Ananda Sukha Viveka: Unterschied zwischen den Versionen
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
Keine Bearbeitungszusammenfassung |
||
Zeile 1: | Zeile 1: | ||
[[Datei:Emotion Lachen Freude Lebensfreude.jpg|thumb|Ananda - Freude aus sich selbst heraus]] | |||
'''Ananda Sukha Viveka''' - Was ist Glück – Was ist Freude? Wie kann man glücklich sein? | '''Ananda Sukha Viveka''' - Was ist Glück – Was ist Freude? Wie kann man glücklich sein? | ||
In unserem Konzept der [[Vivekas]] (der Unterscheidungen) gehört es zu der Ananda Sukha Viveka oder auch Ananda Sukha Dukha Viveka: | In unserem Konzept der [[Vivekas]] (der Unterscheidungen) gehört es zu der Ananda Sukha Viveka oder auch Ananda Sukha Dukha Viveka: |
Version vom 27. Januar 2019, 08:27 Uhr
Ananda Sukha Viveka - Was ist Glück – Was ist Freude? Wie kann man glücklich sein? In unserem Konzept der Vivekas (der Unterscheidungen) gehört es zu der Ananda Sukha Viveka oder auch Ananda Sukha Dukha Viveka:
- Ananda – Freude
- Sukha – Vergnügen
- Dukha – Schmerz, Leid
Was ist Ananda? Was ist Glück?
- ein Vortrag von Sukadev Bretz 2019 -
Du bist jetzt kein Anfänger in Vedanta, hast schon Lektionen darüber gehört und hast meditiert. Höchstwahrscheinlich bist du auch schon länger auf dem spirituellen Weg, wenn dich solche Fragen interessieren. Ananda ist (lt. Vedanta) unsere wahre Natur. Wir sind nicht der Körper, nicht die Psyche, nicht das Prana. Wir sind Satchidananda – reines Sein, reines Wissen, reine Glückseligkeit, und Ananda ist unsere wahre Natur. Wir könnten hier enden und sagen: Du bist Ananda, du bist Freude. Punkt, fertig! Aber es geht hier nicht nur um Ananda, sondern um Ananda Sukha Viveka.
Was ist Sukha?
Sukha heißt Vergnügen und hängt zusammen mit Dukha, mit Schmerz. Es ist wichtig, dass wir verstehen, warum wir im Alltag öfters glücklich und dann auch wieder unglücklich sind, obwohl doch unsere wahre Natur Glück ist. Vermutlich hast du es in der Meditation schon erfahren: Wenn der Geist ruhig ist, wenn es dir wirklich gelungen ist, dich von den Gedanken zu lösen, die Wort- und Bildgedanken zu eliminieren (wir haben ja die Abedha Bodha Vakya Technik geübt), oder wenn es dir wirklich gelingt, die Sakhi Bhava Meditation zu üben (zu beobachten, was alles geschieht), dann erfährst du in der Tiefe deines Wesens Freude. In dem Moment, wo keine Gedanken da sind, sondern wo Bewusstheit da ist, erfährst du Freude. Die große Aussage ist nun: Sukha (die kleine Freude, das Vergnügen) ist die Widerspiegelung von Ananda in einem Teil von Upadhi, ist die Spiegelung der Freude in deinem Geist, wenn etwas geschieht was deinen Geist zur Ruhe bringt.
Wie kann man im Alltag Sukha erleben:
Ein Wunsch erfüllt sich
Angenommen du hast den Wunsch nach einem schönen indischen Meditationstuch, so wie ich es hier habe. Du denkst: „Es sieht schön aus, da könnte ich besser meditieren.“ In dem Moment, wo du den Wunsch hast, bist du nicht mehr glücklich, denn du denkst dass du einen indischen Meditationsschal brauchst, um glücklich zu sein. Im nächsten Moment überlegst du, wie du dies ereichst. Du könntest in der Boutique von Yoga Vidya in Bad Meinberg danach fragen oder im Internet einen solchen Schal suchen und finden. Angenommen du findest den wirklich toll aussehenden Meditationsschal, du ziehst ihn an und in diesem Moment bist du glücklich. Warum bist du jetzt glücklich? Ist es wirklich der Meditationsschal? Wenn es so wäre bräuchtest du ihn nur immer anzuziehen und du wärst immer glücklich. Du wirst aber feststellen: Am nächsten Tag, wenn du dir den Schal überlegst, denkst du: „Es fühlt sich schöner an, ich fühle mich beschützter, irgendwie ein bisschen wunderbar.“ Aber nach einer Woche denkst du gar nicht mehr an den Schal, es ist nicht mehr das gleiche Glück. Glück ist nicht der Meditationsschal. Warum bist du glücklich, wenn du ihn dir überhängst? - Du bist glücklich, weil du im Inneren Glück bist. Wenn du einen Wunsch hast, dann hast du viele Gedanken. Weil du viele Gedanken hast, bist du vorübergehend unglücklich. Ist der Wunsch erfüllt, dann gibt es vorübergehend keinen Gedanken im Geist (oder zumindest sind es nicht mehr viele Gedanken). In dem Moment, wo der Wunsch erfüllt ist, strahlt die Freude des Selbst aus und du erfährst Glück.
