Sehnsucht

Aus Yogawiki

Sehnsucht: wird definiert als Verlangen nach einer Person oder einer (nicht unbedingt dinglichen) Sache, die man nicht sofort erreichen kann. Im spirituellen Sinn geht es um die Suche nach der letztendlichen Wahrheit, "Warum bin ich hier, was ist meine Aufgabe, wie funktioniert die Welt, wer hat sie erschaffen?" Viele Menschen fühlen sich Uneins, spüren etwas Fehlendes, obwohl es ihnen "objektiv“ gesehen (soweit es so etwas wie „Objektivität“ geben kann) an nichts Äußerem mangelt wie Nahrung, Kleidung, Unterkunft und Partnerschaft mit Kindern. Und doch treibt es gerade zu diesem Zeitpunkt einige Menschen zu einer tieferen Sinnsuche. Dieser Antrieb ist von Sehnsucht geprägt.

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Diese Sehnsucht entsteht laut vielen spirituellen Traditionen aus einer gewissen Beschränktheit heraus, welche dem irdischen Leben anhaftet. Die Wiedererlangung lange vorhandenen Wissens, welches kurzzeitig nicht mehr verfügbar ist, verdeckt ist, unbewusst liegt; ist das Ziel, welches erreicht werden will. Damit einhergehend auch ein Gefühl der energetischen Verbundenheit mit dem Ganzen.

Wer dieses Ziel erreicht hat, die letztendliche Wahrheit gefunden, den Sinn erkannt hat; derjenige ist erleuchtet oder hat Samadhi erfahren. Yogis benutzen auch den Begriff selbstverwirklicht.

Swami Sivananda über Sehnsucht

Swami Sivananda sagt zu Sehnsucht, auf englisch Aspiration:

  • Sehnsucht ist der brennende Wunsch, Gottesbewusstsein zu erlangen.
  • Sehnsucht ist das Streben nach höheren Wirklichkeiten oder das Anvisieren höherer Dinge.
  • Gott ist das eine wahre Ziel sämtlicher wirklichen menschlichen Sehnsüchte.
  • Sehnsucht ist aufrichtiges Verlangen oder der sehnliche Wunsch für das, welches über der eigenen gegenwärtigen Reichweite liegt , hauptsächlich das Edele, Reine und Spirituelle.
  • Sehnen ist sich Erheben oder Aufwärts streben. Sehnen ist das ernsthafte Begehren, der Wunsch oder das Verlangen für etwas Hohes und Gutes, welches jetzt noch nicht erreicht werden kann; und das auf dem Weg dorthin von etlichen Mühen begleitet ist.

(Artikel entnommen aus: Swami Sivananda: How to Cultivate Virtues, Divine Life Society Sivananda Ashram)

Mein Sehnen – Gedicht von Swami Sivananda

aus dem Buch „Samadhi Yoga“ von Swami Sivananda

Ich sehne mich nicht danach, ein Yogi zu sein, Ich verlange nicht, frei von Geburt und Tod zu sein, Ich wünsche mir keine verborgenen Kräfte, Ich sehne mich nicht nach selbstsüchtiger Vereinigung, Ich wünsche keine Befreiung, Ich sehne mich nach keinem Königreich, Ich trachte danach, das Leiden anderer zu teilen.

Vertraue Gott

Autor: Swami Atmaswarupananda, Buchauszüge und Neuerscheinungen im Yoga Vidya Verlag

Im Sivananda Ashram in Rishikesh wird ähnlich wie bei Yoga Vidya jeden Morgen nach der Meditation ein kurzer Vortrag gehalten. Das Buch „Vertraue Gott“ enthält eine Reihe solcher inspirierender Lesungen zum spirituellen Leben. Das Buch erschien in deutscher Übersetzung im Yoga Vidya Verlag.

Wonach sehnen wir uns wirklich?

