Varnashrama Dharma

Aus Yogawiki

Varnashrama Dharma (Sanskrit: वर्णाश्रमधर्म varṇāśramadharma m.): die hinduistische Gesellschaftsordnung, bei der die Menschen nach Kastenzugehörigkeit (Varna) und Lebensalter (Ashrama) eingeteilt werden. Varnashrama Dharma ist das Konzept, dass Menschen in unterschiedlichen Lebensbereichen und unterschiedlichen Lebensstadien unterschiedliche Pflichten haben.

Varnashrama Dharma aus der Sicht des Yoga

Varnashrama Dharma, auch geschrieben Varnashramadharma, ist ein Sanskritbegriff aus drei verschiedenen Sanskrit Wörtern: Varna heißt wörtliche Farbe, steht auch für Kaste und für Färbung des Geistes. Ashrama heißt in diesem Kontext Lebensalter. Dharma bedeutet Aufgabe, Pflicht, Verantwortung. Je nach Lebensalter, nach Färbung des Geistes bzw. Berufsfeld ergeben sich unterschiedliche Pflichten und Aufgaben, so wird es im Konzept von Varnashrama Dharma beschrieben.

Varnashrama Dharma

Welche spirituellen Praktiken kann man in welchem Lebensalter üben? Ändert sich die spirituelle Praxis im Lauf der Jahrzehnte? Varnashrama Dharma ist ein wichtiges Konzept im Hinduismus. „Varna“ heißt Farbe, „Ashrama“ steht für das Lebensalter.

Das Grundprinzip ist das Menschen in unterschiedlichen Lebensalter Yoga und Spiritualität anders leben. Das Konzept der Varnas ist, dass unterschiedliche Motivationen der Menschen bedeutet, Spiritualität unterschiedlich zu leben. Nicht immer ist das was in alten Schriften steht heute anwendbar. Mindestens die Grundgedanken können für uns von Bedeutung sein.

Ashrama

Ashrama heißt das, was hin zur spirituellen Praxis führt. Shrama heißt spirituelle Praxis und Bemühen. A ist das was hinführt. Im Hindi wird das lange A verkürzt, so sagt man Ashram. In den vier verschiedenen Lebensaltern, vier Ashramas, führt Unterschiedliches zur spirituellen Praxis.

Ashrama ist zum einem Das Lebensstadium, zum anderem auch ist es ein Ort der für Shramana, also für spirituelle Praxis, besonders geeignet ist. Das Yoga Vidya Ashram in Bad Meinberg ist ein Ort in dem Menschen dauerhaft wohnen und bis zu 800 weitere Menschen kommen um spirituell gemeinsam zu praktizieren.

Die vier Ashramas, die vier Lebensalter sind:

  • Brahmacharya, in diesem Kontext ist es die Schülerschaft, die typischerweise im Alter von 8 bis 12 Jahre beginnt und bis zwischen dem 20 und 25ten Lebensjahr verläuft
  • Grihastayas, so nennt man Menschenim Beruf und Familienleben. Der Abschnitt beginnt im Alter von 20 bis 25 und geht bis ins Alter von 50 oder 60 Jahren
  • Dann gibt es Vanaprastha, das beginnt im Alter 50 bis 60 und geht bis etwa 75, man könnte sagen es ist eine Art Rentenalter
  • Schließlich Sannyasa, die vollständige Entsagung, etwa ab 75 Jahre

Brahmacharya

Yoga Meister Swami Sivananda mit seinen Schülern

Die ersten acht bis zwölf Jahre kann das Kind bei den Eltern leben und wird erzogen. Es ist wichtig, dass Schwangere Frauen sich gesund ernähren. Wenn sie Appetit auf ungesundes Essen bekommen, kann es sein, dass das Kind in einem früheren Leben sich ungesund ernährt hat. Wenn die Mutter dem wiederstehen kann, tut sie sie sich selbst und dem Kind etwas Gutes. Der Vater hat die Aufgabe die Mutter dabei zu unterstützen und ihr zu helfen.

Es ist gut, schon von Anfang an zu schauen, dass das Kind in einer spirituellen Umgebung aufwächst und sich zu Klängen von Mantras oder in der Meditationsschwingung aufhält. Eltern sollten keine Angst haben dass das Kind zu sehr geprägt wird wenn es schon anfängt Yoga zu machen, denn ein Kind wird von allem geprägt, was um ihm ist.

