Yoga im indischen Mittelalter und Neuzeit

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Yoga im indischen Mittelalter und Neuzeit

Hier ein Vortrag zum Thema Yoga im indischen Mittelalter und Neuzeit von und mit Sukadev Bretz aus der Reihe Yoga Vidya Schulung, Vorträge zum ganzheitlichen Yoga.

Yoga im indischen Mittelalter und in der Neuzeit

- Geschichte des Yoga, Teil 2 -

Wie hat sich Yoga in einer Zeit entwickelt, in der moslemische Einwanderer Indien erobert haben? Und wie in der Zeit, als Kolonialmächte nach Indien kamen?

Rückblick auf die Klassische Zeit

Indien hat eine reiche Geschichte, auch religiös und spirituell. In der Indischen Antike von 800 vor Christus bis ins 6. oder 7. Jahrhundert nach Christus formierten sich die großen indischen Traditionen: Jainismus, Buddhismus, Brahmanismus und andere Shramana-Traditionen. Es waren keine eigenständigen Religionen, sondern sie haben sich gegenseitig inspiriert und befruchtet.

In der älteren vedischen Zeit waren Tieropfer die Regel. Nach der älteren Mahabharata haben die Könige gejagt und Fleisch gegessen. Ab dem 8. Jahrhundert nach Christus hat sich das geändert, es gab dann Traditionen von Ahimsa (Gewaltlosigkeit). Im Jainismus führte das sehr weit, dort wurde das bedingungslose Ahimsa entwickelt, somit auch der Vegetarismus, das Nicht-Töten von Tieren. Dies hatte Einfluss auf den Buddha und auf den Brahmanismus, so dass dann ab dem 5. Jahrhundert vor Christus letztlich auch die Brahmanen zu Vegetariern wurden. Auch die Yoga-Bewegungen wurde davon beeinflusst, und so haben sich die Traditionen gegenseitig befruchtet.

Zeit der Islamisierung – Das Indische Mittelalter

Im 7. und 8. Jahrhundert breitete sich langsam der Islam aus, und ab dem 8./9. Jahrhundert nach Christus gab es die ersten Moslems, die Teile Indiens eroberten. Dies ging bis zum 14. Jahrhundert, zu dieser Zeit gab es das Sultanat von Delhi. Diesen Sultanen von Delhi war ganz Indien untergeordnet. Erstmals seit der Mauria-Zeit gab es so eine Einigung von fast ganz Indien, aber jetzt unter der Herrschaft der Sultane von Delhi.

In der Zeit der moslemischen Herrschaft haben die Moslems die großen indischen Universitäten geschlossen bzw. umgewandelt. Vorher wurden Yoga, Ayurveda, Buddhismus, Jainismus und auch die Staatskunst und die Künste in großen Universitäten gelehrt (u.a. in Patali Putra, Taxila und Nalandi). All diese Universitäten wurden entweder geschlossen oder es wurden neue nur moslemisch geprägte Universitäten eröffnet.

Dies hatte eine große Auswirkung auf Yoga und Ayurveda. Sie wurden (ebenso wie der Buddhismus) aus den großen Stätten des Lernens weggedrängt. An den moslemischen Universitäten wurde kein Ayurveda und kein Yoga mehr unterrichtet, auch kein Buddhismus oder Jainismus oder andere indische Philosophien, sondern dort wurden eben islamische Gelehrtenkunst gelehrt.

Die Moslems waren nicht wie die Christen, die mindestens bis zum 16. Jhd. alle Religionen auslöschten, wohin auch immer sie kamen. Sie haben durchaus weiter den Volksglauben gelassen, es gab nur eine beschränkte Zwangskonvertierung. Diejenigen, die nicht zu Moslems wurden, mussten eine Steuer entrichten, und es gab eben nicht mehr die großen Institutionen des Lernens.

So mussten sich die traditionellen Kulturen zurückziehen. Entweder mussten sie sich mit dem Islam verbinden, oder sie mussten sich in die Familientraditionen oder in die Mönchsorden zurückziehen. So wurde ab dem 8. Jhd. bis zum 14. Jhd. das Lehren von Ayurveda und von Yoga schrittweise zum einen in die Familientradition zurückgezogen (Weitergabe der Lehren von Vater zum Sohn) und zum anderen in die Mönchsorden. Es gab den großen Vedanta-Orden von Shankaracharya, dieser wurden schon um 800 n. Ch. gegründet, also bevor Indien unter moslemische Herrschaft kam.

Einschub: Eigentlich müsste man von persischer Herrschaft oder Herrschaft der Turkvölker sprechen, denn „Moslem“ ist ja eher ein Religionsbegriff und kein Begriff für Herrscher. Es waren Fremdherrscher aus Persien oder aus der asiatischen Steppe.

Dieser Mönchsorden bestand auch während der moslemischen Zeit weiter. Außerhalb der großen Städte wurden auch weitere Mönchsorden gegründet.

