Vishnu-devananda

Aus Yogawiki

Swami Vishnu-devananda (Sanskrit: Svāmī Viṣṇudevānanda ; *31. Dezember 1927 in Kannimangalam, Kerala, Indien; † 9. November 1993 in Manipal, Karnata, Indien) war ein Yogameister und gehört zu den Pionieren des Yoga im Westen. Er ist auch unter dem Namen "The Flying Swami" ("Fliegender Swami") bekannt und war Schüler von Swami Sivananda.

Swami Vishnu-devananda und Sukadev

Kindheit und Jugend

Swami Vishnu-devananda kam am 31. Dezember 1927 als einziger Sohn eines Gutbesitzers im kleinen abgelegenen Dorf Kannimangalam im südindischen Staat Kerala auf die Welt und erhielt den Namen Swamy Kuttan Nair. Mit den Schönheiten der Natur aufwachsend hatte er bereits als kleiner Junge erste spirituelle Erfahrungen, aber auch Konflikte. Als er beispielsweise sah, mit welcher Grausamkeit Schlangen Frösche bei lebendigem Leibe verschlingen, rührte dieses Erlebnis seinen Geist sehr auf, und er stellte sich viele Fragen zu den Ungerechtigkeiten dieser Welt: Unberührbarkeit, Leiden, Hunger, Tod.

Er war bereits als Kind sehr wissbegierig. Er lehnte jedoch die indische Kultur und Spiritualität ab, da er dachte, diese sei rückständig und abergläubisch. Er hielt die westliche Kultur für die Kultur der Zukunft. In seinem Heimatort Kerala gab es nur eine Grundschule. Danach musste er zur Realschule des Nachbarortes täglich 10 km zu Fuß gehen. 1943 schloss er die Nemmara High School mit Auszeichnung in den wissenschaftlichen Fächern ab und wollte zur Marine, um weitere Bildung zu erfahren. Aufgrund seines jungen Alters und seines Untergewichts hatte er jedoch Probleme mit der Aufnahme. Es gelang ihm schließlich, der Armee im Norden des Landes beizutreten, indem er sein wahres Alter verschwieg. Er wurde im Ingenieur Korps aufgenommen und nach Absolvierung des Basistrainings als Leiter eines Nachschublagers in Jalandhur stationiert.

Sein Geist wurde jedoch immer noch von philosophischen Fragen beherrscht. Er schreibt:

"Eines Abends hatte ich einen Wortwechsel mit einem meiner Freunde, einen dummen Wortwechsel, aber er rüttelte meinen ganzen Geist auf: Was ist das Leben? Was ist es? Wir machen immer dieselben Dinge. Wir stehen morgens auf, wir essen, wir waschen uns, wir gehen ins Büro, wir arbeiten, wir geben ein paar Anweisungen, wir nehmen Anweisungen entgegen, wir verdienen etwas Geld, wir gehen schlafen, wir genießen. Gibt es irgendetwas darüber hinaus?

Ich beschloss, mich von all diesen Dingen zu lösen und zog mich zurück, außer von meinen offiziellen Pflichten. Am nächsten Morgen suchte ich in meinem Büro nach einem verlorenen Brief, aber ich konnte ihn nirgends finden. Vielleicht war er im Papierkorb. Ich schaute nach, aber ich fand ihn nicht. Ich fand etwas anderes.

Im Papierkorb lag eine göttliche Nachricht. Es war eine kleine Broschüre, welche die Essenz des Yoga enthielt. Sie nannte sich Sadhana Tattwa, Praxis des Yoga. Es war das erste Mal, dass ich so etwas sah. Der Mann, der diese bereits zerknüllte Broschüre geschrieben hatte, war Swami Sivananda aus Rishikesh im Himalaya. Ich las den klaren, einfachen Inhalt. Es begann mit einigen Überschriften: 'Ein Gramm Praxis ist besser als Tonnen von Theorie.' "

Er probierte einige der sehr praktischen Ratschläge aus und machte erstaunliche Erfahrungen. Der Eindruck war so tief, dass er um einen dreitägigen Urlaub bat, um Swami Sivananda aufzusuchen, was in den damaligen Verhältnissen beinahe eine Unmöglichkeit war. Doch der Urlaub wurde bewilligt, und er fuhr nach Rishikesh. Aufgrund der langen und beschwerlichen Reise 36 Stunden quer durch Indien, dazu noch während des 2. Weltkrieges, konnte er Swami Sivananda damals jedoch nur für zwei Minuten und nur von einer gewissen Ferne aus sehen. Ihn beeindruckte die Einfachheit und Schlichtheit in Sivanandas Sprechen und Aussehen: "Zum ersten Mal sah ich einen aufrichtigen Menschen und was er sagte, war so direkt, und wenn er lächelte, war es, als ob Energie von seinem Gesicht in meines strömte." [1]

