Shraddha

Aus Yogawiki

Shraddha (Sanskrit: श्रद्धा śraddhā f.) 1. Glaube, Vertrauen, Treu, vertrauend, treu, Lust, Appetit nach. In den Veden verkörpert und in ein paar Hymnen gepriesen. 2. Die Fünfte der sechsfachen Tugenden Shatsampat eines spirituellen Aspiranten. Die fünf weiteren Tugenden des Shatsampat sind: Shama (Gleichmut), Dama (Kontrolle), Uparati (Vermeiden), Titiksha (Duldungskraft) und Samadhana (Harmonie). 3. Shraddha ist auch die Tochter des Weisen Daksha, die Frauvon Dharma und als die Mutter von Kamadeva, dem Gott der Liebe, bekannt.

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Worte von Swami Sivananda

Zitat aus der "Göttlichen Erkenntnis"

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"Shraddha ist festes Vertrauen in die Worte des Gurus, die Aussagen der vedantischen Schriften und, vor allem, in sich selbst. Das ist nicht blinder Glaube. Er baut auf genauem Überlegen, Offensichtlichkeit und Erfahrung. Nur dann kann der Glaube dauerhaft sein. Nur dann kann der Glaube vollkommen und unerschütterlich sein. Abergläubisches Glauben und Glauben in bloße religiöse Traditionen oder soziale Gebräuche können einem Menschen nicht in seinem spirituellen Vorankommen helfen. Der Geist wird immer ruhelos sein. Verschiedene Zweifel werden ab und an auftauchen. Sektierer zwingen ihren Glauben anderen auf, versuchen sie zu konvertieren und sie ihrer Herde einzugliedern, um deren Zahl zu vergrößern. Der neue Konvertit findet keinen wirklichen Trost in dem neu erworbenen Glauben. Dann geht er zu einem anderen Glauben oder Sampradaya. Shraddha ist die wichtigste Voraussetzung. Ohne Shraddha ist kein spiritueller Fortschritt möglich. Aus Shraddha kommt Nishta, einpünktige Hingabe, und aus Nishta kommt Selbstverwirklichung. Wenn der Glaube wankelmütig ist, wird er bald absterben, und der Aspirant wird hilflos hin und her geschleudert."

Sukadev über Shraddha

Niederschrift eines Vortragsvideos (2014) von Sukadev über Shraddha

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Shraddha ist zum einen ein wichtiger Aspekt im Yoga, auch ein wichtiger Aspekt im Leben, aber im Yoga gibt es keinen blinden Glauben. Die großen Yogameister sagen immer, du brauchst zunächst an nichts zu glauben, aber halte Vieles für möglich. Und dann probiere es aus. Und wenn du Yoga übst, wenn du Meditation übst, wenn du den spirituellen Weg mit offenen Augen gehst, dann wirst du Erfahrungen machen. Und die Erfahrungen werden dann zu deinem Vertrauen führen.Das ist also anders als in vielen Religionen, wo es darum geht, einfach etwas zu glauben, einfach, weil es gesagt wird, und wenn man glaubt, dann kommt man vielleicht in den Himmel. Im Yoga ist es wie im Buddhismus oder im Taoismus, wo es heißt, dass du an nichts glauben musst. Fange erst einmal an. Praktiziere, und wenn du praktizierst, kommst du zu Erfahrungen. Und auch, was du praktizierst, kannst du auf unterschiedliche Weisen deuten.

Auf einer anderen Ebene gilt aber, dass Shraddha schon auch wichtig ist. Menschen, die an nichts glauben und kein Vertrauen haben, die sind dann sehr schnell erschüttert. Heutzutage haben viele Menschen keine feste Grundlage für ihr Dasein, und deshalb kommen sie leicht in Stress. Leben ist nun mal etwas Unsicheres, Leben ist nun mal so, dass es mal schöner ist, mal weniger schön, Dinge kommen, Dinge vergehen, und es gibt so viele Veränderungen. Es ist gut, einen gewisses Shraddha zu haben, ein gewisses Vertrauen zu haben - Vertrauen basierend auf Erfahrung, auf einer bestimmten Erkenntnis.

