Invasion der Yogis Radiosendung Deutschlandfunk

Aus Yogawiki

Invasion der Yogis - eine Radiosendung vom 14.11.2011 15:05h im Deutschlandfunk, aus der Reihe "Sonntagsspaziergang. In der Radiosendung "Invasion der Yogis" wurden der Horn-Bad Meinberger Bürgermeister Eberhardt Block, Sukadev Volker Bretz, einige Mitarbeiter von Yoga Vidya sowie einige Yoga Seminarteilnehmer interviewt. Die Essenz der Radiosendung: Nach dem Rückgang der Kurgäste ist die Stadt Bad Meinberg sehr froh, durch Yoga Vidya neuen Auftrieb gefunden zu haben.

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Interviewfragen und Antworten Sukadev

Die Redakteurin hatte Sukadev viele Fragen gestellt. In der Radio Sendung wurde das allerdings nicht als echtes Interview gesendet. Vielmehr wechselt sich Sprecher, Redakteurin und Sukadev in ihren Aussagen ab...

Deutschlandfunk: Wer sich dem Yogazentrum in Bad-Meinberg am Rande des Teutoburger Waldes zum ersten Mal nähert, ist wahrscheinlich erst einmal enttäuscht. Riesige Kästen aus grauem Beton am Waldrand, davor ein asphaltierter Parkplatz. So sieht garantiert kein einziger Ashram, kein Yoga-Tempel in Indien aus, schwirrt es einem zwangsläufig durch den Kopf. Und dieser Funktionsbau soll ein Ort für innere Einkehr und Yoga sein? Ein Ort, an dem man vielleicht sogar auf eine spirituelle Erfahrung hoffen darf?

Sukadev: Das sind drei alte Kurkliniken, die im 70er-Jahre-Stil gebaut sind, architektonisch vielleicht nicht die größten Meisterwerke, obgleich nicht 0815-Gebäude. Das eine Gebäude, das haben wir dann auch als erstes erworben, ist pyramidenförmig, das haben wir Chakrapyramide genannt. Sieben Stockwerke symbolisieren sieben Stufen der Entwicklung des Menschen ... und das fanden wir auch von der Symbolik sehr schön.

Deutschlandfunk: Volker Bretz ist der Chef des Yogazentrums. Er trägt ein leuchtend gelbes Oberhemd, dazu eine weiße, luftige Hose und Badelatschen. Sein graumeliertes Haar ist kurz geschnitten, auf seiner kleinen Nase sitzt eine schlichte Brille. In der Yoga-Welt nennen ihn alle Sukadev. Das ist sein spiritueller, indischer Name. "Engel der Wonne". Man kann seinen Lehrer um einen spirituellen Namen bitten, erklärt der Yogameister. Er habe diesen Namen vor dreißig Jahren von seinem Lehrer in den USA erhalten. Nur noch für seine Eltern, seine Geschwister, Geschäftspartner oder Journalisten trägt er seinen bürgerlichen Namen.

Als Volker Bretz vor neun Jahren nach einem Ort für ein neues Yogazentrum suchte, klickten sich seine Mitarbeiter und er monatelang durchs Internet. Dann fanden sie diese leer stehende Immobilie am Rand der Kurstadt Bad Meinberg, vierzig Kilometer von Bielefeld entfernt. Die Kurkliniken standen zu diesem Zeitpunkt schon mehrere Jahre leer. Wie in einer Geisterstadt war das, erinnert sich der Chef des Yoga-Zentrums.

Sukadev: Ich hatte so eine Vision, dass es einen Ort geben würde, wo tausend Menschen Yoga praktizieren würden. Da war dann klar, diese drei Kliniken zusammen, das könnten die tausend sein. Als wir 2003 eingezogen sind, sind wir erst einmal mit 35 Menschen eingezogen, die hier fünf Monate lang renoviert haben, gestrichen haben, das Haus schön gemacht haben. Dann hatten wir 2004 erst einmal 150 Gästebetten. Wir hatten im ersten Jahr um die 15000 Übernachtungen, dann hat sich das schrittweise gesteigert. Bis 2008 sind wir dann auf 50.000 Übernachtungen gekommen.

Deutschlandfunk: Der 48-Jährige steht in der Lobby der alten Kurklinik, die jetzt das größte Yogazentrum Europas beherbergt. Helles Holz, farbige Wände, Jugendherbergscharme. Irgendwo brennt ein Räucherstäbchen, aus Lautsprechern, die in die Decke eingelassen sind, wabert Meditationsmusik. Tausend Yogis üben noch nicht im Haus. 450 Gäste sind derzeit da, sagt Volker Bretz. Einige machen die Ausbildung zum Yogalehrer, andere haben Pranayama-Kurse, Lehrgänge zu yogischen Atemtechniken, oder Kinderyoga-Weiterbildungen gebucht.

