Indische Götter: Unterschied zwischen den Versionen

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Diese Einwendung nötigt den Verfasser des Kommentares und vielleicht schon den der Sütra's (vgl. 1,3,30), zu einer höchst merkwürdigen Theorie, welche der Ideenlehre des Platon sehr nahe kommt und, da wir keinen Grund haben, eine Abhängigkeit von der einen oder andern Seite zu ver¬muten, Zeugnis dafür ablegt, dafs in der Natur der Dinge etwas liegt, was zu Platon's Lehre treibt, und zu welchem hinzuleiten die Lehre des Inders behilflich sein kann.
Diese Einwendung nötigt den Verfasser des Kommentares und vielleicht schon den der Sütra's (vgl. 1,3,30), zu einer höchst merkwürdigen Theorie, welche der Ideenlehre des Platon sehr nahe kommt und, da wir keinen Grund haben, eine Abhängigkeit von der einen oder andern Seite zu ver¬muten, Zeugnis dafür ablegt, dafs in der Natur der Dinge etwas liegt, was zu Platon's Lehre treibt, und zu welchem hinzuleiten die Lehre des Inders behilflich sein kann.
[[Datei:Rama2.jpg|thumb|Rama wird oft mit Pfeil und Bogen dargestellt, seine Waffen, mit denen er die Guten beschützt und die Dämonen bekämpft.]]


Allerdings, sagt er, sind die Götterindividuen vergänglich, und die Vedaworte, welche von ihnen reden, ewig; aber die Worte des Veda, z. B. das im Veda vorkommende Wort „Kuh", beziehen sich nicht auf Individuen (irgendeine ein¬zelne Kuh), sondern auf „die Objekte der Worte: Kuh usw." (çabda-artha p. 286,6), d. h. auf die Spezies; und ebenso bedeutet das Wort „Indra" nicht ein Individuum, sondern eine bestimmte Stellung (sthâna-viçesha), etwa wie das Wort „General"; wer gerade die Stellung inne hat, der führt den Namen (p. 287,5).
Allerdings, sagt er, sind die Götterindividuen vergänglich, und die Vedaworte, welche von ihnen reden, ewig; aber die Worte des Veda, z. B. das im Veda vorkommende Wort „Kuh", beziehen sich nicht auf Individuen (irgendeine ein¬zelne Kuh), sondern auf „die Objekte der Worte: Kuh usw." (çabda-artha p. 286,6), d. h. auf die Spezies; und ebenso bedeutet das Wort „Indra" nicht ein Individuum, sondern eine bestimmte Stellung (sthâna-viçesha), etwa wie das Wort „General"; wer gerade die Stellung inne hat, der führt den Namen (p. 287,5).

Version vom 25. Oktober 2013, 09:57 Uhr

Brahma in einer Lotusblüte

Menschen unterscheiden sich in ihren Geschmäckern, geistigen Fähigkeiten und ihrer intellektuellen Ebene. Verschiedene Rishis (Seher) ließen die verschiedenen Götter und Göttinnen entstehen, um den verschiedenen Bedürfnissen der Massen zu entsprechen. Alle Götter gehören zum Unbegrenzten – lediglich die Formen, die man dieser unbeschreiblichen Wirklichkeit zuweist, variieren. Wenn z.B. ein Textiliengeschäft eine Vielfalt an Stoffen und Moden anbietet, mit farbenfreudiger Kleidung, so werden viele Menschen dorthin einkaufen gehen. Wird nur eine Art von Kleidung angeboten, werden nur wenige kommen. All die verschiedenen Kleidungsstücke sind jedoch aus dem gleichen Baumwollstoff gefertigt. So verhält es sich auch mit den Göttern: Manche mögen Shiva, andere Devi, manche Krishna, andere Christus. Das zugrunde liegende Prinzip und die dahinter stehenden Eigenschaften sind dieselben. Gott ist allwissend, allmächtig und allgegenwertig.

