Spiritualität: Unterschied zwischen den Versionen

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===7 Prinzipien spiritueller Philosophie===
===7 Prinzipien spiritueller Philosophie===
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[[Sukadev Volker Bretz]], Gründer und Leiter von Yoga Vidya, definiert Spiritualität gerne über das Konzept "Sieben Wörter spiritueller Philosophie". Diese 7 Grundprinzipien kann man religionsübergreifend sehen - und erkennen, dass sie das Gemeinsame aller spirituellen Traditionen beschreiben. Jedes spirituelle System beschreibt diese 7 Prinzipien in einer anderen Sprache. Auf Sanskrit heißen diese 7 Prinzipien:  
[[Sukadev Volker Bretz]], Gründer und Leiter von Yoga Vidya, definiert Spiritualität gerne über das Konzept "Sieben Wörter spiritueller Philosophie". Diese 7 Grundprinzipien kann man religionsübergreifend sehen - und erkennen, dass sie das Gemeinsame aller spirituellen Traditionen beschreiben. Jedes spirituelle System beschreibt diese 7 Prinzipien in einer anderen Sprache. Auf Sanskrit heißen diese 7 Prinzipien:  



Version vom 27. April 2016, 11:05 Uhr

Spiritualität (von spiritus: Geist) ist der Weg des geistigen Übens mit dem Ziel der Vereinigung mit einer höheren Wirklichkeit (Gott, Transzendenz, inneres Glück). Spiritualität verbindet alle Religionen miteinander - und kann auch ohne konkrete Religionsangehörigkeit geübt werden. Spiritualität heißt Ausrichtung des Lebens auf die Erfahrung einer höheren Wirklichkeit. Spiritualität heißt, nach einem höheren Sinn zu streben und sein Leben nach diesem höheren Sinn auszurichten.

Ein Sadhu vor einer Shivastatue am Ganges

Begriff

Ausprägungen der Spiritualität unterscheiden sich. Der Psychologe Rudolf Sponsel definiert Spiritualität als mehr oder minder bewusste Beschäftigung „mit Sinn- und Wertfragen des Daseins, der Welt und der Menschen und besonders der eigenen Existenz und der Selbstverwirklichung im Leben“. (Rudolf Sponsel: „Spiritualität – Eine psychologische Untersuchung“) So umfasst Spiritualität auch eine besondere, nicht notwendig im konfessionellen Sinne verstandene religiöse Lebenseinstellung eines Menschen, der sich auf das transzendente göttliche Sein konzentriert bzw. auf das Prinzip der transzendenten, nicht-personalen letzten Wahrheit oder höchsten Wirklichkeit.

Die Bedeutungsinhalte der Spiritualität hängen nach Untersuchungen von Büssing et al. (2006) vom weltanschaulichen Kontext ab, und beziehen sich immer auf eine immaterielle, nicht sinnlich fassbare Wirklichkeit (Gott, Wesenheiten, Kräfte), die dennoch erfahr- oder erahnbar ist (Erwachen, Einsicht, Erkennen). Zu unterscheiden sind hier eine suchende Haltung - von einer glaubend-annehmenden bis hin zu einer wissend-erkennenden Einstellung.

Definition Spiritualität nach Graf Dürckheim

Graf Dürckheim, einer der Pioniere fernöstlicher Spiritualität in Europa, definierte Spiritualität wie folgt:

"Spiritualität ist die Transparenz zum immanent Transzendenten"

Diese Definition beinhaltet drei wichtige Wörter charakteristisch für Spiritualität:

  • Transzendent: Spirituelle Traditionen gehen davon aus, dass es eine höhere Wirklichkeit gibt, die das Verstehen und das sinnlich Wahrnehmbare übersteigt, transzendiert
  • Immanent: Dieses Transzendente, diese Göttliche, ist allem innewohnend. Das heißt, Gott ist nicht einfach im Himmel. Vielmehr ist das Göttliche in allem anwesend, es ist innewohnend (immanent)
  • Transparenz: Durchlässigkeit. Spiritualität heißt, das immanent Transzendente zu erfahren, indem das Denken durchlässig wird. Spiritualität heißt, den Ruf der Seele zu verspüren, indem man durchlässig wird.

