Yoga und Stimme - Ganzheitliches Stimmtraining

Aus Yogawiki

Yoga und Stimme: Die menschliche Stimme ist ein faszinierendes Instrument zur Lauterzeugung und Kommunikation. Menschen sind nicht nur fähig, wie Tiere einzelne Laute oder Abfolgen von Tönen zu erzeugen, sondern beherrschen ein fast unbegrenztes Repertoire von Klängen, Geräuschen und Sprachen. Die menschliche Stimme ist ähnlich einem Fingerabdruck sehr individuell.

Kirtansingen macht die Stimme schön

Im Yoga kennt man verschiedenste Techniken zur Harmonisierung der Stimme. Pranayama stärkt den Atemapparat und vergößert das Lungenvolumen. Es generiert außerdem Prana, welches man zur Kommunikation oder zum Singen benötigt. Mit der 3-Chakra-Methode kann man trainieren, kraftvoll und mit Herz zu sprechen. Kirtansingen bringt die Energien zum Fließen und öffnet das Herz, sodass die Stimme freier und gefühlvoller wird. Und auch Schweigen (Mauna) kann mehr Prana in die Stimme bringen, indem das für die Kommunikation verantwortliche Udana Vayu harmonisiert wird.

Physiologie

Anatomie des Stimmapparates

Pranayama hilft bei vielem - auch zur Stärkung der Stimme

Zur Erzeugung von Schallwellen mit dem menschlichen Körper braucht es drei Aspekte. Luft bzw. eine Luftströmung, die das Atmungssystem liefert. Den Kehlkopf, mit der sogenannten Glottis, der Geräusche erzeugt. Und einen Resonanzkörper, der Geräusche und Töne verstärkt und variiert: Rachen, Nase und Mundhöhle.

Töne werden erzeugt, indem Luft zuerst von der Atemmuskulatur in den Rachenraum gepresst wird. Im Kehlkopf befinden sich verschiedene Knorpel, die Stimmritze und die Stimmlippen, auch Stimmbänder genannt. Diese sind mit Muskeln und Bändern miteinander verbunden [1].

Beim Einatmen öffnen sich diese Knorpel und Muskeln vollständig, damit Luft ungehindert in die Lunge kommt. Beim Ausatmen können diese Bänder verengt werden, um Geräusche und Töne zu erzeugen. Dadurch entsteht innerhalb der Stimmbänder ein sehr schneller Luftstrom, der diese in Vibrationen versetzt und Schallwellen erzeugt. Bernoulli Effekt

Durch diese Schallwellen entstehen in Rachen, Nase und Mundhöhle Töne und Geräusche. Beim Mann sind die Stimmbänder länger und dicker als bei der Frau, sie schwingen langsamer und bewirken deshalb eine tiefere Stimme.

Höhe und Lautstärke der Stimme

Die Glottis in der Kehle

Die Tonhöhe ist von der Länge der Stimmbänder und der Stärke des Luftstroms abhängig. Diese Kombination ergibt sehr unterschiedliche Schwingungen. Hohe Töne entstehen durch stark gespannte Stimmbänder und eine enge Stimmritze. Durch nachlassende Spannung der Stimmbänder und die Erweiterung der Stimmritze werden die Töne tiefer.

Die Stärke des Luftstroms durch die Stimmbänder bestimmt die Lautstärke eines Tons. Beim Schreien wird Luft mit Druck durch die Stimmbänder gepresst und verursacht starke Vibrationen und laute Töne. Beim Flüstern ist die Vibration der Stimmbänder kaum wahrnehmbar, die Stärke des Luftstroms ist dann gering. Der Grundton, der in den Stimmbändern entsteht, wird durch den Resonanzraum in der Mund-, Nasen- und Rachenhöhle sowie in den Nasennebenhöhlen verstärkt. Lippen und Zunge haben ebenfalls eine sehr wichtige Rolle. So entstehen – wie bei einer großen Orgel – verschiedene, charakteristische Klangbilder.

