Yoga Kongress

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Yoga Kongress

Der Yoga Kongress 2018

Eröffnungsritual mit Nepal Lodh

Ein Beitrag aus dem Yoga Vidya Journal Nr. 38, I/2019 - Eindrücke von Christine Endris

Freitag

Es gibt immer wieder gute Gründe, zurückzublicken und sich zu erinnern. Mir fällt der erste Yoga Kongress im Gut Hoffnungstal ein vom 30. Oktober bis zum 1. November 1998 im Westerwald: Das ganze Programm samt Fotos und Vorstellung der 10 Referenten passte auf ein gelbes DIN-A4 Blatt, beidseitig bedruckt. Ich habe damals die Teilnehmerzahl auf 70 bis 80 Personen geschätzt. Angeboten wurden jeweils drei parallele Yogastunden, Vorträge, Workshops und natürlich Meditation, Satsang und Mantra singen. Wie heute. Und ein Eröffnungsritual mit Nepal Lodh, auch noch wie heute. Den Bund der Yoga Vidya Lehrerinnen und Lehrer und den Yoga Vidya e.V. gab es schon seit 1992, gegründet in Frankfurt am Main. So fing es an mit den Yoga Kongressen! Das Programm ist umfangreicher geworden, die Essenz ist geblieben.

Zur Eröffnung des 21. Yoga Kongresses beschreibt Sukadev die seit Jahrtausenden bestehende, vedantische Philosophie als das optimistischste aller Weltbilder. In der Tiefe seines Herzens trägt jeder Mensch die Sehnsucht nach seinem göttlichen Kern, ob Schüler oder Lehrer.

Schirmherr Elmar Brok (Abgeordneter im Europa-Parlament) spricht seine diesjährige Videobotschaft sehr einfühlsam - über die Konzentration bis an die Grenze des Möglichen, auch in der Politik, und von der Notwendigkeit, Geist und Körper in Einklang zu bringen. Lebensfreude und Wohlgefühl erwachen wieder. „Das Beste ist, gleich bei sich selbst anzufangen!“ sagt Elmar Brok. Wir werden ihn möglicherweise in Bälde als (Eröffnungs-)Gast begrüßen dürfen!? Auch die übrigen Ehrengäste erweisen sich als Kenner/ innen grundlegenden Yogawissens: Einige von ihnen praktizieren täglich Asanas (Körperübungen).

Fabian Belser zeigt die Taube - fortgeschritten

Es fällt der kluge Satz: Jedes Auto muss regelmäßig zur Inspektion und wird hoffentlich repariert. Und – was machen wir? Was man im Hatha Yoga alles machen kann, zeigt Fabian Belser in einer höchst akrobatischen Vorführung. Manchem mag bereits beim Zuschauen der Atem gestockt haben. Auch ich habe „mitgelitten“, obwohl er wahrscheinlich mein Mitleid gar nicht brauchte! Nepal Lodhs Eröffnungsritual führt stets in eine große Bewusstheit, zur Reinheit des Geistes, zu Symbolen, zu den Elementen, zum gemeinsamen Ankommen.

Sukadev sagt ein paar Einführungsworte:

  • Menschen sehnen sich nach Gesundheit, Freude und Frieden.
  • Wir wissen nicht, wer wir wirklich sind.
  • Woher komme ich,
  • wohin gehe ich?
  • Was ist wirklich?
  • Wie kann ich die höhere Wirklichkeit erfahren?

Mit Raja Yoga (Yoga der Geistesbeherrschung) können wir diesen Weg gehen, aber Theorie und Bücher lesen allein reichen nicht aus, es zählt die eigene Erfahrung damit. Indische Philosophie hat die Stoa, Kyniker sowie Kant, Schopenhauer, Nietzsche und Goethe stark beeinflusst. Der amerikanische Philosoph William James sagte: „Wir können den Wahrheitsgehalt von Religionen nicht überprüfen, aber die Auswirkungen derselben!“ C.G. Jung lud indische Yogis zu einem Kongress in Ascona ein, wohingegen Sigmund Freud solche Ideen abwehrte. Heute hat der Begriff „Achtsamkeit“ viele Wissenschaftsbereiche erfasst, insbesondere Medizin und Biologie.

