Barmherzigkeit

Aus Yogawiki

Barmherzigkeit, von barm, also liebevoll, und Herz, ist eine Charaktereigenschaft, eine Tugend, die zur Handlung drängt. Ein barmherziger Mensch empfindet für Menschen in Not und hilft ihnen. "Barmherzigkeit" ist die deutsche Übersetzung von Misericordia, eine der wichtigsten Tugenden im Christentum, im Buddhismus, Judentum, Hinduismus, Islam. Barmherzigkeit ist nicht nur Mitgefühl, sondern tätige Nächstenliebe. Im Neuen Testament findet man das Gleichnis vom barmherzigen Samariter - als Beispiel von einem Menschen, der jemanden hilft, den er nicht kennt, und von dem er keinen Dank erwarten kann.

Swami Sivananda über Barmherzigkeit

Der indische Yogi und Yoga Meister Swami Sivananda schreibt in seinem Buch "How to Cultivate Virtues" über Mercy. Der englische Ausdruck Mercy steht für Barmherzigkeit, Erbarmen, Mitgefühl, Gnade. Halte das im Hinterkopf, wenn du die folgenden Absätze liest. Denn da ist "Mercy" übersetzt als "Barmherzigkeit.

Barmherzigkeit als Eigenschaft Gottes

Gott ist ein Ozean von Gnade und Barmherzigkeit. Er ist immer all-barmherzig. Wenn du mit ihm Umgang pflegen willst, wenn du dich mit ihm vereinigen willst, wenn du in ihm verweilen willst, kannst du auch eine Verkörperung des Barmherzigkeits werden. Barmherzigkeit ist eine wesentliches Merkmal eine Heiligen. Wenn du bei ihm kein Barmherzigkeit findest, sieh ihn nicht als einen Heiligen an.

Barmherzigkeit als wichtige Tugend

Barmherzigkeit ist ein Gegenspieler der Unmenschlichkeit, der Quälerei, der Härte, der Grobheit, der Grausamkeit. Sie ist ein Freund der Güte, der Sanftmut, der Anmut. Barmherzigkeit ist unter den Tugenden genau wie der Mond unter den Gestirnen.

Barmherzigkeit besitzt starke Macht. Sie ist intensive Festigkeit. Es verleiht Kraft. Barmherzigkeit öffnet die Tür zu Freiheit, Unsterblichkeit und ewiger Glückseligkeit. Sie macht das begrenzte Herz so weit wie den Himmel. Sie verleiht Flügel, um hoch in das Königreich des Höchsten Friedens aufzusteigen. Barmherzigkeit wandelt dich zu Göttlichkeit. Sie ist die mächtigste unter den Mächtigsten. Gute Barmherzigkeit ist wie Nektar. Sie ist das wahre Kennzeichen oder Symbol (Linga ) der hohen Gesinnung. Barmherzigkeit ist die himmlische Fülle der Gnade und der Liebe. Sie ist wie ein Magnet.

Barmherzigkeit ist das höchste Kennzeichen Gottes. Barmherzigkeit erweicht und reinigt ein sündenverhärtetes Herz. Barmherzigkeit scheint mit mehr Glanz als Gerechtigkeit. Barmherzigkeit schenkt Chitta-Prasada , also Seelenfrieden. Sei darum barmherzig.

Barmherzigkeit ist Güte und Geduld, die sich in der Schonung eines Angreifers in seinem Machtbereich zeigt. Sie ist eine vergebende Gesinnung. Barmherzigkeit ist Mitgefühl, tätige Nächstenliebe. Barmherzigkeit ist außergewöhnliche Herzensgüte. Sie kennt und versteht die Leiden anderer und ist bereit, ihnen zu helfen.

Das Herz eines mitfühlenden Menschen ist weicher als Butter. Butter schmilzt nahe dem Feuer, aber das Herz eines mitfühlenden Menschen schmilzt sogar dann, wenn er die Leiden anderer aus der Entfernung sieht.

Bestandteile der Barmherzigkeit

Die Bestandteile des Barmherzigkeits sind Herzensgüte, Mitgefühl, gutes Gefühl, Verständnis, Mitempfinden, außergewöhnliche Güte, Freundlichkeit, Zuneigung, Liebe, Nächstenliebe, Großzügigkeit, Selbstlosigkeit und Aufopferung. Barmherzigkeit, Mitempfinden, Sympathie und Erbarmen sind die Tugenden der gleichen Gattung. Barmherzigkeit ist die tonangebende unter ihnen. Sie ist göttlich. Sie beinhaltet nicht nur Mitempfinden, sondern auch Vergebung, Liebe und Dienst. Ein barmherziger Mensch dient und liebt sogar den Menschen, der ihm schadete.

