Wasserkur
Eine Wasserkur ist nicht nur für kranke Menschen gut. Auch gesunde Menschen können diese Methode, die den Körper gesund, kräftig und vital erhält, vorbeugend anwenden. Wasserkuren wirken sowohl vorbeugend, als auch heilend.
Die Wasserkur wirkt bei akuten Krankheiten beruhigend. Durch feuchte Wickel fördert man die Ausbreitung von Hitze und reduziert auf diese Weise die Fiebertemperatur. Bei chronischen Erkrankungen wirkt eine solche Kur anregend. Die Ausscheidung wird angeregt.
Wasser ist eines der ältesten und wirksamsten Mittel in der Behandlung von Krankheiten. Wasser ist ein sehr einfaches Mittel, es bedarf jedoch einer vorsichtigen Anwendung. Wasser lindert lokalen Schmerz, stärkt das Nervensystem, gleicht die Hitze im gesamten Körper aus und stimuliert die Lebenskraft. Der Naturheilkundler nutzt die reinigenden und heilenden Eigenschaften von warmem und kaltem Wasser.
Die unzähligen Nervenenden in der Haut werden durch die Anwendung von Kälte beruhigt. Ein Bad sorgt für die notwendige Abkühlung. Während und nach dem Bad werden die Nerven beruhigt, indem sie durch Verdunstung des Wassers auf der Haut, gekühlt werden. Dasselbe passiert beim Abschwämmeln. Man sollte regelmäßig baden um die Nerven zu beruhigen.
Wasser ist ein Heilmittel. Es wirkt entweder thermisch oder mechanisch oder als Kombination von beiden. Es entzieht dem Körper Hitze, löst und beseitigt Körperabfälle. Es besitzt Nährstoffe.
Eine kalte Anwendung, bedeckt von einem warmen Material wie einer Flanell- oder Wolldecke, zieht Entzündungen, Schmerz oder Schwellungen aus dem Körper. Feuchte Wickel beseitigen Fieber.
Kaltes Wasser an der Oberfäche des Körpers regt die Durchblutung an. Die Zahl der roten und weißen Blutkörperchen erhöht sich. Ein kaltes Bad hat eine elektromagnetische, stimulierende und kräftigende Wirkung auf das System.
Es spült die Blutgefäße und reinigt sie von angesammeltem Abfall und von Giften. Es öffnet die Poren der Haut und wirft alle Unreinheiten hinaus.
Nur wenn der Körper gesund und gekräftigt auf ein Bad reagiert, hat das Bad gut gewirkt. Der Körper reagiert auf das Wasser.
Wasser ist ein universelles Mittel. Es kann ein träges Organ auf der Stelle wiederbeleben.
Wenn man heisses Wasser schluckweise trinkt, wird der Magen ausgewaschen und von Säuren befreit. Dies lindert Sodbrennen, Blähungen, Verdauungsstörungen und Herzklopfen. Es stimuliert eine träge Leber, sorgt für einen freien Fluss von Urin und löst Steine in den Harnwegen und in den Nieren auf. Bei Gicht und Rheuma reinigt es den Blutstrom durch das Auswaschen von Harnsäure und Abfallprodukten in den Gelenken.
Artikel von Swami Sivananda aus seinem Buch „Practice of Nature Cure“ der Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.
Geschichte der Wasserkur
Wasserkuren sind so alt wie die Welt. Die Rishis haben sie in in ihren Ashrams in Indien angewendet. Rishi Vyasa, Vasishta, Valmiki, Bharadwaja, Atri, Bhrigu- alle praktizierten die Naturheilkunde. Ihre Schüler hatten tiefe Kenntnis über Wasserkuren. Sie benutzten feuchte Wickel, Hüftbäder, Rückenbäder usw.
Hippokrates, der Vater der Medizin, war ein grosser Vertreter der Wasserkuren. Eine objektive Darstellung der Geschichte der Medizin würde sicher zugeben, dass seit Hippokrates, dem Vater der Medizin, bis heute, die Medizin mehr von Laien wie Priessnitz, Kneipp oder Rickli bereichert wurde als von Medizinern. Die frühen Pioniere der Helio –und der Hydrotherapie waren zu ihren Lebzeiten von den Ärzten ausgestoßen. Der deutsche Arzt Doktor J.C.Hahn, der 1773 verstorben ist, hat ein Buch über Wasserkuren geschrieben. Er machte ein Therapiesystem daraus.