Bereits während seiner Zeit in der Armee las er Bücher, die er aus dem Ashram mitbekommen hatte, und praktizierte in den frühen Morgenstunden so intensiv wie möglich Pranayama und Asanas auf dem beengten Raum eines in der Armee üblichen Stockbettes.

Als er 1946 die Armee verließ, wollte er vor seiner Rückkehr in die Heimat nach Rishikesh fahren und zwei Tage im Ashram bei Swami Sivananda verbringen. Bei diesem kurzen Aufenthalt bekam er zwei wichtige Lektionen: Bei seiner Ankunft trat Swami Sivananda gerade in Begleitung einiger Schüler aus seinem Büro, und der junge Swamy Kuttan erkannte sofort, dass er jetzt ein Problem hatte: Er hatte sich zeitlebens vorgenommen, sich vor keinem Menschen zu verbeugen, auch nicht vor einem heiligen Mann. Alle Menschen sind gleich, so war seine Überzeugung.

Er dachte aber, dass das in dieser Situation, noch dazu bei einem hohen Meister, sehr unhöflich sei und versuchte sich in einer Ecke zu verstecken, um Swami Sivananda und seine Schüler vorbeizulassen und ihnen anschließend unauffällig zu folgen. Aber sobald Swami Sivananda ihn bemerkte, kam dieser zu ihm, verbeugte sich und berührte die Füße von Swamy Kuttan. In diesem Augenblick fiel auch er Swami Sivananda zu Füßen, tief erschüttert von der Lektion der Demut, die er soeben gelernt hatte.

Die zweite Lektion, die er an diesem ersten Tag lernte, spielte sich während des abendlichen Arati am Ufer des Ganges ab: Die Schüler Sivanandas versammelten sich, um den Fluss zu verehren. Wie kann das sein, dass es Menschen gibt, die einfaches Wasser verehren, wo doch Wasser lediglich aus H2O besteht?, dachte er. Wenigstens Swami Sivananda sollte dies in seinem Medizinstudium gelernt haben! Doch Swami Sivananda schaute ihn nur an, und auf einmal sah er den Ganges nicht mehr, der Fluss verschwand. Stattdessen sah er einen Lichtstrom, der sich vom Berg herab ergoss. Die Botschaft war: Es gibt viel mehr, als du mit deinen physischen Augen sehen kannst. Alles ist Gott. Gebrauche nicht deinen winzigen Verstand, um Gott zu erkennen.

Für kurze Zeit ging er zurück in seine Heimat und wurde Dorflehrer, doch es zog ihn zurück zu Swami Sivananda in den Ashram nach Rishikesh. Im September 1947 nahm er an den Feierlichkeiten zu Swami Sivanandas 60. Geburtstag teil und verbrachte eine Woche für intensives Sadhana im Ashram. Swami Sivananda kam nach einigen Tagen an ihm vorbei und meinte nur: "Bleibe hier." Er antwortete schlicht: "Ja, Swamiji." Erst danach dämmerte ihm, dass er soeben dem Meister sein unverbrüchliches Wort gegeben hatte und dass er es nicht mehr zurücknehmen konnte.

In seiner ersten Freude meinte er, der Meister habe ihn deshalb zu sich gerufen, um ihm höhere Einweihungen in Hatha Yoga und Kundalini Yoga zu geben. Umso erstaunter war er, dass er am nächsten Tag zu Karma Yoga eingeteilt wurde und zwei neue Aufgaben bekam: Einmal sollte er die schmutzige Kleidung der Gäste am Fluss waschen, etwas, das er, der einer höheren Kaste angehörte, niemals zuvor getan hatte. Die zweite Aufgabe war, dass er Linsen, die zum Trocknen ausgelegt waren, vor dem Zugriff der Affen schützen sollte. Im Rückblick meinte er: "Der Meister hat seine eigene Art des Lehrens. Jeder Einzelne, der zum Meister kam, hatte seine besonderen Fehler." [2]

