Tägliche Lesung Sivananda Juni 01

Aus Yogawiki

Auf dieser Seite sind Inspirationen von Swami Sivananda gesammelt, die aus sehr verschiedenen Werken stammen. Diese wurden bereits im Juni 2001 als "Gedanken zur täglichen Inspiration" veröffentlicht.

01.06.01 SINGT UNAUFHÖRLICH

Das Mahamantra Hare Rama - Hare Krishna

Akhanda kirtan bedeutet, den Namen des Herrn pausenlos zu singen. Das ist eine sehr effektive sadhana (Übung). Während dieser Zeit des Singens werden alle schlechten vrttis (Gedanken) völlig ausgerottet; der Geist hat weder Zeit noch Gelegenheit, während des Singens an Sinnesobjekte zu denken. Das ist ein einfacher Weg, den Geist gefangenzunehmen. Während dieser Zeit ist der Geist mit satva (Reinheit), mit höchstem Frieden und Freude gefüllt.

Es gibt kein größeres yajna (heilige Zeremonie) als akhanda kirtan. Es ist speziell für dieses Zeitalter geeignet. Es kostet euch nichts. Während akhanda kirtan sollte das maha mantra gesungen werden. Eine Person sollte dieses mantra (Formel) mit einer melodiösen, süßen Stimme chanten (rezitieren) und alle anderen sollten ihm im Chor folgen. Diese 16 Wörter bilden das mantra:

"Hare Rama Hare Rama
Rama Rama Hare Hare,
Hare Krishna Hare Krishna
Krishna Krishna Hare Hare".

Singt oder wiederholt weder "Hare Rama Hare Rama Rama Rama Hare Hare", noch "Hare Krishna Hare Krishna Krishna Krishna Hare Hare" zweimal.

Im individuellen japa (Hersagen eines mantra) und kirtan (Singen eines mantra) sollte das ganze mantra an einem Stück wiederholt werden. Aber während akhanda kirtan kann, um zu viel Spannung und zu viele Pausen zu vermeiden, kann die erste Hälfte des mantra von der Person wiederholt werde, die die Gruppe führt, gefolgt von dem Chor, der die zweite Hälfte wiederholt. Manche Leute können nicht einmal das halbe mantra ohne Pause singen. Sie sollten sich darin üben, das halbe mantra ohne Pause in der Mitte zu singen. Vor allem diejenigen, die das kirtan führen, sollten diesen Punkt beachten, da es sonst kein akhanda kirtan ist.

Öffnet die Türen eures Herzens. Lasst den leuchtenden Funken der Liebe in eurem Herzen aufglimmen. Lasst euch völlig von Liebe durchdringen. Lasst das Herz zu dem Herzen singen. Lasst eure Seele sich mit der höchsten Seele vermischen. Lasst den Herz-Lotus erblühen und seinen süßen, göttlichen Duft verströmen. Lasst die göttliche Erregung die Saiten eures Herzens anschlagen. Lasst die Tränen an euren Wangen herunterlaufen. Lasst die göttliche Ekstase euer ganzes Wesen füllen.

Lord Hari ist ein Ozean der Barmherzigkeit. Er hat grenzenlose Liebe für Seine devotees (Anhänger). Er ist der Reinigende der Sünder und der Gefallenen.

Sammelt die ausschweifenden Strahlen eures Geistes. Werdet gelassen und heiter. Wiederholt Gottes Namen. Euer Glücksgefühl wird keine Grenzen kennen, Gott wird in eurem Herzen wohnen.

Möge Lord Narayana euch an Seine Brust nehmen und euch in den heiligen Wassern der göttlichen Liebe und der transzendentalen Glückseligkeit baden.

Texte der folgende Tage sind nicht mehr auffindbar.

06.06.01 VERGESST DEN KÖRPER

Derjenige, der sankritan (= kirtan - singendes Rezitieren) praktiziert, vergisst den Körper und die Welt. Sankirtan bringt über-intuitives Wissen. Sankirtan bringt in diesem Kali Yuga (dunkles Zeitalter) den darshan (Vision, Sicht) Gottes und Erlangung von Bewusstsein. Es entwickelt Liebe. Es ist der einfachste, sicherste und schnellste Weg, um Gottesverwirklichung zu erlangen.