Wir sind alle aus dem gleichen Stoff

Der erste Vortrag von Chandra Cohen, einem Schüler von Swami Vishnu: Die Verwirrung des Selbst und seine Lösung – eine Erfahrung in Vedanta. Er schickt voraus, er habe sein ganzes Leben lang die Upanishaden (indische Schriften) studiert und nun solle er die Essenz innerhalb von 45 Minuten wiedergeben … er will es probieren! Es geht um das wissende Selbst, um unser Bewusstsein, um die Erfahrung in der Stille, um das Loslassen aller unserer Vorstellungen. Wir sind zu Beginn allen Lebens aus einer „Ursuppe“ entstanden und somit alle aus dem gleichen Stoff. Dann kommen die Identifikationen mit dem Körper, den Gedanken und Wünschen, unserem sogenannten Besitz, den Emotionen, dem Mögen und Nichtmögen. Wir verlieren uns im Außen! Den Geist nach innen gerichtet, in der Stille, erfahren wir unsere wahre Natur: bedingungslose Wonne in der göttlichen Gegenwart. - Wir brauchen für das richtige Wissen und die Schulung der Unterscheidungskraft kompetente Lehrer. (Anm.: Dafür gibt es klare Kriterien! Schaut nach bei yoga-wiki von Yoga Vidya, Stichwort Yoga und Meister.)

Traditionelle yogische Praktiken aus der Gheranda Samhita vs. moderne Abwandlungen mit Veda Chaitanya, einem indischen Yogameister. Er sagt: Yoga ist seit 3000 Jahren integral und: Jede klassische Yogastellung ist statisch, Asana übersetzt er mit Ankommen bei dir selbst; Pranayama ist die Fähigkeit, den Atem zu kontrollieren, was natürlich positive Auswirkungen auf Körper und Psyche hat. Swami Sivananda ist Teil der klassischen Yogatradition in Praxis und Schrift, er schrieb seine Texte stets gemäß den Upanishaden und der Bhagavad Gita, die man nie verändert hat. In Indien lernte der Schüler früher wie sein Lehrer zuvor die alten Texte auswendig (!) und wurde dann über die Umsetzung der Inhalte belehrt. Leider hätte ich bei dieser Methode nicht annähernd so viel gelernt wie heute!

Noch einmal Veda Chaitanya zum Thema Yoga-Praktiken und gesundheitliche Vorteile: Yoga hilft uns in allen Lebenslagen, je nachdem, wie wir ihn anwenden, was und wieviel wir praktizieren. (Ich sehe das selbst im Lauf der Jahre bei meinen Schülern - Bankern, Lehrern, Sportlern, Kaufleuten usw., die mit Asanas anfangen und dann plötzlich Dinge sagen, die von einer unglaublich starken spirituellen Klarheit zeugen.) Ergänzend zum Yoga gibt es die Ayurvedische Heilkunst für Lebensstil und Ernährung. Hatha Yoga und Meditation sind gleichermaßen wertvoll für unser Wohlbefinden.

Am Abend im Satsang geht Sukadev ausführlicher auf das Thema des Kongresses "Yoga – Forschung und Selbsterforschung" ein. Wir müssen uns den Geist der Neugier und der Achtsamkeit bewahren, besonders im Praktizieren. Das Unbewusste ist schnell mit Ausreden dabei: Ah ja, Pranayama, 1000mal gemacht - ok, alles klar - wird erledigt ... Meditieren sollten wir mindestens 20 Minuten täglich. Und uns die Frage stellen: Kenne ich schon alles? Sukadev hat die Bhagavad Gita bestimmt schon 50mal gelesen und 20 bis 30mal kommentiert. Beim Lesen von Patanjalis Yoga Sutras entdeckt er jedesmal neue Aspekte. Das gerne gebrauchte Argument „So bin ich halt, das ist nicht mein Ding!“ bedeutet im Klartext das Ende der Neugier! Die (Er-)Forschung ist abgehakt!