Sukadev: Yoga wörtlich heißt Harmonie, Einheit, Verbindung. Die Menschen, die hier sind, haben gemeinsam, dass sie ihr Leben irgendwie verbessern wollen und, ich glaube, auch eine tiefere Dimension erfahren wollen. Ich glaube, die Menschen die hier herkommen, die wollen ein bisschen mehr ihrem Herzen folgen. Da geht es weniger um Erfolg, sondern mindestens für die Zeit, die sie hier sind, ein bisschen dem Herzen folgen. Ich glaube, der Mensch ist ganzheitlicher geworden.

Deutschlandfunk: Wer Yoga übt, wird dem nicht widersprechen.

Sukadev: Krankheiten nicht nur physisch angehen, sondern auch vom Inneren und auch vom Geistigen her. Menschen als Ganzes sehen. Manchmal gibt es ja auch Krankheiten, die sind nicht wirklich behandelbar, dann kann man aber die Einstellung dazu ändern und dann kann man vom Geist her etwas ändern. Manchmal passiert es sogar, dass wenn jemand das annimmt, dann passiert sogar die Heilung auf der physischen Ebene ganz unerwartet.

Deutschlandfunk: Ist das ein Versprechen?

Sukadev: Yoga kann keine Versprechen geben. Yoga kann Menschen sagen, Du kannst etwas harmonischer werden, Du kannst ein bisschen mehr zu Dir selbst kommen, Du kannst selbst etwas tun für Dich. Jeder der Yoga übt, wird feststellen, irgendwie berührt es ihn, irgendwie wird sein Leben positiver...

Deutschlandfunk: Volker Bretz steht immer noch in der Lobby des Yogazentrums in Bad Meinberg, er will hinauf ins oberste Stockwerk des Betonbaus. Doch der Aufzug streikt. Die Dame an der Rezeption, die sich ein lilafarbenes Tuch um den Kopf gewickelt hat, eilt zu Hilfe, drückt ein paar Male auf einen Knopf mit Pfeil nach oben, vergeblich. Also Treppensteigen. Volker Bretz lächelt.

Sukadev: Dieses Treppenhaus ist auch einer meiner Lieblingsorte. Ich geh da gern hoch und schau dann diesen vielen großen Yogameistern in die Augen.

Deutschlandfunk: An den Wänden hängen gerahmte Fotografien unzähliger Yogameister. Auch sie lächeln. Manche haben ausgemergelte Körper, tragen bunte Gewänder. Andere sitzen im Schneidersitz mit nacktem Oberkörper auf dem Boden. Die meisten Fotografien wurden vermutlich irgendwo in Indien aufgenommen. Darunter auch ein Foto von Swami Sivananda. Es ist sein hinduistisch geprägter Yogastil, der bei Yoga Vidya gelehrt wird.

Sukadev: Swami Sivananda lebte von 1887 bis 1963. Er war ein Arzt in Indien, der schon damals in den 20er Jahren in einem Krankenhaus in Malaysia Schulmedizin verbunden hat mit Aryuveda, also indischer Naturheilkunde und Yoga, und festgestellt hat, dass das sehr gut wirkt. Danach ist er zurück nach Indien, hat spirituelle Erfahrungen gemacht und anschließend Yoga und Aryuveda gelehrt und weitergegeben. Swami Sivananda war der Yogameister, der erkannt hatte, dass gerade im Hatha-Yoga, also im körperbetonten Yoga sehr viel liegt auch an Chance für den Westen, hat einige seine Schüler nach Amerika und Europa geschickt und manche europäischen Schüler ermutigt zu unterrichten und so ist praktisch diese Yogabewegung in Deutschland und auch in Europa auf Swami Sivananda zurückzuführen.

Deutschlandfunk: Der Yoga-Verein Yoga Vidya wurde vor knapp 20 Jahren in Frankfurt am Main gegründet. Inzwischen gibt es etwa 80 Yoga-Vidya-Zentren in Deutschland. Das in Bad Meinberg in Nordrhein-Westfalen ist das größte.

Sukadev: Vidya heißt Wissen, Weisheit, Wissenschaft. Und Yoga Vidya will Yoga in seiner großen Bandbreite lehren.

Deutschlandfunk: Dann ist Volker Bretz oben angekommen, vor den Seminarräumen stehen Inseln von Badelatschen. Sie stellen gleich auf den ersten Blick klar, welcher der insgesamt dreißig Übungsräume im Ashram in Beschlag genommen ist und welcher nicht. Yogis üben barfüßig. Schuhe müssen draußen bleiben.

Sukadev: Das ist der Sahasrara Raum, der ist ganz oben, in dem unterrichte ich ganz besonders gern und man hat auch einen phantastischen Blick, sowohl auf Bad Meinberg wie auch in den Silvaticum Park wie auch in die Felder. Und irgendwie hat dieser Raum für mich etwas sehr Herz öffnendes, steht für so Einiges im Yoga, eine Weite, ein Miteinander und es meditiert sich dort einfach sehr gut.