Diejenigen, die sankirtan am Anfang aufgrund der geistigen Freude machen, die das Üben von sankirtan mit sich bringt, werden die reinigenden Effekte von sankirtan nach einiger Zeit erfahren und dann werden sie es mit bhava (Hingabe) und shraddha (Glauben) praktizieren. Da liegt eine mysteriöse Kraft in dem Namen des Herrn. Der Mensch kann nicht von Brot alleine leben, aber er kann von dem Namen des Herrn leben.

Die harmonischen Schwingungen, die durch das Singen des Namens des Herrn produziert werden, helfen den Anhängern, ihren Geist ganz leicht zu kontrollieren. Sie stellen einen liebevollen Einfluss her und erheben den Geist sofort von seinen alten, eingefahrenen Gleisen zu den großmütigen Höhen göttlichen Glanzes und Herrlichkeit. Wenn jemand sankirtan aus den Tiefen seines Herzens praktiziert, mit vollem bhava und prem (Liebe), werden selbst die Bäume, Vögel und andere Tiere antworten. Sie werden zutiefst beeinflusst. Derart ist die Kraft von sankirtan. Es bringt den Anhänger und Verehrer von Angesicht zu Angesicht mit Gott.

Die individuelle Seele wird nur durch den Prozess der Evolution (Aufstieg über die verschiedenen Sprossen der spirituellen Leiter), mittels nada upasana (Kontemplation über den mystischen Klang), Eins mit paramatma (der höchsten Seele). Nada (Klang) ist von zweier Art: grob bzw. ausgesprochen und subtil bzw. unausgesprochen. Das Erstere führt zum Letzteren.

Die Einheit von prana mit anala oder Feuer in der menschlichen Seele, ist ein unabdingbares Requisit, wenn sich die individuelle Seele mit Brahman (Unendlichkeit) zu vereinen wünscht, oder höchstes (nirvikalpa) samadhi erlangen möchte. Das Feuer des muldhara (das unterste psychische Zentrum) repräsentiert das RA bija (Samen-Mantra). Es steigt auf, um das prana vom brahmarandhra (die Fontanelle des Kopfes) zu treffen, welches das bija-mantra MA repräsentiert. Die Kombination von RA und MA formt das taraka-bija (das erlösende Samen-Mantra), durch welches die individuelle Seele den Ozean der Welt überquert, um am anderen Ufer, das von Furchtlosigkeit und Unsterblichkeit gekennzeichnet ist, ewige Glückseligkeit und höchste Freude zu erlangen. Sankirtan ist ein einfacher Zugang zu suksma nada (subtiler Klang) und schließlich zu göttlicher Kommunion.

07.06.01 ENTSCHLOSSENE HINGABE

Wenn ihr den Namen des Herrn wiederholt, müsst ihr entschlossene Hingabe vom Grunde eures Herzens bekunden - Hingabe zu Gott, ohne Liebe für irgendein anderes Objekt. Ihr müsst alle weltlichen Gedanken aus eurem Geist vertreiben. Füllt ihn stattdessen mit Gedanken an Gott, und nur an Ihn. Ihr müsst kämpfen. Ihr müsst euch hart anstrengen. Verbleibt in ihm absorbiert.

Wenn ihr Krishna liebt, dann liebt ihn alleine, bis zum Schluss. So wie ihr nur Holz in dem Stuhl, Tisch, Bank, Stock oder Schrank seht, so seht nur den antaratma (das versteckte, innewohnende Selbst) Krishna in den Blumen, Bäumen, Früchten und allen anderen Objekten. Das ist ananya bhakti (völlige Hingabe). Das ist para (höchste) bhakti.

So wie ihr euch an all die Eigenschaften eures Sohnes erinnert, wenn ihr an seinen Namen denkt, so solltet ihr euch der Eigenschaften Gottes - Allmacht, Allgegenwart etc.- erinnern, wenn ihr an Seinen eigenen Namen denkt.

Wenn ihr das mantra wiederholt, solltet ihr sattvisches bhava oder shuddha bhava (die reinen geistigen Einstellungen) besitzen. Bhava kommt allmählich, wenn der Reinigungsprozess sich entwickelt. Selbst rein mechanisches Wiederholen hat einen Effekt, einen sehr großen Effekt. Die Schwingung im Geist, die durch die Wiederholung hervorgerufen wird, reinigt citta (das Gemüt) und bringt citta shuddhi (Reinheit des Geistes) hervor.

