Yoga für das Immunsystem
Yoga für das Immunsystem: Wie stärkt Yoga das Immunsystem? Welche Yoga Übungen sind besonders wirkungsvoll, um das Immunsystem zu stärken, weniger anfällig zu werden für Erkältung, Grippe, Schnupfen, Husten, Heiserkeit? Darüber hat Sukadev Bretz in der August-Ausgabe des Ayurveda Journals 2014 folgenden Artikel geschrieben:
So stärkt Yoga das Immunsystem
Yoga stärkt das Immunsystem. Wer Yoga übt, hat nachweislich weniger Erkältungen. Und wenn einen Yoga Übenden doch mal eine Erkältung „erwischt“, dann leidet er weniger darunter und kommt auch schneller auf die Beine. Hier bekommst du einige Tipps, um Erkältungen mittels Yoga Übungen vorzubeugen.
Das menschliche Immunsystem ist ein großes Wunderwerk. Über Haut, Nase, Mund, Augen, Verdauungssystem kommen ständig Bakterien, Viren und andere Kleinstlebewesen in Kontakt mit dem menschlichen Körper. Das Immunsystem muss entscheiden, welche dieser Kleinstlebewesen hilfreich sind für den Körper und welche es eliminieren muss. Schließlich braucht der Mensch gutartige Bakterien für die Verdauung und für die Gesundheit der Haut.
Hier einige Faktoren, wie Yoga das Immunsystem stärkt – und dabei gleich ein paar Übungen:
Entspannung statt Stress (oder: Überwinde deinen Stress durch Entspannung)
Unter Stress wird im Körper der Flucht-Kampf-Mechanismus aktiviert. Kommt eine äußere Bedrohung, z.B. ein Tiger (oder ein verärgerter Chef), dann ist eine schnelle Reaktion notwendig. Unter Stress verlagert der Körper die Energie in jetzige Überlebensstrategien, weg vom Immunsystem. Dauerstress schädigt daher das Immunsystem – so ist ein gestresster Mensch erkältungsanfälliger. Man kann das auch positiv sehen: Ist ein Mensch ständig in Aktion und gönnt sich keine Ruhe, dann hilft Mutter Natur, ihn mittels einer Erkältung zur Ruhe zu zwingen. Hier gleich eine einfache Übung für eine kleine Entspannungspause. Eine solche Kurzentspannung kann sehr schnell das Immunsystem wieder regenerieren:
Sitze entspannt auf einem Stuhl (oder lege dich hin) – wenn du willst gleich jetzt. Spanne die Muskeln des rechten Beines an, halte sie 5 Sekunden lang angespannt, spüre dabei die Beinmuskeln. Dann lasse los und fühle kurz die Entspannung des Beines. Mache das gleiche mit dem linken Bein. Dann spanne beide Arme gleichzeitig an, mache Fäuste, spüre die Anspannung 5 Sekunden lang, dann lasse los und spüre die Entspannung der Arme. Ziehe die Schulterblätter nach hinten zusammen, fühle die Anspannung der Rückenmuskeln. Lasse los und spüre die Entspannung im Rücken. Ziehe die Schultern hoch zu den Ohren, spüre die Anspannung der Schultern. Lasse los und spüre die Entspannung. Drücke die Zunge gegen den Gaumen, spüre die Anspannung. Lasse los, spüre die Entspannung. Dann schließe die Augen und genieße eins bis zwei Minuten lang die innere Ruhe und Gelassenheit. Oder schaue aus dem Fenster und genieße die Schönheit des Himmels. Diese Übung dauert weniger als 5 Minuten – und gibt dir das Gefühl der Entspannung – dein Immunsystem wird es dir danken.
Energie und Positives Denken (oder: Stärke dein Immunsystem durch Positives Denken und Lebensenergie)
Aus der Psychoneuroimmunologie-Forschung wissen wir, dass Denken, Nervensystem und Immunsystem sich gegenseitig beeinflussen. Ein Niedrigenergiezustand macht das Immunsystem anfälliger für Infekte. So gilt es, den Energielevel hoch zu halten. Alle Yoga Übungen haben auch den Zweck, neue Energie (Prana) und damit innere Positivität zu fördern. Die alten Yogis sagen auch, dass erst wenn der Pranafluss, also der Fluss der Lebensenergien, gestört ist, Erkältungen kommen können.