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Und es ist gut, dir selbst bewusst zu werden: "Was sind meine festen Vertrauenssätze? Woran glaube ich?" Und bei diesen dann zu bleiben. Vertrauen ist so das Gegenteil von Zweifel. Es ist gut, auch skeptisch zu sein, es ist gut, auch Zweifel zu haben, man soll eben Autoritäten nicht einfach so glauben und es ist gut, sich selbst auch öfters mal in Frage zu stellen. Es zeugt von einem gesunden Selbstvertrauen, einem gesunden Selbstwertgefühl, wenn man zwischendurch über sich selbst lachen kann und sich selbst Fehler zugestehen kann. Und das ist eine andere Art von Vertrauen, als wenn man jede Kritik gleich abwehrt, wenn man sagt: "So ist es halt."

Shraddha ist also in vielerlei Hinsicht eine komplexe Angelegenheit. Du kannst überlegen, letztlich, was sind deine Vertrauenssätze. Im Yoga gibt es einige Grundvertrauenssätze. Die heißen zunächst mal: Es gibt eine höhere Wirklichkeit. Diese Wirklichkeit ist erfahrbar. Und das Ziel des Lebens ist es, diese höhere Wirklichkeit zu erfahren. Es gibt Praktiken, um diese höhere Wirklichkeit zu erfahren, sie zu erkennen, sie zu verwirklichen. Diese Praktiken wurden seit Jahrhunderten und seit Jahrtausenden gelehrt. Menschen haben seit Jahrhunderten und seit Jahrtausenden mittels dieser Praktiken die höchste Verwirklichung erreicht. Auch du kannst diese Praktiken üben. Auch du kannst die höchste Wirklichkeit erfahren und erreichen. Und wenn du die Praktiken gut kennst, wirst du sie erreichen. Und der Weg dorthin ist auch ein schöner.

Es stimmt zwar nicht ganz, dass der Weg das Ziel ist, aber das Schöne ist, wenn du das Ziel hast, die höchsten Verwirklichung zu erreichen, dann ist auch der Weg dorthin schön. Das sind alles einige der Shraddhas, denen du vertrauen kannst. Wenn du dann nach guter Prüfung und nach gutem Überlegen jemanden als deinen Lehrer anerkennst, dann gilt es auch wieder, Shraddha zu haben. Du kannst sagen: "Ja, ich vertraue darauf, dass der Lehrer mich schon gut unterrichtet. Ich vertraue auch auf mich selbst, ich vertraue, dass ich selbst eine Unterscheidungskraft habe zwischen dem, was vielleicht der Lehrer aus der höchsten Wirklichkeit sagt und dem, was er nur aus einer Laune heraus sagt und was vielleicht menschlich unvollkommen ist. Ich habe Vertrauen, dass ich unterscheiden kann bei den Schriften."

Das sind also verschiedene Arten von Vertrauen. Und du kannst dir jetzt vielleicht selbst überlegen, was ist dein Shraddha, was ist dein Vertrauen. Und manchmal hilft es auch, wenn du nicht wirklich so ein Urvertrauen hast. Du kannst sagen: "Im nächsten Jahr werde ich Yoga so leben, als ob es eine höchste Wahrheit gibt. Ich werde für ein Jahr lang so praktizieren, als ob es die höchste Wahrheit gibt. Für ein Jahr werde ich meinem Meister folgen, als ob er tatsächlich ein Meister ist. Und ein Jahr lang werde ich es ausprobieren. Am Ende des Jahres werde ich schauen: "Was ergibt sich daraus." Das ist eine Form von Shraddha.

Shraddha gehört auch zu den sechs Shatsampat, also den sechs großen Reichtümern. Und diese sechs Shatsampat, diese sechs Reichtümer oder diese sechs großen Schätze, sind Teil des Sadhana Chatushtaya, der Vierheit des Sadhanas. Sadhana Chatushtaya besteht aus Viveka – Unterscheidungskraft, Vairagya – Nicht-Anhaften, Shatsampat – die sechs edlen Tugenden der Gleichmut, und Mumukshutva – intensiver Wunsch nach Befreiung. Shatsampat besteht aus sechs: Shama – geistige Kontrolle, Dama – Sinneskontrolle, Uparati – Meiden des Unguten, Titiksha – Duldungskraft, etwas aushalten können, und fünftens Shraddha – Vertrauen, und sechsten ist dann Samadhana, die Gelassenheit, die kommt, wenn du die anderen fünf Shatsampats übst.

