Unberührtheit

Aus Yogawiki

Unberührtheit bedeutet, dass man noch nicht berührt von etwas ist. Es gibt z.B. Unberührtheit der Natur: Eine Natur, in welcher der Mensch noch nicht eingegriffen hat, gilt als unberührte Natur. Man spricht auch von einer unberührten Kultur, wenn eine traditionelle Kultur noch nicht mit westlicher Kultur in Berührung gekommen ist. Im engeren Sinn spricht man von Unberührtheit, wenn eine Frau noch keinen Sex mit einem Mann hatte. Unberührtheit kann aber auch ein innerer Zustand sein: Inmitten des täglichen Lebens ist man sich bewusst, dass das eigene Selbst Niranjana ist, unberührt von allem Relativen. Körper und Geist sind Teil der Maya, der Welt der Illusion. Aber das wahre Selbst ist unberührt von allem. So ist das Selbst charakterisiert durch Niranja, Ungefährbtheit, Unberührtheit.

Was ist Unberührtheit? Woher stammt das Wort? Wozu ist Unberührtheit gut? Was sind Synonyme, was das Gegenteil von Unberührtheit? Umfangreicher Artikel mit Vortragsvideo und Tipps.

Die Madonna Litta von da Vinci

Unberührtheit als hilfreiche Tugend

Aus einem Vortrag von Sukadev Bretz

Unberührtheit hat verschiedene Bedeutungen. Unberührtheit heißt, man ist noch nicht berührt worden. Das hat verschiedene Konsequenzen. Unberührtheit wurde oft früher im Sinne von Sexualität verwendet. Es galt als Ideal, dass man unberührt in die Ehe gegangen ist, das heißt, vorher noch keinen Geschlechtsverkehr, keine Sexualität hatte. Unberührtheit ist auch heute noch in einigen Gesellschaften ein hoher Wert. In der westlichen Gesellschaft ist das nicht mehr so, die wenigsten gehen als Jungfrau oder als Jungmann, wenn man es so übersetzen will, in die Ehe. Unberührtheit ist aber z.B. im alten Griechenland, im alten Rom auch eine wichtige Eigenschaft gewesen für die Vestalinnen und für bestimmte Priesterinnen, bestimmte kultische Zwecke, da galt Unberührtheit, im Sinne von sexueller Unberührtheit, als besonders wichtig, als irgendwo notwendig, um der Gottheit zu gefallen. Da war zwar Geschlechtsverkehr nichts Unreines, aber für die Priesterinnen und für manche Priester galt Unberührtheit als ein besonderes Ziel. Unberührtheit, heute in westlichen Gesellschaften, ist dort weitestgehend aus der Mode gekommen. Und auch für katholische Priester, da gibt es zwar das Zölibat, aber sie müssen nicht unbedingt Unberührtheit haben, um Priester werden zu können, genauso wenig wie katholische Nonnen oder auch Mönche. Trotzdem ist Unberührtheit auf einer anderen Ebene wichtig. Man spricht jetzt heute auch von der unberührten Natur, das gibt es kaum noch. Wenn du z.B. in Deutschland durch Wälder gehst und sagst, „Oh, wie wunderschöne unberührte Natur“, das ist sie natürlich nicht. Und selbst die deutschen Nationalparks, da wurde durchaus einiges auch überlegt, wie man sie anlegt. Unberührtheit geht auch davon aus, wenn der Mensch nicht bewusst eingreift, dann entwickeln sich die Dinge gut und in vielerlei Hinsicht ist das auch richtig so. Wenn man z.B. einen Park anlegen will, dann könnte man den Park sehr stark beeinflussen und zurechtschneiden usw. oder man setzt die Rahmenbedingungen und überlässt die Natur sich selbst. Dann ist zwar die Natur nicht unberührt, aber sie entwickelt sich so, wie es für den Standort angemessen ist. Also, Unberührtheit ist ein gewisses Vertrauen, dass Dinge schon richtig gut gehen, wenn man sie nur lässt. Unberührtheit kann auch eine innere Eigenschaft sein, Unberührtheit ist so eine gewisse Unschuld, Unberührtheit heißt, man weiß noch nicht so viel darüber, du bist noch nicht zu sehr in Gedanken gewesen, du bist noch nicht vorgeprägt. So ist es manchmal gut, wenn man ein wichtiges Projekt hat, dass man auch solche in das Projekt aufnimmt, die bisher Unberührtheit dort haben, das heißt, wenig Ahnung bisher hatten. Oder auch wenn in irgendeiner Arbeitssituation ein zwischenmenschlicher Konflikt ausgebrochen ist, dann braucht es manchmal den Blick von außen. Jemand, der bisher noch nichts zu tun hatte, der eine gewisse Unberührtheit hat diesbezüglich, auch eine Interessenlosigkeit, das heißt, er hat jetzt kein eigenes Interesse an etwas, der kann dann vielleicht besser Ratschläge geben, bessere Tipps geben, wie man das umsetzen kann. Unberührtheit ist manchmal auch eine Überparteilichkeit, das heißt, es ist für einen selbst jetzt nicht wichtig, wie es ausgeht. Vielleicht das Hauptinteresse, das man hat, ist, dass die Konfliktparteien irgendwo gut zusammenkommen. Unberührtheit ist auch eine Eigenschaft des Selbst. Ich bin ja Yogalehrer, Meditationslehrer, spiritueller Lehrer von Yoga Vidya, aus der Yoga Vedanta Richtung, und dort würden wir sagen, das Selbst ist Nirmala, Niranjana, das heißt, es ist unberührt, es ist makellos, fleckenlos. Was heißt das, unberührt sein auf der Ebene des Selbst? Unberührtheit auf der Ebene des Selbst heißt, dein wahres Bewusstsein ist jenseits von Denken und Fühlen, dein wahres Bewusstsein ist jenseits von allen körperlichen, emotionalen, energetischen, psychischen Veränderungen. Tief im Inneren ist etwas in dir, das unberührt ist. Wenn du gehst, sprichst, redest, dort bewegt sich der Körper, dort ist die Psyche beteiligt, aber es gibt einen Beobachter, den so genannten Sakshi, der innere Beobachter. Und dieser innere Beobachter bleibt immer gleich, egal, was du tust oder auch nicht tust, der innere Beobachter bleibt stets gleich. Und diesen inneren Beobachter, diesen kannst du erfahren, letztlich, nicht diesen kannst du erfahren, sondern der erfährt alles. Und du kannst zu diesem inneren Beobachter hingehen, du kannst diesen inneren Beobachter erfahren. Erfahren ist vielleicht dumm, aber du kannst dir bewusst sein: „Ich bin das Bewusstsein.“ Wenn du immer Zugriff hast oder mindestens tief im Inneren weißt, „egal, was äußerlich geschieht, in mir ist etwas, das ist unberührt von allem“, dann bekommst du daraus Trost, dann bekommst du daraus Mut, das ist eine gute Quelle für Gelassenheit, auch für engagiertes Handeln, auch für Furchtlosigkeit. Wie erfährst du diesen inneren Beobachter, der unberührt ist von allem? Das ist die Meditation, die Meditation, insbesondere die Achtsamkeitsmeditation, die Sakshi Bhav Meditation, die dient dazu, dich selbst zu erfahren als unberührter Beobachter und hilft dir zu tiefer Einsicht und hilft dir auch zu Mut, Vertrauen und Gelassenheit. So ist also Unberührtheit etwas, was auf vielerlei Ebenen wichtig ist. In früheren Zeiten auf sexueller Basis, in der Sexualität als Ideal, unberührt in die Ehe zu gehen. Unberührtheit als Ideal der Natur, Natur sich selbst überlassen, dass die Natur sich entwickeln kann. Unberührtheit auch als Neutralität eines Menschen, der versucht, Konflikte zu schlichten. Unberührtheit auch als jemanden, den man in einer Diskussion einsetzen kann oder darum bitten kann, der bisher wenig davon weiß. Aber vor allen Dingen spirituelle Unberührtheit als Eigenschaft deines wahren Selbst, deines Bewusstseins, als wichtige Fähigkeit, diesen unberührten Beobachter in dir zu erfahren.