Manche Eltern sagen sie wollen nicht, dass das Kind sich später in eine spirituelle Richtung entwickelt, sondern das Kind soll später selber darüber entscheiden. Wenn man das Kind nicht spirituell erzieht, erzieht man es in einer anderen Richtung, nämlich Nichtspiritualität. Nachher wird das Kind ebenso fortfahren. Das Kind wird schon genug von den Spielkameraden in eine materialistische Sichtweise hineingebracht werden.

Bis zum Alter von acht bis zwölf wird das Kind schließlich geprägt von den Eltern und es wird das mitmachen was die Eltern wollen. Im Alter von acht bis zwölf fangen die Kinder und später Jugendliche an, selbst nach zu denken. Wenn ein Jugendlicher spirituelle Sanskaras hat wird empfohlen, in diesem Lebensalter besonders zu praktizieren und die Zeit des jugendlichen Enthusiasmus zu nutzen. Es ist eine Zeit in der viele Jugendliche sich fragen: Woher komme ich? Wohin gehe ich? Woher kommt die Ungerechtigkeit? Was soll ich machen, in meinem Leben?

Es ist leider traurig dass in unserer Zeit die Jugendliche dermaßen mit schulischem Stoff vollgestopft werden dass sie keine Zeit haben, wirklich Wichtigem nachzugehen. Vielleicht sind die Ferien nochmal besonders wichtig. Wenn Kinder und Jugendliche eine gewisse Neigung haben, ist da die Zeit wo sie die Philosophie kennen lernen sollten, wo sie Asanas üben sollten. Wo sie Rituale kennenlernen sollten und Perioden haben sollten, wo sie intensiver praktizieren.

Es wäre wünschenswert, in dieser Zeit, in den Ferien mindestens eine bis vier Wochen intensiver mit spiritueller Praxis zu verbringen. Was in dieser Zeit aufgebaut wird, wird sich das ganze Leben fortsetzen. Heutzutage ist dies sehr unrealistisch vor dem 18ten Lebensjahr umzusetzen weil Kinder und Jugendliche von der Schule sehr stark geprägt sind.

Wenn es möglich wäre, wäre es die richtige Zeit zu lernen von philosophischen Konzepten, für Mantras, Asanas usw. Wenn sie dann 18 bis 25 Jahre alt sind, könnte dieser jugendliche Enthusiasmus besonders genutzt werden. Es ist eine Zeit in der der Körper leichter flexibler wird. Wenn ein Sechzigjähriger Asanas übt wird er nicht so schnell Fortschritte machen, wie ein Zwanzigjähriger. Für ein Brahmacharya ist es besonders wichtig Asanas, Pranayama, Mantra und Seva im Sinne von uneigennützigem Dienen zu praktizieren.

Eine gewisse Meditation ist in dieser Zeit auch wichtig. Oft wird aber für junge Menschen tiefe und lange Meditation schwierig sein. Es wird empfohlen, in dieser Zeit ein einfaches Leben zu führen. Im Klassischen Brahmacharya wird gesagt, es sollen keine sexuellen Beziehungen eingegangen werden. Es soll auch ein einfacher Lebensstil vorliegen. Das Essen und die Kleidung sollten einfach sein. Die Wohnsituation sollte einfach sein. Das ist vermutlich im heutigen Kontext kaum mehr umsetzbar und es ist vielleicht auch nicht so notwendig.

Aber wenn ein Jugendlicher in dieser Zeit eine gewisse Neigung hat, zu einem asketischen Leben, dann sollte man das, als Elternteil, als ein gutes Zeichen ansehen. Vermutlich ist es sinnlos, Jugendliche in der normalen Gesellschaft versuchen zu vermitteln dass sie sexuell enthaltsam leben sollen oder dass sie einfach leben sollen und einfache Kleidung haben sollen. Hier sollte man den Jugendlichen ermöglichen am normalen Leben teil zu nehmen und den normalen Werten der Gesellschaft und zusätzlich Spiritualität näher bringen.

Grihastaya

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Grihastaya ist die Bezeichnung für Jemand der im Berufs und Familienleben ist. Im Alten Indien haben Menschen im Alter von zwanzig bis fünfundzwanzig Jahren geheiratet. Manchmal werden in Indien schon Kinder im Alter von 2 bis 8 Jahre verheiratet. Die klassischen Schriften sprechen davon, dass zwei Menschen sich finden sollten, die vom Charakter her, ihrer Swarupa her passen. Typischerweise kommen dafür Astrologen und Gurus zusammen.