Ein Anfänger sollte eine japa-mala oder Rosenkranz haben. Später kann er dann auf manasika japa (mentales Wiederholen) zurückgreifen. Wenn jemand sein mantra sechs Stunden täglich rezitiert, wird sein Herz schnell gereinigt sein. Er kann die Reinheit spüren. Habt einen starken Glauben in euer guru-mantra (das mantra, das ihr vom guru gelernt habt) und hütet es als euer Geheimnis.

Konstante Wiederholung des mantras mit Glauben, Hingabe, Reinheit und fokussiertem Geist, erweckt das mantra caitanya (das dynamische Bewusstsein des mantra), das latent in dem mantra verborgen ist und verleiht die mantra siddhi (Vollkommenheit oder psychische Kraft, die dem mantra innewohnen) dem Aspiranten - Erleuchtung, Freiheit, Frieden, ewige Glückseligkeit und Unsterblichkeit. Das ständige und andauernde Wiederholen des mantra entwickelt eine große spirituelle Kraft und Eigendynamik und intensiviert die spirituellen samskaras (Eindrücke).

08.06.01 DAS SINGEN DES NAMENS GOTTES

Bhakti (Hingabe) ist zweifach in seiner Essenz. Einerseits gibt es da eine intensive Anhaftung an Gott, genährt von tiefen Emotionen, und andererseits gibt es einen ernsthaften Drang, ihn zu lieben. Wenn diese zwei Elemente zusammengebracht werden, sehen wir bhakti entweder als Anhaftung, die aus Liebe erwächst, oder als Liebe, die sich selbst als Anhaftung manifestiert.

Das wesentliche Merkmal im bhakti ist, dass dieses Gefühl in Relation mit dem Höchsten gesetzt wird - dem höchsten Liebenswürdigen, der real und unvergänglich ist -, und nicht in Relation mit den Objekten der Welt, die vergänglich und daher unwirklich sind. Derartige Liebe oder Hingabe nimmt verschiedene Formen des Ausdruckes an und läuft unter verschiedenen Namen. Erzählen von poetischen oder prosaischen Werken, Singen der Herrlichkeit des Herrn, und, weiter verbreitet, das Singen des Namens des Herrn, sind einige von ihnen.

Eine harmonische, rhythmische Note stellt ein unverwechselbares Abbild her. Das ist keine Imagination - für jeden Klang gibt es ein bestimmtes Abbild. Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass gewisse Klänge gewisse besondere Bilder auf einigen ausgeprägten Oberflächen herstellen. So ist es nur vernünftig, daran zu glauben, dass der jeweilige Namen Gottes, assoziiert mit dessen dazugehöriger Form, diese Bilder auch auf der mentalen Oberfläche herstellen kann. Durch kontinuierliche Wiederholung formt der Name einen tief verwurzelten Eindruck im Geist des Wiederholenden, der letztendlich Gottverwirklichung erlangt.

Gott und Sein Name sind identisch und untrennbar. Er wohnt dort, wo sein Name gesungen wird. Die ganze Atmosphäre wird durch seinen Namen geheiligt - Frieden, Reinheit und Glückseligkeit herrschen überall. Sein Name trägt die Botschaft der Liebe. Sein Name befreit die Seele von Kummer, Ruhelosigkeit und Bindungen. Sein Name kennt keine Barrieren, keine Unterschiede. Sein Name reinigt das lasterhafte, niedere Selbst und erhöht es zu Würde, zu universellem Bewusstsein und transzendentem Gott-sein.

Bhajana ist gleich Meditation über Gott. Leben ohne bhajana der einen oder anderen Art ist nutzlos, meine lieben Freunde. Leben ohne Verehrung ist stumpf und trostlos. Es ist eine bloße Last auf dieser Erde. Alle religiös gläubigen Menschen machen ihr eigenes bhajana auf ihre eigene Weise. Das Ziel ist das gleiche, die Wege sind verschieden. Der Gegenstand der Verehrung ist das Erlangen von unendlichem, ewigem Frieden, von Unsterblichkeit und Freiheit von dem Kreislauf von Geburt und Tod.