Es ist wichtig, in allem im Leben ein gewisses Grundvertrauen zu haben. Und nochmals die Anregung, überlege dir selbst, was sind deine Grundglaubenssätze, die du für wahr halten willst? Worauf vertraust du? Was ist die Grundlage deines Seins?

Der dreifache Glaube und seine Betätigung - Om, Tat, Sat

Ausschnitt aus dem Buch "Der Gesang des Heiligen. Eine philosophische Episode des Mahabharatam". Eine Übersetzung der Bhagavadgita von Paul Deussen. Leipzig. F.a. Brockhaus. 1911.

Krishna und Arjuna mit dem Streitwagen

Arjuna sprach:

1. (1427.) Wie aber steht es mit denen, o Krishna, welche zwar die Vorschrift des Gesetzes von sich werfen, aber im Glauben Verehrung üben? Auf welchem Boden stehen sie, auf dem des Sattvam, des Rajas oder des Tamas?

Der Heilige sprach:

2. (1428.) Dreifach ist der Glaube der Verkörperten, wie er aus ihrer Naturbeschaffenheit entspringt: Er ist sattva-artig, rajas-artig und tamas-artig, darüber vernimm.
3. (1429.) Der Glaube, o Bharata , ist bei einem jeden seiner Wesenheit entsprechend; aus Glaube besteht der Mensch, wie einer glaubt, so ist er (vgl. Mokshadharma 9458).
4. (1430.) Die Sattva-artigen verehren die Götter, die Rajas-artigen die Halbgötter und Dämonen, die übrigen aber, die tamas-artigen Menschen, verehren die Geister und die Gespensterscharen.
5. (1431.) Diejenigen Menschen, welche eine furchtbare, aber nicht vom Gesetz vorgeschriebene Askese üben und dabei behaftet mit Heuchelei und Selbstsucht und von Lust, Leidenschaft und Gewalttätigkeit erfüllt sind,
6. (1432.) diese Törichten quälen nur die im Leibe versammelte Schar der Elemente und mich, der ich in ihrem Leibe weile; deren Entschließung, das sollst du wissen, ist eine dämonische.
7. (1433.) Dreifach aber ist auch die Nahrung, die jedem lieb ist, und ebenso sein Opfer, seine Askese und sein Schenken. Vernimm, was deren Unterschied ist.
8. (1434.) Die Nahrungsmittel, die das Leben, Tüchtigkeit, Kraft, Gesundheit, Lust und Behagen vermehren, und welche als saftreich, ölig oder fest das Herz stärken, die werden von sattvahaften Menschen geliebt.
9. (1435.) Die Nahrungsmittel, die einen stechenden, sauern, salzigen, erhitzenden, scharfen, rauhen und brennenden Geschmack haben, sind bei rajashaften Menschen beliebt und veranlassen Schmerz, Beschwerde und Krankheit.
10. (1436.) Abgestandene, schal gewordene, übelriechende, übertägige, übrig gelassene und nichtopferwürdige Speisen werden von den tamashaften Menschen geliebt.
11. (1437.) Ein Opfer, welches im Hinblick auf die Vorschrift dargebracht wird von solchen, welche nicht nach Lohn verlangen, sondern sich dazu entschließen, weil man eben opfern muss, ein solches Opfer ist sattvahaft.
12. (1438.) Ein Opfer hingegen, welches mit Absicht auf den Lohn oder aus Heuchelei dargebracht wird, ein solches Opfer, 0 Bester der Bharata's, ist rajashaft.
13. (1439.) Ein Opfer, welches nicht vorschriftsmäßig, ohne Spenden von Speise, ohne Vedasprüche, ohne Opferlohn und ohne Glauben daran dargebracht wird, ein solches Opfer nennt man tamashaft.
14. (1440.) Verehrung der Götter, Brahmanen, Lehrer und Weisen, Reinheit, Geradheit, Keuschheit und Nicht-Schädigung, diese bilden die Askese des Leibes.
15. (1441.) Eine nicht Aufregung veranlassende, wahrhafte, freundliche und heilsame Rede, sowie die Betreibung des Vedastudiums, diese bilden die Askese der Rede.
