Shudra: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Shudra''' ([[Sanskrit]]: शूद्र śūdra ''m.'') Angehöriger der niedrigsten (vierten) [[Kaste]] des traditionellen altindischen [[Gesellschaft]]ssystems; Diener, Sklave.
'''Shudra''' ([[Sanskrit]]: शूद्र śūdra ''m.'') Angehöriger der niedrigsten (vierten) [[Kaste]] des traditionellen altindischen [[Gesellschaft]]ssystems; Diener, Sklave.
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==Wer ist zum Studium des Vedanta bedurfen?==
==Wer ist zum Studium des Vedanta bedurfen?==

Version vom 25. Oktober 2013, 13:10 Uhr

Shudra (Sanskrit: शूद्र śūdra m.) Angehöriger der niedrigsten (vierten) Kaste des traditionellen altindischen Gesellschaftssystems; Diener, Sklave.

MP900177808.JPG

Wer ist zum Studium des Vedanta bedurfen?

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906, S. 63 - 68.

Die Conditio sine qua non

Die Frage, wer zu der erlösenden Heilslehre des Vedânta zuzulassen, wer von ihr auszuschliefsen sei, wird in einer Episode des ersten Adhyaya der Brahmasütra's mit grofser Ausführlichkeit (p. 280-323) diskutiert, und das Resultat ist, dais alle diejenigen, welche durch das Sakrament des Upa-nayanam (der Einführung bei einem Lehrer unter feierlicher Umgürtung mit der Opferschnur) wiedergeboren (dvija) sind, also, falls sie diese Bedingung erfüllen, alle Brähmana's, Kshatriya's und Vaiçya's, dafs ferner auch die Götter und die (abgeschiedenen) Rishi's zur Vidyä berufen sind; dafs hin¬gegen die Çüdra's (die Angehörigen der vierten, nicht-arischen Kaste) von derselben ausgeschlossen bleiben.

Beides, die Ausschliefsung der Çüdra's wie die Zu-lassung der Götter, gibt Veranlassung zu ausführlichen und interessanten Erörterungen.

Ausschliefsung der Çûdra's

Zunächst mufs es, bei dem Prinzip des Vedânta, befrem¬den, dafs den Çüdra's der Zugang zum Heile verwehrt wird. Allerdings ist ja das Geborensein in einer bestimmten Kaste kein Zufall, sondern die notwendige Folge des Wandels und der Werke in einem frühem Dasein; aber wie der Vedânta zwischen den drei höhern Kasten keinen Unterschied macht, so hätte es in der (erst vom Buddhismus gezogenen) Konse¬quenz seiner Anschauungen gelegen, auch den Çùdra zuzu¬lassen; denn auch er hat eine Seele, auch er ist Brahman, und es ist nicht abzusehen, warum nicht auch er sich dessen bewufst werden und somit an der erlösenden Erkenntnis teil¬nehmen kann; zumal anerkannt wird, dafs er derselben be¬dürftig ist (p. 315,11. 317,3), auch die vom Gegner geltend gemachte Befähigung des Çùdra zur Erkenntnis (p. 315,11) in weltlicher Hinsicht nicht bestritten wird (p. 317,4), wie denn auch seiner von der Smriti gestatteten Teilnahme am Hören der Itileâsa's und Pur(h.za's (der epischen und mytho¬logischen Gedichte) nichts im Wege steht (p. 322,14).

Aber dieselbe Akkomodation an die nationalen Vorurteile, welche die Philosophen des Vedânta bestimmt, alle ihre Er-kenntnisse, und wäre es in der gezwungensten Weise, aus dem Veda abzuleiten, macht es ihnen auch unmöglich, den Çùdra zuzulassen; denn Vorbedingung für die Veditntafor-schung ist Studium des Veda und Kenntnis seines Inhaltes (p. 316,9), für diese wiederum das Upanayanant (Einfiihrung hei einem Lehrer), zu welchem der Çûdra nicht gelangen kann (p. 317,2. 320,6), daher auch das Gesetz (snzriti) ver¬bietet, den Veda auch nur in der Gegenwart eines Çùdra zu. lesen (p. 322,2.6).

Hieran schliefst sich die Erörterung einiger im Veda selbst vorliegender Fälle, in welchen eine Lehre anscheinend einem Çûdra oder einem Manne von zweifelhafter Kaste mitgeteilt wird.

Der erste betrifft die Sanzvarga-vidyâ, eine (an Anaximenes erinnernde) Theorie von Vâgize (Wind) und Prâna (Odem) als den „sanevargâlp (an sich Raffern) einerseits der Elemente, anderseits der Lebensorgane, welche Chând. 4,1-3 Raikva dem Jan aeruti mitteilt, nachdem er ihn doch vorher wieder¬holt einen Çûdra genannt hat.