09.06.01 DIE MACHT DES GEBETES

Ein Gebet erhebt den Geist. Es füllt den Geist mit Reinheit. Es ist verbunden mit der Lobpreisung Gottes. Es hält den Geist auf Gott eingestimmt. Ein Gebet kann in ein Reich gelangen, das die Vernunft sich nicht zu betreten wagt. Ein Gebet kann Wunder wirken. Ein Gebet befreit den devotee (Anhänger, Verehrer) von der Angst vor dem Tod. Es lässt ihn sich näher bei Gott fühlen; es lässt ihn die göttliche Gegenwart überall spüren. Ein Gebet erweckt das göttliche Bewusstsein in ihm und lässt ihn Seine wesentliche Natur - Unsterblichkeit und Glückseligkeit - erfühlen.

Ein Gebet hat einen gewaltigen Einfluss. Wenn das Gebet aufrichtig ist und wenn es vom Grunde eures Herzens (antarika) emporsteigt, wird es sofort das Herz des Herrn zum schmelzen bringen. Sri Krishna musste barfuss von Dwaraka losrennen, als er das tief empfundene Gebet Draupadi´s hörte. Ihr alle wisst das. Lord Hari, der mächtige Herrscher dieses Universums entschuldigte sich vor Prahlada, dass er ein wenig spät kam, als Prahlada betete. Wie gnädig und liebend der Herr doch ist.

Sagt nur einmal, vom Grunde eures Herzens: "Oh Herr, ich bin Dein. Dein Wille soll geschehen. Habe Gnade mit mir. Ich bin Dein Diener und Verehrer. Vergib mir. Führe mich. Beschütze mich. Erleuchte mich." Habt eine sanfte, empfängliche Einstellung des Geistes. Habt bhava in eurem Herzen. Euer Gebet wird sofort erhört und beantwortet werden. Tut dies in dem täglichen Kampf des Lebens und erkennt für euch selbst die hohe Effektivität des Gebetes.

Das Gebet ist das erste wichtige Glied des yoga. Es ist vorbereitendes spirituelles sadhana oder Praxis. Gott hilft selbst dem Räuber, wenn er betet. Betet zu Gott für Reinheit, Hingabe, Licht und Wissen. Ihr werdet all diese Dinge erlangen.

Steht früh am Morgen auf und wiederholt einige Gebete, um geistiges und physisches brahmacharya (Reinheit) zu erlangen. Betet auf die Weise, die euch liegt. Werdet so einfach wie ein Kind. Öffnet freimütig die Kammern eures Herzens. Aufrichtige devotees kennen die hohe Effektivität von Gebeten sehr wohl.

Betet inbrünstig, genau jetzt, von dieser Sekunde an. Verzögert es nicht, Freunde; das "Morgen" mag niemals kommen. "Oh Herr, ich weiß nicht, was ich Dich fragen soll. Du alleine weisst, was ich wirklich will. Ich ergebe mich Dir völlig. Ich öffne Dir mein Herz. Du bist voller Gnade und allwissend. Du kennst das Innerste meines Herzens. Lass mich Deinen Willen erfüllen. Mache mich zu einem geeigneten Instrument für Dein ungezwungenes Spiel (lila). Ich werfe mich vor Dir nieder."

10.06.01 GEBETE SIND SPIRITUELLE NAHRUNG

Gebete sind spirituelle Nahrung

Gebete sind erhebend, inspirierend, erlösend. Durch Gebete steigen göttliche Gnade und göttliches Licht herab. Gebete sind spirituelle Nahrung für die Seele. Gebete sind ein spirituelles Stärkungsmittel. Gebete sind der Universalschlüssel, um die Reiche der himmlischen Glückseligkeit zu öffnen. Gebete helfen dem devotee (Anhänger, Verehrer), in Einklang mit dem Unendlichen zu sein. Gebete sollten aus den inneren Nischen des Herzens kommen - dann werden sie sofort erhört werden.

Gebete wirken Wunder. Ihre Macht ist unbeschreiblich. Durch Gebete sitzt der devotee an der Seite des Herrn. Gebete erweitern und reinigen das Herz. Gebete sind eine starke spirituelle Injektion. Sie füllen das Herz mit immenser Kraft und Stärke.