Hier eine einfache Auflade-Übung:
Spüre kurz in dich hinein. Spüre in deinen Bauch. Werde dir der Gefühle dort bewusst. Lege die Hände auf die Nabelgegend. Beim Einatmen hebe die Arme nach oben zum Himmel hin, die Handflächen nach oben. Beim Ausatmen senke die Hände wieder auf den Bauch. Mache dies ein paar Mal. Beim Einatmen sage dir: Ich öffne mich für neue Kraft und Positivität. Beim Ausatmen sage dir: Ich fülle mein Sonnengeflecht mit neuer Energie. Dann spüre in deine Brust, in dein Herz hinein. Werde dir bewusst, was du dort spürst. Lege deine Hände auf die Herzgegend. Beim Einatmen hebe die Arme nach oben zum Himmel hin, die Handflächen nach oben. Beim Ausatmen senke die Hände wieder auf die Herzgegend. Mache dies ein paar Mal. Beim Einatmen sage dir: Ich öffne mein Herz für Freude und Liebe. Beim Ausatmen sage dir: Ich liebe mich selbst.
Belüfte deine Atemwege
Viren sammeln sich gerne in den Schleimhäuten in der Nase, im Rachen und in den Bronchien. Insbesondere wenn die Nasendurchgänge und die Lungen nicht ausreichend belüftet werden, kann das zu Brutstätten für Viren und Bakterien werden.
Eine machtvolle Übung dagegen ist die tiefe Bauchatmung.
Hier eine kleine Anleitung:
Sitze, liege oder stehe entspannt. Lege eine Hand auf die Nabelgegend. Atme vollständig aus, dabei geht der Bauch hinein. Dann atme sanft ein, dabei geht der Bauch nach vorne. Atme wieder vollständige aus, dabei geht der Bauch hinein. Atme wieder sanft ein, lass den Bauch dabei sanft nach vorne gehen. Achte dabei darauf, dass du vollständig ausatmest, aber nur sanft einatmest. Das Ausatmen spielt dabei eine besonders wichtige Rolle, weil die Ausatmung alle verbrauchte Luft und damit auch Viren und Staub etc. aus dem Körper bringt. Die Einatmung geschieht ganz sanft und bringt neuen frischen Sauerstoff. Übe immer wieder 10 solcher tiefer Atemzüge. So unterstützt du dein Immunsystem auf einfache und effektive Weise. Yogis empfehlen, durch die Nase einzuatmen und durch die Nase auszuatmen. So wird gerade die Nase auch gut belüftet und beim Ausatmen können Schadstoffe und Krankheitserreger auch aus dem Nasenraum nach draußen befördert werden.
Eine etwas speziellere Übung ist Kapalabhati, die Schnellatmung. Diese hilft, die Lungen sehr effektiv zu belüften und alle potentiellen Krankheitserreger und Schadstoffe nach draußen zu befördern.
Hier eine kleine Anleitung:
Sitze ruhig und gerade. Atme erst ein paar Mal sanft ein und aus. Dann atme stoßartig durch die Nase aus, so als ob ein Papierschnipsel auf der Oberlippe ist, den du schnell wegpusten willst. Dann atme sanft wieder ein. Atme wieder stoßartig aus, als ob du den Papierschnipsel wieder wegpusten willst. Atme wieder sanft ein und aus. Mache das etwa 10-20 Atemzüge lang. Danach atme ein paar Mal ruhig und tief mit dem Bauch ein und aus. Wenn du willst, kannst du diese 10-20 schnelle Ausatmungen auch noch ein oder zwei Mal wiederholen. Diese Übung belüftet nicht nur alle Atemwege, sondern gibt dir auch sehr schnell neue Energie. Vorsicht: Kapalabhati ist sehr gut zur Erkältungsprophylaxe, also zur Vorbeugung. Wenn du schon erkältet bist, dann solltest du auf Kapalabhati verzichten.