Sukadev schließt mit einer kleinen Geschichte: Die Frau sagt: Ich brauche immer meinen geregelten Tagesablauf, der muss genau so und so sein! Und dann wurde sie schwanger ... Das Leben ist halt anders!

Video - Selbsterforschung Vortrag mit Sukadev - Yogakongress 2018

Martin Mittwede, Religionswissenschaftler, Psychotherapeut, Herausgeber des Spirituellen Wörterbuchs Sanskrit-Deutsch, thematisiert Selbsterfahrung im Licht der altindischen Philosophie und modernen Psychologie. Die Spiritualität hat einen Siegeszug durch alle therapeutischen Anwendungen gemacht. Der westliche Mensch ist bemüht, alles unter Kontrolle zu haben, und Kontrolle ist der beste Weg zur Neurose, sagt er. Viele unserer Ziele erreichen wir letztendlich durch das Aufheben des Willens. Die Bhagavad Gita beginnt mit dem Zusammenbruch Arjunas, er will nicht kämpfen und nicht töten, er führt mit Krishna einen konfrontativen Dialog. Krishna erklärt Arjuna die Lage ausführlich und lässt ihm Zeit, seinen Weg selbst zu finden. Dann kämpft Arjuna, nach bestem Wissen und Gewissen (Anm.: Es lohnt sich, die Bhagavad Gita wieder einmal zu lesen! Spannend! Swami Sivananda hat einen gut lesbaren Kommentar geschrieben). In Kapitel 6 Vers 5 heißt es: Allein das Selbst ist dein Freund und allein das Selbst ist dein Feind - und zwar dann, wenn wir gegen unsere wahre Natur leben. Deshalb ist es so wichtig, mit reinem Geist zu schauen: das physische Leben und die Spiritualität haben ihren Stellenwert. Wir leben in der Dualität und sollten sie akzeptieren! Martin Mittwede hat dazu einen guten Anschauungs-Tipp: Ein ganzes Wochenende in der eigenen Familie verbringen, alle zusammen … Andererseits birgt die Abwendung von der Welt auch ihre Gefahren: Der „spirituelle Einheitsbrei“, der in manchen Gemeinschaften gepflegt wird oder auch das Streben zur Erkenntnis mit Hochdruck gehen meist schief. Die Erkenntnis muss von innen her wachsen, durch alle Zweifel und Krisen. Er warnt vor selbstherrlichen Gurus (Lehrer) mit zu großen Egos, vor Gruppenhierarchien und vor der Diskriminierung von Frauen. Auch hier, im Osten wie im Westen, findet Missbrauch statt! Interessant: 70 Prozent der Probanden des Psychotherapeuten Martin Mittwede haben spirituelle Fragen. Moderne Selbsterfahrung aktiviert unsere Ressourcen zum Jasagen zu uns selbst, zum Loslassen von Gewalt gegen uns und andere, zum Finden von innerer Stärke und innerem Frieden.

Die Heiligkeit des Lebens

Ein ereignisreicher Tag! Der zweite Abendvortrag von Marcus Stück: Epigenetische und psychobiologische Veränderungen durch bewusstseinserweiternde Methoden erfordert noch einmal volle Aufmerksamkeit. Der Mensch ist von außen betrachtet eine organische, psychologische und kosmische Einheit. Er lebt ständig in der Relation zu anderen und zur Natur. Wir erleben, dass die Vielfalt (Diversität) auf unserer Erde verloren geht oder gar zerstört wird. Viele sind auf der Suche nach dem richtigen Verhältnis zueinander. Schon lange nicht mehr sind wir die „Herren der Welt“, eher die Wesen, die sich durch (Selbst-)Zerstörung besonders hervortun. Verloren gegangen ist die Demut vor den Grundprozessen der natürlichen Selbstorganisation. Marcus Stück nennt diese Selbstorganisation die „Heiligkeit des Lebens“.