Sukha Dukha Viveka bedeutet also: Selbst die vorübergehende Freude, wenn du einen Wunsch erfüllst, hängt nicht am Objekt, sondern die vorübergehende Freude (Sukha) ist eine Reflektion von Ananda.
Wenn du jetzt glaubst, dass du einen Meditationsschal zum Glücklichsein brauchst: Angenommen du hast schon monatelang ohne einen solches Schal meditiert, und jetzt hast du plötzlich (vielleicht durch diesen Vortrag) die Idee bekommen, dass du ihn brauchst. Dann hast du ihn, und am nächsten Morgen findest du ihn nicht, vielleicht weil dein Kind den Schal auch toll findet und ihn woanders hingelegt hat – plötzlich bist du unglücklich. Bevor du diesen Vortrag gehört hattest, hattest du vielleicht gar nicht den Wunsch nach einem Meditationsschal. Aber jetzt, wo du gedacht hast dass dein Glück davon abhängt, kommt Dukha. Wenn du Vergnügen mit einem Objekt identifizierst, ist automatisch Dukha mit dabei. Das Glück, welches du erfährst, hat nichts mit dem Objekt zu tun. Hingegen kann das Unglück, was kommt, mit dem Objekt zu tun haben. Natürlich hat es nichts mit dem Objekt zu tun, sondern damit, dass du etwas von diesem Objekt erwartest, was es nicht geben kann, nämlich Dauerhaftigkeit und immer das gleiche Glück. Angenommen du trägst jeden Tag deinen Meditationsschal und denkst eines Tages, dass du deine Meditation vertiefen willst: „Ich brauche einen besseren Meditationsschal. Dieser hier ist aus Indien, aber es gibt ja noch welche mit eingewebten Turmalinfasern. Auch die T-Shirts der Yogalehrer bei Yoga Vidya enthalten Turmalin – da kann man besonders gut unterrichten.“ Diese Vorstellungen kann man haben, und nach diesem Vortrag hältst du es nicht mehr aus und willst einen Turmalin-Meditationsschal haben. Oder man sieht jemanden, der einen besseren Schal hat als ich. Oder (noch schlimmer): Man hat den tollsten Meditationsschal, und dann wird er versehentlich mit der falschen Temperatur gewaschen und die Fasern gehen kaputt. Man schimpft plötzlich mit seinem Partner, der das gemacht hat. So ist der Schal eine Quelle von Leiden.
Vergnügen und Schmerz ist nicht in den Objekten. Vergnügen kommt, wenn ein Objekt deinen Geist beruhigt hat und der Geist in diesem Moment die Freude des Selbst widerspiegelt. Schmerz und Unglück kommen, wenn du von einem Objekt etwas erwartest, was es nicht geben kann, zum Beispiel dauerhaftes Glück, oder wenn du dein Glück von einem bestimmten Objekt abhängig machst.
Zusammenfassung dieses ersten Prinzips:
- Wir sind glücklich, wenn wir ein Objekt wollen und es bekommen. Dann ist vorübergehend Ruhe.
- Wir sind unglücklich, wenn dieses Objekt verschwindet oder wir es nicht bekommen.
- Wir werden auch unglücklich, wenn es plötzlich ein anderes, besseres Objekt gibt, oder wenn wir Angst haben, es zu verlieren.
Das alles müsste nicht sein. Wir können uns bewusst sein: Anandoham – Ich bin Freude.
Man kann das Spiel des Geistes mitmachen so wie man einem Kind zuschaut wie es sich freut über das Spielen, oder wie es sich ärgert, wenn es beim Spiel verliert. Man kann es mitfühlend anschauen. So ähnlich kannst du deinen Geist anschauen:
- Er will was – ok, soll er es wollen.
- Er kriegt es und freut sich – ok, ich genieße die Freude mit ihm.