In dieser Phase ist besonders wichtig Karma Yoga und Bhakti Yoga zu üben. Karma Yoga, der Yoga des uneigennützigen Dienens, des verhaftungslosen Handelns. Die Partner wachsen auf oder leben zusammen und dienen sich gegenseitig. Sie lieben sich auf allen Ebenen und sie lernen diese Liebe zu kultivieren. Kinder kommen typischerweise in die Partnerschaft hinein. Das Paar wird den Kindern dienen. Es gilt den Nachbarn in der Umgebung zu dienen. Es gilt den Gästen zu dienen die kommen werden. Es gilt sich in der Gemeinschaft oder Dorfgemeinschaft zu engagieren.

Da so wenig Zeit für spirituelle Praktiken da ist, gilt es überall das Ganze Gott darzubringen durch Bhakti Yoga. Hinter allem Gott zu sehen und Gott dienen zu wollen. Es gilt natürlich auch einen gewissen Sadhana zu üben, also spirituelle Praxis. Dort gilt es etwa ein bis zwei Stunden am Tag für spirituelles Sadhana also Asana, Pranayama und Meditation, zu bewahren. Es gilt auch natürlich sattwig zu sein, also ein sattwiges Leben zu führen und Karma Yoga als uneigennütziges Dienen zu betrachten.

Natürlich gilt es auch Kontakt zu halten, mit einem spirituellen Lehrer oder einer spirituellen Gemeinschaft und Satsang zu üben. Aber die Zeit für spirituelle Praktiken ist begrenzt. Es gilt ein ethisches, sattwiges Leben zu führen, zu dienen und alles was zu tun ist, zu spiritualisieren. Man kann seine Wünsche und Emotionen ausleben, also Kama, die Sinnesbefriedigung und Artha, der Wunsch nach Erfolg und Anerkennung. Dharma, der Wunsch, seine Talente zu entfalten und der Wunsch auch etwas zu bewirken in dieser Welt.

Vanaprastha

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Vana bedeutet wörtlich: das Leben im Wald (Vana heißt Wald). Heute ist das sicherlich nicht mehr möglich, dass man sein Zuhause verlässt und im Wald lebt. Im alten Indien war das sicher auch nur ausnahmsweise so. Die Eltern haben das Haus verlassen und es den Kindern überlassen. Heute ist es eher üblich, dass die Kinder das Haus der Eltern verlassen und in eine kleinere Wohnung ziehen. Im Vanaprastha ist es anders herum. Es gibt mehrere Möglichkeiten. Idealerweise ziehen die Eltern in ein Ashram. Manche ziehen auch als Familie in den Ashram.

Die klassische Aufgabe der Vanaprasthas ist die Lehrerrolle zu übernehmen, für andere. So wie die jungen Brahmacharys klassischerweise im Alter von 8 bis 12 das Haus der Eltern verlassen haben und dann in ein Haus gezogen sind von Vanaprasthas. Es ist gerade als Vanaprastha angemessen, Yoga zu unterrichten. In dem Alter machen viele eine Yogalehrerausbildung. Denn sie stellen fest: es ist die Aufgabe, Yoga weiter zu geben. Was in Vanaprastha wichtig ist, ist zum einen die Zeit für Asana und Pranayama zu erhöhen. Wer schon früh beginnt, wird im späteren Alter mehr Vitalität und Gesundheit erfahren.

So ist Hatha Yoga in diesem Alter besonders wichtig. Was auch wichtig ist, ist hier auch das Lehren also weitergeben an andere. Für manche mögen es die Enkel sein, doch es heißt, man soll im Vanaprasthalebensalter nicht seine ganze Zeit mit den Enkeln verschwenden. Vor allem sollte man nicht in die Erziehung der Kinder eingreifen. Es gibt leider viele Konflikte zwischen Schwiegermutter und Schwiegertochter, weil die Schwiegermutter meint, die Schwiegertochter kann nicht richtig erziehen oder Großeltern reden ihren Kindern in die Erziehung der Enkel ein. Das solltest du nicht machen.

Es ist etwas Menschliches, dass der Vanaprastha lehren will, und jungen Menschen etwas beibringen will, aber mach das nicht gegen deine Kinder. Mache es viel mehr für anderen. Wachse in die Lehrerrolle hinein. In dieser Zeit ist natürlich Meditation auch wichtig. Gerade in dieser Zeit wird die Meditation tiefer wirken. Auch noch besonders wichtig ist den Kontakt zu einem Ashram zu erhöhen, im Sinne von einer spirituellen Lebensgemeinschaft.