Dem gegenüber erinnert Çankara zunächst daran, dais ein einzelner Fall noch keine Regel bilde (p. 317,9), und dafs, was vielleicht für die Samvarga-vidyâ gelte, darum noch nicht auf alle andern zu übertragen sei (p. 318,1) ; sodann aber be-haupten Sittram und Scholion (p. 315,6. 318,10), dais „Çùdra" im vorliegenden Falle nicht im überlieferten Sinne (r4clheirtha), sondern im etymologischen Sinne (aveyav(trtha) aufzufassen sei: weil nämlich Jänaçruti aus Schmerz (ftt-câc) über die herabsetzende Rede der Gans zum Raikva gelaufen sei (du-drd-va), deswegen werde er von diesem Rishi, der durch übernatürliche Kenntnis von dem Geschehenen unterrichtet gewesen sei und dieses habe an den Tag legen wollen, „çiii-dra" (!) genannt. — Ein hierauf (p. 319-320) folgender di¬rekter Beweis, dafs Jänaçruti ein Kshatriya gewesen sei, darf wohl als gänzlich mifslungen bezeichnet werden, sofern der¬selbe durch allerlei Künsteleien wahrscheinlich zu machen sucht., dafs der in der Samvargavidyä (Chänd. 4,3,5) erwähnte Abhipratärin ein Kshatriya gewesen sei, — und also doch wohl auch Jänaçruti, da er in derselben Vidyä erwähnt werde (!). Eher läfst sich hören, was Çankara bei dieser Ge¬legenheit geltend macht, dais Jänaçruti ein Kshatriya gewesen sein müsse, weil er einen Truchsefs (kshallar) um sich habe (p. 320,2); — wie dem auch sei, für uns beweist die ganze mit Eifer geführte Untersuchung nur, dais es für die Zeit des Çankara und auch für die des Bâdarâyana keineswegs für selbstverständlich galt, dais ein Mann von fürstlichem Reichtum und Gepränge, wie JänaQruti, kein Çùdra gewesen sein könne, was in kulturgeschichtlicher hinsieht von Interesse ist.

Ein weiterer Fall ist der des Knaben Satyakàma, wel¬chem seine Mutter Jabàlà erklärt, dafs sie ihm nicht angeben könne, aus welcher Familie (gotram) er stamme, da sie sich in ihrer Jugend mit zu vielen eingelassen habe. Mit kind¬licher Naivität berichtet dies Satyakàma (dessen Name, wie M. Müller passend erinnert, (1)t1,akiltrx bedeutet) dem ihn nach seiner Familie befragenden Lehrer, welcher findet, dafs nur ein Brahmane so aufrichtig sein könne, und ihn als solchen in die Lehre aufnimmt."

In dieser Geschichte finden Bàdaràyana (p. 321,5) und Çankara (p. 321,6) eine Bestätigung dafür, dafs der Çùdra auszuschliefsen sei, da ja Satyakâma erst zugelassen werde, „nachdem festgestellt worden, dafs er kein Çtîdra sein könne, weil er die Wahrheit gesprochen (! — satya-vacanena Çûdratva-abhâve nirddhârite),—wir aber möchten eher daraus schliefsen, dais man in älterer Zeit noch freier gedacht habe, und geneigt gewesen sei, gelegentlich die Frage nach dem Brahmanentum der Geburt auf sich beruhen zu lassen, wo ein Brahmanentum des Herzens und der Gesinnung vorhanden war.

Wie dem auch gewesen sein mag, für unsere Autoren bleibt der Çadra, so lange er sich nicht auf dem Wege der Seelenwanderung zu einer höhern Kaste erhebt 4°, von der Mitteilung der Heilslehre gänzlich ausgeschlossen. Hingegen wird die Grenze der Zulassung, die nach unten zu so eng¬herzig gezogen ist, nach oben hin um so weitherziger erwei¬tert, sofern nicht nur alle Menschen der drei arischen Kasten, sondern auch weiterhin die Götter nebst den abgeschiedenen Rishi's zum Studium der erlösenden Brahmavidyâ berufen sind.

Siehe auch

Literatur

  • Vedanta für Anfänger von Swami Sivananda
  • Vedanta - Der Ozean der Weisheit von Swami Vivekananda
  • Paul Deussen: Das System des Vedanta, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906.
  • Soami Divyanand: Vedamrit - Die Botschaft der Veden. ISBN 3-926696-03-6 (Übersetzung der Veden auf Deutsch, Bd. 1); ISBN 3-926696-13-3 (Bd. 2); ISBN 3-926696-26-5 (Bd. 3)
  • Wilfried Huchzermeyer: Die heiligen Schriften Indiens - Geschichte der Sanskrit-Literatur.(edition-sawitri.de) ISBN 3-931172-22-8
  • Moritz Winternitz: Geschichte der Indischen Literatur, Leipzig, 1905 - 1922, Vol. I - III. Reprint in englischer Übersetzung: Maurice Winternitz: History of Indian Literatur, Motilal Barnarsidass, Delhi, 1985, Vol I - III
  • Sri Aurobindo: Das Geheimnis des Veda, 2. Auflage 1997, Hinder + Deelmann, ISBN 3-873481-65-0
  • Lokamanya Bâl Gangâdhar Tilak: Orion ou Recherches sur l'Antiquité des Védas, Milan, Éditions Archè, 1989

Weblinks