Deutschlandfunk: Der Boden im Übungsraum ist mit naturfarbenem Teppich ausgelegt. In einem Regal liegen Yogamatten und Decken. Mit nackten Füßen schreitet der Yogameister zur Fensterfront des Raumes. Die Fenster stammen noch aus den 70er Jahren. Entsprechend schwierig lassen sie sich zur Seite schieben. Dann tritt der 48-Jährige nach draußen auf den Balkon. Sein Blick geht Richtung Südwesten.

Sukadev: Und in die Richtung würde man dann nach Bad Meinberg schauen. Da sieht man so einige Häuser von Bad Meinberg. Wenn man noch weiter guckt, sieht man auch noch Horn. Was man nicht sieht, sind hinten dran die Externsteine, die eine besondere Bedeutung haben, als besonderer Kraftort, wo unsere Gäste auch sehr gern hingehen.

Deutschlandfunk: Das Yogazentrum ist kein abgeschlossener Ort für Aussteiger, sagt Volker Bretz. Vielmehr wolle man mit Yogakursen für Einsteiger auch die Einwohner von Horn-Bad Meinberg und Umgebung für die indische Gymnastik und vielleicht sogar für ihre Philosophie begeistern. Etwa 150 Abendkursteilnehmer kommen nach Auskunft von Volker Bretz inzwischen in der Woche ins Yogazentrum am Rand der Stadt. Man schotte sich nicht ab.

Sukadev: Wir gehören ja zu Bad Meinberg und das ist uns auch sehr wichtig, dass wir keine eigenständige Stadt bilden, sondern dass wir Teil dieser Stadt sind.

Deutschlandfunk: Blaue Sonnenkollektoren glänzen auf den flacheren Dächern des Gebäudekomplexes in der Sonne. Das hier ist ein sehr energieintensiver Kasten, sagt Volker Bretz. Wärmedämmung und Energiebilanz verharren zum großen Teil immer noch auf dem Niveau der 70er Jahre. Schritt für Schritt sollen die Fenster jedoch fit gemacht werden für die Zukunft, sagt der Yogameister, der auch Chef des Vereins Yoga Vidya in Deutschland ist. Volker Bretz kennt sich nicht nur mit Yoga und indischer Philosophie aus. Er versteht auch etwas von Zahlen. Schließlich stammt er aus einer hessischen Unternehmerfamilie. Alle drei Kurkliniken hat er der Gemeinde Horn-Bad Meinberg zum Preis von drei sanierten Dachgeschosswohnungen in Berlin-Mitte abgekauft. Ein glänzendes Geschäft. Viele Details im Yogazentrum erinnern immer noch daran, dass es einmal eine Kurklinik war. In den Gästezimmern befindet sich überm Nachttisch ein Schalter mit dem Piktogramm einer Krankenschwester. Auch die dunkelbraunen Lesesessel und die orangefarbenen Fliesen im Badezimmer stammen aus den 70ern.

Sukadev: Es gibt auch keinen Grund es wegzurationalisieren, Reha-Kliniken, Kurkliniken sind ja auch was Gutes gewesen. Da ging es ja auch um die Gesundung des Menschen.

Deutschlandfunk: Aber eben anders.

Sukadev: Viele Menschen fangen mit Yoga erst einmal an, weil sie mehr Energie brauchen, weil sie Kopfweh und Rückenprobleme haben und in fünf bis 10 Wochen regelmäßiger Yogapraxis wird das alles erheblich besser. Aber was einen danach bei hält, dass wenn man Yoga übt, dann spürt man was Tieferes und es macht Spaß und es macht Freude. Physiotherapie mag auch gut sein. Aber wer macht Krankengymnastik für sich nachher weiter. Yoga dagegen macht Spaß, gibt ein schönes Gefühl und ich glaube, durch Yoga bekommt man dann überhaupt die Energie und die Entspannung sich tieferen Sachen zuzuwenden.

Deutschlandfunk: Yoga sei keine Religion, sondern eine Philosophie, wird Volker Bretz sich später beeilen klarzustellen.

Sukadev: Es gibt kein Glaubensbekenntnis im Yoga und es gibt auch nicht, dass man irgendetwas machen muss. In unseren Satsangs morgens und abends werden Mantras gesungen. Keiner von uns würde sagen, dass wir hinduistischen Göttern huldigen. Wir sehen es eher als Energieschwingungen, die da sind. Die Namen sind ja eigentlich, zum Beispiel Shiva das heißt Liebe und Güte, ein anderer Name wäre Vishnu, der überall ist - das sind eher Worte, die sich darauf beziehen, dass wir liebevoll miteinander umgehen sollen und das wir erkennen, dass hinter allem schließlich das Ganze steckt.

Quelle

Die Radiosendung wurde produziert von M. Schielke (Autorin)


Siehe auch

Seminare mit Sukadev