Er berichtet von den Forschungen, die er und andere Wissenschaftler in den Bereichen Epigenetik und Psychologie durchgeführt haben. Die Grundbausteine aller Wesen sind von einer bestimmten Rhythmik beherrscht. Es entstehen Resonanzen, die mit anderen in Kommunikation treten. Zellen verändern sich durch innere und äußere Einflüsse wie zum Beispiel meditative Zustände, Singen und Tanzen oder das Erleben von Liebe, aber auch Angst, soziale Isolation, fehlende Wertschätzung. Solche Zustände können sich für Generationen im epigenetischen Gedächtnis festsetzen. Das ist wissenschaftlich dokumentiert, muss aber noch mehr erforscht werden - für das Glück der Menschheit steht viel auf dem Spiel! (Es ist ein hochinteressantes Thema, ich kann das nur in bescheidenen Worten wiedergeben. Im Internet findet ihr unter Epigenetik wie auch dem Namen des Referenten mehr zum Thema.) Warum aber ging die Heiligkeit des Lebens verloren? Der Mensch besitzt eine ihm eigene arrogante Egozentrik, die durch bewusstseinserweiternde Prozesse reduziert werden muss, damit er seine eigene Heiligkeit wieder erkennt - so Marcus Stück. Das mag esoterisch klingen, aber - was lehrt uns denn unsere Erfahrung beim Meditieren, beim Singen, in den Yogastunden? Meditation hat Einfluss auf das Hormonsystem und Immunsystem und somit auf das Unterbewusste. Das ist das Besondere. Es entsteht eine instinktive Infrastruktur zur Bewahrung der Identität.

Wie das gemeinsame Tanzen wirkt, wird sich später im Workshop Biodanza eindrucksvoll erweisen!

Das ist nicht einfach vom Himmel gefallen!

Ich freue mich darüber, dass Yoga Vidya (zur Erinnerung: Vidya heisst Wissen) aktiv zu solchen Forschungen beiträgt, unter anderem auch mit Versuchspersonen. Es ist noch gar nicht lange her, da wurde Yoga überhaupt nicht von Krankenkassen bezuschusst, im Gegensatz zu heute. Das ist nicht einfach vom Himmel gefallen! Von alleine hätte sich nichts getan. Politisch und mit den Kassen wurde und wird permanent kommuniziert und verhandelt, um Yoga für jede/n zugänglich zu machen. Gar mancher hat sich nicht nur von verrosteten Gelenken, sondern auch von Rücken- und diversen anderen Schmerzen nachhaltig befreit …

Ein erfrischender, spätherbstlicher Nachtspaziergang zum Haus Shanti, und schon bin ich im Land der Träume.

Samstag

Am Samstag früh herrscht, wie sonst auch im Ashram, Schweigen bis nach der Meditation. Ich denke mir, dass dies hier zwar längst eine Selbstverständlichkeit ist, dass es aber auch ein Teil der Übung ist, Yoga in den Tag zu integrieren! Schweigen inmitten mehrerer hundert Gäste, beim Aufstehen, auf dem Flur, beim Türaufhalten, beim Teetrinken.

Sukadev liest einen Brief von Swami Sivananda aus dem Jahr 1942 vor, zu dem Satz „Tat Twam Asi“ aus den Upanishaden. Das bist du! Du bist das Unendliche, Ewige, Absolute. Der Schüler antwortet: Aham Brahmasmi – Ich bin dieses Brahman, das unsterbliche Selbst. Es ist eine der höchsten Wahrheiten im Yoga! Für mehr schaut nach bei Yoga-Wiki. Nun können wir ganz gelassen in den zweiten Kongresstag starten.

Zu ungewöhnlicher Zeit um 7.10 Uhr höre ich Prof. Dr. Gela Weigelts Vortrag über Mystik und Wissenschaft. Sie hat Philosophie, Psychologie und Pädagogik studiert und eine Fülle von Hinweisen auf Literatur und Zitate mitgebracht. Hier einige Gedanken: Echte Realität ist die transzendierte Wirklichkeit. -

Oder: Jesus sagt: Ich bin das Licht der Welt, wer mir nachfolgt … wird das Licht des Lebens haben. -

Diese Welt ist eine Idee. Sie existiert in unseren jeweiligen Vorstellungen, sie wird vom Beobachtenden geprägt. Wer beobachtet? Wer fragt? Wer bin ich? Das reine Bewusstsein entdeckt sich in sich selbst, Beobachter und Welt sind Eins. Und: Bewusstsein erzeugt Realität. Das bedeutet, wir können auch die Schöpfer der von uns gewünschten Realität sein. Eine gute Übung, meint Gela Weigelt.

