Purusharthas

Aus Yogawiki

Purusharthas sind die vier großen Ziele menschlichen Strebens, also Dharma, Artha, Kama und Moksha.

Die 4 Purusharthas - Umgang mit Wünschen und Bedürfnissen

In dieser Lektion im Rahmen der Vortragsreihe über den spirituellen Weg aus der Yoga Vidya Schulung ‚Ganzheitliche Entwicklung des Menschen‘ geht es um Wünsche und Bedürfnisse vom spirituellen Standpunkt aus, die vier Purusharthas, die vier Ebenen von menschlichen Wünschen und Bedürfnissen.

‚Purushartha‘ heißt Bedürfnisse, Wünsche und Bestrebungen des Menschen. ‚Purusha‘ heißt unter anderem Mensch, das Wort hat noch andere Bedeutungen, ‚Artha‘ heißt hier Bestrebung, Wunsch und in diesem Kontext sind die Purushartas die Wünsche und Bestrebungen des Menschen. Der Mensch hat auf dieser Welt Bestrebungen und Wünsche auf vier verschiedenen Ebenen und ein spiritueller Aspirant hat auch Wünsche und Bestrebungen auf allen vier Ebenen.

Manche Menschen haben mehr Bedürfnisse auf der einen Ebenen als auf anderen und bei vielen Menschen kommt mal die eine Ebene, mal die andere zum Vorschein. Der Trick oder die Aufgabe des spirituellen Aspiranten wäre die wichtigen Bedürfnisse kennen zu lernen, diese auf sattvige Weise teilweise zu befriedigen, auf andere zu verzichten, mit allem verhaftungslos umzugehen und alles auf Gott auszurichten. Die vier Bedürfniskategorien sind:

  • Kama – Sinnesbefriedigung, sinnlich-emotionale Bedürfnisse des Menschen
  • Artha – Wunsch nach finanzieller Sicherheit, beruflichem Erfolg, Ansehen
  • Dharma – Gutes bewirken in der Welt, Fähigkeiten und Kräfte entfalten
  • Moskha – Befreiung, Gottverwirklichung

Die 4 Purusharthas

Kama

Der Mensch hat auf allen vier Ebenen Bedürfnisse, aber es gibt Menschen, bei denen spielt die eine Bedürfniskategorie eine stärkere Rolle als bei anderen. Es gibt z.B. Menschen, bei denen ist Kama besonders wichtig, Sinnesbefriedigung und emotionale Bedürfnisse. Diese Menschen sind relativ zufrieden, wenn sie ein schönes Zuhause haben, schön in den Urlaub fahren können, ihr gutes Essen und Trinken haben und nette Menschen um sich herum haben. Es gibt auch eine Tradition, die würde sagen, der Mensch bei dem Kama überwiegt, ist ein Shudra, und man würde ihm empfehlen, diesen Wünschen und Bedürfnissen besonders nachzugehen und ein Leben entsprechend geprägt zu führen und dennoch alles Gott darzubringen.

Artha

Artha, die zweite Ebene, bedeutet Streben nach beruflichem Erfolg, nach Anerkennung und auch nach mehr Geld. Als Arthas würden die sogenannten Vaishyas bezeichnet. Vaishya wird oft ungenügend als Kaufmann übersetzt, bezieht sich aber allgemein auf Menschen, denen Erfolg, und Geld besonders wichtig ist, insbesondere Erfolg im materiellen, man kann ja auch spirituellen oder zwischenmenschlichen Erfolg haben. Menschen, denen Artha besonders wichtig ist, sind bereit auf vieles von der Ebene von Kama zu verzichten.

Sie wären bereit 8-12 Stunden am Tag zu arbeiten, ihr Mittagessen zu überspringen, sie sind bereit auch ihre Beziehungen aufs Spiel zu setzen, die Familie tritt in den Hintergrund, alles ist ausgerichtet auf den beruflichen Erfolg. Menschen, bei denen das stark ist, die haben eine Riesenenergie und können dort scheinbar eine Menge bewirken. Wenn Artha besonders wichtig ist, würde man vom spirituellen Standpunkt sagen, dieser Teil sollte ethisch und spirituell ausgelebt werden und es braucht auch einen gewissen Ausgleich und Respekt auch für andere Menschen.

Dharma

Wem es besonders um Dharma geht, der kann als Kshatriya bezeichnet werden. Kshatriya wird oft übersetzt als Krieger, aber das trifft es nicht ganz, Kshatriya ist derjenige, der darum kämpft oder sich bemüht Gutes zu bewirken. Dharma ist einer der Ausdrücke, der sehr viele verschiedene Bedeutungen hat. Es heißt Verantwortung, Pflicht, Aufgabe, Rechtschaffenheit, rechtes Leben, kosmische Ordnung; es ist das, was die Welt zusammenhält.