Stimme und Sprache

Wenn die Stimmbänder im Kehlkopf verengt werden, ist einer der entstehenden Grundlaute das "h". Diese Stellung erzeugt auch weitere Laute wie p, t, k oder f. Bei den Vokalen (a, e, i, o u) berühren sich die Stimmbänder fast vollständig. Um aus einem Hauchen ein Vokal zu erzeugen sind die weiteren Werkzeuge des Klangapparats notwendig: die Zunge und die Lippen.

So formen Kleinkinder meist als erstes die Laute "ma, ba, ta, da". Um ein "ma" zu bilden, müssen die Lippen zuerst aufeinander gepresst und dann geöffnet werden, ähnlich beim "ba". Beim "ta" und "da" wird die Zunge an die vorderen Zähne gepresst und zurückgezogen. Entscheidend hierfür ist die Spannung in der Zunge. Wird die Zunge Richtung Gaumen gepresst ergibt das die Laute "ka" und "ga". So entstehen nach und nach Wörter, Sätze und ganze Vorträge.

Yoga und Stimme

Stimme, Atmung und Pranayama

Das Yoga Vidya Musikfestival

Jeder Mensch hat seine optimale Tonhöhe, in der er leicht und mühelos sprechen und singen kann. Spricht und singt der Mensch in Tonhöhen, die deutlich über seiner körperlich angelegten Tonhöhe liegen, ist das eine Belastung für den Stimmapparat. Dieser muss wie andere Muskeln im Körper trainiert werden.

Der Kehlkopf, als Entstehungsort für Töne und Geräusche ist das einzige "frei schwebende" Organ im Körper. Er ist zwischen Rachen und Luftröhre nur an Muskeln befestigt. Darum hört man Anspannung, Stress und Nervosität meist sofort in der Stimme. Da die menschliche Stimme zum größten Teil durch Muskeln erzeugt und beeinflusst wird, kann die Stimme durch trainieren dieser Muskeln gestärkt, verändert und ausgebildet werden. Darum stimmen sich nicht nur Sängerinnen mit Stimmübungen für ihren Auftritt ein, sondern nehmen auch regelmäßig Gesangsunterricht.

Wesentlich für eine starke, klare und laute Stimme ist eine tiefe Atmung. Die vollständige Yogaatmung und regelmäßiges Pranayama stärken nicht nur die Lunge und versorgen den Körper mit mehr Sauerstoff, sondern trainieren das Atmungssystem und das Zwerchfell für das Sprechen in großen Räumen und kräftigen Gesang. Kapalabhati trainiert beispielsweise das Zwerchfell, um die Luft durch die Stimmbänder zu pressen.

Bei der Ujjayi Atmung wird die Stimmritze bewusst leicht verschlossen. So entsteht ein Hauch- oder Schnarchlaut, ähnlich wie bei der Bildung des "h", wie bei "Hand". Mit der Kontrolle der Stimmritze und der Stimmbänder wird auch der Atem kontrolliert und geführt.

Die 3-Chakra-Methode

Im Yoga sagt man, dass Prana besonders entscheidend ist für die Stimme. Wenn du möchtest, dass andere dir zuhören, wenn du andere von etwas überzeugen möchtest, dann ist es gut, Prana in die Stimme hineinzugeben. Das kannst du wunderbar üben mit der sogenannten 3-Chakra-Methode.

Die 3-Chakra-Methode verbindet Bauch, Herz und Kehle miteinander.

  • Das Bauchchakra ist der Ort, wo die Kraft, die Energie zum Sprechen herkommt. Dies kannst du mit der tiefen Bauchatmung trainieren.
  • Das Herzchakra ist der Sitz der Emotionen, besonders Liebe und Freude. Wenn du sprichst, lege Liebe und Freude in deine Worte hinein. Dazu ist es natürlich wichtig, im Brustkorb nicht eingesunken, sondern aufgerichtet zu sein, sodass du die Herzensweite spüren kannst.
  • Das Kehlchakra steht für Ausdehnung. Von hier aus gibst du das Prana weiter. Öffne den Mund mehr als sonst und formuliere die Worte klar.

