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Version vom 3. Mai 2014, 16:06 Uhr

Nadabrahman (Sanskrit: nādabrahman n.) Ursprung des Klanges


Nadabrahman oder die Macht des Klangs

Artikel von von Lore Tomalla, erschienen im Yoga Vidya Journal März 2011

Auf einer Indienreise vor vielen Jahren hatten wir das Glück, bei einem berühmten Professor für indische Philosophie einen Vortrag hören zu können. Auf mich machte er zuerst den Eindruck, ziemlich eingebildet und überheblich zu sein. Er kam in indische Kleidung gehüllt. Ich hatte noch nie gesehen, dass in Indien die Männer einen Dhoti tragen und wunderte mich sehr, warum er ein Betttuch um die Beine geschlungen hatte. Aber wir wollten ja etwas lernen. Wir durften Fragen stellen. Ein Franzose fragte: „Was ist das Brahman?“ Verdutzt antwortete der vornehme Professor: „Brahman ist Brahman“. Der Franzose wiederholte seine Frage. „Wir wachsen nicht mit diesem Gedankengut auf, wir wissen nicht, was das Brahman ist“. Wie ein Schuljunge wiederholte der Professor: „Brahman ist Brahman“. Der Franzose intensivierte seine Frage: „Wir sind Europäer. Wir haben eine sehr weite und teure Reise unternommen, um zu erfahren, was das Brahman ist. Bitte, erklären Sie uns: Was ist das Brahman? Wir haben von indischen Göttern gehört, Vishnu, Shiva, Brahma, Ganesha, Rama, Krishna, Lakshmi, Kali und viele andere noch. Wir verstehen das nicht. Brahma hat vier Köpfe, kann in alle Himmelsrichtungen sehen – und was ist das Brahman?“ Da setzte sich der Professor ganz still hin und dachte nach. Alle Überheblichkeit und Eitelkeit war aus seinem Benehmen gewichen. Er wollte uns unseren Wunsch erfüllen, wusste aber in dem Moment nicht, wie das zu tun war. Es dauerte etwa zehn Minuten bis er zu sprechen begann. „Brahman ist ein Klang. Wie soll ich jemandem, der nicht hören kann, erklären, was für ein Geräusch ein Auto macht? Brahman ist nicht einfach Lärm. Brahman – das sind feine subtile Klänge“. Er sprach eine Stunde. Danach waren wir alle überzeugt: Musik ist Gott und Gott ist Musik. Ich bin dankbar, diesen Vortrag des indischen Professors gehört zu haben.