Im Kontext der vier Purusharthas bedeutet Dharma, dass man es sich zur Aufgabe gemacht hat, Gutes in der Welt zu bewirken. Man will Gutes in dieser Welt tun und der Hintergrund ist zu sagen: ‚Möge die Welt etwas Besseres werden, dafür will ich mich einsetzen‘. Ein zweiter Aspekt von Dharma ist seine eigenen Fähigkeiten zu entwickeln und zu kultivieren, was manchmal als Selbstverwirklichung im Sinne der humanistischen Psychologie bezeichnet wird. Im Unterschied zur spirituellen Selbstverwirklichung ist die Verwirklichung des höchsten Selbst jenseits aller Individualität, die absolute Einheit.

Selbstverwirklichung im Sinne der humanistischen Psychologie bedeutet seine eigenen Fähigkeiten und Talente zum Ausdruck zu bringen, sich besser kennen zu lernen und das zu tun, was man tief vom Inneren heraus will. Das sind zwei Aspekte von Dharma. Menschen für die Dharma besonders wichtig ist, sind bereit dafür alles aufzuopfern. Es gibt viele Menschen, die alles dafür aufgeopfert haben, z.B. Mahatma Gandhi, er gehörte zu den großen Heiligen des 20. Jh. Er hat sein Leben eingesetzt für das Gute, für die Unabhängigkeit Indiens. Er hat sich auch für den Ausgleich zwischen Moslems und Hindus, für die Gleichberechtigung der Frau gegenüber Männern, gegen die Ungleichbehandlung der Kasten, für das Gute der Ökologie, für die Umwelt u.v.m. eingesetzt. Dafür war er bereit alles zu machen, er ist ins Gefängnis gegangen, hat gefastet, hat gelebt und ist vollständig in seinen Aufgaben aufgegangen. So gibt es viele Menschen, auch z.B. Albert Schweitzer, der nach Afrika ging um sich dort als Arzt für die Armen einzusetzen, hat alles dafür eingesetzt.

Moksha

Dann gibt es das Streben nach Moksha – Befreiung. Wer nach Moksha strebt, ist ein Brahmana, man könnte auch sagen, einer der nach Brahman strebt. Wenn Moksha besonders stark ist, dann bist du in diesem Kontext verstanden ein Brahmana, also einer der nach Brahman strebt. Auch hier gilt wiederum, wenn der Wunsch nach Moksha stärker ist, als alle anderen Wünsche, ist das ganze Leben davon geprägt und es heißt auch, wenn der Wunsch nach Moksha, also Mumukshutva, stärker ist als alle anderen Wünsche, dann wirst du Moksha noch in diesem Leben erfahren. Wenn Moksha einer der Wünsche ist, dann kannst du dein Leben trotzdem spirituell ausrichten, aber vielleicht wirst du es nicht vollständig in diesem Leben erreichen und dann wirst du vielleicht wieder geboren werden und es im nächsten Leben erreichen und eventuell nach dem Tod die letzten Schritte gehen. Es gilt zu schauen, was in einem überwiegend ist und wie man es leben kann.

4 Purusharthas bei spirituellen Aspiranten

Kama

Es gibt auch unterschiedliche spirituelle Aspiranten. Es gibt Aspiranten, die auch, obgleich sie stark nach Moksha streben einen starken Wunsch nach Kama haben. Das heißt, sie wollen ein einfaches, gemütliches Leben haben, gesund essen, schön in den Urlaub fahren, ein schönes Zimmer oder Appartement haben, ein schönes Zusammenleben mit Familie usw. Dann gilt es ein entsprechendes Leben zu führen und das besonders sattvig zu halten. Es gibt Menschen, die sind sehr spirituell und haben auch einen Wunsch nach beruflichem Erfolg, überhaupt nach Erfolg und Anerkennung (Artha). Da ist es geradezu wichtig, dass sie sich im Beruf engagieren, denn wenn sie das nicht tun, werden sie diesen Ehrgeiz in das spirituelle Gebiet hinein bringen und da ist diese Art des Ehrgeizes nicht angebracht. Dann gilt es sich im Beruf gut zu engagieren, dabei aber ethisch sein im Beruf und das was man erreicht auch mit anderen teilen um daraus etwas Gutes zu machen.