In dieser Zeit entstand dann auch eine Volksfrömmigkeit - Islam heißt ja „Hingabe zu Gott“. Schon zur Zeit der Bhagavad Gita gab es „Bhakti“ (die Hingabe), Patanjali erwähnt „Ishvara Pranidana“, und es gab das Bhakti Sutra (vermutlich ein paar Jahrhunderte n. Chr. geschrieben). Ab dem 12. - 14. Jhd. entstanden als Gegenbewegung zu dieser islamischen Frömmigkeit (welche ja ohne großen Intellektualismus im gemeinen Volk zu großer Hingabe zu Gott führt und große Gott-Verwirklichte hat entstehen lassen) die großen Bhakti-Bewegungen, die vor allem Vishnu (und auch Shiva) verehrt haben. Gerade die Vaishnama-Bewegungen im 13. und 17./18. Jhd. wurden zu einer allgemeinen Volksfrömmigkeit.

Weitere Bewegungen, die zu dieser Zeit entstanden, waren die Tantra-Bewegungen und auch die Hatha Yoga Bewegungen. Die Gelehrten streiten sich, ob es Hatha Yoga tatsächlich schon in der Indus-Kultur gab, und ob die Shramanas (die Asketen) wirklich schon Asanas geübt haben. Man kann aber sicher davon ausgehen, dass die späteren Yoga-Upanischaden und das Yoga Vasishta schon Hatha Yoga gelehrt haben. Deren Blütezeit begann dann aber im 13. - 17. Jhd., wo die großen Hatha Yoga-Schriften (Hatha Yoga Pradipika, Gheranda Samhita Goraksha Shataka, und auch die Shiva Samhita) entstanden sind.

So entwickelten sich also die Yoga-Traditionen weiter. Manche sagen, dass das indische Mittelalter auch eine Zeit war, wo sich die Traditionen trennten. Es gab eben nicht mehr große Universitäten gab, wo sich die verschiedenen Traditionen gegenseitig befruchteten und der gleiche Mensch im gleichen Leben verschiedenen Traditionen ausgesetzt war, und deshalb kam es zu einer Separierung. Es gab die Nath-Orden, die das Hatha Yoga weitergegeben haben, es gab andere tantrische Orden, die diese Inhalte weitergaben, es gab Hatha Yoga Familientraditionen, in denen über 10 – 20 Generationen eine bestimmte Tradition von Hatha Yoga in der Familie weitergegeben wurde und es gab die Bhakti-Traditionen.

Eventuell erfolgte also zu dieser Zeit eine gewisse Trennung der Traditionen, aber man findet wiederum auch das Bemühen um Verbindung.

So wurde nicht nur das, was später als Hinduismus bezeichnet wurde, vom Islam beeinflusst (die Volksfrömmigkeit im Sinne der Bhakti-Tradition), sondern umgekehrt wurde auch der Islam durch die indische Frömmigkeit beeinflusst. Im Sufismus wurden beispielsweise die Meditation und die Wiederholung eines Mantras eingeführt, und auch die Japa Mala fand Eingang bei den Sufis. Die Sufis gaben dies wiederum weiter in den Mittelmeerraum. Viele sagen, dass z.B. das Rosenkranzgebet eine christliche Tradition ist, welche die Kreuzfahrer von den Sufis übernahmen, und die Sufis hatten es von Indien. Wenn also heute katholische Christen den Rosenkranz beten, machen sie (in einem weiteren Sinn) eine Yogapraxis.

Das indische Mittelalter war aber auch eine Zeit, in welcher es Christen gab. Der Apostel Thomas soll ja im 1. Jhd. n. Chr. nach Indien gekommen sein. Vermutlich seit dem 5. oder 6. Jhd. v. Chr. gab es auch Judentum in Kerala (dort, so wird gesagt, ist die älteste Synagoge). So gab die verschiedenen Strömungen (auch den Jainismus, den Parsismus), die sich aber mehr und mehr separierten, so dass die Jains sich als eigenständige Tradition betrachteten. Die Buddhisten wurden in Indien zu dieser Zeit langsam weniger. Die einzelnen Traditionen haben sich sicherlich auch gegenseitig befruchtet, sich vor allem aber als eigenständig erfahren.

Yoga in der Neuzeit

Die Spanien und Portugal waren die ersten christlichen Länder mit Kolonien in Indien. Später kamen die Franzosen und die Holländer, bis dann schließlich die Engländer Indien kolonisierten. Aus dieser Zeit gibt es viele schriftliche Dokumente, ich will sie aber trotzdem überspringen.

Beim nächsten Mal spreche ich dann von der [Yoga-Renaissance in Indien 19.-20. Jahrhundert Yoga Renaissance in Indien] seit dem 19. Jahrhundert.

Siehe auch

Seminare

Yogalehrer Ausbildung

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