Jede Religion hat ihre eigenen Gebete. Betet am frühen Morgen - dann ist es am effektivsten. Lasst Gebete zur Gewohnheit werden - betet zu allen Zeiten. Betet nicht um Reichtum, Position, Frau und Kinder, Erfolg in der Lotterie oder beim Pferderennen - bittet um den darshan (Sicht, Vision) des Herrn. Betet um Hingabe und Kommunion (mit dem Herrn; d.Ü.).

Rezitiert die wunderschönen Gebete der Upanishaden morgens und abends: "Asatoma sat gamaya, tamasoma jyotir gamaya, mrtyorma amrtam gamaya" - "Führe mich vom Unwirklichen ins Wirkliche, von der Dunkelheit ins Licht, von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit." Durch Gebete in großen Gruppen wird ein enormer spiritueller Strom erzeugt.

Gayatri japa ist ein Gebet - der devotee bittet um Erleuchtung des Intellektes, auf dass er seine wahre, essentielle und göttliche Natur erkennt. Dies ist ein selbstloses Gebet. Mrityunjaya mantra ist auch ein Gebet. Es ist ein Gebet an Lord Siva. Der devotee bittet: "Befrei mich von Bindungen und Tod - mach mich unsterblich".

Om bhur bhuvah svah tat savitur varenyam
bhargo devasya dhimahi dhiyo yo nah prachodayat (Gayatri Mantra)
"Lasst uns über die Herrlichkeit von Ishvara meditieren, der dieses Universum erschaffen hat, der geeignet für die Verehrung ist, der der Beseitiger aller Sünden und Unwissenheit ist. Möge Er unseren Intellekt erleuchten."

Om trayambakam yajamahe sugandhim pustivardhanam
urvarukamiva bandhanam mrtyor muksiya mamrtat (Mrityunjaya Mantra)
"Wir verehren den einen Dreiäugigen (Lord Siva), der wohlriechend ist und alle Geschöpfe wohl nährt. Möge Er uns der Unsterblichkeit wegen vom Tod befreien, so wie die Gurke von ihrer Bindung (zur Ranke) abgetrennt wird."

11.06.01 SELBSTLOSE GEBETE

Gemäß Ghazali, dem Muslim, haben Gebete drei Stufen : verbal, mental und das Verschmelzen mit dem Willen Gottes. Auf der ersten Stufe besingt der devotee (Anhänger, Verehrer) die Herrlichkeit Gottes, chantet (rezitiert) Hymnen und schüttet die Qual seines Herzens in melodische Loblieder. Auf der zweiten Stufe, nachdem der Geist ruhig geworden ist, die nach außen gehenden Sinne gezügelt wurden und der Geist nicht mehr so leicht durch schlechte Einflüsse berührt werden kann, werden Gebete mental. Dann ist kein physischer Aufwand mehr nötig. Auf der dritten Stufe, nachdem der Geist sich auf das Göttliche konzentriert hat, nachdem äußere Objekte ihre Anziehung verloren haben und der Geist gelassen und frei von Wünschen und Begierden wurde, werden Gebete automatisch, natürlich und zur Gewohnheit.

Das ist die höchste Stufe - der Wille des Herrn wurde sein eigener Wille, weil Gott, der durch die Gebete angerufen wurde, mit seinem Geist und seinem Willen verschmilzt. Der devotee hat dann kein Selbstbewusstsein mehr - er verweilt im Herrn - sein Geist durchtränkt von Gott. Er nimmt nichts Äußeres und nichts Inneres mehr wahr. Er vergisst sogar, dass er zum Herrn betet oder dass er im Willen Gottes absorbiert ist. Es gibt hier noch ein vages Gefühl der Dualität, aber er hat nur noch eine Erfahrung und die ist sein Eins-sein mit dem Herrn.

Gebete sind voller Emotionen: tiefe, heitere Gefühle, gefüllt mit Aufrichtigkeit. Aber wenn es zu viele Emotionen gibt und nicht so viel natürliche Aufrichtigkeit, werden Gebete eher nüchtern, trocken und damit unwirksam. Dann werden wir keine direkte Antwort von Gott empfangen. Gebete haben ihre Konsequenzen. Die Natur der Antwort auf sie hängt von der inneren Natur desjenigen ab, der betet - seinem Temperament, seiner Sichtweise, seinen Bedürfnissen, seinem Glauben und seiner Aufrichtigkeit.

WOLLT IHR GOTT?