G.C. Hahnemann (1784), der Gründer der Homeopatie gab detaillierte Beschreibungen über Bäder in seinem Buch „Richtlinien wie man alte Wunden und Geschwüre behandelt.“
Vincent Priessnitz gründete das erste Wasserheilzentrum in Grafenberg, 1826, Schlesien, Deutschland. Er gilt als der Vater der Hydrotherapie. Er war der Sohn eines Bauern.
Priessnitz beobachtete eines Tages in der Nähe seiner Wohnung, wie ein verwundeter Hirsch seine Verletzungen heilte, indem er sie in kaltem Wasser einer Quelle badete. Er sah, wie das Tier jeden Abend um diesselbe Uhrzeit zur Quelle kam, bis die Wunden endlich geheilt waren. Zu dieser Zeit war er ein Junge von nur 18 Jahren. Er begann mit Erfolg Wunden mit Umschlägen aus kaltem Wasser zu behandeln. Er wendete Sitzbad, halbes Bad, Vollbad, Packungen, Sturzbad, Bauchpackungen usw. an.
Nach der Theorie von Priessnitz werden die meisten Krankheiten durch Stockung oder Ansammlung von Krankheitserregern verursacht.
Er lehrte, dass Sturzbäder nie direkt am erkrankten Körperteil angewendet werden sollen, sondern an einer Stelle, weg von der betroffenen Stelle. Er glaubte an kurze Anwendungen, im Sinne von „viel hilft nicht viel“.
Johann Schroth, 1798 geboren, hat viel zum Aufschwung der Wassertherapie beigetragen. Er fand heraus, dass feuchte Wärme bei allen Anwendungen gut ist. Johann Schroth hatte eine Knochensplitterung im Kniegelenk. Er legte feuchte Leinenwickel auf die betroffene Stelle und bedeckte diese mit trockenem Flanell. Er erneuerte den Wickel nur, wenn er fast trocken war. Schroths Knie wurde wieder ganz heil. Diese Erfahrung zeigte ihm, dass feuchte Wärme Wunder wirken kann.
Sebastian Kneipp, geboren 1821, war ein weiterer Pionier auf dem Gebiet der Wasserkuren. Er war der Sohn eines armen Webers. Er folgte den Anweisungen aus dem Buch „Wasserkur“ von Hahn. Er gründete ein Wasser-Kur Institut in Worishofen, Bayern. Er schrieb ein Buch über Naturheilkunde. In jedem deutschen Haus gab es dieses Buch, und viele praktizierten die Methoden nach Kneipp.
Kneipp sagte, dass die Ursache von Krankheiten im Blut liege. Das Blut ist entweder unrein oder die Durchblutung ist gestört. Kaltes Wasser kann Abhilfe schaffen. Es stimuliert die Haut und reguliert die Durchblutung. Krankheitserreger werden aufgerührt und beseitigt. Je kälter das Wasser, desto wirksamer die Behandlung. Er benutzte Waschungen, Sturzbäder, Sitzbäder und halbe Bäder.
Louis Kuhne, ein Zeitgenosse von Kneipp hat viel zur Hydrotherapie beigetragen. Kuhne ging davon aus. dass es nur eine Gesundheit und nur eine Krankheit gibt. Er sagte, dass Krankheit durch Toxine verursacht wird. Die Kehle ist der Spiegel des Körpers. Krankheit verändert Kehle und Kopf. Der Ausdruck der Augen, die Gesichtsfarbe, der Zustand von Haut und Haaren, zeigen den inneren Zustand von Geist und Gesundheit.
Nach Kuhne ist für eine Krankheit und deren Heilung nur eine einzige Behandlung notwendig. Er befürwortete das Sitz- und das Dampfbad. Er ist der Urheber der Idee „Einheit von Krankheit“.
Auch Adolf Just, Dr. Lahmann und Bliz waren Pioniere auf dem Gebiet der Wasserkuren.
Adolf Just ist der Autor des Buches „Kehre zurück zur Natur“. Er erfand das Natur- Bad. Er hat viel mit Tonerde geheilt.