Unberührtheit in Beziehung zu anderen Eigenschaften

In diesem Yoga Wiki werden über 1000 Tugenden und Persönlichkeitsmerkmale beschrieben. Hier einige Erläuterungen, wie man die Eigenschaft der Unberührtheit in Beziehung zu anderen Fähigkeiten und Verhaltensweisen sowie in Bezug auf Laster sehen kann:

Ähnliche Eigenschaften wie Unberührtheit

Ähnliche Eigenschaften wie Unberührtheit, also Synonyme zu Unberührtheit sind z.B. Unschuld, Reinheit, Virginität, Jungfräulichkeit, Keuschheit, Lauterkeit, Untadeligkeit, Ursprünglichkeit, Natürlichkeit, Unbeflecktheit, Unbefangenheit.

Ausgleichende Eigenschaften

Jede Eigenschaft, jede Tugend, die übertrieben wird, wird zu einer Untugend, zu einem Laster, einer nicht hilfreichen Eigenschaft. Unberührtheit übertrieben kann ausarten z.B. in Naivität, Ahnungslosigkeit, Einfalt, Gutgläubigkeit, Dummheit, Ignoranz, Unwissenheit, Kritiklosigkeit, Leichtgläubigkeit, Leutseligkeit, Torheit, Simplizität. Daher braucht Unberührtheit als Gegenpol die Kultivierung von Erfahrung, Weisheit, Lebenserfahrung, Menschenkenntnis, Weitblick, Bildung, Gelehrtheit, Scharfsinn, Schlauheit.