Oft ist auch ein Nasenloch offener als das andere. Dann kann es geschehen, dass das schlechter belüftete Nasenloch zur Brutstätte von Viren wird. Vorbeugend eignet sich dann die Wechselatmung: Sitze ruhig und gerade. Atme erst ein paar Mal entspannt ein und aus. Dann hebe die rechte Hand. Beuge Zeigefinger und Mittelfinger. Berühre ganz sanft den rechten Nasenflügel mit dem rechten Daumen und den linken Nasenflügel mit dem rechten Ringfinger. Schließe das rechte Nasenloch, indem du den Daumen auf den rechten Nasenflügel drückst und atme durch das linke Nasenloch sanft ein. Schließe das linke Nasenloch, indem du den Ringfinger auf den linken Nasenflügel drückst. Atem sanft und ruhig durch das rechte Nasenloch aus. Dann atme wieder durch das rechte Nasenloch sanft und ruhig ein. Dann schließe das rechte Nasenloch mit dem Druck des Daumens und atme links wieder aus. Das ist eine Runde der Wechselatmung. Mache so etwa 5-10 Runden Wechselatmung. Diese Übung belüftet beide Nasendurchgänge und beugt so Erkältungen gut vor. Darüberhinaus hilft die Wechselatmung auch, die Energien zu harmonisieren. Nach alter Yogalehre steht das linke Nasenloch in Verbindung mit der Mondenergie, das rechte mit der Sonnenenergie. Indem du die Wechselatmung übst, bringst du Mondenergie und Sonnenenergie in Harmonie. Die alten Yogis sagen, dass ein Mangel an Sonnenergie zu Kälte und damit zu Infektanfälligkeit führen kann. Ein Mangel an Mondenergie kann dagegen zu Entzündungen und Fieber führen. Sind sowohl Sonnen- als auch Mondenergien zu schwach, ist eine Erkältung schon vorprogrammiert. Regelmäßige Wechselatmung stärkt diese beiden wichtigen Energien und verhelfen so zu einem starken Immunsystem.
Reinige dich mit Salzwasser
Salzwasser spielt im Hatha Yoga, also dem körperbetonten Yoga, im Rahmen der Kriyas eine besondere Bedeutung. Salzwasser gleicht aus, hilft den Schleimhäuten und desinfiziert ganz sanft. Hier zwei Kriyas, Reinigungsübungen:
Gurgeln mit Salzwasser:
Gib in ein Glas (0,2 Liter) lauwarmes Wasser einen gestrichenen Teelöffel Salz. Rühre um. Mit diesem Salzwasser gurgele etwa eine halbe bis eine Minute lang. Wenn du noch eine Messerspitze Kurkuma (Gelbwurz bzw. Turmeric) dazu gibst, ist das noch effektiver. Nachher kannst du auch mit dem Löffel (oder einem Zungenschaber) sanft den Schleim von der Zunge lösen, indem du sehr sanft ein paar mal mit dem Löffel (oder dem Zungeschaber) von der Zungenwurzel nach vorne schabst.
Neti – Nasenreinigung
Du kannst den Kopf leicht zur Seite legen und etwas von dem lauwarmen Salzwasser in ein Nasenloch laufen lassen (allerdings nur, wenn da kein Kurkuma drin ist). Anschließend Schnäuze das Nasenloch gut aus. Anschließend lass ein paar Tropfen in das andere Nasenloch laufen und schnäuze auch dieses Nasenloch gut aus. Noch effektiver ist die Nasenreinigung mit einem Nasenspülkännchen, auch Netikännchen genannt. Gerade in der Erkältungssaison kann das tägliche Ausführen von Neti die Erkältungswahrscheinlichkeit erheblich senken.
Iss gesund
Yogis empfehlen eine gesunde Ernährung mit frischem Obst, mit Gemüse, Vollkorngetreide und Hülsenfrüchten. Fleisch, Alkohol, Rauchen etc. belasten das Immunsystem und sollten deshalb vermieden werden. Milch und Milchprodukte können zu einer Verschleimung führen enthalten Eiweiße einer anderen Spezies und verwirren daher das menschliche Immunsystem. Eine vegane Ernährung, die außerdem zuckerarm ist, stärkt das Immunsystem und verhilft zu einem Gefühl von Energie und Kraft.
