Culika Upanishad

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CÛLIKÂ-ÜPANISHAD I 637 Cûlikd (von cûlâ, cûdâ »die Spitze«, in mannigfachem Sinn) ist nach dem Eingangsvers des Kommentars »der spitzige Aufsatz auf einer Säule«. - Die Säule (so dürfen wir dies vielleicht deuten) wäre etwa die Sâmkhyaphilosophie, und ihre Spitze der Theismus des Yoga, in wel-chen unser Autor dieselbe auslaufen läßt. Zunächst steht er auf dem Boden der Sâmkhyalehre, doch nicht sowohl derjenigen, die wir aus der Kârikâ und den Sûtras kennen; sondern einer älteren Form, wie sie z. B. Maitr. 5 (vgl. unsere Einleitung dort, oben S. 328) erscheint, die noch nicht den Purusha der Prakriti schroff gegenüberstellt, sondern densel¬ben aus dem Sattvam sich entwickeln läßt. Ähnlich erklärt unser Autor den Purusha als »im Sattvam weilend« (v. 2) und schildert ihn (wenn man unserer Auffassung von v. 3-4 beistimmt) als denjenigen, welcher mit der Prakriti die Welt zeugt, dann aber als Knäblein an ihrer Brust trinkt und nur in diesem Zustand beobachtet werden kann (asakyah so 'nyathâ drashtum). Unter den zahllosen Seelen-Knäblein, welche so die Sinnendinge trinken, ist eine Seele, welche sie als Gott (der îsvara des theistischen Yogasystems) frei genießt, welcher als die süße Beere essend von den Snâtakas und ihren Adhvaryus beim Opfer angeschaut wird (nach Rigv. 1,164,20. 22), in Wahrheit aber völlig tatenlos, udâsî-na ist (v. 8). Ihm gelten, außer dem Opfer der Adhvaryus, auch alle astras der Bahvricas und alle sieben Stomas der Chandogas (v. 9), besonders aber feiert ihn Samhitâ und Brâhmanam des Atharvaveda 1 In der Sammlung der 108 Upanishaden als Mantrika-Up. (32) vorlie¬gend.

772 ATHARVAVEDA, YOGA-UPANISHADEN als Brahman in den Geheimlehren der Mantras »unter einer Reihe von Bezeichnungen« (pada-krama-samanvitam, v. 10). Diese Reihe wird dann v. 11-13 vorgeführt; das Brahman erscheint als: brahmacârin Atharvay. 11,5 (Gesch. d. Phil. I, 277-282); crâtya, umherschwärmender Asket, Atharvay. 15; skambha, Stütze, Atharvay. 10,7. 8 (Gesch. d. Phil. L 310-324); palita, der »altersgraue«, Atharvay. 9,9.10 (Rigv. 1,164; Gesch. d. Phil. L 105-119); 638 anadvân, Ochse, Atharvay. 4,11 (Gesch. d. Phil. L 231-233); rohita, der rote, aufgestiegene (Sonnengott), Atharvay. 13,1. 2. 3 (Gesch. d. Phil. I, 212-230); ucchishta, der Rest, Atharvay. 11,7 (Gesch. d. Phil. I, 305-310); kâla, die Zeit, Atharvay. 19,53. 54 (Gesch. d. Phil. I, 210-212); prâna, der Lebenshauch, Atharvay. 11,4 (Gesch. d. Phil. I, 301-305); bhagavân âtmâ, der hehre Atman, Atharvay. 10,8,44 (Gesch. d. Phil. I, 324); purusha Atharvay. 19,6 (Rigv. 10,90; Gesch. d. Phil. I, 150-158); Sawa, Bhava, Rudra Atharvay. 11,2; Îsvara und zugleich Purusha Atharvay. 19,6,4; Prajdpati Atharvay. 4,2 und öfter (vgl. jedoch Gesch. d. Phil. I, 189-190); Virâj Atharvay. 8,9. 10; Prisni (so statt Hirshni zu lesen) Atharvay. 2,1 (Gesch. d. Phil. L 253); Salilam, Urwasser, Atharvay. 8,9,1. Ihn wissen die Atharvans als das Haupt (vielleicht mit Beziehung auf Atharvav. 10,2,26-27. 10,8,9), während manche ihn als sechsund-zwanzigsten (den Îsvara des Yoga neben den 25 Prinzipien des Sâm-khyam) oder siebenundzwanzigsten (wohl mit Unterscheidung des Cittam von Buddhi, Ahamkâra, Manas, wie oben S. 623, Anm.) oder als den verehren, welcher die 24 im Avyaktam verborgenen Prinzipien zum Vyaktam macht (v. 14-15). Aber er ist auch einer, zwei, drei, fünf usw., wie v. 15 (mit deutlichem Hinweis auf Chând. 7,26,2) versichert, er ist Ursprung und Untergang der Wesen (v. 16-19). Wer ihn (exote¬risch) als Lebensprinzip verkündet, erlangt unerschöpfliche Nahrung

