Sankt Anna

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Unser lieben Frauen Mutter, die liebe Frau Sankt Anna, hätt ihren Ursprung von dem würdigen Herrn Aaron, der der oberste Priester einer war in dem Alten Bund, und ihr Geschlecht war aus Bethlehem, der Stadt Judas. Sankt Anna hätt einen Mann, der hieß Joachim und war geboren aus königlichem Geschlecht Davids, und war aus der Stadt Nazareth.

Sankt Anna und Joachim waren gerecht in allem ihrem Leben und hielten alle Zeit die Gebot Gottes. Und teilten alles ihr Gut in drei Teil, und zwei Teil gaben sie den armen Menschen, und das dritt Teil behielten sie selber, daß sie und ihr Gesind davon lebten. Nun mehret ihnen Gott ihr Gut gar sehr, daß ihnen niemand gleich war an Reichtum. Und waren doch bei einander zwanzig Jahr, daß sie nie kein Kind gewannen. Darum waren sie sehr betrübet, und baten Gott und gelobten ihm, so er ihnen ein Kind gäbe, das wöllten sie ihm geben zu seinem Dienst.

Darnach zu einer großen Hochzeit, da kam Joachim und viel Volks gen Jerusalem. Und da er zu dem Tempel kam und zu dem Altar und wollt opfern wie die andern, da sprach der Priester zorniglich zu ihm: »Wie darfst du zu dem Altar treten, da du von Gott und dem Gesetz verflucht bist! Und dein Opfer ist Gott unwert, weil du unfruchtbar bist.« Des schämet sich Joachim so sehr, daß er trauriglich aus dem Tempel schied. Und waget nicht, heim zu kehren in sein Haus und zu seinem Gesind. Da fuhr er zu seinen Knechten, die ihm das Vieh hüteten auf dem Feld, das war nicht fern von Nazareth. Und fastet gar viel aus großer Trübsal, und gedacht gar oft an Abraham und seine Frau Sarah, daß ihnen Gott in ihren alten Tagen ihren Sohn Isaak gab.

Nun wußt Sankt Anna nicht, daß man ihren Gemahl Joachim aus dem Tempel hätt getrieben. Und wußt auch nicht, wo er war, und höret in fünf ganzen Monden nie kein Wort von ihm, und darum war sie sehr betrübet. Und da sie der Sach inne ward, da verschloß sie ihr Haus und leget klägliche Kleider an und kniet Tag und Nacht. Und sprach eines Tages: »0 Herre, du starker Gott von Israel, du hast mir nicht Kinder gegeben und hast mir meinen Mann genommen, und ich weiß nicht, ob er lebendig ist oder tot.« Und ging da mit großem Ernst und Weinen in einen Baumgarten, und fiel also auf ihre Knie und rief Gott mit Andacht an. Und stand wieder auf und hob ihre Augen und Händ auf zu dem Ewigen Gott und sprach: »0 Herre, guter Gott, du hast allen Kreaturen Kinder gegeben, den Tieren und den Vögeln und auch den Fischen, die freuen sich all ihrer Kinder. Und hast mich allein gelassen ohn die Gaben deiner Gütigkeit. So bitt ich, daß du mir einen Erben gebest, den will ich dir in den Tempel opfern.« Und da sie das gesprochen hätt, da erschien ihr der heilige Engel Sankt Gabriel in großer Klarheit. Und sprach zu ihr: »Anna, du liebe Dienerin Gottes, Gott hat dein Gebet erhört. Du wirst gebären, und der Ruf deines Samens wird ergehen durch alle Land. Du bist gesegnet unter den Frauen, daß von dir wird aus gehen eine Tochter, die wird heißen Maria, die wird vor ihrer Geburt sein voll der Gnaden Gottes. Die wird nach dreien Jahren befohlen dem Dienst Gottes und wird nimmer von dem Tempel geschieden. Sie wird auch nimmer keinen Mann erkennen, und wird gebären in magetlichem Wesen einen Sohn, der ein Erlöser und Behalter ist aller Welt.« Da das der Engel ge¬sagt hätt, da ward Sankt Anna froh von dem Gesicht und von seiner Red, und danket Gott seiner Gnaden.