Stärke dein Immunsystem mit Yoga Asanas
Die meisten Immunzellen werden im Bauchbereich, insbesondere in Darm und Milz, produziert. Und die Hormone der Nebennieren haben viel mit dem Stresssystem zu tun.
Yoga Asanas massieren sanft die Bauchorgane und verhelfen zu einer gesunden Produktion von Immunzellen. Die Hatha Yoga Schriften sprechen auch von Agni, dem Verdauungsfeuer, welches auch für die Erkältungsvorbeugung eine wichtige Rolle spielt: Ein schwaches Agni führt dazu, dass alle Umwandlungsprozesse im Körper, auch die Verdauung, nicht richtig funktioniert, Nährstoffe nicht richtig absorbiert werden und Infektanfälligkeit erhöht wird.
Yoga Asanas stärken Agni, das Verdauungsfeuer und bringen auch die Doshas, die Bioenergien, ins Gleichgewicht.
Hier ein kurzes Übungssystem aus drei Asanas, die alle auf den Bauch wirken und so die Produktion der Immunzellen harmonisch ablaufen lassen und Agni, das Verdauungsfeuer stärken:
Die Vorwärtsbeuge (Paschimottanasana)
Setze dich auf den Boden. Strecke die Beine vor dir aus. Beuge dich nach vorne. Fasse mit den Händen an die Zehen, die Knöchel oder Waden. Mache das so, dass es im unteren Rücken angenehm ist. Wenn hilfreich, beuge die Knie etwas oder auch stärker. Wenn du eine angenehme Stellung gefunden hast, bleibe ruhig in der Stellung. Atme etwa 10 Mal tief aus und sanft ein. Spüre dabei den Bauch. Wenn du willst, kannst du dir eine Sonne oder ein Feuer im Bauch vorstellen
Die Kobra
Drehe dich auf den Bauch. Halte die Beine auf dem Boden, den Bauch auf dem Boden. Lege die Hände unterhalb der Schultern auf den Boden, die Handflächen berühren den Boden. Hebe Kopf und Brust etwas hoch, halte aber den Nabel auf dem Boden. Bleibe während 3-4 Atemzügen in der Stellung und spüre, wie deine Bauchorgane leicht gedehnt werden
Der Drehsitz
Setze dich auf die Fersen (oder auf einen Stuhl). Drehe dich soweit du kannst nach rechts. Fasse dabei mit der linken Hand an das rechte Knie und gib die rechte Hand hinter den Rücken (oder die Stuhllehne). Atme ein paar Mal tief ein und aus. Spüre die sanfte Massage der Bauchorgane. Wechsele die Seite.
Nach dieser Übungsreihe lege dich kurz auf den Rücken und entspanne.
Du hast jetzt einige Übungen vorgestellt bekommen. Jede einzelne Übung für sich wirkt positiv auf dein Immunsystem, auf dein Wohlbefinden und deine Energien. Probiere die Übungen aus, die dir für dich am stimmigsten erscheinen.
Falls du mehrere Übungen hintereinander probieren willst, hier eine etwas umfangreichere Übungsreihe, die aus allen oben beschriebenen Übungen besteht:
- Gurgeln mit Salzwasser
- Neti Nasenreinigung
- Aufladeübung
- Tiefe Bauchatmung
- Kapalabhati
- Wechselatmung
- Vorwärtsbeuge, Kobra, Drehsitz
- Entspannung
Die oben beschriebenen Übungen können von jedem ausprobiert werden. Es gibt natürlich noch viele weitere Yoga-Übungen, die das Immunsystem stärken, zu neuer Energie und Positivität führen können. Yoga lernst du natürlich am besten von einem Yogalehrer/in. Qualifizierte Yogalehrer/innen findest du z.B. auf http://yogalehrer-verzeichnis.de . Und du kannst die Grundlagen des Yoga auch in einem Yoga Wochenendseminar, z.B. bei Yoga Vidya, lernen http://y-v.de/yoga-anfaenger-seminar .
Der Autor, Sukadev Bretz, ist Gründer und Leiter von Yoga Vidya, Deutschlands führendem Netzwerk von Yogalehrer/innen, Yoga Zentren und Yoga Seminarhäusern http://www.yoga-vidya.de .