Was ist es, wonach wir im spirituellen Leben suchen? Was ist es, wonach wir uns wirklich sehnen? Wir denken, dass es darum geht, etwas für uns zu erreichen. Aber Swamiji* spricht davon, an einem Ort zu sein, wo die tiefste Sorge uns nicht berühren kann, ein Ort der völligen Zufriedenheit. Dies sind subjektive Begriffe, keine objektiven Begriffe. Sie schlagen nicht vor, sich etwas Neues anzueignen, sondern einen Zustand zu enthüllen, zu entdecken, der schon da ist.

Diesen Unterschied zu erkennen ist für unser spirituelles Leben wesentlich. Es bedeutet eine völlig andere Vorgehensweise. Die Schriften und die großen spirituellen Lehrer sagen uns, dass unser zentrales Problem Verlangen ist. Wenn wir also immer noch etwas Neues zu erlangen versuchen, selbst wenn es Gottverwirklichung ist, ändern wir unser begehrendes Wesen überhaupt nicht. Das wirkliche Ziel des spirituellen Lebens ist, das zu beseitigen, was ständig etwas Neues, etwas anderes will. Es geht weniger darum, etwas Neues in unser Bewusstsein zu bringen, als vielmehr zu seinem Ursprung zu gehen.

Wonach wir uns wirklich sehnen, wenn wir die Gnade und Weisheit haben, dies zu erkennen, ist nicht, unsere Herzenswünsche zu erfüllen, sondern kein Begehren im Herzen zu haben. Was wir wirklich ersehnen, ist nicht, etwas für uns selbst zu erlangen, sondern kein Selbst mehr wahrzunehmen. In Wirklichkeit wollen wir von dem in uns - was sich ständig etwas wünscht, was Sorgen erzeugt - befreit werden. Befreit von unserem begehrenden Wesen, das aus der Identifikation mit dem Körper und dem Geist stammt.

Diese Erkenntnis ist für den Verstand radikal. Vielleicht sehen wir den Fortschritt, den wir uns erhoffen, deshalb häufig nicht. Wir erkennen die kompromisslose Natur des spirituellen Lebens nicht. Es ist genau richtig, wo wir uns gerade befinden. Es geht darum, loszulassen, Dinge zu lassen, wie sie sind, sie Gott zu überlassen. Und genau in der Mitte unseres gegenwärtigen Lebens, unseres gegenwärtigen Bewusstseins, sollen wir entdecken, was wirklich ist, unser wahres Selbst.



Sehnsucht nach Gott

Swami Chidananda schreibt:

Verehrende Huldigung der großartigen Wirklichkeit, dem Brahman der Upanishaden, das wird von Weisen und Sehern mit Selbstdisziplin, Reinheit, intensiver Sehnsucht, Beharrlichkeit und Entschlossenheit erfahren. Die, die dieser Wirklichkeit den größten Wert geben, die Sie als höchsten Wert betrachten, die Ihr höchste Priorität geben, den zentralen Platz in ihrem Leben, qualifizieren sich für die Erlangung dieser großartigen Wirklichkeit.

Wenn diese großartige Wirklichkeit nur die Nummer zwei in der Werterangliste ist, wird man lange warten müssen. Wenn Sie nur eines von vielen Zielen ist, wenn Sie nicht den zentralen Platz im Lebensentwurf einnimmt, dann muss man lange warten. Macht man aber diese großartige Wirklichkeit zum Ziel seines Lebens und schließt alle anderen, weniger wichtigen Ziele aus—kann man damit die Natur wahrer Sehnsucht beschreiben. Ekagrata (Einpünktigkeit), Ananyata (unbeirrt einem Ziel folgen), Avyabhicharini (totale Hingabe) sind die Worte, die im Zusammenhang mit Sehnsucht und Hingabe gebraucht werden.

