Zorn: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Zorn''' ist [[Ärger]]; siehe [[Bhagavadgita]]
===Swami Sivananda über Zorn===
 
Zorn ist das Tor zur Hölle, denn er zerstört die Erkenntnis
des Selbst. Aus rajas (Unruhe) geboren, vernichtet und verunreinigt
er alles. Er ist der große Feind des Friedens, ein
anderer Aspekt der Begehrlichkeit. Wie frische Milch sauer
wird, so wandeln sich Begehrlichkeit oder Begierde in Zorn,
wenn sie nicht befriedigt werden. Die Gedanken verwirren
sich und der Mensch verliert Gedächtnis und Intelligenz. Ein
zorniger Mensch ist in der Verfassung, irgend etwas zu sagen
und irgend etwas zu tun, selbst einen Mord zu begehen. Ein
einziges lebhaftes Wort kann zu Kampf und Totschlag führen.
Er ist wie berauscht und weiß nicht, was er tut. Er ist die
Beute seines Zorns, der zu einer wahrhaft kosmischen Kraft
(shakti oder devi) wird. In den chandipat steht:
Ya devi sarva bhuteshu
Krodha rtlpena samstitha
Namastasyai namastasyai
Namastasyai namo namaha.
(Ich verneige mich vor dieser Göttin, die unter der Gestalt des
Zorns in allen Wesen lebt).
Ressentiment, Empörung, Wut, Verwirrung sind verschiedene
Arten des Zorns, je nach seinem Grad und seiner
Intensität. Will ein Mensch einen anderen erziehen und leich-
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ten Zorn selbstlos als Kraft einsetzen, um ihn zu strafen und
zu bessern, dann spricht man von »religiösem Zorn«.
Nehmen wir als Beispiel, daß ein Mann ein Mädchen
belästigt und schmäht und ein Zeuge über ihn zornig wird,
dann nennt man dies »gerechte Empörung«, die nicht von
Übel ist. Nur Zorn, der aus Gier oder selbstsüchtigen Motiven
entsteht, ist von Übel.
Wenn ein religiöser Lehrer ein wenig Zorn nach außen
zeigt, um seinen Schüler zurechtzuweisen, so ist dies notwendig
und kein Fehler. Aber er muß im Innern kaltblütig
bleiben und nur nach außen hitzig und heftig wirken. Sein
Zorn darf in seinem Innern nicht tiefe Wurzeln schlagen
(antakarana), und die Stimmung muß wie eine Meereswoge
bald vorübergehen.
Wenn sich ein Mensch oft wegen Kleinigkeiten beunruhigt,
ist dies ein sicheres Zeichen von seelischer Schwäche.
Jeder müßte seine Unruhe beherrschen können, indem er
Geduld, Unterscheidung (viehara), Nachsicht (kshama),
Liebe, Erbarmen und Opfergeist entwickelt. Zorn, den man
in der Gewalt hat, kann sich in eine Kraft verwandeln, die
imstande ist, das Weltall zu bewegen. Er wird zur höchsten
Form der Energie (ojas), ebenso wie Wärme oder Licht sich
in eine andere Art von Energie verwandeln können. Hat ein
Schüler seinen Zorn vollkommen in der Hand, so hat er die
Hälfte seines sadhana erreicht. Beherrschung des Zorns bedeutet
auch Beherrschung der schlechten Eigenschaften und
fehlerhaften Handlungen, der Wünsche und Begierden, die
Ursprung aller Laster sind.
Wer seinen Zorn beherrscht hat, wird immer gerecht sein,
während ein leicht erregbarer Mensch meist ungerecht ist
und von Impulsen und Erregungen hin- und hergetrieben
wird. Häufiger Samenverlust ist oft die Ursache für Erregbarkeit
und Zorn. Da die Wurzel des Zorns im Egoismus
liegt, sollte die Selbstsucht durch Unterscheidung (viehara)
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aufgelöst und damit der Zorn mit seiner Wurzel ausgerissen
werden. Durch Entwicklung entgegengesetzter Eigenschaften
wie Nachsicht (ksharna), Liebe, Frieden (shanti), Mitleid
(karuna) und Freundschaft kann man bis zu einem gewissen
Grad den Zorn beherrschen lernen. Doch nur wahre Erkenntnis
ljnana) ermöglicht vollkommene Befreiung von
den unbewußten Eindrücken (sarnskaras). Übung des
Schweigens (rnmtna) wird hierbei von großer Hilfe sein.
Nimmt der Zorn eine heftige Form an, ist es schwer, ihn zu
beherrschen. Man sollte sich sorgfältig beobachten, umjedes
Anzeichen von Reizbarkeit wahrzunehmen. Es ist leicht, sich
zu beherrschen, solange nur eine kleine Unruhe im Unbewußten
besteht.
Ein zorniger Mensch wird alle Kontrolle über sich verlieren.