16. (1442.) Heiterkeit des Gemütes, Milde, Schweigen, Selbstbeherrschung, Reinheit des Herzens, diese bilden die Askese des Geistes.
17. (1443.) Diese dreifache, aus höchster Gläubigkeit geübte Askese, wenn sie von Menschen ohne Verlangen nach Lohn und mit Hingebung geübt wird, nennt man sattvahafte Askese.
18. (1444.) Eine Askese, welche um der Hochschätzung, Bewunderung und Verehrung willen mit Heuchelei geübt wird, eine solche heifst rajashaft, ist wankelmütig und unbeständig.
19. (1445.) Eine Askese, welche aus verblendeter Entschließung die Selbstqual unternimmt, oder auch um einen andern zu überbieten, eine solche heißt tamashaft.
20. (1446.) Eine Gabe, welche in dem Bewusstsein, dass man geben muss, am rechten Ort zur rechten Zeit der rechten Person, ohne dass sie es vergelten kann, erwiesen wird, eine solche Gabe heißt sattvahaft.
21. (1447.) Hingegen eine Gabe, welche um einer Gegenleistung willen oder im Hinblick auf einen Lohn mit Widerstreben geschenkt wird, eine solche Gabe heißt rajashaft.
22. (1448.) Eine Gabe, welche am unrechten Orte zur unrechten Zeit der unrechten Person mit Geringschätzung oder Verachtung dargeboten wird, eine solche Gabe heißt tamashaft.
23. (1449.) Om, Tat, Sat (Om, Dieses, das Seiende), das gilt als die dreifache Bezeichnung des Brahman, und kraft dieser wurden in der Vorzeit die Brahmanen, Veden und Opfer in ihre Stellung eingesetzt.
24. (1450.) Darum werden die vorgeschriebenen Übungen von Opfer, Gabe und Askese allezeit von Bekennern des Brahman damit begonnen, dass sie den Laut Om aussprechen.
25. (1451.) Tat (dieses sc. Brahman), mit diesem Worte werden ohne Absicht auf Lohn die mannigfachen Verrichtungen von Opfer, Askese und Gaben von solchen dargebracht, welche nach Erlösung verlangen.
26. (1452.) Das Wort Sat (das Seiende) wird gebraucht, um die Realität und die Güte [des Brahman] zu bezeichnen, und so wendet man, o Prithasohn, das Wort Sat auch auf eine rühmliche Handlung an.
27. (1453.) Sat heißt auch die Beharrlichkeit in Opfer, Askese und Gaben, und so wird auch das um ihrer willen unternommene Werk als Sat (seiend, gut) bezeichnet.
28. (1454.) Was aber an Opfer, Gaben, Askese und Werken ohne Glauben dargebracht wird, das, o Sohn der Pritha, heißt Asat (nicht seiend, nicht gut) und ist nichtig sowohl nach dem Tode als auch schon hier.

So lautet in der Bhagavadgita die dreifache Einteilung des Glaubens (Shraddha - Traya - Vibhaga - Yoga).

Shraddha und Totengebete - Die Bedeutung der Shraddha-Zeremonie

Die Karma Kanda der Vedas (die heiligen Schriften der Hindus) tragen dem Menschen entsprechend seiner Lebensstadien und der Ordnung, der er angehört, verschiedene Pflichten auf. Das Buch "Manusmriti", das als Verhaltenskodex für die Hindus gilt, enthält sämtliche dieser Vorschriften. Früher wurden Könige und Herrscher von diesen Regeln zur Wahrung des Friedens und der Ordnung im Land angeleitet.

"Manusmriti" unterteilt die menschliche Gesellschaft in folgende vier Hauptbereiche: Brahmana, Kshatriya, Vaisya und Sudra. Des Weiteren gliedert es die verschiedenen Lebensstadien (Ashramas) eines Menschen in die vier Bereiche: Brahmacharya, Garhasthya, Vanaprastha und Sannyasa. Brahmacharya ist das Leben des Schülers, Garhasthya das Familienleben, Vanaprastha das Leben im Wald, welches religiösen Bestrebungen gewidmet ist, und schließlich Sannyasa, das Leben eines Bettlers, der allen weltlichen Dingen abgeschworen hat.