In seinen Sadhana Zeiten verkörperte Gurudev Swami Sivananda alle diese Kennzeichen eines idealen Sadhaka und Suchers nach der höchstmöglichen Stufe—totale Verschreibung dem Ideal der Gotteserkenntnis, gezielte Hingabe an Sadhana, und Vertiefung in diese große Anstrengung — alle anderen Betrachtungen zur Seite schiebend, dies zu seinem einzigen Ziel machend, und voll und ganz danach strebend, mit seinem ganzen Herzen und seinem ganzen Geist. Tag und Nacht lebte er für dieses große Ziel. Daher war er auch erfolgreich. Alle Großen manifestierten in ihren Leben, in ihrem inneren spirituellen Dasein und ihren Anstrengungen diese totale Hingabe. Dies müssen wir von ihnen lernen, empfangen und aufnehmen. Wir müssen fleißig, aufrichtig und ernsthaft versuchen, nach und nach in einen Zustand zu kommen, in dem keine andere Betrachtung schwerer wiegt als Gott; in einen Zustand, in dem Gott unser gesamtes Leben erfüllt — Er wird das Wichtigste. Dies ist mit Sicherheit die eine Gemeinsamkeit im Leben aller Großen. Dies ist das einzige worum es wert ist zu bitten. Wir verehren Gott, wir versuchen Ihm auf verschiedene Weisen zu gefallen, damit Er unser Leben angenehm, florierend, erfolgreich, glücklich und lang macht. Aber selten bittet Ihn jemand um Hingabe und nichts sonst, gezielte Sehnsucht nur nach Ihm. Jeder möchte Dinge, die von Gott geschaffen sind, aber nur wenige möchten nur den Schöpfer und sonst nichts, Ihn und nur Ihn.

"Nicht nach dem was Du erschaffen hast, O Gott, ich sehne mich nur nach Dir allein." So können die, die alle erschaffenen Dinge als wenig wertvoll betrachten und beiseite schieben, und sich mit ganzem Herzen auf den Einen konzentrieren, der Quelle und Ursprung von allem ist, Ihn erreichen. "Mameva ye prapadyante mayametam taranti te (Die bei Mir allein Zuflucht suchen, überwinden diese Illusion)."

Dies ist eine Welt der Dinge. Du solltest um das bitten, das über allen Dingen steht—das Ding an sich. Wenn du um weniger bittest, erhältst du weniger. Er gibt dir sofort wonach du dich sehnst. Worum immer du bittest, wird dir gegeben. Daher müssen wir vorsichtig sein, worum wir Gott bitten, denn Er ist ein Wunschbrunnen.

"Nimm alle Begierde aus meinem Herzen, O Gott. Möge ich nie etwas anderes begehren als Dich und nur Dich." Darum sollte man das Höchste Sein bitten. Tulasidas sagt: "In meinem Herzen gibt es keinen anderen Wunsch, O Herr, als allein den nach Dir." Dies haben alle großen Lehrer uns durch ihr eigenes, lebendes Beispiel beigebracht. Daher ist es sowohl zu den Füßen des Gurus als auch Gottes immer nur diese eine Sache, um die es sich zu bitten lohnt: Sehnsucht nach der Wirklichkeit und nichts anderem. "Unsterblichkeit wird erreicht, wenn nur der einzige Wunsch besteht, alles andere außerhalb der einen großartigen Wirklichkeit loszulassen."

Lasst uns daher an diesem Neujahrsabend Gott bitten, uns mit einem inneren Zustand zu segnen, in dem wir keinen Wunsch nach kurzfristigen, vergänglichen, erschaffenen Dingen aus dieser unserer externen Welt haben. Wir müssen Ihn darum bitten, uns mit dieser Sehnsucht zu segnen, die nur nach der großartigen Wirklichkeit hungert und dürstet und verlangt und sich sehnt. Denn nur das ist wirklich wertvoll—das zu erreichen, womit man alles erreicht hat, das zu erreichen, das weiter geht, das jenseits jeden Begehrens ist.

Möget ihr alle danach streben, darum bitten, euch ernsthaft danach sehnen und dafür beten. Möget ihr es alle in diesem Leben erreichen und für immer gesegnet sein!

Copyright dieser Neujahrsbotschaft von Swami Chidananda Divine Life Society Sivananda Ashram

Siehe auch

Literatur

  • Swami Sivananda: How to Cultivate Virtues
  • Swami Sivananda: Erfolg in Leben und Selbstverwirklichung