Mit Kraft vom Bauch legst du über das Herz Gefühl in deine Stimme und drückst dich über die Kehle aus. So kann dir die 3-Chakra-Methode helfen, Prana in deine Stimme zu bringen.

Mantrasingen

Auch beim Gesang, zum Beispiel von Mantras, ist die Atmung sehr wichtig. Es ist sehr schwierig einen ausgeglichenen Ton zu erzeugen, wenn der Atem nicht tief und kontrolliert gleichmäßig ist. Für das Singen sind Singstimme und Stimmlage [2] entscheidend, um Gesang miteinander zu koordinieren. Gelungener Gesang zeichnet sich durch klare Artikulation und die vorgegebene Verbindung der Tonfolgen aus, ohne zusätzliche Pausen.

Singen erfordert darum eine hohe Konzentration und Körperspannung. Das Anpassen der Melodie und der Geschwindigkeit kann häufig beim Mantrasingen erlebt werden, denn große Gruppen benötigen mehr Zeit, um sich aufeinander einzustimmen. Beim Kirtangesang ist der deutliche Vortrag von Text und Melodie erforderlich, damit eine Gruppe im Gleichklang singen kann.

Mantrasingen macht die Stimme schön, denn es bringt die Energien zum Fließen und öffnet das Herz. So kann es deiner Stimme helfen, regelmäßig vom Herzen her Mantras zu singen.

Schweigen (Mauna)

Die Stimme ist ein wichtiger Teil unserer Persönlichkeit. Die Bewertung einer Stimme oder Stimmlage unterliegt dabei gesellschaftlichen Normen und kulturellen Prägungen. Hohe und tiefe Stimmen werden je nach Kontext mit unterschiedlichen Attributen bewertet. Gleichzeitig vermittelt die Stimme die aktuelle Befindlichkeit, wie Rührung oder Freude.

Das Fehlen dieser Ausdrucksmöglichkeit, wie zum Beispiel beim längeren Schweigen, verändert die Wahrnehmung in der Umwelt und macht den Austausch mit Mitmenschen deutlich schwieriger. Die Kommunikation nimmt schnell ab und reduziert sich auf das Wesentliche. Gleichzeitig lädt das Schweigen zur Fokussierung und zum Rückzug zu sich selbst ein. Eine sehr tiefe und interessante Erfahrung.

Dass sich längeres Schweigen auch positiv auf die Stimme auswirkt, lässt sich auch darüber erklären, dass das Schweigen Udana Vayu sublimiert. Udana Vayu ist eines der fünf Prana Vayus, welches sein Zentrum in der Kehle hat und das verantwortliche Prana für die Kommunikation ist. Udana Vayu wird durch Meditation harmonisiert und wenn du öfters Mauna einhältst, also schweigst. Diese Techniken verhelfen dir zu einem harmonischen Udana Vayu und sorgen dafür, dass Udana Vayu in Ojas, in spirituelle Energie verwandelt wird.

Durch Harmonisierung von Udana Vayu steht deiner Stimme also mehr Prana zur Verfügung. Wenn du regelmäßig Mauna hältst, wirst du merken, wie sich dies positiv auf deine Stimme auswirkt.

Siehe auch

Weblinks

Literatur

Seminare

Atem-Praxis

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Mantras und Musik

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Zusammenfassung

Die menschliche Stimme ist sehr individuell. In Höhe, Lautstärke und Ausdruck hängt sie von unterschiedlichsten Faktoren ab. Anspannung, Stress oder Angst macht sich direkt in der Stimme bemerkbar. Im Yoga kann man durch Pranayama das Atemsystem und alle Atemhilfsmuskeln stärken, wodurch die Stimme einen volleren, klareren Klang bekommt. Mit der 3-Chakra-Methode trainiert man, mit Kraft vom Bauch über das Herz Gefühl in die Stimme zu legen und sie über die Weite der Kehle mit Prana nach außen zu senden.