Chandogya Upanishad Dritter Prapathaka achtzehnter Khanda

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Chandogya Upanishad Dritter Prapathaka achtzehnter Khanda: Interpretation von Shivapriya G.L. im Rahmen eines philosophischen Arbeitskreises Upanishaden, Schwerpunkt Chandogya Upanishad in der Nähe von Frankfurt.

Vers 1 Chandogya Upanishad 3. Prapathaka 18. Khanda

Im achtzehnten Khanda wird die unausgesprochene Frage beantwortet, wer eigentlich das Selbst ist und wer das Göttliche ist. Die Antworten sind denkbar knapp. Das Manas, das Denkvermögen des Menschen, soll man als Brahman, das Absolute verehren. Soviel in Bezug auf das Selbst.

Damit wird die Denkfähigkeit des Menschen als das angesprochen, was den Menschen zum Menschen macht und als die Fähigkeit des Menschen, die in Bezug zum wahren inneren Selbst steht. Das Denken ist nach diesem Vers die Fähigkeit, die uns das wahre innere Selbst verwirklichen lässt. Diese Denkfähigkeit soll als Brahman, das Absolute verehrt werden. Die Tatsache, dass wir denken können, über uns und unsere Stellung im Kosmos nachdenken können, ist Brahman. Damit sind wir nicht vom Absoluten verschieden. Unsere Denkfähigkeit besteht aus Brahman, ist Ausdruck des Absoluten. In dem Moment, in dem wir unsere Denkfähigkeit im Bewusstsein benutzen, dass wir Brahman benutzen, können wir unbegrenzt denken, denn Brahman ist unbegrenzt. Wir können machtvoll denken (und handeln, denn das handeln basiert auf dem Denken), denn das Absolute ist machtvoll. Unser Denken ist zwar mehr oder weniger flexibel und analytisch, sprunghaft und illusorisch, aber die Fähigkeit des Denkens ist unveränderlich vorhanden. Denken wir in diesem Bewusstsein, haben wir unabhängig von unseren eigenen, begrenzten konkreten Gedanken Zugang zu unbegrenztem Wissen, wir sind intuitiv. In diesem intuitiven Zustand des Denkens sind wir eins mit dem Absoluten, wir haben unser wahres inneres Selbst und damit Brahman verwirklicht.

Nach dieser Definition ist wir absolut frei in der Benutzung des Manas. Es wird keine Vorschrift gemacht, was wir denken sollen! Es bleibt also uns überlassen, ob wir die Macht des Brahman im Sinne der Bereicherung aller Lebewesen einsetzen oder nur zu unserem eigenen Vorteil oder gar für negative Ziele. Dieser Punkt ist angesichts einer Fülle von religiös motivierten Urteilen oder Zielvorgaben für menschliches Handeln sehr bemerkenswert und unterstützt die Vorstellung, dass der Mensch einen freien Willen hat und diesen auch benutzen sollte, und damit sein Manas!

Äther oder Raum stehen auch für die Tatsache, dass alle Materie in dieser Welt eine konkrete Gestalt annimmt. Eine Gottheit, die wir in dieser Welt wahrnehmen können, hat eine geistige, emotionale oder eine reale Gestalt, wie beispielsweise eine Murti. In Bezug auf eine Gottheit wird kurz und bündig erklärt: man soll den Akasha als Brahman verehren. Damit wird das, was eine Gottheit ist, tatsächlich sehr treffend beschreiben. In dem Moment, in dem sich das Absolute manifestiert, füllt es einen konkreten Raum aus, es nimmt eine Gestalt an. Die für den Menschen emotional, geistig oder real wahrnehmbare Gestalt einer Gottheit, zu der der Mensch einen Zugang hat, ist also tatsächlich der Raum, die Gestalt, in der für diesen Menschen in dieser konkreten Situation das Absolute real und direkt erfahrbar wird. Eine Gottheit ist also genau das, der für den Menschen in einem gegebenen Augenblick direkt wahrnehmbare Ausdruck des Absoluten in unserer Welt. Eine Gottheit ist das, was am Absoluten von uns zu einem konkreten Zeitpunkt gerade wahrnehmbar ist, zu einem anderen Zeitpunkt sind es vielleicht andere Aspekte. Erweitert man diesen Interpretationsansatz, indem man jeder Materie, jedem Lebewesen zuerkennt, dass es einen Raum einnimmt, dass es eine Gestalt hat, wird automatisch alles was uns umgibt zu einem Ausdruck, einer Manifestation des Absoluten! Damit kann jede Gestalt, die uns begegnet, ein Stein, ein Wassertropfen, ein anderer Mensch, zu einer Gottheit und damit zu einem Zugang zum Absoluten für uns werden. Und damit ist in der Tat alles in Bezug auf die Gottheit gesagt. Darüber hinaus gibt es eigentlich wirklich nichts mehr zu lehren, genauso wie der Auftrag, das manas als Brahman zu verehren, alles in Bezug auf den Menschen aussagt.