Musik als Meditation

Später besuchte ich öfter Chakra-Trommelkonzerte bei Debasish. Manchmal war es lebhaft, laut und anregend. Manchmal war es sehr intensiv, zart, leise, eindringlich. Es war so, wie der Professor in Madras uns das Brahman erklärt hat. Wir waren abgetaucht in Brahmans Welt. Debasishs Trommeln hatte uns dahin geleitet. Ich war ganz entspannt, wie in Trance. Ich schreckte hoch wie aus Susupta, einem traumlosen Schlaf. Eigentlich gehört es zu tiefer Meditation, hellwach zu bleiben und dennoch die Umgebung nicht zu bemerken. Ich konnte nicht auf die anderen achten, ich hatte mit mir selber zu tun. Debasish meditierte, um uns Zeit zu lassen, zurück zu finden in unsere Alltagshaut. Es hat mir gut getan – aber es war so intensiv, dass ich völlig erschöpft war und am liebsten sofort nach Hause gegangen wäre. Es war aber gut, dass ich noch zum OM-Chanten am Schluss geblieben bin. Die Gruppe trägt, und gerade der Laut „Om“ gehört zu Brahman. Eine Rudra Vina ist ein ganz besonderes Instrument und ist einer Sitar ähnlich. Die Sitar hat einen Klangkörper, eine Rudra Vina zwei. Die Sitar hält man ähnlich wie eine Gitarre. Die Rudra Vina steht auf den beiden Klangkörpern. Dazwischen sind auf einem Hals die Saiten aufgezogen. Ein Europäer hatte Rudra Vina-Musik gehört und war vom Klang dieses Instrumentes begeistert. Während eines Indien Aufenthaltes ging er in ein Musikgeschäft und wollte eine Rudra Vina kaufen. „Wir haben keine vorrätig“, war die Antwort. Er ging in eine andere Musikhandlung und bekam dieselbe Antwort. In einer dritten Musikhandlung erging es ihm nicht anders. Dann kam er ins Musikmuseum in Madras und brachte dort seinen Wunsch vor. Auch hier gab es keine Rudra Vina für ihn. Er war verzweifelt. „Ich möchte Rudra Vina spielen lernen, ich bin nur noch drei Wochen in Indien und um es zu lernen, brauche ich doch erst mal eine.“ „Sie wollen Rudra Vina spielen?“ wurde er gefragt. „Ja – deshalb möchte ich eine kaufen.“ „Sie wollen die Rudra Vina für sich selbst kaufen?“ wurde die Frage wiederholt. „Ja, für mich selbst.“ Da lief der Verkäufer weg und kam mit einem Zentimetermaß wieder. Er begann damit, bestimmte Maße bei dem Kunden zu nehmen und auf einem Zettel zu notieren.“ Was machen Sie?“, wunderte sich der Kunde, „Ich will nichts zum Anziehen kaufen, ich will ein Musikinstrument, eine Rudra Vina.“ „Ja“, sagte der Instrumentenbauer, „ich will Ihnen eine Rudra Vina anfertigen, dazu brauche ich Ihre Maße.“ Eine Rudra Vina ist ein besonderes Instrument. Es wird individuell für denjenigen hergestellt, der darauf spielen möchte. Der Europäer musste sich gedulden. Das Instrument wurde bei seinem diesmaligen Indienaufenthalt nicht fertig. Als er im nächsten Jahre wieder nach Madras kam, wartete die fertige Rudra Vina schon auf ihn. Der Unterricht konnte beginnen. Ich habe das Buch, das der Mann über Rudra Vina geschrieben hat. Es ist eine Tonkassette dabei. Er hat wunderbar auf der Rudra Vina musizieren gelernt. Es klingt wie ein ganzer Urwald auf einmal.

Die Rudra Vina – die individuelle Lebensmelodie

Vor Jahren schrieb ich ein Gedicht mit dem Titel Lebensmelodie. In diesem Gedicht versuche ich zum Ausdruck zu bringen, dass jeder Mensch seine spezifische Lebensmelodie und seinen speziellen Lebensrhythmus hat. Man kann nicht einfach irgendeine Rudra Vina kaufen. Der Musiker bekommt sein individuelles Instrument. Jede Rudra Vina klingt etwas anders. Jeder Mensch ist ein Musikstück. Jeder Mensch ist ein Lied, ein individuelles Lied. Im Alltag stören uns Missklänge. Chakra-Trommeln oder die Klänge der Vina harmonisieren uns. Wer es hört, kommt mit sich selbst in Einklang. Das muß man dann erst wieder mit dem Alltag, den man lebt, zusammen ordnen, denn man hat ja versucht, sich dem anzupassen, was nicht zu einem gehört und das hat gekränkt, krank gemacht. Um sich zu heilen muss man auch seine Umgebung ordnen. Das ist manchmal gar nicht möglich, weil die Lebensumstände das nicht erlauben. Man schlüpft nach der Meditation wieder in seinen angepassten Lebensstil, der nicht zum angeborenen Lebensrhythmus gehört. Es ist nicht alles ideal auf dieser relativen Ebene des Seins. Das nennt man Karma. Unsere Lebensaufgabe ist, gut damit fertig zu werden.


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