Wollt ihr Gott wirklich? Dürstet ihr wirklich nach seiner Vision (darshan)? Habt ihr echten spirituellen Hunger? Ihr mögt ergreifende Vorträge über bhakti (Hingabe) geben können, ihr mögt mehrere Bände über bhakti schreiben - und doch kein bisschen wahre Hingabe besitzen. Der, der nach dem darshan Gottes dürstet, wird bhakti entwickeln. Wenn es ein aufrichtiges Begehren nach Gott gibt, wird Er kommen müssen. Mögt ihr durch regelmäßiges sadhana (Praxis) Frieden, Glückseligkeit, Wissen, Vollkommenheit und Gottverwirklichung erzielen.

12.06.01 GEBETE

Als Kinder beten wir in Zeiten der Not zu unseren Eltern, zu Älteren und Aufpassern. Wir suchen ihre Hilfe und Führung. Wenn wir erwachsen werden, lernen wir, zu uns selbst zu beten - zu unseren latenten Fähigkeiten und Kräften. Wir versuchen, nicht von anderen abhängig zu sein. Aber in dieser Form des Gebetes gibt es Begrenzungen. Wenn wir also etwas anderem bedürfen, etwas jenseits unserer Kapazität, treten wir selbst zurück und wenden uns an Gott und beten um Seine Hilfe und Führung. Klar empfinden wir Seine Antwort - eine allmächtige innere Kraft, die auf unsere Gebete hört und unsere Wünsche in dem Moment erfüllt, in dem wir ein wenig aufrichtig und gläubig sind.

Was den devotee (Anhänger, Verehrer) betrifft, tritt er selbst Gott zuliebe zurück; sein Ego zu Füßen Gottes legend. Er vergisst alles Weltliche und denkt an nichts anderes, als an Gott allein, der ihn sicher retten wird und der allein in der Lage sein wird, ihm zu helfen und zu leiten. Er teilt seinen Willen mit dem Willen Gottes und handelt gemäß Seiner Führung. In ihm ist kein Gefühl der Individualität oder dass er der Handelnde ist. Er weiß, dass Gottes Wille sein Wille ist und dass er danach handeln muss. Heißt das, dass er frei von eigenen Anstrengungen ist? Gewiss nicht. Er negiert sich nämlich selbst und nimmt sich, Gott zuliebe, zurück. Zu ihm fliesst die göttliche Gnade sofort. Seine Natur ist vergöttlicht und daher bemüht er sich automatisch in die richtige Richtung. Tatsächlich ist der bloße Akt der Selbst-Hingabe purushartha (eigene Anstrengung) der höchsten Ordnung.

Für den vedantin (Anhänger des Vedanta) jedenfalls sind seine Gebete tatsächlich Gebete an das innere Selbst - an ihn selbst - an das kosmische Bewusstsein, das in allem wohnt. Auf der anfänglichen Stufe, betrachtet er seine Gebete als eine Art von Verlangen - entweder irdisch oder spirituell - entweder mit Absicht oder ohne Absicht. Dann, nachdem er ausreichend in seinem sadhana (Praxis) fortgeschritten ist, betrachtet er sein (sogenanntes) Verlangen als göttlichen Willen, woraufhin er letztendlich seine intuitive spirituelle Sicht öffnet und eins mit dem göttliche Willen wird.

Die Macht der Gebete ist unbeschreiblich. Ihr Ruhm ist unaussprechlich. Nur ernsthafte devotees realisieren ihre Nützlichkeit und ihren Glanz. Gebete sollten mit Ehrfurcht, Glauben und ohne Erwartung an die Früchte ausgeführt werden. Sie sollten mit einem Herz voller Verehrung ausgeführt werden. Oh ihr unwissenden Menschen: Argumentiert nicht über die Effektivität von Gebeten. Ihr werdet sonst in die Irre gehen. In spirituellen Angelegenheiten gibt es kein argumentieren. Der Intellekt ist ein begrenztes und zerbrechliches Instrument. Traut ihm nicht.

Beseitigt jetzt durch das Licht der Gebete die Dunkelheit eurer Unwissenheit.

13.06.01 PRÜFUNG DER ERNSTHAFTIGKEIT

Gebete sollten im Wesentlichen so selbstlos wie nur möglich sein. Wir sollten zuerst für das Wohl der anderen beten, für das Wohl und den Frieden der Welt und für unsere eigene spirituelle Entwicklung. Wir sollten um das Auslöschen unserer schlechten Eigenschaften beten, für Weisheit und Wissen, für Güte und Heiligkeit.