So bedeutet diese Definition:

  1. Spiritualität heißt, durchlässig für das Göttliche in einem selbst zu werden, das heißt das Göttlich in sich selbst zu erkennen
  2. Spiritualität heißt, das Göttliche durch sich wirken zu lassen - zu spüren, dass ein Göttliches durch sich sprechen will: Fühle dich als Instrument, nicht als Handelnder
  3. Spiritualität heißt, in den Ereignissen das Wirken Gottes zu spüren
  4. Spiritualität heißt, das Göttliche in jedem Menschen, in jedem Wesen, in allem zu spüren, wahrzunehmen

Spirituelle Praktiken wie Meditation dienen dazu, sich transparent zu machen, sodass das Göttliche überall erfahren werden kann.

7 Prinzipien spiritueller Philosophie

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Sukadev Volker Bretz, Gründer und Leiter von Yoga Vidya, definiert Spiritualität gerne über das Konzept "Sieben Wörter spiritueller Philosophie". Diese 7 Grundprinzipien kann man religionsübergreifend sehen - und erkennen, dass sie das Gemeinsame aller spirituellen Traditionen beschreiben. Jedes spirituelle System beschreibt diese 7 Prinzipien in einer anderen Sprache. Auf Sanskrit heißen diese 7 Prinzipien:

  1. Brahman, das Göttliche: Es gibt eine Höhere Wirklichkeit, die hinter allem steckt. Diese Höhere Wirklichkeit zu erfahren, ist tiefe Sehnsucht des Menschen
  2. Maya, Täuschung: So wie man die Welt im Normalbewusstsein wahrnimmt, so ist sie nicht. Das menschliche Wahrnehmen, Denken und Fühlen ist fehlerhaft. Das Alltagsbewusstsein mag den Menschen als von der Schöpfung und von den anderen Geschöpfen getrennt wahrnehmen, die Welt in Zeit und Raum erfahren - dies ist aber eine Täuschung, denn in Wahrheit ist alles miteinander verbunden und Manifestation des gleichen Göttlichen. Spirituelle Menschen haben daher einen tiefen Humor und können über sich selbst lachen: Alles ist der Täuschung unterworfen - so können wir alles mit einer gewissen Leichtigkeit anschauen
  3. Dukha, existentielles Leiden: Solange man sich in der Maya befindet, ist man im Leiden: Auf einer materiellen Ebene ist alles begrenzt, sterblich bzw. der Veränderung unterworfen und kann uns keine dauerhafte Befriedigung schenken. Leiden ist nicht wegen der Umstände - sondern weil man das Göttliche nicht verwirklicht hat.
  4. Kaivalya bzw. Moksha, Erleuchtung, Gottverwirklichung, Selbstverwirklichung: Es ist möglich, das Göttliche vollständig zu erfahren, mit dem Göttlichen zu verschmelzen. Das ist Sinn und Zweck des menschlichen Daseins. Bewusst oder unbewusst strebt jeder Mensch nach der Erleuchtung - und ist deshalb mit nichts anderem dauerhaft zufrieden. Alle Traditionen der Spiritualität sagen: Es ist für jeden möglich, die Erleuchtung zu erlangen. Es ist es wert, danach zu streben.
  5. Abhyasa, spirituelle Praxis: Um zur Verwirklichung zu kommen, gilt es zu praktizieren, sich selbst zu bemühen. Es reicht nicht aus, Bücher zu lesen und zu hoffen. Vielmehr gilt es, Meditation und andere spirituelle Praktiken zu üben, und sich darin zu schulen, in allem das Göttliche zu sehen. Jede Tradition der Spiritualität hat dafür ihr eigenes Übungssystem entwickelt.
  6. Karma, Leben als Schule: Was auf uns zukommt, ist nicht einfach nur Zufall. Leben hat einen Sinn: Das Leben gibt dir genau die Erfahrungen, die du brauchst, um in deiner Spiritualität voranzuschreiten. Leben ist Schule. Das Schicksal ist dir geschickt, damit du daran wächst. Und es ist notwendig, dass du dich engagierst für eine gute Sache, um auf dem Weg der Spiritualität voranzuschreiten
  7. Kripa, Gnade: Du kannst dir die Erleuchtung nicht selbst erarbeiten, erzwingen. Vielmehr kommt spirituelle Erfahrung und Fortschritt auf dem Weg der Spiritualität als Gnade Gottes. Letztlich ist spirituelle Entwicklung ein Zusammenspiel dieser drei Faktoren: Abhyasa (eigenes Bemühen), Karma (Annehmen der Aufgaben des Lebens), Kripa (Öffnen für die göttliche Gnade)