Aufgrund des Eintritts in die moderne Zivilisation und der Entartung des menschlichen Seelenlebens, fand diese Gesellschaftsordnung nach und nach ein Ende. Materialistische, dunkle Kräfte der Rajas und Tamas bezwangen das sattvige Leben und ließen die Religion zweitrangig werden. Selbst Glaubensgenossen werden heutzutage mit Verachtung gestraft. Anhänger der spirituellen Praktiken (Sadhaka) werden von modernen Gelehrten nicht mehr wertgeschätzt.

Das Studieren der Heiligen Schriften, die Einhaltung religiöser Riten, ein spirituelles, gemäßigtes Leben und wahre ethische Kulturen werden als nutzlos oder altmodisch abgestempelt und gleiten demzufolge in die Bedeutungslosigkeit ab. Das Leben ist mittlerweile ernster geworden und es herrscht ein harter Existenzkampf. Der Bedarf nach Nahrung und anderen Luxusgütern hat die Religion von ihrem Platz verdrängt.

Die Heiligen Schriften auferlegen einem Familienvorstand die Pancha Maha Yajna - die fünf großen Opfer, zu denen man im Leben verpflichtet ist. Die Vernachlässigung dieser Pflichten zieht Strafen nach sich. Die hohen Opfer sind: 1. Deva Yajna (Opfer an die Götter), 2. Rishi Yajna (Opfer an die Rishis), 3. Pitri Yajna (Opfer an Verwandte), 4. Bhuta Yajna (Opfer an Tiere) und 5. Atithi Yajna (Opfer an Gäste).

Die Shraddha-Zeremonie fällt unter Pitri Yajna und gilt als die heilige Pflicht des Familienvorstandes. Jeder Familienvorstand hat die Shraddha-Zeremonie für seine Vorfahren durchzuführen. Pitris sind die Seelen der Vorfahren, die im Jenseits (Pitriloka) verweilen. Sie besitzen die Fähigkeit der Hellseherei und Hellhörigkeit. Werden Mantras rezitiert, üben deren Schwingungen einen großen Einfluss auf sie aus. Die Pitris nehmen die Laute aufgrund ihrer hellhörigen Fähigkeiten wahr und sind so zufriedengestellt. Sie segnen all jene, die ihnen Opfer darbringen. Während der Shraddha-Zeremonie wird die Essenz der Opfergabe von Nahrungsmitteln über die Sonnenstrahlen bis hin zur Sonne (Suryaloka) aufgenommen und die Seelen der Verstorbenen werden zufriedengestellt.

Auch in Deutschland und in anderen Ländern, wo die positiven Auswirkungen dieser Opfergaben wissenschaftlich erforscht wurden, zelebrieren viele Menschen die Tarpan- und Shraddha-Zeremonie. Alle Familienvorstände sind strengstens dazu verpflichtet, die Shraddha- und Tarpan-Zeremonie durchzuführen, um die Rishis und Pitris zufriedenzustellen. Die Gita und Upanishaden bezeugen mit aller Deutlichkeit die Tatsache, dass die Durchführung der Shraddha- Zeremonie äußerst wichtig ist. Nur verblendete Seelen mit verdrehtem Intellekt werden durch falsches Denken und falsche Logik fehlgeleitet. Sie missdeuten Dinge, missachten die Durchführung der heiligen Zeremonien und leiden infolgedessen. Schlechte Einflüsse wirken sehr leicht auf sie ein und ihre Situation basiert auf Ignoranz.

Da ein Tag der Pitris einem Jahr der menschlichen Zeitrechnung entspricht, ist auch die Shraddha-Zeremonie einmal im Jahr durchzuführen. In der Zeitrechnung der Pitris leben wir, ihre Söhne, nur ein paar Tage, denn die längste Zeitspanne der menschlichen Existenz von 100 Jahren entspricht bei ihnen lediglich 100 Tage.