CÛLIKÂ-UPANISHAD 773 für sich und die Väter, wer ihn (esoterisch) erkennt, sei er Brahmane oder nicht, der geht in ihm zur ewigen Ruhe ein (v. 20-21). Die Upanishad dürfte ihre Stelle haben in der Zeit, wo aus der noch nicht systematisch abgeschlossenen Sâmkhyalehre der theistische Yoga sich herausbildete, und würde, wenn diese Auffassung sich bewährt, als Zeugnis jenes Übergangs von besonderm Werte sein. 1. Der Vogel, strahlend, achtfüßig', Dreisträhnige, ewiger Juwel, Glutflammend, wandernd zwiefältig", Jeder sieht ihn und sieht ihn nicht,' 2. Wenn zur Zeit der Wesenblendung Zerreißt um Gott die Finsternis, Dann sieht in Gunahöhle man, Im Sattvam, ihn, der gunalos. 3. Denn nicht anders zu schaun ist er, Als wenn er als ein Knäblein saugt4 An der Werdemutter Mâya, Der ew'gen, festen, achtfachen.' 4. Er saugt an ihrer Brust liegend'; Und wieder wird, erregt, sie breit Und gebiert für den Purusha, Von dem vorher sie ward belegt. 5. Mit des Rindes Stimme brüllt' die Wesenbildende Zeugerin, 1 Die acht Himmelsgegenden bestrahlend. 2 trimîtram, vielleicht weil durch die drei Gunas gefesselt. 3 Jeder sieht ihn als Sonnenvogel, und sieht ihn nicht, sofern er der Atman ist. 4 Lies dhayamânah. 5 Achtfach ist die Maya (Prakriti) vielleicht im Sinne der acht Formen des Siva, die in der Nandî des Sâkuntalam vorkommen. 6 Wörtlich: »sie (die Prakriti) wird, von ihm besetzt, gesogen« (lies dhîyate). 7 Vgl. Rigv. 1,164,28 (Atharvav. 9,10,6).

774 ATHARVAVEDA, YOGA-UPANISHADEN Die schwarze, weiße und rote', Allwunschmelkend nur für den Herrn. 6. Die Knäblein freilich sind zahllos, Die da trinken die Sinnenwelt, Doch einer nur als Gott trinkt sie, Dem eigenen Willen folgend frei. 7. Er durch sein Denken und Wirken Genießt zuerst, der heil'ge Gott, Die allen spendende Milchkuh, Die verehrt von den Opfrern wird. B. In ihr das große Selbst schauen Als Vogel, der die Frucht genießt2, Obwohl es ewig sitzt müßig, Opfernd Hausherr und Priesterschaft 9. Ihm, dem sagenden, nachsagen Rig-Sänger, sagenskundige, Ihm in Rathantaram, Brihat, In allen sieben' gilt das Lied. 640 10. Als Brahman in Geheimlehren Der Mantras, in der Worte Reih' Verkünden ihn die Atharvans, Der Bhrigusöhne oberste, 11. Als Brahmanschüler4, als Schwärmers, Als Stützers und als altersgrau; 1 Nach Svet. 4,5; gemeint sind die drei Gunas. 2 Rigv. 1,164,20 (Gesch. d. Phil. L 113). 3 Die sieben Stomaformen mögen gemeint sein; Rathantaram und Brihat sind freilich Sâmans. (Die Namen der sieben Stomas s. Ind. Stud. IX, 276.) 4 Brahmacârin, Atharvay. 17,5. 5 Vrâtya Atharvay. 15. 6 Skambha 10,7.8. 7 Pau to 9,9. 10.