Ausdrucksformen der Spiritualität

Als Ausdrucksformen der Spiritualität konnten mit Hilfe von Fragebogenkonstrukten mindestens sieben Faktoren differenziert werden:

(Siehe auch: Arndt Büssing: VAS-Verlag für Akademische Schriften (2006)")

Spiritualität und andere Begriffe

Om Licht Kerzen.jpg

Religion und Spiritualität

Es gibt Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen Religion und Spiritualität. Religion ist immer auch verbunden mit sozialen, wirtschaftlichen, organisatorischen Fragen. Man kann sagen, dass eigentlich Essentielle einer Religion ist die Spiritualität. Wenn man von einer Religion die soziologischen, gesellschaftlichen und hierarchischen Teile abzieht, bleibt Spiritualität übrig.

Spiritualität kann jedoch auch religionsübergreifend sein und auch ohne konkrete Religionszugehörigkeit existieren. Die meisten großen spirituellen Meister der verschiedensten Weltreligionen haben aus verschiedenen Religionen geschöpft, haben Brücken geschlagen oder schlagen wollen zwischen Religionen.

Glaube und Spiritualität

In den Religionen kann mehr Wert auf Glaube oder mehr Wert auf Spiritualität gelegt werden:

  • Glaube heißt Vertrauen, dass man wenn man die Vorschriften seiner Religion befolgt, man nach dem Tod die Erlösung erlangt
  • Spiritualität heißt, nicht auf den Tod warten zu wollen, sondern so zu leben, dass man in diesem Leben das Göttliche erfährt

Oft haben jedoch im praktischen Alltag Glaube und Spiritualität mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede. Auch der spirituelle Mensch glaubt an eine höhere Wirklichkeit. Und gläubige Menschen praktizieren meist mit großer Inbrunst - und spüren die Gegenwart und Führung Gottes.

Spiritualität und Esoterik

In den 70er und 80er Jahren war der Ausdruck Esoterik sehr populär. Esoterik heißt "innerer Kreis" bzw. die inneren Praktiken und Lehren jeder Religion. In diesem Sinn ist Esoterik das gleiche was heutzutage unter Spiritualität verstanden wird. Da heutzutage oft Esoterik auf Kartenlegen, Astrologie, Channeling und Edelsteinberatung etc. reduziert wird, definiert sich Spiritualität oft in Abgrenzung von der Esoterik: Spiritualität ist lebendige Erfahrung des Göttlichen. Dazu braucht es keiner äußeren Hilfsmittel wie Horoskop, Edelsteine oder Channelmedien. Vielmehr gilt es zu praktizieren - dabei kann allerdings ein spiritueller Lehrer hilfreich sein.

Spiritualität und Philosophie

Spiritualität wird meist auf der Basis einer spirituellen Philosophie praktiziert. Philosophie ist heutzutage normalerweise hauptsächlich Gedankengebäude, basiert auf dem Intellekt. Spiritualität heißt, den Intellekt transzendieren zu wollen, sich nicht Gedankengebäude zu erbauen und ein Bild von der Wirklichkeit zu schaffen. Vielmehr heißt Spiritualität, die Wahrheit direkt wahrnehmen zu wollen. Und Spiritualität heißt, die spirituellen Überzeugungen im Alltag auch zu leben.

Von der Wortbedeutung her sind Spiritualität und Philosophie allerdings nicht so weit voneinander entfernt: Philosoph heißt "Freund (Philo) der Wahrheit (Sophie) - genau das ist ein spiritueller Mensch auch. Nur der Spirituelle Mensch will die Wahrheit auch erfahren und aus ihr heraus den Alltag leben.

Sattwige, rajasige und tamasige spirituelle Wege

Artikel von Sukadev Bretz, erschienen im Yoga Vidya Journal März 2011

Om Mani Padme Hum

Auch wenn es viele Wege nach Rom gibt – wenn man Rom als Symbol für Erleuchtung bezeichnet – führen nicht alle Wege nach Rom, zumindest nicht kurzfristig. Langfristig ja, weil wir uns so lange inkarnieren, bis wir die Selbstverwirklichung erreichen. Es ist gar nicht möglich, die Selbstverwirklichung nicht zu erreichen. Aber es gibt Wege, die dorthin führen und andere nicht. Es gibt sattwige, rajasige und tamasige Wege.