Vishnu mit Lakshmi und Brahma in der Lotusblüte

Die indischen Hauptgötter sind Brahma und Saraswati, Vishnu und Lakshmi, Shiva und Durga/Kali mit Ganesha und Subrahmanya. Daneben gibt es noch andere vedische Götter: Indra, Agni, Bhumi, Aditi, Vayu, Yama, Ashwini, Verma, Surya, Kama.

Shiva, Parvati und Ganesha

Warum verehren die Hindus Gottesbildnisse?

Das Bildnis ist nichts anderes als eine dreidimensionale Darstellung des unendlichen Bewusstseins. Wie kann das Bewusstsein, das sich selbst eine vierte Dimension nur unvollständig vorstellen kann, das Unendliche begreifen? Das Bildnis ist ein Symbol, das von begrenztem Bewusstsein verstanden werden kann, und zu dem es möglich ist, einen Bezug aufzunehmen. Fast jeder reagiert auf Symbole. Wenn wir uns die Hände schütteln, eine Flagge hissen oder das Bild einer geliebten Person auf einem Regal stehen haben, geschieht ein symbolischer Vorgang. Die Flagge bedeutet mehr als ein einfaches Stück Stoff mit Mustern. Sie repräsentiert ein ganzes Land und sein Volk. Auch sollten wir niemals auf das Bild einer geliebten Person spucken, obwohl es „nur“ ein Stück Papier ist.

Baby Krishna mit Flöte und Schale mit Butter

Verschiedene Religionen enthalten unterschiedliche Symbole. Christen verehren Symbole wie das Kreuz, beten zu Jesus, Mutter Maria und andere Heilige durch Abbilder wie Statuen und Gemälde. Die Moslems zollen dem Propheten Mohamed und noblen Personen Ehre und Respekt. Die jüdische Religion bewahrt die Torah. Zum Sabbat Gottesdienst gehört eine ehrerbietige, rituelle Prozession mit dem heiligen Buch. Die Perser und Iraner führen ausgiebige Feuerverehrungen durch. Alle Religionen verwenden also Symbole oder Bildnisse. Das Bildnis weist auf das Ideal hin, das man sich bemüht anzustreben. Solange man nicht den Zustand des Unendlichen erreicht hat, erfüllen Abbilder und Symbole einen definitiven Zweck, dadurch dass sie eine Fokusmöglichkeit für Hingabe und Kontemplation bieten.

Durga auf dem Tiger mit ihren Waffen

Warum haben die Götter Gemahlinnen?

Gottes Schöpfung ist nichts anderes, als eine materielle Manifestation eines Teils dieser unergründlichen Energie, die Gott genannt wird. Diese göttliche Energie existiert in einem statischen und einem dynamischen Zustand. Beide Zustände sind nicht voneinander trennbar. Die hinduistische Mythologie stellt den dynamischen Aspekt als weibliche Gemahlin des statischen Energiezustandes dar. „Shakti“ steht für die Quelle dynamischer Kraft. Z.B. liegt die Kombination Shiva - Shakti, Geist - Materie der ganzen Schöpfung zugrunde. Die Schöpfung gibt es nur, weil der Schöpfer weiß, wie und was geschaffen wird.

Kali mit Shiva

Die Ehe Brahmas mit Saraswati, der Göttin vollständigen Wissens, symbolisiert diese Vorstellung. Lakshmi, die Gemahlin Vishnus, ist Trägerin des Reichtums, den Vishnu benötigt, um seine Kraft des Erhaltens zu manifestieren. Er erhält das gesamte Universum. Daher vermählt er sich mit der Göttin des Reichtums. Parvati repräsentiert die Materie. Materie ist zerstörbar. Die Kraft der Zerstörung kann sich nur manifestieren, wo es zerstörbare Materie gibt. Shiva, der Herr der Zerstörung muss Parvati zur Gemahlin nehmen, um seine Kraft der Zerstörung zu manifestieren. Ganesha hat zwei Gemahlinnen: Buddhi (Wissen) und Siddhi (Wohlstand). Subrahmanya hat ebenfalls zwei Frauen: Vallia und Devasana, die reine Liebe und Hingabe und völlige Selbstaufgabe repräsentieren.