Da nun Joachim etliche Zeit in großer Trübsal gewesen war, da kam der Engel zu ihm und sprach: »Gott hat mich zu dir gesendet und hat deine Scham gesehen und hat dein Gebet erhört. Deine Frau Anna wird gebären eine Tochter, die sollst du Maria heißen. Und wird von ihr geboren Gottes Sohn vom Himmelreich, dessen Name wird geheißen Jesus, und durch ihn werden viel Menschen selig. « Da sprach Joachim: »Nun hab ich meine Frau zwanzig Jahr gehabt, und sie hat mir nie kein Kind geboren. Da sprach der Engel zu ihm: »Ich bin deiner Frauen auch erschienen, die da weinet und betet, und hab sie auch getröstet. Darum gehe heim zu deiner lieben Hausfrauen Anna.« Da fiel Joachim nieder auf das Erdreich und betet zu dem Engel mit großer Andacht und sprach: »Ist es, daß ich Gnad hab gefunden, so tritt eine Weil in mein Haus, und segne mich, deinen Diener.« Da sprach der Engel: »Du sollst nicht sagen >mein Diener<, denn wir sind alle eines Herrn Diener und Knecht. Und mein Essen ist unsichtbar, und mein Trinken kann nicht gesehen werden. Darum sollst du mich nicht bitten, daß ich in dein Haus trete. Und was du mir wolltest geben, das opfer zu einem brennenden Opfer.« Da nahm Joachim ein makelloses Lamm und sprach zu dem Engel: »Ich darf Gott nicht ein brennendes Opfer bringen, du gebest mir denn Gewalt, daß ich opfern mag.« Da sprach der Engel: »Ich hieße dich nicht opfern, wüßte ich nicht, daß es Gottes Wille war. « Da opfert er Gott ein brennendes Opfer, und der Rauch von dem Opfer ging auf gen Himmel. Da fiel Joachim auf sein Angesicht und lag darauf von Sext bis Nonzeit.' Da kamen seine Diener und wußten nicht, was ihm geschehen war, und hoben ihn auf. Da saget er ihnen, was ihm der Engel hätt kund getan. Da wurden sie gar froh, und sprachen, er sölle zu seiner Frauen gehen, wie ihn der Engel geheißen hätt.

Nun betrachtet Joachim in seinem Mut, was er tun wölle, und entschlief. Da erschien ihm der Engel Gottes in dem Schlaf und sprach: »Geh sicher von dem Feld und kehr heim zu deiner lieben Frauen! Und hab dir das zu einem Zeichen: so du kommst unter das gulden Tor, so begegnet dir deine Wirtin Anna. Die ist gar traurig, daß du also lang bist aus gewesen. Aber wenn du kommst, wird sie froh.« Da erwachet Joachim, und saget seinen Hirten, was ihm geträumet hätt. Da lobten sie Gott und machten sich auf den Weg. Und da sie dreizehen Tag waren gewandert, da ging Sankt Anna in ihrem Haus in ihr Schlafkämmerlein und gedacht an die Wort, die der Engel geredet hätt. Da kam ein großer hochzeitlicher Tag. Da sprach Sankt Annen Dienerin zu ihrer Frauen: »Ihr seid lang betrübt gewesen und habt Euch sehr gepeiniget. Ihr söllet nun hoch¬zeitliche Kleider anlegen. Es ziemet nicht, daß Ihr klagt an dem hochzeitlichen Tag.« Da sprach die liebe Frau Sankt Anna: »Ich bin in Trauern gesetzt und hab kein Trost noch Freud.« Da sprach die Dienerin: »Hat Euch der Herr Euern Leib verschlossen und hat Euch Euern Mann genommen, damit will er Euch bereiten in dieser Zeit.« Da das Sankt Anna höret, da ward sie inwendig traurig, und ging zum andern Mal in den Baumgarten, daß sie desto besser möchte weinen und klagen. Da erschien ihr der Engel in ihrem Gebet und sprach zu ihr: »Steh auf, und geh gen Jerusalem, und wenn du kommest zu dem gulden Tor, so begegnet dir dein Mann Joachim.« Da das Sankt Anna höret, da fuhr sie bald mit ihren Dienern gen Jerusalem. Und da sie nun unter das gulden Tor kam, da betet sie und wartet ihres Mannes, wie ihr der Engel verkündet hätt. Und da sie von ihrem Gebet auf stand und sah, daß er kam, da fiel sie ihm um seinen Hals und danket Gott seiner Gnaden. Da waren sie des Kindes sicher, das von ihnen geboren sollt werden. Und sprachen mit einander, was ihnen der Engel beiden verkündet hätt. Und da sie also gebetet hätten zu Jerusalem, da gingen sie wieder heim. Und opferten Gott zehen junge Schäflein, und den Priestern zehen Kälber, und der Gemeinde hundert Schäflein.

Darnach ward Sankt Anna schwanger des lieben Kindes Maria. Und da die Zeit kam, daß sie gebären sollt, da gebar sie Maria, Gottes Mutter, die Königin des Himmelreiches. Die war so schön und keusch, wie nie kein Mensch geboren ward, außer Gottes Sohn allein.

Darnach gewann Sankt Anna noch zwo Töchter, die hieß sie auch Maria; denn sie wußt nicht, welche die rechte war, die ihr der Engel verkündet hätt. Und die liebe Sankt Anna dienet Gott mit großem Fleiß bis an ihr End. Und da nun die Zeit kam, daß sie Gott von dieser Welt wöllt nehmen, da ward sie siech. Und danket Gott aller Gnaden, die er mit ihr gewirket hätt, und starb darnach säliglich.