Gegenteil von Unberührtheit

Zu jeder Eigenschaft gibt es ein Gegenteil. Hier Möglichkeiten für Gegenteil von Unberührtheit, Antonyme zu Unberührtheit :

Unberührtheit im Kontext von Tugendengruppen, Persönlichkeitsfaktoren und Temperamenten

Entwicklung von Unberührtheit

Unberührtheit kann man sehen als Tugend, als eine positive Eigenschaft. Vielleicht willst du ja Unberührtheit in dir stärker werden lassen. Hierzu einige Tipps:

  • Nimm dir vor, eine Woche lang diese Eigenschaft der Unberührtheit zu kultivieren. Vielleicht kannst du nicht alle guten Eigenschaften auf einmal kultivieren. Aber es ist möglich, innerhalb einer Woche oder innerhalb eines Monats eine Tugend, eine Eigenschaft, stark werden zu lassen.
  • Triff den Entschluss: "Während der nächsten Woche will ich die Tugend, die Eigenschaft, Unberührtheit kultivieren, wachsen lassen, stärker werden lassen. Ich freue mich darauf, in einer Woche ein unberührterer Mensch zu sein."
  • Nimm dir vor, jeden Tag mindestens eine Handlung auszuführen, die Unberührtheit ausdrückt. Mache jeden Tag etwas, was du sonst nicht tun würdest, was aber diese Tugend zum Ausdruck bringt
  • Wenn du morgens aufwachst, dann sage eine Affirmation, z.B.: "Ich entwickle Unberührtheit ".
  • Am Tag wiederhole immer wieder eine Autosuggestion, Affirmation wie z.B.: Ich bin unberührt ".

Affirmationen zum Thema Unberührtheit

Hier einige Affirmationen für mehr Unberührtheit. Unter dem Stichwort "Affirmation" und "Wunderaffirmationen" erfährst du mehr zu Funktion und Wirkungsweise von Affirmationen.

Klassische Autosuggestion für Unberührtheit

Hier die klassische Autosuggestion:

  • Ich bin unberührt

Im Yoga verbindet man das gerne mit einem Mantra. Denn ein Mantra lässt die Affirmation stärker werden:

  • Ich bin unberührt. Om Om Om.
  • Ich bin ein Unberührter, eine Unberührte OM.

Entwicklungsbezogene Affirmation für Unberührtheit

Manche Menschen fühlen sich als Scheinheiliger oder als Heuchler, wenn sie sagen "Ich bin unberührt " - und sie sind es gar nicht. Dann hilft eine entwicklungsbezogene Affirmation:

  • Ich entwickle Unberührtheit
  • Ich werde unberührt
  • Jeden Tag werde ich unberührter
  • Durch die Gnade Gottes entwickle ich jeden Tag mehr Unberührtheit

Dankesaffirmation für Unberührtheit

  • Ich danke dafür, dass ich jeden Tag unberührter werde.

Wunderaffirmationen Unberührtheit

Du kannst es auch mit folgenden Affirmationen probieren:

  • Bis jetzt bin ich noch nicht sehr unberührt. Und das ist auch ganz verständlich, ich habe gute Gründe dafür. Aber schon bald werde ich Unberührtheit entwickeln. Jeden Tag wird diese Tugend in mir stärker werden.
  • Ich freue mich darauf, bald sehr unberührt zu sein.
  • Ich bin jemand, der unberührt ist.

Gebet für Unberührtheit

Auch ein Gebet ist ein machtvolles Mittel, um eine Tugend zu kultivieren. Hier ein paar Möglichkeiten für Gebete für mehr Unberührtheit :

  • Lieber Gott, bitte gib mir mehr Unberührtheit
  • Oh Gott, ich verehre dich. Ich bitte dich darum, dass ich ein unberührter Mensch werde
  • Liebe Göttliche Mutter, ich danke dir. Ich danke dir dafür, dass ich jeden Tag die Tugend Unberührtheit mehr und mehr zum Ausdruck bringe

Was müsste ich tun, um Unberührtheit zu entwickeln?

Du kannst dich auch fragen:

  • Was müsste ich tun, um Unberührtheit zu entwickeln?
  • Wie könnte ich unberührt werden?
  • Lieber Gott, bitte zeige mir den Weg zu mehr Unberührtheit
  • Angenommen, ich will unberührt sein, wie würde ich das tun?
  • Angenommen, ich wäre unberührt, wie würde sich das bemerkbar machen?
  • Angenommen, ein Wunder würde geschehen, und ich hätte morgen Unberührtheit kultiviert, was hätte sich geändert? Wie würde ich fühlen? Wie würde ich denken? Wie würde ich handeln? Als unberührter Mensch, wie würde ich reagieren, mit anderen kommunizieren?

Siehe auch

Eigenschaften im Alphabet vor Unberührtheit

Eigenschaften im Alphabet nach Unberührtheit

Vortragsmitschnitt zu Unberührtheit - Audio zum Anhören

Hier kannst du einen Vortrag von Sukadev Bretz, Gründer von Yoga Vidya, anhören. Dieser Vortrag ist die Audio Version eines Videos zu Unberührtheit, Teil des Yoga Vidya Multimedia Lexikons der Tugenden. <mp3player> </mp3player>

Literatur

Weblinks

Seminare

Seminare zum Thema Selbsterfahrung, Yoga und Psychotherapie

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/selbsterfahrung-psychotherapie-psychologie/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS

Bhakti Yoga

Der RSS-Feed von https://www.yoga-vidya.de/seminare/interessengebiet/bhakti-yoga/?type=2365 konnte nicht geladen werden: Fehler beim Parsen von XML für RSS