CÛLIKÂ-UPANISHAD 775 Als Ochsen', Reste und Rohita3 Verkündet ihn das Bhriguwerk. 12. Als Zeit4, als Prâna5, als Âtmans, Der erhabne, als Purusha , Als arva, Bhava und Rudra8, Als Gott und Purusha9 zugleich, 13. Als Pri4ni10 und als Urwasser", Als Virâj12 und Prajâpati13 in spruchverknüpften Vorschriften'4 Atharvans wird gelobt der Herr. 14. Als sechsundzwanzigsten manche15, Auch als siebenundzwanzigsten, Die Atharvans als Haupt wissen Der Sâmkhyas gunalosen Geist, 15. Der das Avyaktam als Vyaktam Vierundzwanzigfach sichtbar macht, Als zweiheitlos und zweiheitlich, Als dreifach, fünffach kennt man ihn.'s 1 Anadv fn 4,11. 2 Ucchishta 11,7. 3 Rohita 13,1.2.3. 4 Kdla 19,53.54. 5 Prâna 11,4. 6 10,8,44; bhagavân faßt die dort stehenden Epitheta zusammen. 7 Purusha 19,6. 8 garva (so zu lesen), Bhava, Rudra 11,2. 9 Îsvara und zugleichpurusha 19,6,4; die Punaer Ausgabe liest S`yâvasvah (Atharvav. 11,2,18) sa-asuras tathd; das zweimalige purusha ist aller¬dings auffallend. 10 Primi 2,1; pârshni ist sinnlos, da. wir dem Autor doch nicht wohl zumu¬ten dürfen, daß er etwa an Nena parshnî etc. 10,2,1 gedacht habe. 11 Salilam 8,9,1. 12 Virâj 8,9 und 10. 13 Prajâpati 2,1 und oft, meist um ihn umzudeuten. 14 Bezieht sich vielleicht auf Brâhmanas (vidhz) des Atharvaveda. 15 Vgl. Gaudapâda, Mandûkya-Kârika 2,26 (oben, S. 586). 16 Beziehung auf Chând. 7,26,2.

776 ATHARVAVEDA, YOGA-UPANISHADEN 16. Durch die Erkenntnis als Auge Sehn Brahmanen von Brahman an Bis in die Pflanzenwelt abwärts Sich hindurchziehn den Einen nur. 17. Dem eingewoben dies Weltall', Was sich bewegt und nicht bewegt, In Brahman auch vergeht alles Wie Schaumblasen im Ozean. 18. In ihm, in dem die Weltwesen Einmündend, werden unsichtbar, Vergehn sie und erstehn wieder Gleich Schaumblasen zur Sichtbarkeit. 19. Daß er als Seele im Leib weilt, Zeigt ans Gründen der Weise auf, Und daß als Gott er stets wieder Die Wohnung wechselt tausendfach. 20. Wer satzungstreu als Brahmane Dies bei dem Totenmahle lehrt (Kâth. 3,17), Erlangt für sich und die Väter Speis' und Trank, unvergängliche. 21. Doch wer Brahman und sein Gesetz, Sei er Brahmane oder nicht, Erkennt, der schwindet, einmündend Zu dem in Brahman Ruhenden, — zu dem in Brahman Ruhenden.2 1 Brih.3,6. 2 Wörtlich: »sie gehen auf in Brahman (tatraiva), indem [wie bei den Flüssen Chând. 6,10. Mund. 3,2,8] ihre Mündungen hinschwinden (lînâsyâh) zur Vereinigung mit dem [bereits] im Brahman-Ozean Be-findlichen (brahmasâyine, Dativ des Zweckes)«.