Maharshi, der fragte:
„Wer bin ich?“
- Richte deine Aufmerksamkeit nach innen.
- Wann immer ein Gedanke kommt, frage: „Wem kommt dieser Gedanke?“
- Antwort: „Mir.“
- Dann frage: „Wer bin ich?“
So löst sich das Ego auf, und das reine „Ich bin“ bleibt.
- 3. Affirmationen zur Bewusstwerdung
- „Ich bin Bewusstsein, nicht meine Gedanken.“
- „Ich bin Liebe, Frieden und Licht.“
- „Ich bin Eins mit dem Göttlichen.“
- 4. Bhakti Yoga – Hingabe an das göttliche Selbst
- Wiederhole ein Mantra wie „Soham“ („Ich bin Das“) oder „Aham Brahmāsmi“.
- Spüre, dass das Göttliche nicht außerhalb, sondern in dir selbst wohnt.
Wie große Meister das „Ich bin“ lebten
- Swami Sivananda lehrte, dass das Bewusstsein des „Ich bin“ durch Dienen, Meditation, Studium und Liebe verwirklicht wird.
- Ramana Maharshi erkannte im stillen „Ich bin“ die Quelle allen Seins und lehrte, dass wahre Erkenntnis kein intellektuelles Wissen, sondern eine direkte Erfahrung ist.
- Sri Nisargadatta Maharaj sagte:
- „Bleibe mit dem Gefühl ‚Ich bin‘. Es allein ist wahr. Alles andere ist Vorstellung.“
Fazit: Die Verwirklichung des „Ich bin“
Das „Ich bin“ ist kein Gedanke, sondern die unmittelbare Erfahrung des Seins. In diesem Bewusstsein gibt es keine Trennung, keine Angst, keinen Mangel – nur Stille, Frieden und Liebe. Wer sich im Alltag immer wieder an das reine „Ich bin“ erinnert, erfährt den Zustand, den Yoga Samadhi nennt – die Verschmelzung mit dem Göttlichen Selbst.
Ich bin – Gedicht von Swami Sivananda
Aus dem Buch „Samadhi Yoga“ von Swami Sivananda
- Ich bin der Sonnenschein,
- Ich bin der Regen,
- Ich bin die Blume,
- Ich bin der Grashalm,
- Ich bin der Fluss,
- Ich bin der Hügel,
- Ich bin die Dunkelheit,
- Ich bin das Licht,
- Ich bin der Ozean,
- Ich bin alles,
- Ich bin alles in allem.
copyright by Divine Life Society