Warum halten Götter Waffen in ihren Händen?

Lakshmi

Waffen gibt es um Vasanas (Verhaltensmuster und Verlangen) in einem zu vernichten. Das göttliche Selbst kann nur erreicht werden, wenn sie zerstört werden. Die Vasanas verdecken unsere innewohnende Göttlichkeit. Ganesha hält eine Axt in einer Hand und ein Seil in einer anderen. Die Axt symbolisiert die Zerstörung aller Wünsche und Bindungen. Mit dem Seil wird der Sucher aus seinen weltlichen Problemen herausgezogen und an die seinem Selbst innewohnende ewige Glückseligkeit gebunden. Shiva setzt den Dreizack (Trisula) als seine göttliche Waffe ein. Der Dreizack mit seinen drei Spitzen symbolisiert die Vernichtung des Egos mit seiner dreifältigen Wunschnatur des Körpers, Fühlen und Denkens. Das bedeutet Sieg über das Ego, was zur Erlangung von Vollkommenheit führt.

Warum haben die Götter ein Gefährt?

Das göttliche Gefährt hat eine innere Bedeutung. Das Gefährt repräsentiert die Wunschnatur. Ein kleines Verlangen, das ins menschliche Bewusstsein eindringt, kann all seinen materiellen und spirituellen Reichtum zerstören, der über viele Jahre gewonnen wurde. Ein vollkommener Mensch beherrscht seine Wunschnatur voll und ganz. In diesem Fall zeigen die Götter ihre vollständige Kontrolle über Wünsche und Verlangen.

Vishnu mit der Weltenschlange

Die Rolle der Götter im Vedantasystem

Artikel aus dem Buch „Das System des Vedanta“ von Paul Deussen, Elibron Classics, 2. Auflage, 1906, S. 68-76.

Man würde irren, wenn man mit der streng monistischen Lehre unseres Systemes von Brahman als dem Herrn (içvara), dem Allgegenwärtigen (sarvagata), dem Einen ohne Zweites (ekam eva advitiyam), das Dasein der Götter (deva, devatâ) für unvereinbar hielte. 'Vielmehr sind dieselben ebenso real, wie die übrige Welt: die Scheinexistenz, welche diese letztere hat, kommt auch ihnen zu, und die Götter des indischen Volksglaubens (deren Festhalten übrigens schon durch die Anerkennung des Karma-4.64a und der Karma-mfinûnsit ge¬boten war, vgl. oben S. 21 fg.) werden von dem Vedanta so wenig geleugnet, wie die des griechischen von Platon oder Epikuros, wenn sie auch , wie bei diesen, keine besondere Rolle spielen, und die gelegentlich zutage tretenden Vorstel¬lungen über dieselben nicht recht zusammenstimmen wollen.