Wenn du schon längere Zeit mit diesem Ashram in Verbindung warst, dann biete dort mehr dein uneigennütziges Dienen an. Das heißt, dass du dort unterrichtest, vielleicht dein Urlaub dort verbringst, es heißt dass du regelmäßig dort Seminarleiter bist, es heißt dass du häufiger Kurse nimmst. Hier wird also die persönliche Familie langsam etwas weniger wichtig und wichtiger ist mit anderen spirituellen Menschen zusammen zu sein, mit einem Ashram zusammen zu sein oder eben auch als Lehrer tätig zu sein oder auch mit anderen spirituellen Menschen die du selbst inspirierst.

Sannyasa

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Sannyasa bedeutet Entsagung. Es ist klassischerweise die Zeit ab 70, 80 Jahre bis zum Tod. Es würde heißen, du trennst dich von deinem Partner, löst dich von deinen Kindern und Enkeln, du gehst ganz in den Wald und widmest dein Leben ganz der Meditation und dem Studium von Vedanta. De facto heißt Sannyasa nicht dass du deine Familie ganz los lässt und dein Partner verlässt.

De facto heißt, wenn ein Partner gestorben ist, dann lässt der andere ganz los. Wenn du selbst körperlich nicht mehr in der Lage bist, für andere Gutes zu tun, dann kann man loslassen und akzeptieren dass man von anderen bedient werden muss, dass man eventuell gepflegt werden musst. Du hast weiter zwei Pflichten. Die eine Pflicht ist zu meditieren und wenn es sitzend nicht mehr geht, mache es liegend. Die zweite Aufgabe ist mit Vedanta und Jnana Yoga dich von allem zu lösen und zu erkennen: Sat Chid Ananda Swarupoham, also meine wahre Natur ist Sein, Wissen und Glückseligkeit.

Man könnte auch sagen, manchmal kommt Sannyas auch etwas vorher. Wenn du keine Gelegenheit mehr hast, für andere zu unterrichten und zu lehren und wenn du auch ansonsten keine Gelegenheit mehr hast für andere zu lehren und zu dienen, dann ist es Zeit für die Meditation da zu sein. Mehr zu meditieren, spirituelle Bücher zu lesen und dich von allen Verhaftungen zu lösen. Idealerweise wirst du in diesem Stadium die Erleuchtung erlangen. Wenn dann der Körper stirbt ist das unwichtig und unbedeutend. DU hast vorher losgelassen und allem entsagt.

Zusammenfassung

In diesem Sinne kannst du dich freuen auf das, was zukünftig auf dich zukommt. Wenn du momentan jugendlich bist, dann nutze die Zeit intensiv Asanas und Pranayama zu üben. Lerne, über die spirituellen Prinzipien, nutze dein Enthusiasmus und lasse dich nicht von dein Eltern in dein Enthusiasmus behindern. Wenn du in Grihastaya bist und merkst du hast nicht sehr viel Zeit für die Praktiken, dann nehme dir die Zeit, die du brauchst, aber praktiziere mindestens eine Stunde. Diene und denke an Gott, halte aber Kontakt in einem Satsang mit anderen spirituellen Menschen. Lebe ein sattwiges Leben, auch wenn es okay ist, deinen Wünschen und Bedürfnissen nachzugehen. Tue auch etwas für die Gemeinschaft.

Wenn es Zeit ist, wenn deine Kinder auf eigenen Beinen stehen können und sie entweder das Haus verlassen oder du das Haus verlässt oder ihr beiden zusammen seid, aber nicht mehr voneinander abhängt, dann bist du im Vanaprastha. Jetzt übe wieder mehr Asanas und Pranayama. Wiederstehe den Wunsch nur noch zu Meditieren, das ist das Alter wo du an deinem Körper arbeiten musst und lebe besonders gesund. Dann komme ins Lehren hinein. Wenn die Meditation tiefer werden kann, verbringe mehr Zeit damit. Intensiviere den Kontakt mit einem Ashram, sei es in dem du dort selbst lehrend bist, sei es in dem du dort deine Fähigkeiten einbringst, sei es in dem du dort intensiv Seminare machst oder vieles nochmals lernst.