2./6. Vers Chandogya Upanishad 3. Prapathaka 18. Khanda

Trotzdem wird nochmal in den folgenden Versen ein genauerer Blick darauf geworfen, was das Absolute ist, um die Berücksichtigung der gewonnenen Erkenntnis im Alltag zu erleichtern. Brahman äußert sich in zwei Aspekten: im eigenen inneren Selbst und im Göttlichen, dass jedes Selbst umgibt. Deshalb wird immer wieder untersucht, was Brahman in Bezug auf diese beiden Aspekte konkret bedeutet, also in Bezug auf das Selbst und in Bezug auf das Göttliche. Wenn das Absolute in Bezug auf das Selbst als Manas verehrt werden soll, dann gibt es im Menschen, so wie er beschaffen ist, vier konkrete Ausdrucksformen, wie das Manas in der Welt wirken kann: Die Rede ist ein Fuß heißt also: wir bringen dass, was in unserem Denkvermögen vorhanden ist, mit dem was wir sagen zum Ausdruck und bringen die entsprechenden Energien in die Welt. Diese Energien sind der zweite Fuß, der Odem. Unsere Wahrnehmung ist, als Auge, der nächste Fuß, da wir ja in Wirklichkeit nicht ein objektives Abbild dessen, was uns umgibt in uns als Wahrnehmung erzeugen, sondern ein Bild erschaffen, dass durch unser Denken, und damit von unseren Urteilen und Vorurteilen, unserem ganzen bisherigen Erfahrungswissen, bestimmt ist. Der letzte Fuß ist das Ohr. Das Hören ist die entscheidende Voraussetzung, um mit anderen in Kommunikation zu treten. Erst wenn ich höre, was ein anderer Mensch zu sagen hat, kann ich mich bemühen, zu erkennen, was mir mein Gegenüber als Ausdruck des göttlichen an neuen Erkenntnissen vermitteln will und wie ich umgekehrt meinem Gegenüber helfen kann, seine eigene Göttlichkeit zu erkennen.

Je deutlicher wir uns des Zusammenhangs bewusst sind, dass wir mit unserem Reden, unseren Energien, unserer Wahrnehmung und dem was wir hören im Idealfall nur das Absolute denken, zum Ausdruckbringen, erkennen und kommunizieren, umso leichter fällt es uns, das Absolute auch in der Welt um uns herum zu erkennen.

Damit dieses Erkennen leichter fällt, denn in der Regel differenzieren wir ja noch zwischen dem eigenen Erfahrungsfeld, dem Körper mit all seinen Fähigkeiten, und den Körpern die uns umgeben, wird noch einmal das Göttliche, also die konkrete Gestalt des Absoluten die wir wahrnehmen können, betrachtet. Das Göttliche wird dabei in direkte Beziehung zu unseren eigenen Fähigkeiten gesetzt. Das legt den Schluss nahe, dass das Göttliche auch nur in Beziehung zu dem Selbst einen Sinn macht. Das Göttliche an sich existiert nicht als Selbstzweck, das hat Brahman, das Absolute sozusagen nicht nötig. Das Göttliche dient „nur“ dazu, den Menschen einen Weg zur Erlangung der Selbsterkenntnis zu zeigen!