Tamasige spirituelle Wege

Die tamasigen Wege sind gewaltsam, fanatisch oder auch selbstzerstörerisch. Alle paar Jahre gibt es eine Sekte, die ihre Anhänger zu kollektivem Selbstmord aufruft, in der Kinder missbraucht werden oder Teufelsanbeterei praktiziert wird. Das hat mit Religion wenig zu tun. Aber es gibt auch echte Satanismuskulte, die meinen, sich mit einer höheren Kraft zu verbinden.

Rajasige spirituelle Wege

Dann gibt es rajasige Wege, die glauben, sie sind die Einzigen, die Schnellsten oder die Besten. Dazu noch eine kleine Einschränkung: In der heutigen Gesellschaft haben viele Suchende eine Vata-Störung, d.h. viele Menschen wollen sich nirgendwo festlegen oder hundert Dinge gleichzeitig oder hintereinander machen, aber niemals tief. Und so wollen viele Meister ihre Schüler etwas mehr inspirieren, indem sie sagen, dass ihr Weg ganz besonders gut ist. Wenn man den Vorträgen mancher Meister zuhört, kann man denken, dass sie etwas rajasig und eingebildet sind. Da muss man schauen, ob das auch im Alltag zutrifft. Wie gehen sie mit anderen Meistern um?

Ich werde nie einen Besuch in einem indischen Ashram vergessen. Der Lehrer kam herein und so richtig indisch haben sich alle vor ihm verbeugt. Er wurde dort sehr verehrt. Mir wurde etwas mulmig dabei. In der Sivananda Tradition ist das erheblich weniger. Auch wenn es manchmal Videos gibt, wo Swami Sivananda sehr verehrt wird. Aber im Ashram haben sie mir gesagt, dass das nur als Ausnahme an Guru Purnima vorkam oder in den letzten Jahren, als Swami Sivananda nicht mehr die Kraft hatte, sich dagegen zu wehren. Normalerweise hat er sich sehr gegen Guru-Verehrung gewehrt. Und Swami Vishnu sowieso. Aber in diesem indischen Ashram war ein Lehrer, der verehrt wurde und über den dann noch großartige Lobreden gehalten wurden. Danach wurde ein anderer Meister vorgestellt, der das erste Mal in diesem Ashram war und aus einer ganz anderen Tradition kam. Jetzt wurde dieser über alle Maßen gelobt, verehrt und auf die Bühne gestellt.Jetzt war plötzlich er der Größte. Das war also einfach der Hang der Inder zur Übertreibung, wie so oft bei südländischen Völkern. Sie waren nicht fanatisch, sondern einfach überschwänglich. Westler missverstehen das häufig und nehmen es wörtlich, so dass aus einer ursprünglich sehr weiten Spiritualität plötzlich etwas Fanatisches wird.

Sattwige spirituelle Wege

Sattwige spirituelle Wege führen zur Erleuchtung, geben keine falschen Versprechen, gehen respektvoll mit anderen Traditionen um und überfordern das Individuum nicht. Sie ermöglichen die Entfaltung des Indidividuums auf dem Weg zur Erleuchtung.

Religionen

Die Religionen brachten unterscheidbare spirituelle Strömungen hervor. Dies hat zunächst mit der verschiedenen Erfahrung, Beschreibung und Benennung der höheren Instanz oder Wirklichkeit in den religiösen Traditionen zu tun: Gott (im Islam: Allah), eine Gottheit, Tao, Brahman, Maha-Atman, Shunyata u.a. Vielfach ist eine Laienspiritualität aus einer klösterlichen oder mönchischen hervorgegangen, hat diese dann aber häufig verändert. Die Ausprägung von Spiritualität ist allerdings immer sehr individuell, da Lebens- und Erfahrungsgeschichte jeden spirituell lebenden Menschen prägen.

Buddhastatue in Bodhgaya, dem Ort, wo Siddhartha Gautama die Erleuchtung erlangte

Buddhismus und Hinduismus

Das spirituelle Ziel im Buddhismus und im Hinduismus ist die Erleuchtung (Moksha). Der Weg der Erleuchtung besteht im Wesentlichen aus Gedankenarbeit (die fünf Eigenschaften innerer Frieden, umfassende Liebe, Weisheit, Selbstdisziplin und inneres Glück üben) und Meditation. Dann kommt der Geist zur Ruhe, das innere Glück erwacht und der Mensch ruht in seiner wahren Natur (Patanjali Yogasutra).