Irgendwann ist die Zeit gekommen, wo deine äußeren Pflichten weniger werden. Das heißt, weil deine Meinung nicht mehr gefragt ist, sei es weil du körperlich nicht mehr in der Lage bist, dann erkenn, dass der Übergang zu Sannyasa gekommen ist. Das heißt es ist die Zeit, weniger äußerliche Dinge, mehr bewirken, mehr meditieren, mehr reflektieren über die Tiefe des Wesens. Allen Verhaftungen entsagen und erfahren Sat Chit Ananda Swarupoham: Meine wahre Natur ist Sein Wissen und Glückseligkeit.

Swami Sivananda über Varnashramadharma

Artikel von Swami Sivananda aus All About Hinduism, Copyright by Divine Life Society

Das Prinzip des Varnashrama Dharma ist eines der fundamentalen Prinzipien des Hinduismus. Das Varnashrama System ist eine Besonderheit der Hindus, und es ist charakteristisch für den Hinduismus. Es ist weitverbreitet in der Welt durch das Guna-Karma (Fähigkeit und Verhalten), auch wenn es dafür keine ähnliche Bezeichnung irgendwo anders gibt.

Die Pflichten der unterschiedlichen Kasten sind Varna Dharma. Die vier Kasten sind dabei Brahmana, Kshatriya, Vaishya und Shudra. Die Pflichten in den unterschiedlichen Phasen des Lebens sind die sogenannten "Ashramadharma". Diese vier Ashramas oder die Phasen im Leben sind Brahmacharya, Grihastha, Vanaprastha und Sannyasa.

Die menschliche Gesellschaft ist mit einer großen Maschine vergleichbar. Die Individuen und ihre Gemeinschaften sind dabei die Teile der Maschine. Wenn diese Teile schwach und defekt sind, kann die Maschine nicht funktionieren. Eine Maschine ohne diese Teile kann ebenfalls nicht funktionieren. Auch ein menschlicher Körper kann nur reibungslos funktionieren, wenn alle seine Teile und Organe gesund und in stabiler Verfassung sind. Wenn Schmerzen in einem Teil dieses Köpers sind, oder wenn sich dort eine Krankheit ausgebreitet hat, so wird auch der gesamte Körper nicht mehr funktionieren können. Und der Mensch kann seine übliche Tätigkeit oder Aufgabe nicht mehr verrichten.

Genauso verhält es sich mit der menschlichen Gesellschaft oder Gemeinschaft. Jedes Individuum sollte seine Aufgaben und Pflichten ordnungsgemäß durchführen. Die hinduistischen Rishis und Heiligen haben ein Idealbild einer menschlichen Gesellschaft und ein Idealbild eines einzelnen menschlichen Lebens aufgestellt, das sogenannte "Varnashrama Dharma". Der Hinduismus ist auf dem Varnashrama Dharma aufgebaut. Die Struktur der hinduistischen Gesellschaft ist ebenso auf dem Varnashrama Dharma aufgebaut. Das Beachten des Varnashrama Dharmas hilft jedem einzelnen im persönlichen Wachstum und der persönlichen/spirituellem Weiterentwicklung. Es ist unentbehrlich. Wenn seine Regeln verletzt werden, dann wird die Gesellschaft zügig zugrunde gehen.

Das Ziel des Varnashrama Dharma ist es, das universelle und ewige Dharma auszuarbeiten. Wenn du das Dharma verteidigst, dann wird es dich verteidigen. Wenn du es zerstörst, dann wird es dich zerstören. Dieses Grundprinzip gilt sowohl für einzelne Individuen als auch für ganze Nationen. Denn es ist das Dharma allein, welches eine Nation am Leben hält. Das Dharma ist die eigentliche Seele jedes Menschen und auch jeder Nation. Im Westen und auch in der gesamten Welt gibt es Varnashrama, auch wenn dies nicht immer völlig sichtbar ist. Einige der westlichen Philosophen haben drei Klassen voneinander abgegrenzt, nämlich die Philosophen, die Krieger und die Gewöhnlichen. Dieses System ist vergleichbar, die Philosophen entsprechen den Brahmanas, die Krieger den Kshatriyas und die Gewöhnlichen den Vaishyas und den Shudras. Dieses System ist unabdingbar, um eine Gesellschaft in einem Zustand von perfekter Harmonie und Ordnung zu halten.