- Der Geist kommt plötzlich ins Leiden, Dukha – man schaut ihn an und denkt: „Aha, Vedanta hat Recht. Ich habe etwas in ein Objekt projiziert und bin dann drin.“
Konzentration bei dem, was zu tun ist
Eine zweite Weise, wie wir Sukha im Alltag erfahren, ist, wenn wir konzentriert bei etwas sind. Angenommen du bist bei einer Tätigkeit voll dabei, es macht dir Spaß und Freude, du denkst an nichts anderes und gehst darin auf. So wie ich gerade jetzt – wenn ich den Vortrag gebe, denke ich an nichts anderes und es macht mir Freude und ich fühle mich geführt. Aber ist der Grund für die Freude tatsächlich der Vortrag und weil ich dabei gefilmt werde? Die Freude kommt weder von der Kamera vor mir noch von dem Meditationsschal noch von den Bewegungen, die entstehen – woher kommt die Freude? In dem Moment, wo man ganz konzentriert ist und insbesondere weder an die Vergangenheit noch an die Zukunft denkt, sich nicht überlegt wie man ankommt und was andere über einen denken – wenn wir all das weglassen und ganz in der Gegenwart sind, dann spiegelt sich die Freude des Selbst wider. Wenn wir viele Gedanken haben, die auch in die Zukunft und in die Vergangenheit gehen, die sich damit beschäftigen was ich oder andere denken, was der andere denken soll, was ich tun kann damit der andere das denkt was er denken soll, warum denkt er nicht das was er denken soll, warum verhält er sich nicht so wie er es sollte oder warum ich mich anders verhalten kann – dieser Wust von Gedanken bedeckt das Glück des Selbst. Warum sind wir in dem Moment, wo wir konzentriert sind, glücklich? Weil der Geist ruhig ist, und dann strahlt die Freude des Selbst aus.
So haben wir eine zweite Weise, wie wir glücklich sein können: Wir können glücklich sein, indem wir konzentriert sind bei dem, was anliegt. Daraus ergibt sich auch eine ganz einfache praktische Konsequenz: Willst du glücklich sein, dann sei konzentriert bei dem, was du tust. Wenn du beispielsweise Hausarbeiten zu erledigen hast und willst dabei glücklich sein, dann mache sie mit Konzentration. Wenn du Staub saugst, dann staubsauge sehr konzentriert. Wenn du isst, dann iss sehr bewusst und konzentriert. Wenn du dich mit jemanden unterhältst, dann sei voll konzentriert dabei. Du kannst es zu einer Aufgabe machen, im Hier und Jetzt zu sein und Freude zu genießen.
Verbindung mit anderen Menschen
Du bist im Alltag auch glücklich und erfährst Sukha, wenn du mit einem anderen Menschen zusammen bist, mit dem du gut zurecht kommst oder den du vielleicht liebst. Das kann ein guter Freund sein, dein Partner bzw. deine Partnerin, dein Kind oder dein spiritueller Lehrer. In dem Moment, wo du mit diesem Menschen zusammen bist, kannst du auch Glück spüren.
Woher kommt dieses Glück? Ist es der Mensch? Manchmal ist es so, dass der gleiche Mensch, mit dem du dich gerade so glücklich fühlst, dich ein paar Stunden später total unglücklich macht. Er beschimpft dich oder beachtet dich nicht. Heute ein Gefühl von himmelhochjauchzend, danach zu Tode betrübt – liegt es am Menschen? Nein, es hängt nicht am Menschen.
Auch hier wieder: Diese vergängliche Glück (Sukha) ist eine Widerspiegelung von Ananda. In dem Moment, wo du vom Individuellen wegkommst und dich öffnest, dich mit einem anderen Menschen verbindest, leuchtet Ananda auf. Wenn du aufhörst, dich mit deinem eigenen Körper zu identifizieren, wenn du dich mit einem anderen Menschen (oder auch einem Tier) verbindest, ist dort Ananda. Seele verbindet sich mit Seele, und in dem Moment wo das geschieht leuchtet das Bewusstsein auf – Ananda (Freude). Deshalb heißt es auch: In Ananda (in der Freude) ist gleichzeitig auch Prema (Liebe). Wenn du jetzt aber denkst, dass die Freude an diesem einen Menschen hängt, dann kommst du wieder in Dukha hinein, weil der Mensch nicht immer so ist, wie du denkst wie er sein sollte. Auch die Begegnung mit diesem Menschen ist nicht immer so wie es sein sollte. Wenn du alles nur auf den Körper oder die Psyche beziehst – sowohl Körper als auch Psyche gehen durch Veränderungen, ein Mensch ist mal so und mal so. Zwar kann der Mensch sich auch mal so verhalten, dass es mit deinen Emotionen parallel geht. So werden eure Emotionen aufeinander eingestimmt, und es ist Verbindung da – dann leuchtet Ananda auf. Aber dies ist nur vorübergehend. Alles in der relativen Welt geht durch Veränderungen, durch Parinama, ist nicht ewig, und das Vergängliche kann nicht die Freude geben, die wir erwarten.
