Sanskrit Kurs Lektion 20: Unterschied zwischen den Versionen

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Auch die Beachtung der Länge und Kürze der einzelnen Silben eines Versviertels ist für eine korrekte bzw. authentische Rezitation von Bedeutung. Detailliertere Angaben hierzu findest Du im Artikel [[Shloka]].
Auch die Beachtung der Länge und Kürze der einzelnen Silben eines Versviertels ist für eine korrekte bzw. authentische Rezitation von Bedeutung. Detailliertere Angaben hierzu findest Du im Artikel [[Shloka]].


Altindische Versmaße, der Shloka eingeschlossen, sind durch einen strengen Rhythmus und das Fehlen des für europäische Lyrik typischen Endreimes gekennzeichnet (es "reimt" sich nicht).
Altindische Versmaße, der Shloka eingeschlossen, sind durch einen strengen Rhythmus und das Fehlen des für europäische Lyrik typischen Endreimes gekennzeichnet (es "reimt" sich nicht). Mehr Details zu Versmaßen findest Du im Artikel [[Chhandas]].
 


== Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika ==
== Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika ==

Version vom 29. April 2015, 15:55 Uhr

Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

Der Shloka

Die allgemeine Bedeutung von Shloka ist "Vers, Strophe". Im engeren Sinne bedeutet Shloka ein bestimmtes Versmaß (Metrum), das aus 4 x 8 Silben besteht. Der Shloka ist das beliebteste altindische Versmaß (Chhandas) und hat seine Ursprünge bereits in den vedischen Hymnen (Samhita).

Große Teile der epischen Literatur (Ramayana und Mahabharata), aber auch der wissenschaftlichen Literatur (Shastra) sind im Versmaß des Shloka verfasst.

Struktur eines Shloka

Ein Shloka im engeren Sinne, der auch Anushtubh genannt wird, besteht aus 32 Silben (Akshara), die in vier Versviertel (Pada) zu je acht Silben aufgeteilt werden. Je zwei Versviertel ergeben einen Halbvers, der mit einen einfachen bzw. doppelten Strich, Danda genannt, abgeschlossen wird:

x x x x x x x x , x x x x x x x x |

x x x x x x x x , x x x x x x x x ||

Beim Rezitieren eines Shloka macht man nach jedem Versviertel eine kurze Pause, also auch zwischen dem 1. und 2. sowie dem 3. und 4. Versviertel (hier durch ein Komma gekennzeichnet).

Auch die Beachtung der Länge und Kürze der einzelnen Silben eines Versviertels ist für eine korrekte bzw. authentische Rezitation von Bedeutung. Detailliertere Angaben hierzu findest Du im Artikel Shloka.

Altindische Versmaße, der Shloka eingeschlossen, sind durch einen strengen Rhythmus und das Fehlen des für europäische Lyrik typischen Endreimes gekennzeichnet (es "reimt" sich nicht). Mehr Details zu Versmaßen findest Du im Artikel Chhandas.

Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika

Die gesamte Hatha Yoga Pradipika besteht aus Versen, deren häufigstes Versmaß der Shloka (Anushtubh) ist. Hier folgt ein Vers aus dem zweiten Kapitel (Upadesha), das der Praxis des Pranayama gewidmet ist. Der 20. Vers beschreibt die positiven Folgen der Reinigungsatmung (Nadi Shodhana), die auch als Wechselatmung bzw. Anuloma Viloma bekannt ist:


यथेष्टं धारणं वायोरनलस्य प्रदीपनम् |
नादाभिव्यक्तिरारोग्यं जायते नाडिशोधनात् || २.२० ||


  • wissenschaftliche Transliteration:
yatheṣṭaṃ dhāraṇaṃ vāyor , analasya pradīpanam |
nādābhivyaktir ārogyaṃ , jāyate nāḍiśodhanāt || 2.20 ||


  • vereinfachte Transkription:
yatheshtam dharanam vayor analasya pradipanam |
nadabhivyaktir arogyam jayate nadishodhanat || 2.20 ||


  • Wort-für-Wort-Übersetzung:
yatheṣṭam : nach Belieben ("wie gewünscht", Yatha Ishta, Yatheshta, adv.)
dhāraṇam : das Anhalten (Dharana, Nom. Sg. n.)
vāyoḥ : des Atems bzw. von Prana ("des Windes", Vayu, Gen. Sg. m.)
analasya : des (Verdauungs-)Feuers (Anala, Gen. Sg. m.)
pradīpanam : das Auflodern bzw. Entfachen (Pradipana, Nom. Sg. n.)
nādābhivyaktiḥ : das Offenbarwerden bzw. Erscheinen (Abhivyakti, Nom. Sg. f.) des inneren, "unangeschlagenen" Klanges (Nada)
ārogyam : Gesundheit ("Nichtkrankheit", Arogya, Nom. Sg. n.)
jāyate : entsteht (jan, Verb)
nāḍiśodhanāt : aufgrund der Reinigung (Shodhana, Abl. Sg. n.) der feinstofflichen Energie-Kanäle (Nadi)


  • Übersetzung:
"Aufgrund der Reinigung der feinstofflichen Energie-Kanäle entsteht das beliebig lange Anhalten des Atems, das Entfachen des Verdauungsfeuers, die Manifestation des ("unangeschlagenen") Klanges sowie Gesundheit."


Erläuterungen

  • In einem Vers (Shloka) ist die Wortstellung relativ frei. Dennoch steht das Verb (Akhyata) in der Regel in der Nähe des Versendes.
  • Das Adverb yatheṣṭam "nach Belieben" ist als Umstandsbestimmung der Art und Weise eine nähere Bestimmung zum Verbalnomen dhāraṇam. Es setzt sich aus yathā ("wie") und iṣṭa ("gewünscht") zusammen und gehört zum Avyayibhava genannten Kompositumstyp. Formal ist yatheṣṭam ein erstarrter Nominativ Singular Neutrum.
  • Der Nominativ (Prathama) dhāraṇam ist das logische Subjekt bzw. der Agens der Verbalhandlung jāyate.
  • Der Genitiv (Shashthi) vāyoḥ bezieht sich ebenfalls auf das Verbalnomen dhāraṇam.
  • Der Genitiv (Shashthi) analasya bezieht sich auf das Verbalnomen pradīpanam.
  • Die Nominative pradīpanam, nādābhivyaktiḥ und ārogyam sind ebenfalls logisches Subjekt der Verbalhandlung jāyate.
  • Der Ablativ (Panchami) nāḍiśodhanāt bezeichnet die Ursache, aufgrund derer die Verbalhandlung (jāyate) zu Stande kommt.
  • Die zusammengesetzten Substantive bzw. Komposita (Samasa) nādābhivyaktiḥ und nāḍiśodhanāt gehören zum Tatpurusha genannten Kompositumstyp.
  • Sandhi: Das auslautende bzw. anlautende kurze a von nāda und abhivyaktiḥ verschmilzt zu einem langen ā in nādābhivyaktiḥ. Das auslautende lange ā in yathā und das anlautende kurze i in iṣṭam verschmilzt zu einem (stets lang zu sprechenden) e in yatheṣṭam.
  • Metrum: Das Wort Nadi wird hier nicht (wie häufiger der Fall) nāḍī, sondern nāḍi (mit kurzem i) geschrieben und gesprochen, da das Versmaß des Shloka an dieser Stelle nur eine kurze Silbe (ḍi) zulässt.

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Siehe auch