Video - Klangyogastunde mit Jeannine und Maik Hofmeister - Yogakongress 2018

Neue Forschungsergebnisse im Bereich seelische und körperliche Gesunderhaltung: Ulrich Ott (Neurowissenschaftler) und Janaki Epe (Psychologin) legen in ihrem gemeinsamen Vortrag Wirkungen von Pranayama auf Psyche und Nervensystem neue Forschungsergebnisse vor. Die Atmung aktiviert, reguliert, die Denkfähigkeit wird angeregt, kognitive Funktionen und Stresserleben verändern sich zum Positiven. In der Psychotherapie eingesetzt, erweisen sich mit Anuloma Viloma (Wechselatmung) klare positive Ergebnisse, die Anhaltephase des Atems erzeugt geistige Ruhe. Physisch bewirkt das wechselweise Rechts-links-Verschließen der Nasenlöcher einen Ausgleich beider Körperhälften einschließlich des Gehirns.

Wir haben wohl alle schon die Erfahrung gemacht, wie die tiefe Bauchatmung beim Loslassen hilft, wie tief wir atmen können, wenn sich das Herz öffnet, wie frei wir sind, wenn der Kopf das Grübeln einstellt. Bei Epilepsien wird die Wechselatmung mit guten Ergebnissen angewendet. (Anm.: Wer mehr erfahren will, hier das Buch der beiden Referenten: Gesund durch Atmen, erschienen im Verlag O.W. Barth).

Zum Abschluss die phantastische Schlottermaschine ….

Dann mache ich erst einmal Pause für den Kopf und Faszien-Yoga mit Susan Holze-Apell (Physiotherapeutin, Kinesiologin und Yogatherapeutin). Darauf freue ich mich! Faszienyoga hat mich praxisbedingt überzeugt und ich baue gerne in meinen Yogastunden ein paar Elemente ein. Der sog. Ganzkörperanzug aus Fasziengewebe vom Scheitel bis zur Sohle dürfte hinlänglich bekannt sein – dass dieses Gewebe bei zu wenig Bewegung austrocknet und verfilzt. Dass sich in den Faszien Schmerzrezeptoren befinden, ist eine neuere Erkenntnis und erklärt Vieles. (Schaut nach unter Dr. Robert Schleip!) Die gute Nachricht: Faszienzellen erneuern sich und Faszienyoga beschleunigt die Zellerneuerung. Hier ist auch im Yoga das Federn erlaubt und erwünscht. Schon beim Pranayama können die Schultern aktiv „mitatmen“. Seid kreativ! Hüpfen, beugen, dehnen, drehen, wippen, schlenkern. Aus dem Sprinter die Arme schwingen. Das Brett auf den Ellenbogen vor- und zurückschieben und bei der Kobra rechts und links über die Schulter schauen … äh … ihr wisst schon, was ich meine! Den Hund rechts und links bewegen, nach vorn und hinten springen. Nicht zu vergessen, den pinkelnden und den wippenden Hund, letzterer auf dem Fußrücken! Im Vogel Arme und Beine bewegen und drehen und die Katze im Vierfüßlerstand bietet Möglichkeiten ohne Ende. Zum Abschluss die phantastische Schlottermaschine …. Ich bin wie neugeboren!

Viele hundert Gäste sind am Samstag beim Kongress. Zwischen 8 und 13 Uhr gibt es vegetarisches Frühstück und Mittagsbuffet mit allem, was das Herz begehrt. Dies alles verläuft sehr entspannt, erfordert allerdings auch einen Dauereinsatz in der Küche. In meinen Augen werden hier Höchstleistungen erbracht – das richtige Timing, die rechte Menge und zudem der vorzügliche Geschmack. Daneben noch permanent Tee kochen und Tassen spülen, Tische decken und abräumen, spülen, wegräumen, saubermachen – das ist enorm! Vielen Dank dafür!