Durch Wiederholung verstärkt sich der Zorn noch
mehr. Gelingt es, ihn zu zügeln, wird man allmählich seine
Willenskraft zurückgewinnen . Deshalb sollte der Schüler alle
Aufmerksamkeit auf die Beherrschung dieses mächtigen
Feindes richten. Sattva-haltige Nahrung, Japam, Meditation,
Gebet, Umgang mit Weisen (satsanga), Unterscheidung (vichara),
Opfer, fromme Zusammenkünfte (kirtanas), Keuschheit
(bralzrnaclzarya) und pranayarna werden vor allem dazu
beitragen, diese schreckliche Krankheit zu entwurzeln. Man
sollte auf verschiedene Weise den Kampf führen. Verletzt
dich ein Mensch, bemühe dich, ruhig zu bleiben, und ertrage
die Beleidigung. Es wird dich stark machen. Vor allem muß
man Impulse und Erregbarkeit zügeln. Droht ein Zornesausbruch
während einer Unterhaltung oder Debatte, soll man zu
reden aufhören oder versuchen, liebenswürdig und leise
(rnadhura und rnrida) zu sprechen. Die Worte sollten sanft, die
Argumente scharf sein, denn harte Worte bringen Zwiespalt.
Ist es. schwer, den Zorn zu beherrschen, sollte man sofort
aufbrechen und einen kleinen Spaziergang machen. Man
sollte etwas kaltes Wasser trinken und laut zehn Minuten lang
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die Silbe OM singen. Rauchen, Fleischessen und Alkohol
machen das Herz reizbar und sind vollkommen zu vermeiden.
Tabak schafft Herzkrankheiten, die »Tabakkrankheit
des Herzens«, die leicht zu Reizbarkeit führt.
Man sollte in der Auswahl seiner Umgebung vorsichtig
sein, wenig reden und sich wenig unter Menschen mischen.
Geistiges sadhana und die Vorstellung, daß der Kosmos ein
langer Traum und die irdische Welt nur Lüge ist (mithya),
bewahren vor Zorn. Die Unterscheidungskraft (viehara) argumentiere:
•• Was ist eine Beleidigung? Was erreiche ich
durch Zorn? Beides ist nichts weiter als eine Vergeudung von
Energie und Zeit. Ich bin nicht der Körper. Die Weltseele
(atman) ist die gleiche in uns allen.« Solche Überlegungen
werden den Menschen freimachen vom Zorn, der sein Blut
verändert und vergiftet. Man hat Beispiele von Frauen angeführt,
deren Kinder an der Milch ihrer Brust starben, weil
diese durch Zorn vergiftet war. Im Licht der heutigen Psychologie
entspringen alle Krankheiten dem Zorn, vor allem
Herzkrankheiten, Rheumatismus und nervöse Krankheiten.

Version vom 9. April 2013, 11:33 Uhr

Swami Sivananda über Zorn

Zorn ist das Tor zur Hölle, denn er zerstört die Erkenntnis des Selbst. Aus rajas (Unruhe) geboren, vernichtet und verunreinigt er alles. Er ist der große Feind des Friedens, ein anderer Aspekt der Begehrlichkeit. Wie frische Milch sauer wird, so wandeln sich Begehrlichkeit oder Begierde in Zorn, wenn sie nicht befriedigt werden. Die Gedanken verwirren sich und der Mensch verliert Gedächtnis und Intelligenz. Ein zorniger Mensch ist in der Verfassung, irgend etwas zu sagen und irgend etwas zu tun, selbst einen Mord zu begehen. Ein einziges lebhaftes Wort kann zu Kampf und Totschlag führen. Er ist wie berauscht und weiß nicht, was er tut. Er ist die Beute seines Zorns, der zu einer wahrhaft kosmischen Kraft (shakti oder devi) wird. In den chandipat steht: Ya devi sarva bhuteshu Krodha rtlpena samstitha Namastasyai namastasyai Namastasyai namo namaha. (Ich verneige mich vor dieser Göttin, die unter der Gestalt des Zorns in allen Wesen lebt). Ressentiment, Empörung, Wut, Verwirrung sind verschiedene Arten des Zorns, je nach seinem Grad und seiner Intensität. Will ein Mensch einen anderen erziehen und leich- 255 ten Zorn selbstlos als Kraft einsetzen, um ihn zu strafen und zu bessern, dann spricht man von »religiösem Zorn«. Nehmen wir als Beispiel, daß ein Mann ein Mädchen belästigt und schmäht und ein Zeuge über ihn zornig wird, dann nennt man dies »gerechte Empörung«, die nicht von Übel ist. Nur Zorn, der aus Gier oder selbstsüchtigen Motiven entsteht, ist von Übel. Wenn ein religiöser Lehrer ein wenig Zorn nach außen zeigt, um seinen Schüler zurechtzuweisen, so ist dies notwendig und kein Fehler. Aber er muß im Innern kaltblütig bleiben und nur nach außen hitzig und heftig wirken. Sein Zorn darf in seinem Innern nicht tiefe Wurzeln schlagen (antakarana), und die Stimmung