Das konkret Göttliche äußert sich ebenfalls in vier Aspekten, die als Füße bezeichnet werden. Der erste Fuß ist das Feuer. Das Feuer ist eine Kraft, die überall wahrnehmbar ist, zum Beispiel in unserer Rede, also Absicht, als Energie, die hinter dem steht, was wir sagen. Das Feuer ist aber auch das, was wärmt, was die Erde in Form von Sonnenlicht fruchtbar macht und uns die Lebensgrundlagen schafft. Das Feuer kann aber auch zerstören, was wir aufgebaut haben und uns zwingen, immer wieder neu anzufangen. Das Feuer ist also die Bewegung, die hinter allem steht und uns vorantreibt. Diese treibende Kraft ist also göttlich, eine Manifestation des Absoluten. Das Ziel der Bewegung, der Veränderung, von der alle Phänomene in diesem Kosmos betroffen sind, ist die Erkenntnis des Absoluten, des Unveränderlichen, das hinter jeder Bewegung und Veränderung als Versprechen in sich ruht. Insofern können wir die Rede, wie im Vers 3 ausgeführt, auch direkt als Brahman, das Absolute verehren, denn das Göttliche, das Feuer, das hinter der Rede steht, ist die Kraft des Absoluten. Wer das weiß, glüht und glänzt in dem göttlichen Feuer, d.h. er wird selbst göttlich und verwirklicht Brahman.

Der zweite Fuß des konkreten Göttlichen ist der Wind. Der Wind ist das zentrale verbindende Element. Er trägt Informationen und Energien mit sich und ist eng mit unserem Atem verbunden. Über den Atem können wir uns mit dem Absoluten verbinden und Lebensenergie, Prana, aufnehmen. Diese Energien können wir dann in unserem Alltag benutzen, um die konkrete Welt, die uns umgibt, positiver zu gestalten. Wir können, bildlich gesprochen, diese Energien dem göttlichen Wind wieder anvertrauen, der sie weiterträgt, damit sie überall günstig wirken können.

Der nächste Fuß des Göttlichen ist die Sonne. Sie liefert dem Auge das nötige Licht zum Sehen, für die Wahrnehmung, nur mit dem Licht der Sonne können wir uns, auch im übertragenen Sinne, ein Bild von den Dingen machen, die uns umgeben, prägen und auf die wir Einfluss nehmen möchten. Die göttliche Kraft des Lichtes als Manifestation des Absoluten ist es also, die uns wahrnehmen lässt. Damit ist das Auge, als Organ der Wahrnehmung, sozusagen ein Werkzeug Brahmans um die göttliche Kraft des Lichtes, die Sonne, zu erkennen. Damit ist das Auge als Brahman zu verehren. Das, was unser Auge sehend macht, ist das Licht! Deshalb wird der glänzend und glüht, der diesen Zusammenhang weiß. Der weise Brahmane erkennt die göttliche Kraft, die das Auge sehend macht, als ein Ausdruck des Brahman.

Der letzte Fuß des Göttlichen ist die vier Himmelsrichtungen. Der letzte Fuß ist über das Ohr mit dem Selbst verbunden. Die vier Himmelsrichtungen sind es, die als Licht im Ohr glänzen und glühen und somit die Kraft sind, die dem Selbst zur Verfügung stehen, um das Absolute als Kommunikation mit anderen zum Ausdruck zu bringen. Da der Gleichgewichtssinn und die Fähigkeit zur räumlichen Orientierung im Ohr sitzt, macht es prinzipiell Sinn, das Ohr mit den Himmelsrichtungen in Beziehung zu setzen. Da der Austausch mit anderen immer eine Orientierung im Raum auf den anderen zu erfordert, wird diese Verbindung auch unter spirituellen Gesichtspunkten verständlich. Nur wenn ich mich ganz und vollständig in einer Kommunikation zu meinem Gegenüber hin orientiere, mich in diesen Raum des anderen hinein öffne, kann ich dessen Göttlichkeit erkennen und die eigenen, positiven Energien in den gemeinsamen Raum fließen lassen.

Die göttliche Kraft am Zuhören und Kommunizieren ist also das Offen sein in alle Richtungen – wie viele Missverständnisse und wie viel Leid ließe sich verhindern, wenn wir diese simple Tatsache immer berücksichtigen könnten! Dieses Offensein ist als Brahman zu verehren – wo immer es uns begegnet….. Und wenn wir es erlangen, glänzen und strahlen wir!

Hari Om Tat Sat

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