Essen Kettwig

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Franziska und Sunshine

Mein heiliger Ort

Mein Name ist Franziska Neßler, ich bin in Berlin geboren und lebe nun in Essen. Mein heiliger Ort liegt in Essen Kettwig/ Werden Schuir. Das hat auch einen ganz besonderen Grund.

Genau am 01. Mai 2012 habe ich dort meinen besten Freund kennengelernt. Er war kein normaler Freund, wie man ihn sich heute vorstellen mag. Er war ein Freund auf vier Beinen. Ein Pferd, Paint Horse, 16 Jahre alt und sein Name war Sunshine :)

Er hat uns am 04.02.2013 körperlich verlassen und mir wurde damals nicht Bescheid gegeben.

Das Schuirgebiet in Essen Kettwig/Werden ist mein heiliger Ort, weil ich dort meinen heiligen Freund Sunshine kennenlernen durfte, der mich viel über das Leben aus einer anderen Sicht lehrte, nämlich aus der Sicht eines Tieres - eines Fluchttieres, das heute gezähmt wird.

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Als ich Sunshine kennenlernte, war er verletzt. Er lahmte. Trotzdem hielt es mich nicht davon ab, ihn kennenzulernen und so spazierte ich am ersten Mai des letzten Jahres mit ihm durch einen Wald im Schuirgebiet. Das Vertrauen von mir zu ihm war sofort da, obwohl wir uns erst seit ein paar Minuten kannten. Ich konnte ihm blind vertrauen und hatte keine Angst vor ihm.

Er wurde dann meine Reitbeteiligung und ich verbrachte fast die ganzen Sommerferien mit ihm. Wir wurden schnell beste Freunde, denn er zeigte mir, dass die Beziehung zwischen Reiter und Pferd einfach gesichert sein muss, damit man gut miteinander trainieren kann. Und das klappte bei uns sehr schnell. Ich schloss ihn schnell in mein Herz und das Gebiet Schuir ist mein heiliger Ort, weil Sunshine mir dort zeigte, dass unsere Freundschaft etwas ganz besonderes ist.

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So machten wir viele Ausritte im Wald und in den Feldern rund um den Reitstall Beckmann in Essen. Er zeigte mir, wie man der Natur richtig zuhört und dass ich ihm einfach blind vertrauen kann.

Seine Verletzung kam Ende des Jahres 2012 wieder. Wir nahmen an einem Trail-Kurs an unserem Stall teil, doch dort lahmte er wieder und das sollten die letzten Monate sein, die wir ab Dezember 2012 zusammen verbringen sollten.

Doch genau ab diesem Monat wurde das Band unserer Freundschaft immer fester. Ich konnte ihn nicht mehr reiten, weil es einfach seiner Gesundheit geschadet hätte. So pflegte ich ihn bis zu seinem Tod - für mich immer noch ein unverdienter Tod.

Ich ging regelmäßig mit meiner Mutter, die ihre Yogalehrer-Ausbildung bei Yoga Vidya machte, spazieren. Meine Mama legte ihre Hand auf und nahm Sunshine dabei ein Teil seiner Schmerzen.

Wir hatten lange und schöne Ausritte, bei denen sich zeigte, dass er derjenige war, der mich wieder in die Natur brachte. Er lehrte mich, wie man der Natur und den Vögeln lauscht. So blieben wir auch an einer Stelle mal zehn Minuten stehen, nur um die Ruhe und die Natur zu genießen.

Im Training waren wir ebenfalls ein eingespieltes Team.

Anfangs war das noch nicht ganz vorhanden, aber schnell stellte sich heraus, dass meine Angst auch seine Angst ist und so auch meine Gedanken seine Gedanken sind. So brauchte ich nur die Übungen zu denken und er führte sie aus. Doch wenn meine Gedanken unsauber waren oder meine Gedanken nichts mit seinem Training zu tun hatten, dann hatten seine Gedanken auch nichts mit mir zu tun. Und so gab es auch Momente, in denen ich schnell die Geduld verlor oder die Verbindung zwischen uns ganz abbrach und er im Galopp sogar stürzte.

Meine Laune war also auch seine Laune und so etwas wird heute im Reitsport sehr schnell vergessen. Ich bin Westernreiterin. Viele Reitsportler sagen, dass der Fehler beim Pferd liegt, aber durch Sunshine habe ich gelernt, dass der Fehler im Denken des Menschen liegt. Keine klaren Angaben führen also zu keinen klaren Ausführungen.

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Doch die Natur war unser Hauptplatz. Ich spazierte viel mit Sunshine, redete mit ihm. Er hat immer für Spaß gesorgt. Durch ihn habe ich eine neue Welt kennengelernt - eine Welt ausserhalb des Alltags.

Mit ihm habe ich die Natur erkundet, eine feste Freundschaft erfahren und Lebenserfahrungen gesammelt. Zu ihm hatte ich das Vertrauen, das ich sonst zu keinem Menschen hatte. Er folgte mir kurz vor seinem Tod blind. Er lief mir hinterher, ließ mich nicht mehr los.

Ende Januar 2013 wurde er dann in die Tierklinik in Duisburg eingeliefert, in der er auch eingeschläfert wurde. Am selben Tag war ich noch bei ihm und wusste nichts von der Einschläferung, doch Sunshine wusste, dass er gehen wird und nahm Abschied von mir. Er wälzte sich vor meinen Augen - es ist ein Zeichen des Wohlfühlens. Er traute mir auch dort blind und das zeigte mir, dass er einen ganz besonderen Platz in meinem Herzen hat.

Und am Abend war er dann tot. Einfach so und für mich brach eine Welt zusammen. Heute kann ich einfach nur sagen, dass ich sehr stolz auf ihn bin. Er war ein Kämpfer, hat sich immer wieder aufgerappelt und seine Schmerzen überspielt. Ich bereue heute keine einzige Minute und Sekunde, die ich mit ihm verbracht habe. Heute berichte ich stolz über ihn und auch dieser Bericht rührt mich zu Tränen.

Wegen genau dieser Geschichte ist das Schuirgebiet in Kettwig/Werden mein heiliger Ort - denn mit diesem Ort verbinde ich viele Erinnerungen mit dem Pferd, dass meiner Mutter den großen Respekt vor Pferden nahm, mir eine innige Freundschaft gab und meiner Schwester das Vertrauen von Mensch zu Pferd schenkte.

Sunshine war ein Kämpfer und auch wenn er körperlich nicht mehr unter uns ist, weiß und spüre ich, dass er mich auf meinem Lebensweg begleitet. Er lässt mich nicht mehr los und das rührt mich sehr :)


Diesen Beitrag sandte uns Franziska Neßler aus Essen. Vielen Dank, Franziska!

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