Sukadev über Varnashrama Dharma

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Varnashrama Dharma

Varnashrama Dharma ist die Lebensregel in Abhängigkeit von Lebensalter und Lebensumständen. Dharma heißt Lebensregel. Dharma ist ein sehr komplexes Wort, es gibt verschiedene Definitionen von Dharma. Es gibt Swadharma und vieles andere. Hier ist also Dharma Lebensregel, Aufgabe, Verpflichtung, Pflicht. Was gilt es zu tun? Und was man tut, ist abhängig von Ashrama, das heißt von Lebensalter und Varna. Varna, würde man sagen,ist die soziale Schicht oder auch Färbung deines Geistes. Ein Kind hat andere Aufgaben als ein Jugendlicher. Er hat andere Aufgaben als jemand im Erwerbsleben, er hat andere Aufgaben als ein Rentner usw.

So gilt es also, dass in Abhängigkeit vom Lebensalter Menschen unterschiedliche Aufgaben haben. Und auch in Abhängigkeit der Schicht, Varna kann heißen, soziale Schicht. Dort gibt es unterschiedliche Aufgaben. Angenommen, du bist ein Unternehmer, dann ist die Aufgabe eben, sozial das Unternehmen zu führen, ökologisch zu produzieren, darauf achten, dass du Werte erzeugst, die für die Gesellschaft hilfreich sind, dass es dir nicht nur darum geht, viel Geld zu verdienen, sondern es geht auch darum, Gutes zu tun. Und wenn du viel Geld hast, in einem solchen Varna bist, wo Geld da ist, dass du auch dein Geld teilst, gute Werke unterstützt und der Gesellschaft hilfst. Angenommen, du bist in der Verwaltung tätig, du hast das Varna eines Verwaltungsbeamten, dann geht es darum, gut zu verwalten, die Bedürfnisse der Menschen zu berücksichtigen, dabei auch die Regeln zu beachten und gerecht und gut und geschickt umzugehen.

Angenommen, du bist irgendwo ein Angestellter in einer Firma, du hast dieses Varna, dann gilt es auch, die Bedürfnisse der Firma zu berücksichtigen, aber das Ganze auch spirituell zu machen. Eventuell musst du auch mal um Gerechtigkeit kämpfen und so ein anderes Varna annehmen. Und angenommen, du bist ein spiritueller Aspirant, dir geht es darum, Brahman zu erfahren, dann geht es darum, dass du täglich Sadhana praktizierst, spirituelle Praktiken übst, und es geht darum, dass du ein sattwiges, ein reines Leben, führst, öfters mal mit anderen spirituell Suchenden zusammen bist und vielleicht Yoga-Seminare besuchst, in einem Ashram Zeit verbringst usw.

Je nach Varna hast du unterschiedliche Aufgaben. Du kannst auch unterschiedliche Varnas haben, unterschiedliche Färbungen deines Lebens, unterschiedliche Anliegen, unterschiedliche Lebensumstände. Varna im weiteren Sinne sind die Lebensumstände, soziale Schicht, die Färbung deines Geistes. Und Ashrama ist dein Lebensalter. Varnashrama Dharma heißt im Wesentlichen, zu unterschiedlichen Zeiten haben unterschiedliche Menschen unterschiedliche Pflichten. Im engeren Sinne ist Varnashrama die Einteilung eigentlich in sechzehn verschiedene Aspekte.

Da gibt es vier Ashramas und vier Varnas. Und je nachdem, in welcher dieser sechzehn Kategorien du gerade hinein gehörst, gibt es dann Schriften, wie z.B. die Manu Smriti, die dir sagt, welches Dharma du dort hast. Nach Meinung der meisten Yoga-Meister ist das ein etwas zu starres Konzept. Und so hat es uns auch Swami Vishnu weitergegeben, so hat es auch Swami Sivananda gelehrt. Sie sagten, die Idee von Varnashrama Dharma ist etwas sehr Wichtiges und Spirituelles, dass du immer wieder schaust, in welchem Lebensumstand bist du, welches Lebensalter hast du, welchen Beruf, welche Aufgabe ist dort, und danach kommt dein Dharma.

Die enge Einteilung in vier Ashramas und vier Varnas wird dem Menschsein nicht wirklich gerecht und bringt sie öfters in Schablonen. Und wenn man noch dazu die Varnas angeboren annimmt, dann stimmt es sehr häufig oder vielleicht sogar meistens nicht mit dem überein, was die Talente und Fähigkeiten des Menschen sind. Varnashrama Dharma sind also die Pflichten, die Lebensregeln der Menschen in Abhängigkeit von Lebensalter, Ashrama, sozialer Schicht und Färbung des Geistes, Motiven des Geistes, Varna.

Siehe auch

Weblinks

Seminare

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Hinduistische Rituale

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