Im allgemeinen sind die Götter, an deren Spitze in der Regel Indra genannt wird", auch für unsere Autoren noch das, was sie im Rigveda sind: Personifikationen von Natur¬kräften und Naturerscheinungen, und ein Versuch, sie in die betreffenden Naturelemente zu verflüchtigen'z, wird in folgen¬der Weise zurückgewiesen (p. 309,11) : „Die Götternamen, „wie Âdilya usw., wenn sie sich auch auf das Licht usw. „beziehen, nötigen nach der Schrift zu der Annahme geistiger. „mit aiçvaryant (Herrschermacht) begabter [den Elementen] „entsprechender Götterwesen; denn so werden sie in den Man-„tra's und Bràthmana's gebraucht; und die Götter haben, kraft „ihres aiçraryana, das Vermögen, als Selbst (6ilnan) des Lichtes „usw. zu verharren, oder nach Beliehen diese und jene In-„dividualität (vigrohot) anzunehmen; denn also sagt die Schrift bei Erklärung der Subrahmanyâ-Formel [ShacIvinça-br. 1,11: „4,0 Widder des Medhâtithi` — nämlich als Widder einst-„mals raubte er [Indra, wie Çafikara zusetzt] Medhâtithi, den „Kânra-Sprofs»; und die Smriti erzählt [Mahâbb. 1,4397], ,,wie Aditya als Mann die Kuntî besuchte; auch die Erde usw. „haben nach der Schriftlehre geistige Vorsteher, denn es heilst „[Çatap. Br. 6,1,3,2.4] «die Erde sprach, — «die Wasser „sprachen»; und wenn auch die Naturelemente, wie das Licht, .,in der Sonne usw. ohne Geist sind, so haben sie doch, „nach dein Vorkommen in Mantra's und Brâhmana's, Götter-„wesen als geistige Vorsteher."

Als solche „Vorsteher" und „Lenker" fungieren die Götter insbesondere noch bei den Lebensorganen (p. 186,6: dcvatâ-âtmâ indriyasya adhishthâtâ, p. 728,9: karanânâm niyantrishu dcvalâsu), in welche sie, nach Ait. 1,2,4, Agni als Redo, Vâyu als Odem, Aditya als Auge usw., eingegangen sind (p. 423,14); denn wenn auch die Organe zu ihrer Verrichtung an sich selbst tüchtig .(çakla) sind, so doch nur, wie der Wagen, der noch von einem Ochsen gezogen werden muls (p. 727,1); doch nehmen die Götter dabei nicht teil am Geniefsen (und Lei¬den), welches im Körper allein der individuellen Seele zu¬kommt (p. 727,13; — die Götter sind nur bhoga-upakarana-bhûta, die Seele allein ist bhoktar, Geniefser, p. 379,4), indem nur sie, von Gutem und Bösem befleckt, Lust und Schmerz geniefst (p. 728,3), während die Götter von allem Übel befreit sind (p. 728,6); wie sie denn auch beim Tode nicht mit den Lebensorganen und der Seele auswandern, sondern ihre Hilfe¬leistung zurückziehen (p. 745,8), um einerseits auf dem Monde mit den (vorübergehend) Seligen Umgang zu pflegen (p. 750,5), anderseits der in das Brahman eingehenden Seele durch die verschiedenen Himmels-Regionen hindurch den Weg zu weisen (p. 1117,11).

Im übrigen wohnen die Götter zwar im höchsten Gefilde der Herrlichkeit (parasmin aiçcarye pade p. 728,4), aber ihr ganzes aiçvaryam ist abhängig vom Parameçvara (p. 217,7), dem „höchsten Herrn", d. h. dem Brahman: dieses ist der Amin (das Selbst) wie in allem übrigen, so auch in den Göttern (âtmâ devânâm Chând. 4,3,7); es ist der Antaryâmin (innere Lenker), welcher nach Brih. 3,7 alle Wesen, alle Or¬gane und so auch alle Götter innerlich regiert, ohne dafs sie selbst sich dessen bewufst werden, daher er, in diesem Sinne, von ihrem empirischen Selbst (devatcitman) verschieden ist (p. 196,3): Der tçvara (Herr), wie das Brahman bei diesen exoterischen Erörterungen mit Vorliebe genannt wird, ist es ferner, welcher die Götter, Menschen und Tiere schafft, indem er dabei genau sich richtet nach Verdienst und Schuld der Seele in einem frühern Dasein (p. 492,12) und diesem ent¬sprechend die Tiere zu unendlichem Leiden, die Menschen zu einem mittleren Zustande, die Götter zu unendlichem Genusse bestimmt hat (p. 491,6). Aber dieser „unendliche Genufs" hört, wie alles aufser Brahman, einmal auf, die Unsterblichkeit der Götter ist (wie bei Empedokles) eine relative (âpekshikam p. 326,4. 241,14) und bedeutet nur Langlebigkeit (p. 193,12), auch sie sind verstrickt in den Santscira (Wanderungsum¬lauf), sind blofse Produkte (vikeira p. 195,13. 280,8) und als solche der Vergänglichkeit und der Not ausgesetzt; denn wie die Schrift (Brih. 3,4,2) sagt: „Was von ihm verschie¬den, das ist leidvoll" (p. 241,15). Hierauf gründet sich die Berufung auch der Götter zur erlösenden Erkenntnis, die wir jetzt näher betrachten wollen.