Dharma

Es gibt Menschen, die streben besonders stark nach Dharma und sind spirituell. Es gibt auch Menschen, denen es besonders wichtig ist, ihre Selbstverwirklichung im humanistischen Sinne, ihre Talente zu leben und auszuleben. Viele Künstler gehören dazu und manche andere, die ein Leben führen, das weniger an gesellschaftlichen Konventionen angelehnt ist, sondern wo Menschen das tun, was sie von innen heraus spüren. Wem es besonders um Dharma geht, der sollte sich nicht zu sehr in einem weltlichen Beruf halten, sondern konsequent sein, dieser tiefen Bestrebung seines Herzens nachzugehen. Es reicht nicht aus nur zu schimpfen über die bösen Politiker und die unbewussten Menschen, wenn dir das wichtig ist, dann engagiere dich, tue etwas, aber tu es auf spirituelle Weise.

Moksha

Bei Menschen, denen Moksha, Befreiung, das allerwichtigste ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Die erste wäre Sevaka in einem Ashram zu werden, bei Yoga Vidya gibt es einige Ashrams und Zentren, wo du dich engagieren und leben kannst. Du kannst sogar dort Swami werden, also Mönch oder Nonne, bei Yoga Vidya gibt es diese Möglichkeit. Du kannst auch als Sevaka im Ashram durchaus Familie, Partner Kinder haben. Je nach deinem Engagement wirst du auch Aufgaben bekommen, die entweder besonders involviert, oder etwas leichter sind. Eine zweite Möglichkeit für Menschen, denen Moksha besonders wichtig ist, aber die anderen Dinge weniger wichtig, wäre ein einfaches Leben zu führen, eine einfache Arbeit zu machen um deinen Lebensunterhalt zu fristen und viel Zeit in Ashrams und mit spirituellen Praktiken zu verbringen.

4 Purusharthas und Mitmenschen

Es kann auch helfen, sich bewusst zu machen, auf welcher Ebene, deine Mitmenschen besonders ticken, dann kannst du auch auf eine solche Weise mit deinen Mitmenschen über Yoga sprechen. Angenommen du gehst zu einen Seminar bei Yoga Vidya und nach deiner Rückkehr fragen dich die Kollegen bei der Arbeit, was du am Wochenende oder im Urlaub gemacht hast.

Wenn das jemand ist, dem Kama besonders am Herzen liegt, dann wirst du sagen: ‚Ich hatte eine schöne Zeit, da waren nette Menschen, es gab etwas Gutes zu essen und es hat Spaß gemacht‘. Wenn du mit jemandem sprichst, dem Artha besonders am Herzen liegt, könntest du sagen: ‚Ich habe mich toll regeneriert, ich bin voller Enthusiasmus und Freude, habe neue Energie, neuen Tatendrang und wir werden jetzt so richtig Fortschritte im Team machen‘.

Wenn es jemand ist, dem Dharma besonders am Herzen liegt, i.S.v. sich uneigennützig engagieren, kannst du sagen: ‚Ich habe viel Kraft und Energie bekommen und einiges an Inspiration um mich für dieses und jenes mehr einzusetzen. Ich habe neue Kraft bekommen, neue Impulse zu setzen‘ oder du könntest sagen: ‚Ich weiß jetzt, was ich tief im Inneren will, ich habe neue Ideen, wie ich mein Leben gestalten kann und ich habe eine Menge über mich selbst gelernt.‘ Aber sei vorsichtig, auch im beruflichen Kontext gibt es Menschen, denen geht es um Moksha, die bedauern manchmal, dass Menschen die Yoga machen einfach nur sagen, sie machen es, weil sie entspannen wollen und es ihnen gut tut und denken Yoga sei auch nur wieder so eine oberflächliche Mode. Wenn du ihnen sagen würdest: ‚Ich habe mich in meinem Urlaub der Suche nach Gott gewidmet und ich hatte sehr tiefe spirituelle Erfahrungen‘. Dann können diese Menschen mehr damit anfangen, auch wenn sie einer anderen spirituellen Tradition angehören.

4 Purusharthas in der Partnerschaft

Es kann auch hilfreich sein im Umgang mit deinem Partner/deiner Partnerin herauszufinden, was ihm besonders wichtig ist. Wenn du jemand bist, dem Artha besonders wichtig ist, deinem Partner eher Kama, dann wirst du dich vielleicht mehr beruflich engagieren, dein Partner/deine Partnerin vielleicht weniger und mehr die angenehmen Seiten des Lebens genießen wollen.