Wenn du aber weißt, dass die Freude, die du mit einem anderen Menschen hast, das Aufleuchten der Freude des Selbst ist, ein Aufleuchten von Prema (Liebe) ist, dann sind diese Freude und Liebe auch bedingungslos. Der andere Mensch mag sich komisch verhalten und z.B. auf eine unangemessene Weise zu dir sprechen, dann musst du dich nicht darauf konzentrieren. Du kannst den anderen von deinem Herzen her spüren, dein Herz mit dem Herzen des anderen verbinden, und dann leuchtet Liebe auf, es leuchtet Freude auf. Wenn du denkst, Körper und Psyche des anderen müssten dich dauerhaft glücklich machen, ist Dukha die notwendige Konsequenz. Natürlich hoffst du, dass Körper, Psyche, Verhalten und Denken des anderen so sind, dass ihr häufiger auch auf der relativen Ebene miteinander verbunden seid. In eine Liebesbeziehung ist dies hoffentlich der Fall, und man kann ja auch einiges dafür tun. Aber die tiefe Liebe geht über das hinaus. Das Aufleuchten des Selbst in der Begegnung zweier Menschen ist die dritte Art der Freude, die wir bekommen können.
Zur Erinnerung:
- Erfüllter Wunsch führt zur Ruhe des Geistes – Freude leuchtet auf.
- Wir tun das, was zu tun ist, mit Konzentration – Freude leuchtet auf.
- Wir verbinden uns mit einem oder mehreren Menschen, individuelle Grenzen verschwinden – Freude leuchtet auf.
Grundlos - das Bewusstsein ausdehnen – In alle Richtungen spüren
Dies ist die vierte Art von Freude, die wir erreichen können. Vielleicht machst du das gerade jetzt, wo du zuhörst - nicht nur zu einem Menschen, sondern in alle Richtungen. Du könntest natürlich auch einfach nur einen Baum oder eine Blume anschauen und Verbindung spüren. In dem Moment, wo du Verbindung spürst, leuchtet Selbst auf. In dem Moment, wo du Bewusstsein ausdehnst, bist du über deine Upadhis hinausgewachsen – in dem Moment leuchtet Freude auf.
Den Geist zur Ruhe bringen
Dies ist die letzte Weise, die ich jetzt erwähne, wie du glücklich sein kannst. Man kann sich natürlich noch vieles andere einfallen lassen. Den Geist ruhig machen und dann in der Ruhe des Geistes Bewusstsein erfahren – das ist Meditation, das sind die ganzen Yogaübungen. Was auch immer wir im Yoga üben – es soll auch helfen, den Geist zu beruhigen. Ist der Geist ruhig, dann erfährst du dein wahres Wesen, und dein wahres Wesen ist Ananda (Freude), ist Satchidananda.
Spirituelle Geschichten
Um das alles zu verdeutlichen, will ich noch ein paar kleine Geschichten erzählen, und danach geht es in die Meditation.
Zunächst zwei Nasruddin-Geschichten. Sie handeln von einem Sufi-Heiligen, einem Sufi-Weisen, der andere so gelehrt hat, indem er sich selbst eigenartig verhalten hat. Als erstes die vielleicht bekannteste Nasruddin-Geschichte, man findet sie in vielen Lehrbüchern der Psychologie und in vielen spirituellen Büchern.