Manch einer hegt Zweifel: "Ist es überhaupt notwendig, die Shraddha-Zeremonie für den Verstorbenen durchzuführen, wenn seine Seele eine Seelenwanderung durchmacht und nach dem Verlassen des physischen Körpers wiedergeboren wird? Wer wird die Opfergabe empfangen, wenn sich der Verstorbene längst nicht mehr im Himmel befindet?" Im neunten Kapitel der Gita verdeutlicht Krishna, dass rechtschaffene Menschen, die zum Erreichen des Himmels Opfergaben darbringen, in die Welten des Genusses gelangen werden: "Sie haben diese weiträumige Welt Svargas genossen, aber ihr Verdienst (Punya) erschöpfte sich und sie traten in die Welt der Sterblichen ein.

Als sie dem Dharma der Triade folgten, verlangten sie nach Sinnesgegenständen, deswegen erreichten sie einen Zustand des Kommens und Gehens." Dies begründet die Theorie des Eintritts in den Himmel nach dem Tod und der Wiedergeburt in die sterbliche Welt nach Ausschöpfung aller tugendhaften Taten. Die Himmelsfreuden und der Seelenfriede werden durch die Shraddha-Zeremonie verstärkt. Sowohl die Durchführung der Shraddha-Zeremonie durch die Söhne des Verstorbenen als auch die Verdienste des eigenen Handelns lindern das Leiden auf Welten jenseits des Himmels. Die Shraddha-Zeremonie ist also in beiden Fällen sehr hilfreich. Die Pitris bleiben für sehr lange Zeit im Himmel (Pitriloka, Chandraloka).

Selbst wenn der Mensch unmittelbar nach seinem Tod wiedergeboren wird, bringt ihm die Shraddha-Zeremonie gemäß der Theorie der Seelenwanderung Glück für seine Wiedergeburt. Daher ist es die unerlässliche Pflicht jedes Einzelnen, die Shraddha-Zeremonie für seine Eltern und Großeltern durchzuführen. Zeit seines Lebens solle man die Shraddha-Zeremonie in tiefem Glauben (Sraddha) durchführen. Der Glaube ist der wichtigste Rückhalt für eine Religion.

Früher stellte man sich überhaupt nicht die Frage, ob die Shraddha-Zeremonie durchzuführen sei oder nicht. Die Menschen waren strenggläubig und verehrten die Heiligen Schriften. Heutzutage, wo der Glaube immer mehr schwindet und die Anzahl derer, die keine Shraddha-Zeremonie mehr durchführen, gestiegen ist, zweifeln Menschen mit schwankendem Glauben immer mehr daran, ob die Durchführung der Shraddha-Zeremonie überhaupt noch notwendig ist und ob diese Zeremonie Gutes bewirken kann. Der fehlende Glaube an die Heiligen Schriften hat uns in diesen bedauernswerten Zustand gebracht.

Mancher argumentiert wie folgt: Hat ein Mann die Shraddha-Zeremonie einmal für seine Vorfahren in Gaya und an anderen religiös bedeutsamen Orten durchgeführt, muss er die Zeremonie nicht jedes Jahr aufs Neue wiederholen. Diese Regel ist jedoch nicht allgemeingültig, sondern für bestimmte Ausnahmefälle gedacht. Wenn sich die Menschen hinter dieser Ausnahme verstecken und die Shraddha-Zeremonie einstellen, nachdem sie einmal Pinda etc. in Gaya Opfergaben dargeboten haben, dann tun sie dies aus reiner Ignoranz. Sie betrachten die Shraddha-Zeremonie lediglich als Bürde und meiden sie, statt ihren Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen.

Die unzähligen religiösen Bräuche, die den Menschen auferlegt wurden, zielen darauf ab, den ignoranten Menschen zu läutern. Ziel des Karma Yoga ist die Reinigung des Geistes. Die Shraddha-Zeremonie, die eine der in den Heiligen Schriften aufgeführten Pflichten darstellt, zielt ebenfalls darauf ab, den Geist zu reinigen. Darüber hinaus werden die Vorfahren zufriedengestellt und ihre guten Wünsche und Segen sind auf unser materielles und spirituelles Wachstum ausgerichtet.