Ganesha

Zunächst ist zu konstatieren, dafs die Götter nirgendwo in der Schrift von der Brahmavidyâ ausgeschlossen werden (p. 281,1). Zwar haben sie nicht teil am Upanayanam (Ein¬führung bei einem Lehrer), aber sie bedürfen dessen auch nicht; denn der Zweck dieser Zeremonie ist nur die Zulassung zum Studium des Veda, welcher den Göttern von selbst offen¬bar (svayanz pratibhâta) ist (p. 281,3). [Urigens kommen auch Beispiele vor, dafs Götter und Rishi's Brahmanenschüler wer¬den, wie Indra beim Prajâpati (Chând. 8,7-12) und Bhrigu beim Varuna (Taitt. 3,1). Auch den Göttern wohnt, zum Zwecke der Erkenntnis (nach Râth. 4,12) der Purusha (Brah¬man) „eines Daumens Breite hoch" im Herzen, -- wobei natür¬lich für die Götter die Breite eines göttlichen Daumens zu verstehen ist (p. 282,1).

Weiterhin sind aber die Götter der Erlösung fähig, weil sie nach dem Zeugnisse der Mantra's, Brâhmana's, Itihàsa's, Purâna's und der Volksmeinung Individualität (vigrahavativam) besitzen (p. 280,9), und sie sind derselben b ediirftig, weil ihre Macht (vibla£ti) in den Bereich des Wandelbaren gehört und somit vergänglich ist (p. 280,7).

Gegen diese beiden Bestimmungen erheben sich nun aber sehr schwere Bedenken.

Erste Einwendung: Die behauptete Individualität der Götter, sagt der Opponent, ist weder wirklich noch möglich. Sie ist nicht wirklich, weil man die Götter, die doch zu¬gegen sind, wenn man ihnen Opfer bringt, dabei nicht wahr¬nimmt (p. 282,7), und sie ist nicht möglich, weil Indivi¬duen zur selben Zeit nicht an mehreren Orten zugleich sein können, die Götter aber dies vermögen, indem z. B. dem Indra oft gleichzeitig an verschiedenen Orten Opfer gespendet werden (p. 282,8).

Hierauf ist zu erwidern: Gesehen werden die Götter beim Opfer deshalb nicht, weil sie die Macht haben, sich unsicht¬bar zu machen (p. 284,5), gleichzeitig aber können sie an ver¬schiedenen Orten sein, weil sie es vermögen, ihr Wesen (dtman) in verschiedene Gestalten zu zerteilen (p. 284,4); denn wenn schon der Yogin nach der Smriti (;Mahilbhàratam 12,11062) seinen Leib vertausendfachen kann, um in den einen Gestalten die Sinnendinge zu geniefsen, in den andern furchtbaren Kasteiungen obzuliegen (p. 283,9), wie viel mehr vermögen dies die Götter, deren nach einer Vedastelle (Brih. 3,9,1) zu¬erst 303 und 3003, also 3306, sodann aber nur 33 gezählt werden, mit der Erklärung, dafs jene gröfsere Zahl nur ihre Kräfte (mahimânas) bezeichne, wie denn auch jene 33 wieder auf einen zurückgeführt werden, sofern ihrer aller Wesen Prâna, das Leben (d. h. hier: Brahman) ist (p. 283).