Patanjali erklärt dazu in seinem Yogasutra, dass Yoga im Wesentlichen das Beruhigen der Gedanken ist. Inneres Glück entsteht durch den Dreischritt aus Konzentration, Meditation und Samadhi. Erst bringt man durch Konzentration seine Gedanken bewusst zur Ruhe. Dann beobachtet man die Gedanken nur, lässt sie frei fließen und sich von selbst im Laufe der Zeit weiter beruhigen. Irgendwann gibt es einen inneren Umschwung, und man ist im Glück. Der Mensch ruht in Brahman, im Sat Chit Ananda (Sein-Einheitsbewusstsein-Glückseligkeit).

Eine große Gefahr auf dem spirituellen Weg ist das formale Üben, bei dem man leere Rituale praktiziert, die einen spirituell nicht wirklich voranbringen. Buddha wandte sich gegen diese Form des spirituellen Übens. Er riet den Brahmanen statt äußerlich perfekter Rituale lieber die Erleuchtung (Vereinigung mit Brahma) zu verwirklichen. Ohne eine eigene Erleuchtungserfahrung (Brahma von Angesicht sehen) blieben alle ihre spirituellen Unterweisungen nur leeres Gerede.

Dabei könne einem nur jemand helfen, der das spirituelle Ziel bereits kennt. Deshalb heben der tibetische Buddhismus und der hinduistische Yoga (Swami Sivananda, Amritanandamayi, Mutter Meera) die Bedeutung eines erleuchteten Meisters hervor. (Swami Sivananda: Göttliche Erkenntnis, Seite 58.) Andererseits gibt es gerade im Hinduismus und manchmal auch im tibetischen Buddhismus kritikwürdige Gurus. Der Dalai Lama empfiehlt deshalb jeden Meister genau zu prüfen, bevor man sich auf den Weg mit ihm begibt. (Dalai Lama: Dzogchen. Seite 40.)

Christentum

Unter christlicher Spiritualität versteht man jene spezifische Form von Spiritualität, in deren Mittelpunkt die persönliche Beziehung zu Jesus Christus steht. Sie ist immer auch biblische Spiritualität und rückgebunden an urchristliche Praktiken. Dazu zählen je nach persönlich gelebter Frömmigkeit auch Askese und Mystik. Dabei weist sie über konfessionelle Grenzen und Besonderheiten hinaus. In der christlichen Spiritualität wird individuelle Vervollkommnung nicht nur durch Techniken wie Kontemplation, Lesen der Bibel, Gebet, Nächstenliebe, Wallfahrten, Kirchenmusik) als erreichbar angesehen, sondern insbesondere als Gnade Gottes erlebt. Christliche Spiritualität umfasst nicht nur religiöse Rituale, sondern drückt sich durch die Spiritualität im Alltag aus. Auch kleine Dinge können eine religiöse Bedeutung bekommen und so zur christlichen Umformung des Menschen beitragen.

Islam

Die fünf Grundpfeiler des Islam sind Gebete, rituelle Waschungen, Pilgerfahrten, Fasten und Almosen. Den Weg der Spiritualität finden wir insbesondere im Sufismus.