Wir sind unsere Schutzengel

Im Workshop Biodanza praktizieren wir das, was Marcus Stück uns am Vorabend über Rhythmik, Resonanz, Tanz und die Heiligkeit des Lebens aufgezeigt hat. Das klingt außergewöhnlich, aber die meisten haben es an diesem Mittag erlebt. 40 oder 50 Menschen stehen im Kreis, reichen sich die Hände und fangen an, ein paar gemeinsame Schritte zu Musik zu machen. Irgendwann wird es zum Suchen und Finden von 2,3,4 zusätzlichen Partnern, zu ganz langen und dann wieder kurzen Schlangen, die sich kreuzen und durchkriechen, die sich finden und loslassen und ihren Spaß dabei haben. Atemlos und strahlend - so ist das! Und dann gemeinsame Stille. - Es folgt der nächste Akt: Mit geschlossenen Augen tanzen wir für eine längere Zeit bei ruhiger Musik durch den Raum, blind, also achtsam. Es ist eine Frage der Ehre, nicht zu kucken! Viele Emotionen kommen dabei hoch, ich bewege mich hier ganz alleine, aber doch tanzen überall um mich herum noch viele andere im gleichen Rhythmus, mit ähnlichen Emotionen. Die Resonanz ist deutlich zu spüren. - Irgendwann kommt die nächste Aufgabe.

Wir werden uns eine/n Partner/in suchen und uns mit erhobenen, aufeinanderliegenden Handflächen gegenseitig führen. Wir sind unsere Schutzengel. Ein klassisches Adagio mit Klavier begleitet uns dabei, etwas Einfühlsameres kann ich mir in diesem Moment und auch danach nicht vorstellen. Wir finden uns gleich, wie sollte man blind auswählen? Da ist ein Mensch, der mich durch den Raum begleitet und mit seinen Händen ganz genau spürt, was in mir gerade passiert. Das hat mit Vertrauen zu tun, mit Liebe und Mitgefühl, aber auch mit Ängsten aus der Vergangenheit. Es ist ein Geben und Nehmen, wir sind verbunden und wir achten aufeinander. Das ist unbeschreiblich schön und hat zum Glück eine längere Zeit gedauert. Es ist einfach kein Wollen mehr da. Und auch kein Müssen. Und keine Angst. Marcus meinte später, auch er habe eine Träne verdrückt bei unserem Anblick. Das glaube ich wirklich unbesehen!! Vielen Dank, lieber Marcus! Biodanza könnt ihr schon an vielen Orten machen. (Marcus ist zu finden unter Zentrum für Bildungsgesundheit)

Bei Mahashakti Engeln (Heilpraktikerin und Yogatherapeutin) in der Yogastunde komme ich ganz in Ruhe zu mir zurück. Natürlich mache ich jetzt nur das, was mir gut tut.

Rückbildungsyoga für verwaiste Mütter

Nach dem Abendsatsang erfolgt die Preisverleihung des Yoga Vidya Preises für Nachhaltigkeit und Innovation. Jeder Yoga-Lehrende konnte sich bewerben, Preisgelder für den 3. und 2. Preis betragen je 500 Euro, für den 1. Preis 1.000 Euro. Einige der Bewerber haben sich mit Filmen und Fotos im Haus Shanti präsentiert.

  • Den 3. Preis erhält das Projekt „Gemeinsames Fahrradfahren“ und an schönen Stellen Yoga machen, ganz ohne Matte. Es kommt sehr gut an!
  • Den 2. Preis erhält das Projekt „Achtsamkeitstraining für zukünftige Lehrer im Referendariat“, dazu begleitende Messungen mit Auswertung für eine Dissertation. Stichwort zu den Lehrern: Sie sind Multiplikatoren!
  • Der 1. Preis: Ein Projekt in Neunkirchen im Odenwald namens „Rückbildungsyoga für verwaiste Mütter“ von Julia Schmidt. Es

ist für Mütter, deren Babys während der Schwangerschaft oder nach der Geburt gestorben sind und es gibt ihnen die Möglichkeit zu trauern. Es ist herauszuhören, dass großer Bedarf besteht. Nachahmer/innen werden gesucht!