Verstorbene, die keinen Sohn hatten, werden in den anderen Welten leiden. (Dies gilt natürlich nicht für Nitya Brahmacharins und für spirituelle Aspiranten, die den spirituellen Weg allein beschreiten, nachdem sie allen egoistischen Begierden und weltlichen Vorhaben abgeschworen haben). Aus diesem Grund adoptieren manche vor ihrem Tod einen Sohn, der nach ihrem Ableben ordnungsgemäß die Shraddha-Zeremonien durchführt. Die Gita unterstützt diese Anschauung: Ohne Opfergaben in Form von Reisbällen (Pinda) und Wasser fahren die Vorfahren zur Hölle ("Patanti pitaro hyesham luptapindodakakriyah").

Wenn ein Mensch jedoch religiös ist und Urteilsfähigkeit und Sachlichkeit besitzt, an die Sastras und Vedas glaubt, wenn er bis zum Ende ein rechtschaffenes Leben geführt hat, wenn er sich an seinen letzten Tagen frommen Praktiken, Japa, Meditation, Studien, etc. gewidmet hat, wird er nicht abstürzen, selbst wenn er keinen Sohn hat. Er wird gewiss vollkommenen Frieden erfahren und nicht von den dunklen Mächten der Ignoranz beeinträchtigt werden. Er ist frei von den niederen Anziehungskräften der Welt. Gott wacht über seine Fortentwicklung. Er besitzt Selbsthingabe und geistige Reinheit und ist frei von der Angst vor dem Niedergang. Alle religiösen Betrachtungen haben die Reinigung des Geistes (Chitta Suddhi) zum Ziel. Dies erreicht der Mensch durch die Tugendhaftigkeit seiner früheren Samskaras sowie durch ein rechtschaffenes Leben in vorherigen Inkarnationen.

Manche Menschen in Indien geben – lediglich zur Show – wahllos viel Geld für die Shraddha-Zeremonie aus. Dies ist reine Verschwendung und Geld sollte nicht für Luxus ausgegeben werden. Es ist eine Täuschung, anzunehmen, dass die Seelen der Verstorbenen mehr Frieden finden werden, je mehr Geld man ausgibt. Geld führt nicht zur Zufriedenstellung der Pitris. Stattdessen zählt die Intensität (Bhava), mit der die Shraddha-Zeremonie durchgeführt wird.

Zu diesen Anlässen sind die Armen und Bedürftigen opulent zu verköstigen. Deren Lebensbedürfnissen ist Beachtung zu schenken. An diesen Tagen sind die Heiligen Schriften zu studieren. Der Durchführende der Shraddha-Zeremonie hat die spirituellen Disziplinen wie Japa, Meditation, Mouna, Brahmacharya etc. einzuhalten. Er soll seine Zeit nicht mit sinnlosen Tätigkeiten vergeuden. Er soll den ganzen Tag über zu Gott beten. Die entsprechenden vedischen Hymnen sind zu rezitieren. Die Geschichte der Nachiketas der Upanishaden ist zu studieren. Der Durchführende erlangt Unsterblichkeit.

Belebe die vedische Religion neu. Wandle auf dem Pfad der Wahrheit. Führe die Shraddha-Zeremonie durch. Schüttle die Faulheit und Gleichgültigkeit auf dem Weg zur Rechtschaffenheit ab. Wache auf, erhebe dich! Wähle die richtige Quelle. Verhafte dich deinem Varnashrama Dharma. Es gibt kein größeres Opfer als die Ausübung der eigenen Pflichten. Studiere täglich die Gita. Lebe in der Welt, aber nicht von ihr. Nimm die Lehren der Gita in dich auf. Dies ist der sicherste Weg zum Erfolg im Leben und zur Gotteserkenntnis.

Mögest du das Glück der Ewigkeit genießen. Mögest du das unsterbliche und unvergängliche Brahman erreichen durch das regelmäßige Erfüllen deiner Svadharma-Pflicht, durch das Singen des Namen Haris, indem du dich um die Kranken und Armen kümmerst, dem Pfad der Rechtschaffenheit folgst, regelmäßig die Vedas studierst und meditierst. Möge Gott dich bei all deinen Taten leiten!

Siehe auch

Literatur

Seminare