Wege zur Gelassenheit – Schwerpunkt Spiritualität

Niederschrift eines Podcasts (2014) von Sukadev

Heute eine Zusammenfassung verschiedener Wege zur Gelassenheit. Eine spirituelle Lebenseinstellung und eine tief verankerte spirituelle Erfahrung hilft dir zu tiefer Gelassenheit. Laut Jnana Yoga bist du jetzt schon vollkommen, eins mit der Weltenseele. Du brauchst dich nicht unter Stress zu setzen. Laut Bhakti Yoga macht alles Gott. Du bist nur Instrument, Gott macht alles. Er hat daher auch die Verantwortung. Laut Raja Yoga kannst du dich von der Identifikation mit deinen Emotionen lösen und dich als Führungspersönlichkeit, als Raja, als König etablieren und den Ratschlägen deiner Minister lauschen. Im Karma Yoga verrichtest du deine Aufgaben und lässt los. Kundalini Yoga hilft dir über ein gutes Energieniveau, Gelassenheit und Stärke zu erreichen. Und Kundalini Yoga hilft dir auch, höhere Bewusstseinsebenen zu erreichen. Hatha Yoga hilft dir, über Körperübungen einen gelassenen Gemütszustand zu erreichen. Letztlich ist Gelassenheit ein Mittel zur Erleuchtung. Und letztlich kann nur die Erleuchtung dir die vollste Gelassenheit bei vollem Engagement geben. Ich möchte das Ganze nochmal in einen kleinen spirituellen Kontext stellen. Ich hatte gesagt, Samatva ist der yogische Ausdruck für Gelassenheit. Krishna definiert Yoga unter anderem als „Yoga Samatvam ucyate. Yoga heißt Gelassenheit.“ Aber auch „Yoga karmasu kausalam. Yoga heißt Geschick im Handeln.“ Ihr habt eine Menge Anregungen bekommen in diesen Texten und ich hoffe, dass ihr etwas habt, was ihr sofort umsetzen könnt, dass ihr manches habt, was euch vielleicht zum Nachdenken bringt und es ist ganz ok, wenn ihr feststellt, einiges ist für euch nicht anwendbar. Und der kluge, gelassene Mensch ist der, der sagt: „Das, was sofort umsetzbar ist, das setze ich sofort um. Das, worüber ich nachdenken sollte, darüber denke ich nach. Und das andere muss ja jetzt erst mal nicht sein.“ Ihr habt einige Tipps aus dem Jnana Yoga bekommen. Und wenn ihr Jnana Yoga tief verstanden habt, dann habt ihr wirklich eine heitere Gelassenheit. Wenn ihr wirklich wisst, selbst wenn es nur intellektuelle Überzeugung ist, die vielleicht genährt wird durch die ein oder andere meditative Erfahrung: „Ich bin unsterbliches Selbst. Ich bin verbunden mit der Weltenseele. Ich bin verbunden mit allen Wesen und die ganze Welt ist ein Ausdruck davon. Und die ganze Welt ist mehr oder weniger wie ein Schauspiel Gottes oder wie ein Traum Gottes mit großem Drama und vielen Ungerechtigkeiten und Leid im Leben.“ Aber vor dem Hintergrund, dass die Seele durch viele Inkarnationen hindurchgeht – wenn man das als Möglichkeit in Betracht ziehen will – kann auch ein schmerzhaftes und leidendes Leben nur eine Episode sein. Angenommen, ihr hättet Gedächtnisschwund und wüsstet nicht mehr, was gestern war, dann ist das, was diesen Tag war, so wichtig. Wenn man aber sagt, so viele Inkarnationen, dann mag das eine Leben viele schlimme Erfahrungen bringen, aber bei allem bleibt eins gleich: „Ich war, bin und bleibe unsterbliches Selbst. Zum Leben gehört auch dazu, dass ich wachse. Leben hat einen Sinn, Schicksal ist eine Chance. Es geht darum, einiges zu bewirken. Es geht darum, zu lernen und zu wachsen. Aber das Ganze ist mehr oder weniger ein Spiel. In Wahrheit bleibe ich das Unendliche und Ewige, das unendliche und ewige Selbst, der unendliche, ewige göttliche Kern.“ Inmitten von dieser ganzen Welt – und da kommen wir zum Bhakti Yoga – gibt es eine göttliche Kraft, ob wir die Gott nennen, Göttin nennen, kosmische Energie, das Göttliche, dann können wir sagen: „Ja, auch hinter dem ganzen Universum ist diese göttliche Kraft, alles macht irgendwo einen Sinn. Auch wenn ich als kleines Menschlein diesen Sinn nicht erfahre und nicht verstehe, es wird schon einen Sinn machen. Und wenn es diesen höheren Sinn gibt und wenn Gott, Göttin, das Göttliche, dieses höhere Prinzip, all das schafft, dann muss Er, Sie, Es sich auch etwas dabei gedacht haben. Und dann muss ich auch so ok sein, wie ich bin, da muss auch das Universum so ok sein, wie es ist, und dann mag auch ich eine Aufgabe haben im Teil dieses göttlichen Dramas, aber ich kann gelassen herangehen.