Der BYV hat für nächstes Jahr einen neuen Wettbewerb ausgelobt!

Zur Guten Nacht bekommen wir eine Klangschalenreise geschenkt. Wir können in die Tiefe gehen und loslassen.

Sonntag

Am frühen Morgen bringt Sukadev Wichtiges auf den Punkt: Alles verliert seine Bedeutung, wenn wahrhaftige Leidenschaftslosigkeit zu dämmern beginnt und das kleine Ich sich von seinen (all-) täglichen Wünschen löst. Sie sind es, die uns binden. Wir wissen es eigentlich - nichts bleibt, es kommt, es geht, alles ist vorübergehend. Nur die Sehnsucht nach Befreiung sitzt am tiefsten in unserem Herzen. Die Frage muss lauten: Welche Aufgabe habe ich vom Kosmischen bekommen? Da heißt es hinhören!

Am Morgen acht parallele Workshops und es ist ungeheuer schwer, das Richtige für diesen Moment auszuwählen. Zum Verständnis, wovon hier die Rede ist, hier die Angebote:

  • Eine Einführung in die Achtsamkeit
  • Yoga-Psychologie
  • Mit Kinderyoga zum ganzheitlichen Lernerfolg
  • Vedanta als Mittel der Selbsterkenntnis
  • Lachyoga
  • Harmonie als Schlüssel zu Erfolg und Glück
  • Shiva Tandava

Ich möchte auch aufzeigen, dass die Angebote beim Yoga Kongress für jeden gedacht sind. Man lernt fürs Leben! Im April 2019 wird es mehr Räume geben, denn Yoga Vidya hat ein weiteres Gebäude in Bad Meinberg gekauft und saniert. Haus Mahameru wird viele Gästezimmer und Wohneinheiten haben, sowie vor allem einen großen Küchenbereich und verschiedene Speisesäle. Die feierliche Einweihung findet am 7. April 2019 statt.

Ich gehe zu Techniken des Prana-Channelizing mit Harilal. Er ist Yogameister und Yogatherapeut, kommt aus Indien und lehrt weltweit. Alles Leben ist vom Prana (Lebensenergie) bestimmt. Prana steuert unsere Aktivitäten. Es ist das Bindeglied zwischen Körper und Geist. Es ist nicht sichtbar, sondern erfahrbar. Mit Atemübungen können wir ausgleichen und harmonisieren. Bei psychosomatischen Störungen, aber auch bei Multipler Sklereose, Autoimmunerkrankungen und Muskelschwund hat Harilal gute Erfolge erzielt. Er arbeitet zusammen mit einer Klinik in Bad Griesbach bei Passau. Das Wichtigste ist die liebevolle Hinwendung zu uns selbst und Achtsamkeit für alles, was geschieht. Wenn wir keinen „Lebensodem“ mehr haben, stirbt unser Körper.

Wir machen unter seiner Anleitung viele praktische Übungen wie Bodyscan, Affirmationen und ganz gezielte Atmung.

Video - Techniken der Pranakanalisierung - Harilalji - Yoga Kongress 2018

Meine letzte Yogastunde ist sehr ungewöhnlich, sie besteht aus drei Yoga-Tänzen, angeleitet von Swami Dada Madhuvidyananda. Mit 19 Jahren wurde er Yoga-Mönch und unterrichtet weltweit. Er selbst tanzt täglich zu Kirtanmusik, weil sie eine starke Kraft besitzt und den Geist reinigt. Diese Tänze sind immer eine Verehrung des Göttlichen und sind über Generationen überliefert. Der erste ist ein gemeinsamer Tanz für Frauen und Männer, der zweite ein Tanz nur für Frauen, der dritte nur für Männer. Wir gehen in unsere Tänze und spüren dabei die Unterschiede. Die Männer tanzen mit hohen Sprüngen, gehen in die Hocke, werfen Arme und Beine hoch – es sieht schon etwas anstrengend aus. Wir sind auch beim Zuschauen mit einer großen Ernsthaftigkeit dabei, denn Swami Dada erklärt alles sehr gut und überzeugt mit seiner eigenen Haltung. Und er verfügt über einen gesunden Humor!