Wenn du jemand bist, dem es um Moksha geht, nicht um Artha, dann brauchst du nicht unbedingt, deinem Partner vorwerfen, dass er zu viel Zeit in der Firma verbringt, es ist trotzdem gut, ihm zu helfen, dass er sich genügend Zeit für Entspannung, Regeneration und Familie nimmt. Wenn es dir um Dharma geht und deinem Partner nur um Artha, dann könntest du ihn dazu anregen, ethisch zu arbeiten. Wenn du jemand bist, dem nur Moksha wichtig ist, dann pass auf nicht arrogant zu sein, denn jeder Mensch hat seine Aufgaben im Leben.

4 Purusharthas als Entwicklung

Auch ein wichtiger Aspekt ist: Man könnte zwar sagen, das ganze ist eine Entwicklung: Mineral, Pflanze, Tier, Mensch… Kommt der Mensch auf die Welt, dann hat er die tierischen Wünsche auf der Ebene von Kama, also Sex, Fortpflanzung, Nahrung, Schlaf, Nestbau. Und wenn jemand eine Weile Mensch ist, stellt er fest es ist gut für die Zukunft vorzusorgen und deshalb zum Teil auf sofortige Bedürfnisbefriedigung zu verzichten und dafür langfristig Reichtum, Ansehen aufbauen, also wird Artha wichtig.

Dann wird man irgendwann feststellen, nur für sich selbst Dinge anzusammeln kann es auch nicht sein, also engagiert man sich für andere und engagiert sich dafür, sich selbst besser kennen zu lernen, Dharma. Irgendwann wird man feststellen, dass egal wieviel Gutes man für die Welt tut, es wird nie ausreichen und langfristig sind alle Menschen tot und dann wird man nach Moskha streben. So könnte man sagen, es gibt eine stufenweise Entwicklung, von überwiegend Kama hin zu vorherrschend Artha, zu Dharma und schließlich zu Moskha, bis man es schließlich erreicht.

Aber das Leben ist nicht so linear. Es kann sein, dass ein Mensch 50 Jahre hauptsächlich mit beruflichem Erfolg verbringt und plötzlich eine Eingebung hat und dann sehr schnell zur Gottverwirklichung kommt. Und derjenige, der vielleicht Jahre über den Menschen gelächelt hat, der sich so im weltlichen verheddert, ist sehr viel später mit der Verwirklichung dran. Es kann auch jemanden geben, der scheinbar sich die ganze Zeit nur darum gekümmert hat, ob die Fingernagelfarbe mit dem Augenlid und der Farbe der Schuhe und dem Vorhang harmoniert und die Rezepte ausgetauscht hat. Vielleicht hast du sie belächelt, wie sie sich mit so oberflächlichem Krimskrams beschäftigt und dann macht sie ein Seminar mit und kommt ins Überbewusstsein.

Wir wissen nicht, was im Menschen drin ist, was sie in früheren Leben gemacht haben, in jedem Menschen ist Brahman und es ist wichtig auf dem spirituellen Weg nicht überheblich zu sein. Wenn du einige Jahre auf dem Weg bist und meinst, du hast jetzt schon einen konsequenten Weg, du hast einen spirituellen Weg, dann werde nicht gegenüber denen arrogant, die ein scheinbar äußeres Leben führen. Vielleicht haben sie einfach noch ein gewisses Karma und sind eigentlich schon „drei Leben weiter als du“, so kann es sein, dass wenn dieses Karma vorbei ist, sie ziemlich plötzlich die letzten Schritte zur Verwirklichung machen.

Deshalb pass auch auf, Menschen in Schubladen zu stecken. Auch in deinem eigenen Leben hast du es vielleicht gemerkt, vielleicht bist du nicht jemand, dem von Anfang an Moksha besonders wichtig war. Vielleicht hast du fluktuiert zwischen den vier Ebenen, daher sei neugierig, was als nächstes kommt und in jedem Fall: Praktiziere Spiritualität, lebe auch die anderen Wünsche und Bedürfnisse auf sattvige Weise und sei dabei nicht verhaftet.

Vielleicht magst du am Ende noch einen Moment nachdenken, über dich und deine Mitmenschen, über Karma, Artha, Dharma, Moksha, über deine Lebensgeschichte. Eventuell ist das auch ein Thema, über das du mit deinem Partner/deiner Partnerin sprechen kannst oder mit deinen Kindern, Eltern, Kollegen. Manchmal hilft es auch mal Gespräche zu führen, die über den Alltag hinausgehen und vielleicht lernst du auch so deine Mitmenschen anders kennen.

Siehe auch

Literatur

Seminare

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