Dr. Lahmann und Bliz haben ein Naturheilkunde Institut in Dresden gegründet. Dr. Lahmann hat das Bürstenbad erfunden, Bliz hat zwei Bücher über Naturheilkunde geschrieben. Diese Bücher sind weltberühmt. Sie wurden in mehrere Sprachen übersetzt.
Smedley ist einer der englischen Pioniere der Naturheilkunde. Er ist der Herausgeber von „Praktische Hydrotherapie“, einem Buch, das 1872 erschienen ist, das beste Buch dieser Art. Er gründete das Matlock Bank Hydropathic Institut.
Später übernahm Dr. N. B. Hunter das Institut. Auch er hat ein Buch über Naturheilkunde geschrieben. Dr. Edward Johnson hat mehrere Bücher über dieses Thema in der Mitte des 19.Jahrhunderts geschrieben.
Große Wahrheiten haben ein gemeinsames Schicksal. Wenn sie zuerst aufkommen, sagen die offiziellen Autoritäten, dass sie absurd seien.Man schenkt ihnen keine Beachtung. Nach einigen Jahren erkennt man die Wahrheit, die darin steckt und letztendlich sagt man, dass die Entdeckung von größter Wichtigkeit sei.
Unglücklicherweise haben die Naturheilkundlichen Systeme immer nur eine Anwendung oder eine Gruppe von Anwendungen als ihre einzige Basis anerkannt und deshalb gibt es unter den Schülern von Kuhne, Schroth, Rickli, Priessnitz, Platen und anderen, sehr unterschiedliche Meinungen. Die Ursache liegt in der Einseitigkeit. Zum Beispiel war die Grundlage der Behandlungen von Kneipp und Priessnitz, die Wasserkur, bei Rickli war es die Heliotheraphie (Sonnenbehandlung), bei Schroth war es das Austrocknen des Körpers usw.
Diese Anwendungen sind lokale Behandlungen. Wichtig für die Erneuerung des gesamten Organismus ist jedoch auch die allgemeine Behandlung.
Die lokale Behandlung ist ein wichtiger Teil der Behandlung. Die allgemeine Behandlung definiert, die lokale Behandlung beeinflußt und verändert. Beide haben ihre Existenberechtigung und ihre Bedeutung. Beide sind wichtig. Ohne das eine wird das andere wertlos. Man muß immer beides anwenden, die lokale und die allgemeine Behandlung.
Jedes System hat ohne Frage seinen Wert. Was die Vertreter dieser Systeme sagten, war gut und richtig, aber nicht ausreichend, weil jeder nur sein eigenes System anerkannte. Jeder hielt sein System für das einzig richtige und das der anderen für nicht so wertvoll. So ist diese Einseitigkeit der schwächste Punkt der naturheilkundlichen Systeme.
Rickli kümmerte sich nicht um Diät und Wasserkuren. Für ihn waren die Sonnenstrahlen das Einzige. Priessnitz und Kneipp kümmerten sich auch nicht um Ernährung. Sie erlaubten ihren Patienten alles zu essen, was sie mochten. Für sie war die Hydrotherapie alles.
Schlickheysen konzentrierte sich hauptsächlich auf Diät und schenkte der Wasserkur keine Beachtung oder der Heliotherapie. Alle diese Pioniere haben ihren Wert, aber alle sind einseitig.
Einseitigkeit und Rechthaberei sind eine Sünde, die es zu vermeiden gilt. In der Naturheilkunde sollte man die Vorteile aller therapeutischen Systeme nutzen.
Wie Wasser als medizinisches Mittel wirkt
Wasser hat einen großen Platz in der Hauswirtschaft des Körpers, da Dreiviertel des Körpergewichts aus Wasser besteht und es einen konstanten Bedarf an Wasserzufuhr gibt. Aber die Tätigkeit von Wasser als Nahrungs- oder Gewebebauer, unterscheidet sich von seiner Funktion als medizinisches Mittel. Die Art wie Wasser auf den Körper wirkt, wenn es wissenschaftlichen Prinzipien folgend, angewendet wird, wurde durch Beobachtung, Studium und Erfahrung, über lange Jahre erforscht.