Was wirklich ist, muss auch ewig sein!

Zum Abschluss fasst Sukadev das Kongressthema zusammen: Die Forschung auf der einen Seite haben wir gehört, erlebt, erfahren bei Themen wie Genetik, Epigenetik, Hormone, Stress, Atemtechniken, Bewusstsein. Den anderen Weg nennt Sukadev „Back to the roots“ und meint die klassischen Yogawege: Jnana Yoga umfasst Forschung, Buddhi (Intellekt), Vidya (Wissen), Viveka (Unterscheidungskraft). Shankaracharya sagte: „Halte dich nicht mit Kleinigkeiten auf! Mache deinen Geist ruhig - was ist wirklich, was unwirklich? Unterscheide zwischen ewig und vergänglich! Was wirklich ist, muss auch ewig sein.“ - Es folgt wieder einmal der schöne Satz: „Brahman ist wirklich, die Welt ist Schein, nichts ist wirklich als Brahman allein.“ Daraus entsteht große Gelassenheit: In der Tiefe meines Wesens bin ich Brahman, das Allumfassende! Dem Maus-will-in-ihrem-Loch-bleiben / ich-bin so-allein-ich-weiß-gar-nicht-was-ich-soll erteilt Sukadev eine Absage. Auch Sachen wie: Das Baby schreit - „Lass es schreien, es muss seine Frustrationsgrenze erlernen!“ sind lediglich evolutionsbiologische Programme, kommen aus der Psyche und sind für den direkten Weg nicht geeignet! Wir sollten uns von unserem Wissen und unseren Erfahrungen überzeugen lassen!

… dann lauft ganz weit weg!

Raja Yoga: Patanjali war sehr pragmatisch, man denke allein an die ersten drei Sutras (Lehrsätze)! Wenn jemand zu euch sagt „Befreiung hat ihren Preis“, dann lauft ganz weit weg, so Sukadev. Durch Hingabe an Gott wird Samadhi (Versenkung) schnell erreicht - Unwissenheit und Verhaftungen sind das Problem. Wir sind dort kränkbar, wo wir uns besonders identifizieren. Also die Frage, was macht mein Ego? Wir haben ein Selbstbild und lassen es nicht gerne ankratzen.

  • Bhakti Yoga fragt: Wie kann ich in allem Gott sehen? Durch Hingabe und Achtsamkeit wird sich der Weg zeigen!
  • Karma Yoga, der Yoga der Tat, fordert uns dazu auf, das größtmöglich Gute zu bewirken, ungehobene Fähigkeiten zu erschließen, Ängste zurückzulassen.
  • Kundalini Yoga erhöht unser Prana, wir können mehr bewirken, die Psyche stabilisiert sich. Frage dich, welche Praxis dir zusagt!
  • Hatha Yoga: Wie weit kann ich kommen? Weder unterfordern noch überfordern! Asanas abwandeln für uns selbst und für den Unterricht, täglich üben. Yogastile kommen zunächst dynamisch daher, dann dämmern sie langsam hinunter – soweit Sukadev zum Mainstream in der Yogaszene. Stimmt, was habe ich schon für Erfindungen und Namen gehört! Irgendwann war‘s vorbei. Aufmerksam und neugierig bleiben und den Humor nicht vergessen! Das geht mit auf den Weg. Danke, lieber Sukadev, und danke an

Alle! Amba, die großartige Organisatorin der Kongresse seit vielen Jahren, fordert speziell die Frauen auf, ihr Potenzial zu leben, zu zeigen. Hier bieten sich weite Felder an … Nächstes Jahr in größeren Räumen – alles ist im Fluss.

Hari Om Tat Sat

Video - Workshop - Selbstregulation der Wirbelsäule - Andrei Lobanov - Yogakongress 2018

Siehe auch

Literatur

Seminare

Yogalehrer Ausbildung

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