Ein Aspirant sollte immer um die Beseitigung seiner Unwissenheit beten. Sein Ziel ist es, die Wahrheit zu realisieren und sich selbst aus dem Netz der Dinge zu befreien, die unwirklich sind. Sein Ziel ist es, seine grundlegende, göttliche Natur zu realisieren.

Ab und zu werden selbst aufrichtige Gebete nicht beantwortet, aber das sollte weder unseren Glauben oder unsere Aufrichtigkeit beeinträchtigen, noch uns entmutigen oder deprimieren. Es sollte als eine Notwendigkeit betrachtet werden, als ein Test unserer Aufrichtigkeit, unserer Gelassenheit und unseres Glaubens an Gott.

Ab und zu wiederholt sich dieses Nichtbeantworten unserer Gebete sogar öfters. Der devotee (Anhänger, Verehrer) beginnt, seine Fassung zu verlieren, seinen Glauben an Gott; er mag sogar von dem Pfad abkommen. Aber tatsächlich ist es gerade hier, wo wir unsere Geduld zeigen müssen, unsere Standhaftigkeit und unseren Glauben an Seine Gnade. Gott testet uns oft mit ernsten Prüfungen, aber heisst das, dass Er lieblos ist, dass Er unseren Gebeten keine Aufmerksamkeit zu schenken wünscht? Diese Frage kann man nur mit einem klaren "Nein" beantworten. Es ist eine Prüfung, durch die der Aspirant durchgehen muss. Sein Glaube mag nicht stark genug sein; sein Geist mag noch nicht vom Unrat befreit sein; sein Herz mag noch nicht rein sein.

Wie kann der Anwärter seinen Glauben stärken? Wie kann er seinen Geist reinigen? Wie kann er sein Herz läutern? Nur durch Prüfungen, Tests und Strapazen. So, wie Gold dadurch gereinigt wird, dass man es mehrmals den Weg durch den Schmelztiegel gehen lässt, so muss auch das Herz geläutert, der Glauben entschlossen werden, indem man wieder und wieder durch den Schmelztiegel der Strapazen geht.

Aber ganz zum Schluss, werden alle Gebete erfüllt werden und mit der höchsten Befriedigung belohnt. Deshalb müssen wir, wenn wir zu Gott beten oder Seine Gnade zu erlangen suchen, darauf vorbereitet sein, Sein Schweigen und Prüfungen und Strapazen freudevoll zu ertragen.

14.06.01 GOTT DIENEN

Padasevana bedeutet, den Füßen des Herrn zu dienen. Eigentlich kann dies nur durch Lakshmi oder Parvati geschehen. Kein sterbliches Wesen hat bisher das Glück gehabt, diese Form des bhakti (Hingabe) praktizieren zu können, da der Herr für die physischen Augen nicht sichtbar ist.

Dennoch ist es möglich, dem Abbild Gottes in Figuren und Bildern zu dienen, oder, besser noch, indem man die Menschheit als Ganzes als Gott betrachtet. Padasevana ist Dienst an den Kranken, Dienst an den Armen - Dienst an der gesamten Menschheit im weitesten Sinne des Wortes. Dienst an den Füßen des Herrn kann durch formale Verehrung von murtis (Götterbildern oder -figuren) oder eines geistigen Bildnisses Gottes geschehen.

Die heiligen Füße des Herrn mit verehrenden und begierigen Augen wieder und wieder betrachten, sie verehren, ihnen dienen, das geheiligte Wasser trinken, mit dem die Füße des Herrn gewaschen wurden, verehren der hölzernen Sandalen des Herrn, über sie meditieren, zu ihnen beten, den Staub von den Füßen des Herrn abnehmen und auf die eigene Stirn auftragen, das Herz mit dem Staub der Füße des Herrn waschen, die heiligen Schreine und Orte besuchen, an denen sich Gott zum Wohle der Menschheit inkarnierte, den Ganges als direkt von den Füßen des Herrn fließend betrachten, verehren, baden und trinken von derart geheiligtem Wasser des Ganges - all dies sind verschiedene Formen des Dienstes an den Füßen des Herrn. Diese Form der Hingabe zerstört alle weltlichen Anhaftungen und erlaubt dem Geist, ausschließlich an Gott zu denken.