muß wie eine Meereswoge bald vorübergehen. Wenn sich ein Mensch oft wegen Kleinigkeiten beunruhigt, ist dies ein sicheres Zeichen von seelischer Schwäche. Jeder müßte seine Unruhe beherrschen können, indem er Geduld, Unterscheidung (viehara), Nachsicht (kshama), Liebe, Erbarmen und Opfergeist entwickelt. Zorn, den man in der Gewalt hat, kann sich in eine Kraft verwandeln, die imstande ist, das Weltall zu bewegen. Er wird zur höchsten Form der Energie (ojas), ebenso wie Wärme oder Licht sich in eine andere Art von Energie verwandeln können. Hat ein Schüler seinen Zorn vollkommen in der Hand, so hat er die Hälfte seines sadhana erreicht. Beherrschung des Zorns bedeutet auch Beherrschung der schlechten Eigenschaften und fehlerhaften Handlungen, der Wünsche und Begierden, die Ursprung aller Laster sind. Wer seinen Zorn beherrscht hat, wird immer gerecht sein, während ein leicht erregbarer Mensch meist ungerecht ist und von Impulsen und Erregungen hin- und hergetrieben wird. Häufiger Samenverlust ist oft die Ursache für Erregbarkeit und Zorn. Da die Wurzel des Zorns im Egoismus liegt, sollte die Selbstsucht durch Unterscheidung (viehara) 256 aufgelöst und damit der Zorn mit seiner Wurzel ausgerissen werden. Durch Entwicklung entgegengesetzter Eigenschaften wie Nachsicht (ksharna), Liebe, Frieden (shanti), Mitleid (karuna) und Freundschaft kann man bis zu einem gewissen Grad den Zorn beherrschen lernen. Doch nur wahre Erkenntnis ljnana) ermöglicht vollkommene Befreiung von den unbewußten Eindrücken (sarnskaras). Übung des Schweigens (rnmtna) wird hierbei von großer Hilfe sein. Nimmt der Zorn eine heftige Form an, ist es schwer, ihn zu beherrschen. Man sollte sich sorgfältig beobachten, umjedes Anzeichen von Reizbarkeit wahrzunehmen. Es ist leicht, sich zu beherrschen, solange nur eine kleine Unruhe im Unbewußten besteht. Ein zorniger Mensch wird alle Kontrolle über sich verlieren. Durch Wiederholung verstärkt sich der Zorn noch mehr. Gelingt es, ihn zu zügeln, wird man allmählich seine Willenskraft zurückgewinnen . Deshalb sollte der Schüler alle Aufmerksamkeit auf die Beherrschung dieses mächtigen Feindes richten. Sattva-haltige Nahrung, Japam, Meditation, Gebet, Umgang mit Weisen (satsanga), Unterscheidung (vichara), Opfer, fromme Zusammenkünfte (kirtanas), Keuschheit (bralzrnaclzarya) und pranayarna werden vor allem dazu beitragen, diese schreckliche Krankheit zu entwurzeln. Man sollte auf verschiedene Weise den Kampf führen. Verletzt dich ein Mensch, bemühe dich, ruhig zu bleiben, und ertrage die Beleidigung. Es wird dich stark machen. Vor allem muß man Impulse und Erregbarkeit zügeln. Droht ein Zornesausbruch während einer Unterhaltung oder Debatte, soll man zu reden aufhören oder versuchen, liebenswürdig und leise (rnadhura und rnrida) zu sprechen. Die Worte sollten sanft, die Argumente scharf sein, denn harte Worte bringen Zwiespalt. Ist es. schwer, den Zorn zu beherrschen, sollte man sofort aufbrechen und einen kleinen Spaziergang machen. Man sollte etwas kaltes Wasser trinken und laut zehn Minuten lang 257 die Silbe OM singen. Rauchen, Fleischessen und Alkohol machen das Herz reizbar und sind vollkommen zu vermeiden. Tabak schafft Herzkrankheiten, die »Tabakkrankheit des Herzens«, die leicht zu Reizbarkeit führt. Man sollte in der Auswahl seiner Umgebung vorsichtig sein, wenig reden und sich wenig unter Menschen mischen. Geistiges sadhana und die Vorstellung, daß der Kosmos ein langer Traum und die irdische Welt nur Lüge ist (mithya), bewahren vor Zorn. Die Unterscheidungskraft (viehara) argumentiere: •• Was ist eine Beleidigung? Was erreiche ich durch Zorn? Beides ist nichts weiter als eine Vergeudung von Energie und Zeit. Ich bin nicht der Körper. Die Weltseele (atman) ist die gleiche in uns allen.« Solche Überlegungen werden den Menschen freimachen vom Zorn, der sein Blut verändert und vergiftet. Man hat Beispiele von Frauen angeführt, deren Kinder an der Milch ihrer Brust starben, weil diese durch Zorn vergiftet war. Im Licht der heutigen Psychologie entspringen alle Krankheiten dem Zorn, vor allem Herzkrankheiten, Rheumatismus und nervöse Krankheiten.