Der Schlüssel zum Glück
Eines Tages sah man Nasruddin auf der Straße, wie er nach etwas suchte. Der Nachbar kam zu Nasruddin und fragte: „Nasruddin, was suchst du?“ Er sagte: „Ich suche den Schlüssel zu meinem Haus. Der Nachbar sagte: „Kann ich dir helfen zu suchen?“ Antwortete Nasruddin: „Ja klar, vier Augen sehen mehr als zwei.“ Sie suchten eine Viertelstunde und fanden des Schlüssel nicht. Es war sehr heiß, die Sonne brannte, und der Nachbar fragte Nasruddin: „Meister, versuche dich doch zu erinnern. Wo hast du denn den Schlüssel verloren?“ Nasruddin sagte: „Drinnen im Haus.“ „Wieso suchen wir denn dann hier draußen?“ Nasruddin lächelte: „Erstens, weil die Tür ins Schloss gefallen ist und wir sowieso nicht reinkommen. Und zweitens, weil hier mehr Licht ist.“
Der Schlüssel zum Glück ist in uns, so wie Jesus auch sagt: „Das Himmelsreich Gottes ist inwendig in euch.“ Das Glück ist innen – dies finden wir in allen spirituellen Traditionen. Warum suchen wir außen? Erstens, weil der Weg nach innen scheinbar versperrt ist, und zweitens weil außen mehr Licht ist. Dort gucken alle. Aber egal, wie viel Geld wir bekommen oder wie viel wir tun, damit Menschen uns freundlich behandeln, egal wie viel Besitztümer wir haben – glücklich werden wir so nicht. Glück ist im Inneren zu finden.
Nasruddin und die zu kleinen Sandalen
Eines Tages wurde Nasruddin gesehen, wie er auf der Straße war und ein schmerzverzerrtes Gesicht machte. Ein Passant fragte: „Meister, was ist los mit dir? Warum machst du so ein Gesicht?“ Sagte Nasruddin: „Ich habe solche Schmerzen, meine Füße tun so weh.“ Der andere fragte: „Warum tun dir denn die Füße so weh?“ Nasruddin antwortete: „Weil ich so enge Sandalen habe.“ „Warum hast du denn so enge Sandalen an?“ Nasruddin lächelte und sagte: „Wenn ich abends nach Hause gehe und die Sandalen ausziehe, ist das ein so tolles Gefühl – dafür rentiert es sich, den ganzen Tag Schmerzen zu haben.“
Diese Geschichte zeigt Wünsche. Einen Wunsch zu haben bedeutet, sich zu enge Sandalen anzuziehen. Dann laufen wir die ganze Zeit herum und leiden, weil der Wunsch nicht erfüllt ist. Ist er erfüllt, dann sind wir erst einmal glücklich - bis der nächste Wunsch kommt. Im Grunde ist Nasruddin da viel klüger. Anstatt ständig zu überlegen, was man noch brauchen könnte, um neue zu enge Sandalen zu haben, ist es viel ökologischer, wenn man einfach die alten zu engen Sandalen anzieht und sich dann immer wieder freut, wenn man sie auszieht. Diese zweite Geschichte symbolisiert den Wunsch als Glücksbringer.
Eine dritte Geschichte von Swami Vishnu
Swami Vishnu ging 1957 in den Westen. Er errichtete sein erstes Yogazentrum in New York, dann eines in Montreal. Irgendwann hörte er, dass es Menschen gibt die Golf spielen. Er fragte: „Was heißt das, Golf zu spielen?“ „Da ist ein großer Rasen mit Löchern drin, dann gibt es Menschen die Bälle und Schläger haben, und sie probieren, mit einem Schläger den Ball ins Loch zu bringen.“ Wenn Swami Vishnu dies erzählte, hat er immer vergnügt gelacht und fuhr fort: „Ich fragte: Und das machen erwachsene Menschen? Mit Schlägern Bälle in Löcher zu bringen? Und dafür zahlen sie ein irres Geld? (in den 50er und 60er Jahren war Golf in Amerika ein sehr teurer Sport)“. Es waren nicht nur irgendwelche Verrückte oder kindlich gebliebene Menschen, sondern erfolgreiche Leute, die dies machten. Swami Vishnu war fasziniert. Jemand bot ihm an, ihm mal zu zeigen wie es ist Golf zu spielen, und so konnte er sehen: Warum spielen Menschen Golf? - Weil sie in diesem Moment alles andere vergessen. Sie vergessen ihre Arbeit und die Familie, sie vergessen die Schwierigkeiten – in dem Moment sind sie nur darauf konzentriert, einen Ball mit einem Schläger in ein Loch zu bringen. Weil sie konzentriert sind, kann die Freude des Selbst ausstrahlen.
Was heißt das für dich?
- Sei dir bewusst: Dein wahres Glück ist in dir. Du brauchst nichts Äußeres, um glücklich zu sein. Höre auf zu glauben, dass das geschickte Manipulieren der Umwelt dich dauerhaft glücklich macht.
