Sanskrit Kurs Lektion 111

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Dieser Sanskrit Kurs führt anhand einfacher Beispielsätze und -verse in die Grammatik des Sanskrit ein. Einen ausführlichen Überblick über das Sanskrit findest Du im Artikel Sanskrit. Hinweise zur indischen Schrift, der wissenschaftlichen Umschrift (Transliteration) sowie der korrekten Aussprache gibt der Artikel Devanagari. Stichwörter, nach denen Du in der Yoga Vidya Wiki suchen kannst, sind in vereinfachter Schreibweise (Transkription) wiedergegeben.

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Der Optativ (4)

In Lektion 31 - 33 haben wir die Bildung und Verwendung des Optativs der thematischen Verbklassen (1., 4., 6. und 10. Klasse bzw. Bhu-, Div-, Tud- und Chur Klasse) sowie der athematischen 2., 3., 5., 7., 8. und 9. Klasse bzw. der Ad-, Hu-, Su-, Rudh-, Tan- und Kri-Klasse betrachtet. Nach einer vertiefenden Zusammenfassung von Bedeutung und Bildung des Optativs folgt ein Beispielvers aus der Hatha Yoga Pradipika, die Auflösung des Formen-Rätsels aus Lektion 110 sowie ein neues Formen-Rätsel.


Wiederholung: Bedeutung

Der Optativ bzw. die Wunschform ist im Sanskrit neben dem Indikativ und dem Imperativ ein Modus (d.h. eine Aussageform) des Verbs (Akhyata). Ein Verb im Optativ drückt ein zum Zeitpunkt des Sprechens (noch) nicht wirkliches Geschehen aus, oft eine Möglichkeit (eine "Option") oder etwas Wünschenswertes.

Neben einer Möglichkeit und einem Wunsch kann der Optativ im Sanskrit auch eine Wahrscheinlichkeit, Ungewissheit, einen Zweifel oder eine (höfliche) Aufforderung zum Ausdruck bringen.

Im Deutschen gibt es keine genau entsprechende grammatische Form, daher wird der Optativ mit Modalverben wie "können", "sollen" oder "dürfen" bzw. mit dem Konjunktiv (ich sei, er wolle) umschrieben.

Die Form bhavet (3. Person Singular Optativ Parasmaipada der Wurzel bhū "sein, werden") kann je nach Zusammenhang bedeuten: "er (sie, es, man) kann / könne / könnte / soll / solle / sollte / darf / dürfe / dürfte / muss / müsse / müsste / mag / möge / wird / werde / würde sein; sei; wäre". Manchmal wird eine Optativform des Sanskrit auch einfach mit einem Indikativ ins Deutsche übertragen: "er ist".

In metrischen Texten steht der Optativ - insbesondere der der Wurzel bhū "sein, werden" - nicht selten im Sinne des Indikativs, d.h. die beiden Formen bhavet (Opt.) und bhavati (Ind.) werden ja nachdem, ob das Versmaß zwei oder drei Silben erfordert, ohne Bedeutungsunterschied verwendet.

Vor allen in Texten, die Anweisungen für Übungen, Rituale u.ä. enthalten (wie etwa in der Hatha Yoga Pradipika oder der Goraksha Paddhati), ist der Optativ eine sehr geläufige Form, wobei zumeist die 3. Person Singular erscheint:

  • pūrayet vom Kausativ der Wurzel pṝ "(mit Atemluft) füllen" heißt: "man atme ein, er (sie, es) soll einatmen"
  • recayet vom Kausativ der Wurzel ric "(von Atemluft) leeren" heißt: "man atme aus, er (sie, es) soll ausatmen"
  • kumbhayet von Wurzel kumbh "(den Atem) anhalten" heißt: "man halte den Atem an, er (sie, es) soll den Atem anhalten"


Wiederholung: Bildung

Der Optativ wird durch das Anfügen des Optativ-Infixes -ī- bzw. -yā- sowie der sekundären Personalendungen an den (schwachen) Stamm, der von der Verbalwurzel‏‎ (Dhatu) abgeleitet wird, gebildet.

Innerhalb der 10 Verbklassen des Sanskrit unterscheidet sich die Bildung des Optativs, je nachdem, ob eine Verbalwurzel‏‎ der thematischen oder der athematischen Konjugation angehört. Hier folgt jeweils ein Beispiel der thematischen Wurzel bhū ("sein, werden", 1. bzw. Bhu Klasse) sowie der athematischen Wurzel as ("sein", 2. bzw. Ad Klasse:

  • bhū (Wurzel) > bhava- (Präsensstamm) + -ī- (Optativ-Infix) + -t (Personalendung 3. Person Singular Optativ) > bhavet "er (sie, es) möge sein/werden" (a und ī verschmelzen laut Sandhi zu e)
  • as (Wurzel) > s- (schwacher Präsensstamm) + -yā- (Optativ-Infix) + -t (Personalendung 3. Person Singular Optativ) > syāt "er (sie, es) möge sein"


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