Empathie, Mitempfinden kommt als nächstes. Mitempfinden ist Mitleid oder Trauer über das Leiden anderer. Mitempfinden vereinigt Güte und Erbarmen und die Achtung und Anteilnahme mit dem aktiven helfenden Wesen der Barmherzigkeit, aber es wird nur geübt bei denen, die leiden oder unglücklich sind. Barmherzigkeit hat ebenfalls Vergebung, Toleranz, Anteilnahme und kosmische Liebe zusätzlich zu den Eigenschaften die Mitempfinden ausmachen.

Anteilnahme und Erbarmen sind lediglich Gefühle für die andere. Während Mitempfinden menschliche Wesen und Tiere umfasst, wird Anteilnahme wird nur gegenüber seinesgleichen oder für diejenigen empfunden, die man kennt oder für diejenigen, die höher gestellt oder bekannter sind als man selbst. Aber, Anteilnahme ist nicht dynamisch.

Erbarmen ist das Gefühl für das Leiden Untergebener. Es deutet auf ein gewisse Menge an Selbstgefälligkeit und Dünkel in dem Menschen an, der Erbarmen mit anderen hat. Aufgrund dieser Selbstgefälligkeit, endet Erbarmen fast immer in Worten!

Die Gedanken, Worte und Handlungen eines barmherzigen Menschen dagegen sind angefüllt mit Anteilnahme und Mitempfinden - und ein barmherziger Mensch wird auch tätig. Er teilt das, was er besitzt, mit anderen. Er opfert selbst seine eigenen Bedürfnisse und Annehmlichkeit dem Wohl anderer.

Entwickle Barmherzigkeit

Wenn du ein gefühlloses Herz hat, versuche kleine Handlungen der Freundlichkeit und der Barmherzigkeit. Geb einem armen kranken Menschen eine Tasse Milch (oder Sojamilch). Gebe einem armen Mensch im Winter eine schmale Wolldecke. Speise eine armen Menschen oder Sadhu einmal im Monat. Besuche ein Krankenhaus und bediene kranke Patienten. Dadurch kultivierst du Barmherzigkeit.

Nimm Anteil am Leid anderer. Sei mitfühlend in der Beurteilung anderer. Erinnere dich deiner eigenen Fehler, Gebrechlichkeit und Schwächen. Sei bedächtig in deiner Kritik der anderen und großzügig gegen diejenigen, die falsch handeln.

Lasse anderen gegenüber Gnade walten. Andere werden ebenfalls dir gegenüber mitfühlend sein. Du wird Barmherzigkeit erhalten, wenn es am meisten benötigt wird. Die ist ein unabänderliches Gesetz Gottes.

Erinnere dich wieder und immer wieder Buddhas und seine Handlungen und die der anderer Heiligen. Lies über das Leben der Heiligen. Du wirst schrittweise Barmherzigkeit entwickeln.

Die Sonne, der Baum der Fluss sind vorurteilslos. Genauso so kannst du Barmherzigkeit für deinen Freund und für deinen Feind aufweisen.

Verharre in der Gesellschaft der Heiligen und Weisen. Meditiere über Gott, Wiederhole seinen Namen und seinen Ruhm. Du wirst Barmherzigkeit entwickeln.

Übe Meditation am früh am Morgen über die Eigenschaft der Barmherzigkeit. Wenn du dich draußen in der Welt bewegst, empfinde „Ich werde heute barmherzig sein. Ich werde Gnadenakte verrichten“. Langsam wird Barmherzigkeit ein fester Bestandteil deines Wesens werden.

Zeige gegenüber Tieren und Personen, die sich in Not befinden, Barmherzigkeit. Trockne ihre Tränen. Dann wirst du gewiss gesegnet sein.

Folge dem Beispiel Sri Swami Chidananda, der ein wunderbares Herz angefüllt mit Barmherzigkeit hat. Er verband einen Hund, der ein Geschwür mit Würmern hatte. Er verband mit seinen eigenen Händen einen Aussätzigen drei Monate lang. Karitative Anstalten, gemeinnützige Krankenhäuser, Altersheime, Errichten von Brunnen, Wasserbecken, Suppenküchen, Annakshetra , Dharmashalas , Tierschutzvereine, Anstalten der Diakonie – sind alles Bekundungen des Barmherzigkeit.

Möge Barmherzigkeit in deinem Herzen aufglimmen. Möge dein Herz mit Barmherzigkeit erfüllt sein.

Zitiert nach: Swami Sivananda: "How to Cultivate Virtues", Divine Life Society

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