“ So wie Swami Vishnu uns gerne gesagt hat: „Gott wirkt auch durch deine Fehler.“ Oder auch etwas, was mir eine Schülerin vom Swami Vishnu mal gesagt hatte, als ich aufgefordert wurde, etwas zu machen, nämlich als Neunzehnjähriger einen Meditationskurs zu geben, wo das durchschnittliche Alter der Teilnehmer doppelt so alt war wie meins, die zum Teil Yoga erheblich länger geübt hatten als ich. Dann hat sie so gesagt: „Wenn Gott gewollt hätte, dass dort jemand wäre, der besser ist als du, dann hätte er jemand anderes dafür gefunden. Er hat dich dorthin gestellt und deshalb bist du der Beste.“ In dem Fall, es gab tatsächlich niemand anderes, es wäre entweder ich gewesen oder der Kurs wäre ausgefallen. Ich habe mich nicht danach gedrängt. Das hat mir seitdem immer wieder geholfen, wenn ich in Situationen hineingeführt wurde, wo ich gedacht habe, jemand anderes könnte die besser meistern. Ich bin nämlich keiner, der von Natur aus zu Überheblichkeit neigt, ich bin von Natur aus einer, der eher etwas schüchtern ist und eher abwartend ist, aber gelernt hat, damit gut umzugehen. Und ich brauche nicht vollkommen zu sein, denn wenn Gott gewollt hätte, dass jemand Besseres das macht, was ich mache, dann hätte er ihn oder sie in die Situation hineingestellt. Und genauso auch, wenn irgendjemand gesucht wird für etwas und dann denkt man sich ja manchmal, „der muss so und so sein“, und dann sucht man nach dem oder der Idealen und nachher kommt gar niemand. Dann kann man davon ausgehen, Gott schickt dir ihn, sie oder ihn, und er oder sie ist genau der oder die Richtige, denn wenn es jemand Besseres gegeben hätte in der Situation, dann hätte Gott ihn oder sie auch geschickt. Und manchmal wird man auch überrascht, dann kriegt man jemanden geschickt, wo man gedacht hat, hätte ja nicht besser kommen können. Und natürlich, manchmal muss man auch mal abwarten, man darf bei manchen Situationen nicht die erstbeste Entscheidung treffen, sondern manchmal gilt es abzuwarten, aber in mancherlei Situationen ist auch die erstbeste die beste Entscheidung. Das war die Perspektive Bhakti Yoga. Karma Yoga sagt uns, das Leben hat Aufgaben, Schicksal ist Chance, wir wachsen, wir machen Erfahrungen, wir können einiges beitragen und wir brauchen nicht vollkommen zu sein. Einiges aus dem Raja Yoga im Sinne von geschickter Umgang mit euren Ministern, Familienmitgliedern, inneren Anteilen, wie auch immer ihr das bezeichnen wollt, Nichtidentifikation, geschickt damit umgehen, euch nicht tyrannisieren lassen von einem, aber anerkennen, auch wenn ihr euch wehren müsst, ihr habt nur Gutes in euch von der Intention her. Von der Intention her heißt nicht, dass, wie es sich auswirkt, gut ist, und dass es gut ist für eure Gesundheit und die Gesundheit anderer, aber von der Intention her ist alles erst mal gut. Und dieses Modell, Anteile in euch, Minister in euch, miteinander kommunizieren zu lassen, kann ein guter Ansatz sein. Den kann man ausweiten im Umgang mit anderen Menschen, anerkennen, dass auch andere alle gute Anteile haben, die manchmal nur komisch erscheinen, dass es gut ist, Herzensverbindung aufzunehmen mit anderen Menschen. Letztlich, indem man so mit sich umgeht, lernt man weniger Identifikation. Und letztlich geht es ja darum, uns wieder zu erfahren als das unsterbliche, ewige Bewusstsein. Und das fällt leichter, wenn ihr euch löst, als dass ihr versucht, gegen euch anzukämpfen. Der Kampf gegen sich selbst, den kann man übrigens fast nie gewinnen. Druck erzeugt Gegendruck und gerade wenn man Leuten, die es gut meinen, vorwirft, sie meinen es böse und man muss sie deshalb bekämpfen, schon weil sie es gut meinen und einen überzeugen wollen, dass sie es gut meinen, werden sie nicht nachgeben. Und dieses