Zweite Einwendung: Sind die Götter, wie wir, Indivi-duen, so müssen sie auch, wie wir, geboren werden und ster¬ben"; nun ist der Veda ewig (im Geiste des Schöpfers, der ihn „ausgehaucht" hat, wie der Vedânta p. 48,6 nach Brih. 2,4,10 annimmt), und der Veda redet von den Göttern. Wie ist dies möglich, wenn die Götter nicht auch ewig sind (p. 285,8) ? —

Diese Einwendung nötigt den Verfasser des Kommentares und vielleicht schon den der Sütra's (vgl. 1,3,30), zu einer höchst merkwürdigen Theorie, welche der Ideenlehre des Platon sehr nahe kommt und, da wir keinen Grund haben, eine Abhängigkeit von der einen oder andern Seite zu ver¬muten, Zeugnis dafür ablegt, dafs in der Natur der Dinge etwas liegt, was zu Platon's Lehre treibt, und zu welchem hinzuleiten die Lehre des Inders behilflich sein kann.

Rama wird oft mit Pfeil und Bogen dargestellt, seine Waffen, mit denen er die Guten beschützt und die Dämonen bekämpft.

Allerdings, sagt er, sind die Götterindividuen vergänglich, und die Vedaworte, welche von ihnen reden, ewig; aber die Worte des Veda, z. B. das im Veda vorkommende Wort „Kuh", beziehen sich nicht auf Individuen (irgendeine ein¬zelne Kuh), sondern auf „die Objekte der Worte: Kuh usw." (çabda-artha p. 286,6), d. h. auf die Spezies; und ebenso bedeutet das Wort „Indra" nicht ein Individuum, sondern eine bestimmte Stellung (sthâna-viçesha), etwa wie das Wort „General"; wer gerade die Stellung inne hat, der führt den Namen (p. 287,5).

Wir müssen also unterscheiden an den Dingen zwischen Individu en (vyakti p. 286,7 und ebenso noch p. 464,5, wört¬lich: „Erscheinung", „Manifestation"), welche vergänglich, und Spezies (kkriti, d. h. „Form", „Gestalt", „elboç"), welche ewig sind; p. 286,7: „denn wenn auch die Individuen, wie „Kuh usw., entstehen, so entstehen darum doch nicht ihre „Spezies; denn bei Substanzen, Qualitäten und Tätigkeiten „entstehen die individuellen Erscheinungen (vyakti), nicht die „Formen der Gattung (âkriti), und nur mit den Spezies, nicht. „mit den Individuen sind die [Veda-]Worte verbunden, da „mit letzteren, wegen der Ewigkeit [des Veda], eine Verbindung sich nicht annehmen läfst. Wenn daher auch die In-,,dividuen entstehen, so sind doch die Spezies bei Worten wie „Kuh usw. ewig, und daher kein Widerspruch; und ebenso „ist bei [Götter-]Namen wie Vasu usw. kein Widerspruch, „weil die Spezies der Götter ewig sind, wenn man auch eine „Entstehung für ihre Individuen annimmt."