Verehrt Gott. Lobt Ihn. Sucht Erleuchtung. Verwirklicht göttliche Glückseligkeit. Stellt Gott keinerlei Bedingungen - verehrt ihn der Verehrung wegen. In der Verehrung verliert sich das Gefühl der Individualität in der Kontemplation über das verehrte Objekt.

Das konzentrierte Betrachten der göttlichen Bilder, selbst nur für einige Augenblicke täglich, ist ein großer Segen. Es wird euren Geist läutern. Meditation ist geistige Verehrung des Herrn. Singen des Namens des Herrn (kirtan) ist stimmliche Verehrung. Dienen der lebenden Geschöpfen mit Liebe und bhava ist physische Verehrung. Wenn der Verehrer einer Gottheit denkt, dass er von der Gottheit getrennt ist, ist er nur ein wildes Tier. Hingebungsvolle Verehrung der Lotusfüße des Herrn bedeutet vollkommene Freiheit von aller Furcht.

15.06.01 VEREHRUNG GOTTES - 1

Ein Idol (murti - Götterfigur oder vigraha - "Verkörperung"), Sonne, Feuer, Wasser, Ganges, saligram (Symbol Vishnu´s), linga (Symbol Siva´s), sind alles Symbole Gottes, die dem Aspiranten helfen, einen fokussierten Geist und ein geläutertes Herz zu erlangen. Ein Symbol oder Zeichen ist absolut unentbehrlich, um den Geist zu fixieren. Auch die Christen haben ein Symbol - das Kreuz. Ein roher Geist benötigt ein konkretes Symbol; ein verfeinerter Geist benötigt ein abstraktes Symbol. Selbst ein vedantin (Anhänger der Vedanta-Philosophie) hat das Symbol Om, um den wandernden Geist zu fixieren. Am Anfang ist Konzentration oder Meditation ohne ein Symbol nicht möglich.

Der Geist wird am Anfang durch das Fixieren auf ein konkretes Objekt oder Symbol diszipliniert. Später, nachdem er beständig und verfeinert wurde, kann er auf eine subtile Idee, wie z.B. Aham Brahma Asmi (Ich bin das Unendliche), fixiert werden.

Der devotee (Verehrer, Anhänger) überträgt die Eigenschaften des Herrn auf das konkrete Idol. Er vollzieht für das Idol die sodasopacara puja - die sechzehn Arten der Achtung oder Dienstes am Herrn. Diese bestehen aus: padyam (Wasser zum Waschen der Füße), arghyam (Wasser zum Waschen der Hände), asana (Sitzplatz), snana (Baden), Opfern von Bekleidung, Auftragen von Sandelpaste, Opfern von Blumen (arcan), Verbrennen von Räucherwaren, Schwenken von Licht und Kampfer, Opfern von Nahrung (maha naivedyam), etc. Der umherwandernde Geist wird jetzt durch diese Form der Verehrung fixiert.Der Aspirant fühlt allmählich die Nähe des Herrn. Er erlangt einen geläuterten Geist und und zerschlägt langsam seine Selbstsucht.

Wer eine Zeitlang mit Blumen und anderen Gegenständen puja (Verehrung Gottes) praktiziert hat, kann zu geistiger Verehrung fortschreiten. Bei der geistigen Verehrung opfert der devotee alle Opfer an den Herrn rein geistig. Das ist eine fortgeschrittene Form der Verehrung. Sie läutert das Herz und festigt den Geist. Sie füllt den Geist mit reiner Liebe für den Herrn und verwandelt den Menschen schrittweise in ein göttliches Geschöpf.

Selbst in der Verehrung eines kleinen Idols hat er das Purusa Sukta (eine heilige Hymne) zu wiederholen und an den virat purusa (kosmische Form) zu denken - mit unzähligen Händen, unzähligen Köpfen, unzähligen Augen, unzähligen Händen, der sich über das Universum hinaus ausdehnt - und auch an den Herrn oder atman, der in den Herzen aller wohnt.

Der Aspirant beginnt allmählich zu fühlen, dass der Herr, den er verehrt, im Idol ist, in den Herzen aller Lebewesen und in den Namen und Formen des Universums. Er beginnt, überall Seine Gegenwart zu spüren.