Raja Yoga Modell ist eine Weise, dort den Kampf zu beenden. Trotzdem ist das nicht so einfach. Man hat verschiedene Minister und stellt dann fest, der eine soll doch mal eine Weile nicht recht behalten und der setzt sich trotzdem zur Wehr. Es ist nicht immer ganz so leicht, wie ich gesagt habe. Nicht immer reicht das aus. Aber es ist ein zusätzlicher guter Ansatz. Hilfe ist auch, sich hineinversetzen in andere Menschen, die Welt durch die Augen eines anderen zu sehen, so entsteht auch Liebe und auch das ist das, was Spiritualität heißt, das Göttliche im anderen zu sehen, bedingungslose Liebe zu haben oder vielleicht auch erwartungslose Liebe oder eine Liebe, die mit eigenen Erwartungen und Bedingungen auch gleichmütiger umgehen kann. Wenn wir das dann noch ergänzen mit Praktiken, dann ist das Ganze ein schöner Weg, wobei ihr sehen könnt, was von diesem ganzheitlichen Weg zur Gelassenheit für euch hilfreich ist. Als Praktiken habe ich euch empfohlen, tägliche Asanas und Pranayama. Mein Tipp wäre, macht mindestens eine Viertelstunde jeden Tag, macht das, wo ihr denkt, dass es für euch gut ist. Fortgeschrittenere machen mindestens eine Stunde am Tag alles zusammen, Asanas, Pranayama und Meditation. Die weniger Fortgeschrittenen jeden Tag etwas, z.B. eine Viertelstunde, und einmal die Woche etwas mehr, vielleicht einen wöchentlichen Yogakurs oder einmal die Woche mit einer CD oder DVD oder nach eigenem Gedächtnis oder Yogabuch. Das ist so eine Art Grundhygiene, kann man sagen. So wie die Zähne jeden Tag Zähneputzen brauchen und die Haare für die meisten Kämmen brauchen, ihr kennt sicher noch andere hygienische Maßnahmen, die täglich sein müssen. So ähnlich ist es wie eine Art Geistes- und Prana- und Körperhygiene, jeden Tag etwas zu machen, was einem dort gut tut auf dem Gebiet Asanas, Pranayama, Meditation. Oder vielleicht habt ihr auch andere Sachen aus anderen Kontexten, die euch dort hilfreich sind. Und einige Sachen könnt ihr auch anwenden, wie Bauchatmung, Lampenfiebertransformation, Ärgertransformation, spielerisch mit Körperhaltungen experimentieren. Und besonders wichtig, die Meditation. Mittelfristig wird euch die Meditation gelassener machen, langfristig wird die Meditation zur Erleuchtung führen. Und wenn man die Erleuchtung hat und Einheitserfahrung hat, dann stellt sich nicht mehr die Frage: „Wie soll ich gelassen leben?“ Das wird eine natürliche Swarupa, es geschieht einfach. Ein Buddha oder ein Swami Sivananda mussten nicht überlegen: „Wie bleibe ich gelassen im Alltag?“ Sie waren es. Und die Gelassenheit im Alltag ist dann auch wieder in jedem Temperament etwas anders. Diese Textserie entwickelt sich ja fast dazu, ein Ratgeber für fast alles oder auch ein Ratgeber für spirituelle Lebenseinstellung zu werden. Und das ist auch angemessen, denn Krishna hat ja Gelassenheit definiert als: „Samatvam Yoga Ucyate. Yoga ist Gelassenheit.“ Und Patanjali sagt: „Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist.“ Und so ist es durchaus im Sinne der Gelassenheit und im Sinne des Ziels der Gelassenheit, wenn das gesamte Yogasystem abgehandelt wird unter dem Thema „Gelassenheit“. Man kann das Yogasystem unter dem Gesichtspunkt Bewusstseinserweiterung abhandeln, man kann es abhandeln unter dem Gesichtspunkt Hingabe, man kann es abhandeln unter dem Gesichtspunkt Energie und Erkenntnis. Hier steht das gesamte Yogasystem vor dem Hintergrund der Gelassenheit und vor dem Ziel der Gelassenheit. Yoga Samatvam Ucyate. Yoga, Einheit ist erreicht, wenn du Gelassenheit übst. Und umgekehrt, wenn du Yoga übst, kommst du zur Gelassenheit. Oder Patanjali sagt: „Yogas chitta vritti nirodha. Yoga ist das Zur-Ruhe-Bringen der Gedanken im Geist. Tada Drashtuh Swarupe Vasthanam. Dann ruht der Sehende in seiner wahren Natur.“ Indem du deinen Geist zur Ruhe bringst, erreichst du die Erleuchtung. Indem du die Erleuchtung erreichst, fällt es dir leichter, den Geist zur Ruhe zu bringen.

Siehe auch

Literatur

Seminare

Weblinks