Der therapeutische Wert von Wasser liegt darin, unterschiedliche Temperaturen von Hitze und Kälte zu übermitteln. Es gibt kein anderes Mittel, das so leicht erhältlich und so leicht anzuwenden ist. Keines ist so effektiv wie der Gebrauch von Wasser in der Hydrotherapie. Wasser dient als Reinigungsmittel. Keine andere Substanz hat die Qualität, Unreinheiten wegzuspülen und Körperfunktionen leichter und effektiver zu machen.
Die Anwendungen von Wasser, um dem Körper Hitze oder Kälte zu übermitteln, sind zahlreich in ihrer Form und Art. Hydrotherapie wird hauptsächlich bei Krankheiten der Muskulatur angewendet. Ob man den Körper erhitzen oder abkühlen, stimulieren oder beruhigen möchte, Wasser ist immer da. Es ist kostengünstig, zuverlässig und effektiv, wenn es auf intelligente Art angewendet wird.
Es wäre unmöglich eine detaillierte Abhandlung über den Gebrauch von Wasser bei Behandlung von Krankheiten zu schreiben. Es gibt ein paar allgemeine und universelle Prinzipien, die jeder kennen sollte. Hitze weitet die Gewebe, Kälte zieht sie zusammen. Hitze erhöht Aktivität, Kälte verlangsamt. Kurze schnelle Anwendungen mit kaltem Wasser sind stimulierend, dauerhafte Anwendung von Hitze unterdrückt. Nicht nur die Oberfäche des Körpers wird durch die Behandlung mit Wasser behandelt, sondern auch die inneren Organe. Die Nerven, die in der Haut enden, sind eng mit den inneren Organen verbunden. Jedes innere Organ ist auf der Oberfläche durch einen bestimmten Bereich vertreten, in dem sich die Nerven befinden, mit welchem es über Reflex verbunden ist. Dieser Bereich wird „Gesicht“ des Magens, des Herzens, der Leber usw. genannt, je nach Organ, mit dem es verbunden ist. Üblicherwiese ist dieser Bereich oberhalb des Organs, oder daneben, aber nicht immer.
Verstopfung, innerlich oder äußerlich, wird durch den Gebrauch von kaltem und heissem Wasser kontrolliert. Fieber wird gesenkt und die Durchblutung reguliert. Wasser beinhaltet in dieser Thematik auch Eis und Dampf. Die Anwendung in der Form von Eis kontrahiert die Blutgefäße, verlangsamt die Körperaktivität und dämpft die Herzaktivität. Eine Anwendung von Eis am Herzen verlangsamt den Herzrhythmus, während eine Anwendung mit Hitze den gegenteiligen Zweck erfüllt. Ein Stau im Gehirn oder im Kopf, der zu Kopfschmerzen führt, wird beseitigt, indem man Füße und Beine behandelt. Dadurch werden die vom Herzen und Gehirn entfernten Blutgefäße erweitert, und das Blut von Gehirn oder Kopf weggeführt. Die kalten Anwendungen am Kopf und an Arterien die zum Kopf führen, kontrahieren die Blutgefäße und verursachen dass weniger Blut zum Kopf fliesst.
Hitze hilft Schmerzen zu lindern. Durch die Erweiterung der Blutgefäße kann das Blut freier fliessen und das Blut kann verstopfte Stellen verlassen. Hitze wirkt direkt auf die Nerven, mindert die Irritabilität und die Schmerzempfindung.
Die Wirkung des Wassers auf das Nervensystem ist eindeutig. Die Energie der Nerven wird kontrolliert und so kann jede Art von Krankheit gehandhabt werden.
Dieses wirksame Mittel hat den großen Vorteil, den Körper nicht mit giftigen Substanzen zu füllen, die dann wieder beseitigt werden müssen. Die Stimulierung ist in perfekter Harmonie mit den natürlichen Funktionen des Körpers und hilft, diese Funktionen zu verbessern. Die Hydrotherapie ist eine heilsame Therapie unter jedem Gesichtspunkt. Sie wird von allen klugen Medizinern empfohlen.
Literatur
- Swami Sivananda: „Practice of Nature Cure“, Divine Life Society, ISBN 81-7052-229-3.