Es heißt aber auch:
- Du kannst auch relativ glücklich sein. Schaffe dir kleine Ziele und kleine Wünsche, dann erreiche das Ziel, erfülle dir den kleinen Wunsch, und genieße die Momente des Glückes im Bewusstsein. Es ist hoffentlich ein harmloses Glück, und es geht auch wieder vorbei. Erwarte aber nie, dass irgendein Ding oder irgendeine Person dich dauerhaft glücklich machen kann.
- Sei im Alltag öfter konzentriert im Hier und Jetzt. Das kannst du dir zu Gewohnheit machen. Immer dann, wenn du glücklich sein willst, tue das, was du tust, bewusst.
- Verbinde dein Herz mit anderen Menschen. Spüre dich mit ihnen verbunden verbunden und genieße dieses Glück.
- Dehne zwischendurch deine Bewusstheit aus, oder verbinde dich mit einem Baum oder dem Himmel, mit der ganzen Umgebung – Glück leuchtet auf.
- Langfristig ist am besten: Meditiere, übe Yoga und bringe deinen Geist zur Ruhe. Genieße das Glück aus der tiefen Meditation.
Du kannst in den nächsten Tagen darüber nachdenken, was ich am Anfang besprochen habe, und du kannst es auch praktisch umsetzen.
- Spüre immer wieder dich selbst, und stelle fest: „In jeden Moment kannst du tief in dich gehen und Ananda in dir spüren.“
- Egal was äußerlich ist - du kannst auch so mit dir sprechen: „
- Auf der Oberfläche meines Geistes habe ich gute Gründe, mich geärgert zu haben. Aber in der Tiefe meines Wesens bin ich jetzt und in jedem Moment Freude. - Auf der Oberfläche ist mein Geist unruhig und will alles mögliche. Aber in der Tiefe meines Wesens bin ich jetzt und in diesem Moment voller Freude. - Auf der Oberfläche meines Geistes habe ich gute Gründe, mich über diesen und jenen Menschen zu ärgern. Aber in der Tiefe meines Wesens bin ich mit ihm und mit ihr und mit allen Menschen tief verbunden.
Ananda – Freude und Liebe
Genauso gilt auch: • Lächle über dich selbst, wenn du dieses und jenes wünschst. • Sei dir im Klaren: Wünsche sind Handlungsempfehlungen mit Energie, die dich vorübergehend unglücklich und dann glücklich machen können. Manche Wünsche zentrieren die Aufmerksamkeit, so dass du schon glücklich bist, während du der Wunscherfüllung nachgehst, weil dein Geist konzentriert ist. Ist der Wunsch erfüllt und sind die Gedanken ganz ruhig, dann strahlt Glück noch besser aus. • Nicht die Objekte machen dich glücklich, und so kannst du auch die Besessenheit verlieren. Es gibt Menschen, die denken, dass sie unbedingt diese Wohnung (oder diesen Job) brauchen, sonst wären sie unglücklich. Du brauchst überhaupt nichts, um glücklich zu sein, denn du hast, was du brauchst: Dein eigenes Selbst. Wünsche und Erwartungen können den Geist höchstens vorübergehend beruhigen – das Glück des Selbst strahlt aus. • Kultiviere zwischendurch die Fähigkeit zur Konzentration auf das, was du tust – in deinem Beruf, bei der Hausarbeit oder auch sonst. Willst du glücklich sein, dann sei im Hier und Jetzt, dann sei konzentriert! • Willst du mit einem Menschen glücklich sein, dann verbinde dich von Herz zu Herz mit der Tiefe dieses Menschen. • Verbinde dich auch mit der Natur, mit den Bäumen, dem Himmel oder einfach auch in alle Richtungen. Auch im Großstadtdschungel: In dem Moment, wo du deine Bewusstheit in alle Richtungen ausdehnst, spürst du das Selbst und damit Freude.
Praktiziere und übe das, und schreibe vielleicht über deine Erfahrungen. Nutze die Medien, damit auch andere erfahren, wie es dir mit mit dem Versuch geht, Ananda auch im Alltag zu erfahren.
Besonders leicht fällt es, diese Freude zu erfahren, wenn du in einen Ashram gehst. Dort gibt es eine spirituelle Schwingung, die das Bewusstsein hebt, wo es leichter fällt, im Hier und Jetzt zu sein und den Alltag zu vergessen – du spürst immer wieder diese grundlose Freude „aufblubbern“ und dich ganz erfüllen. Wenn du sie so erfahren hast, dann fällt es auch leichter, diese Freude zu Hause so zu erfahren.