Diese ewigen Spezies der Dinge, wie sie in dem Veda, als dem unvergänglichen Repertorium aller Weisheit und Er¬kenntnis niedergelegt sind, sind aber für unsern Autor nicht blofse Formen (a~kriti, etöoç), sondern der Begriff derselben spielt gerade so wie bei Platon (Soph. p. 247D fg.) hinüber in den der wirkenden Kräfte (rakti, SG)ap.t ), aus denen die Welt nach ihrem Untergange immer wieder neu hervorgeht; p. 303,1: „Diese Welt zwar geht zugrunde, aber so, dais „die Kräfte von ihr übrig bleiben, und diese Kräfte sind die „Wurzel, aus der sie wieder hervorgeht; denn sonst wurden „wir eine Wirkung ohne Ursache haben. Nun kann man „nicht annehmen, dais die Kräfte [aus denen die Welt neu „hervorgeht] verschiedener Art [von denen, aus welchen sie „früher hervorging] seien. Darum mufs man zugeben, dais „trotz der immer wiederholten Unterbrechung [des Welt-„umlaufs] für die [neu] entstehenden Reihen der Welträume, „wie Erde usw., für die Reihen der Gruppen der lebenden „Wesen, Götter, Tiere und Menschen, und für die verschie-„denen Zustände der Kasten, Açrama's, Pflichten und Beloh-„nungen in dem anfanglosen Samsâra eine notwendige Be-„stimmtheit (itiyulatvaur, vorhanden ist, ähnlich der notwen-„digen Bestimmtheit in der Verbindung der [fünf] Sinnesorgane „mit den [fünf] Elementen: denn auch bei diesen läfst sich „nicht für die jedesmalige Schöpfung die Möglichkeit einer .,Verschiedenheit, etwa so, dais es ein sechstes Sinnesorgan „und Element" gäbe, absehen. Indem somit das Treiben in allen Weltperioden (kalpa) ein ähnliches ist und es verstat-„tet, sich jbei einer Neuschöpfung] nach dem Treiben in der .frühern Weltperiode zu richten, so schweben bei der jedes-„maligen Schöpfung den Schöpfern tifvarâh, vgl. Anmerk. 41] „die Unterschiede der gleichen Namen und Gestalten vor, „und zufolge der Gleichheit von Namen und Gestalten ge-„schieht es, dafs, wenn man auch eine Wiederkehr der Welt „mittels eines Gesamtentstehens und Gesamtvergehens fest-„hält, dennoch die Autorität usw. des Vedawortes keinen Ab-„bruch erleidet."

Das Vedawort also, mit seinem ganzen Komplex von Vor-stellungen über die Welt und ihre Verhältnisse bildet eine ewige, allen Untergang überdauernde Richtschnur für den Schöpfer. Derselbe „erinnert sich", indem er die Welten schafft, an die Worte des Veda (p. 297,10), und somit geht die Welt mit ihren konstanten Formen (niyata-cikriti) wie Göttern usw. aus dem Vedaworte hervor (p. 298,2). Natür¬lich ist dieses Hervorgehen der Götter usw. aus dem Veda nicht, wie das Entstehen aus Brahman, im Sinne einer caussa materialis (upiidiina-kfcranam) zu nehmen, sondern es bedeutet nur „ein Hervorgehen der Individuen der Dinge entsprechend dem Gebrauche der Schriftworte" (çabda-tnjavaliiira-yoyya-artha-ryakli-nishpaltili p. 287,9), welche vor der Welt da waren, nicht nur nach dem Zeugnisse von Schrift und Tradition (p. 288), sondern auch, weil sie die notwendige Voraussetzung des Schaffens sind : denn wenn man eine Sache machen will, so mufs man sich vorher an das Wort, welches sie bezeichnet, erinnern (p. 289,3), und so waren auch vor der Schöpfung die vedischen Worte im Geiste des Schöpfers offenbar, und ihnen gemäfs schuf er die Dinge (p. 289,5).

Aber was versteht man unter „Wort" in diesem welt-schöpferischen Sinne (p. 289,9)? — Wir würden vielleicht antworten: die Begriffe der Worte. Aber diese Antwort kann der Inder nicht geben, da er nicht bis zu einer bewufs-ten Trennung von Begriff und Anschauung durchgedrungen ist. Er antwortet zunächst: unter Wort versteht er" hier den Sphota (das Aufplatzen, das plötzliche Bewufstwerden der Vorstellung beim Anhören der Buchstaben des Wortes); und dieser Begriff führt zu einer Diskussion, welche nicht ohne Interesse ist, und die wir hier episodisch als einen Beitrag zur Philosophie der Sprache möglichst getreu übersetzen wollen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Hanuman trägt Rama und Sita auf seinen Schultern

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