Schließlich wurde er als Mitarbeiter voll in den Ashram aufgenommen. Er legte schon bald das Brahmacharya-Gelübde ab und nahm den Namen "Vishnu Chaitanya" an. Bereits ein halbes Jahr später legte er im März 1948 zu Shivaratri sein Sannyas-Gelübde ab und erhielt den Namen "Swami Vishnu-devananda". Obwohl er aufgrund eines verzweifelten Briefes seiner Eltern noch einmal mit sich haderte, als diese ihn an seine familiären Verpflichtungen erinnerten, blieb er seinem Meister treu. "Mata nasti, Pita nasti" ('Für dich gibt es weder Mutter noch Vater') war die schlichte Antwort Sivanandas auf sein inneres Ringen.

Sannyasin

Swami Vishnu-devananda wurde bald der persönliche Assistent von Swami Sivananda. Rasch wurde er auch zum Hatha Yoga Professor der eben gegründeten Sivananda Yoga Vedanta Forest Academy ernannt, obwohl er erst 21 Jahre alt war. Er praktizierte selbst intensiv in dieser Zeit und wurde Experte für die schwierigsten Asanas, für Pranayama, Mudras, Bandhas, Kriyas usw. Swami Sivananda nannte ihn daher den "Mann ohne Knochen".[3] Wie konnte es sein, dass ihm alles so leicht fiel?

Er beschreibt selbst, wie Swami Sivananda ihm zur Intuition in die Hatha Yoga Praxis verhalf: "Ich mochte Hatha und Raja Yoga von Anfang an. Als ich zum ersten Mal den Meister traf, kam alles zu mir. Ich konnte Asanas und Pranayama ganz leicht ausüben. Es kam einfach, ich lernte es nicht, wie ich es euch jetzt lehre. Eigentlich waren sie noch nicht einmal Bestandteil des Ashram Programms, denn sie waren nicht mehr sehr bekannt und wurden nicht klar unterrichtet. Aber der Meister hat mein Wissen aus vergangenen Leben wiedererweckt, so dass ich in der Lage war, dieses ganze Yogasystem aus der Vergangenheit zu beleben. [… ]

Das war so, weil der Meister mich irgendwo berührte. Mein Körper und mein Geist wurden ein Instrument in den Händen meines Meisters, um Hatha Yoga wieder zu erwecken. Damals hatte ich nicht die Erfahrung, die ich heute habe. Aber langsam, langsam kam es, Schritt für Schritt kamen die Methoden, wie die Positionen aussahen, wie man beginnt, wie man endet. So wurde das ganze System aus meinen vergangenen Lebenserfahrungen wieder zurückgebracht und in eine spezielle Unterrichtsmethode geformt."[4]

Trotz seiner intensiven Erfahrungen und der gewichtigen Stellung, die er von seinem Meister im Ashram erhalten hatte, sah er zu dieser Zeit immer noch wie ein Junge aus. Er ließ sich daher die Haare und einen Bart wachsen, um wie ein großer Yogi zu wirken. Auf rührende Weise wurde sein jäh aufglühendes Ego-Fieber von seinem Meister schnell wieder in Schranken gewiesen. Swami Sivananda kam und sagte eines Tages zu ihm: Ja, Vishnu Swami, der Bart steht Dir. Ja, es stimmt, wir müssen alle gut aussehen und Menschen beeindrucken. Ja, ja, mach nur so weiter." Sofort rasierte er den Bart ab, und solange er sich selbst rasieren konnte, ließ er sich nie wieder einen Bart wachsen.

Bald nachdem er Sannyas genommen hatte, fühlte er ein tiefes Bedürfnis, sein Sadhana zu intensivieren. Die umfangreiche Arbeit für seinen Guru ließ ihn damit in Konflikt kommen. Doch Swami Sivananda kam seinem unruhigen, rebellischen Geist zuvor und entließ ihn aus seinem Dienst. Er brach auf in ein Leben als Wandermönch. "Von nun an begann eine neue Dimension meines spirituellen Lebens. Es gab keine Unterstützung oder Schutz durch den Lehrer mehr. Ich war alleine, versuchte, Antworten zu finden und hatte immer noch den vollkommenen Glauben an meinen Meister im Herzen. Ich vergaß ihn nie, ich dachte mehr an ihn als jemals zuvor. Aber das Leiden war gegenwärtig. Mehr als ein Jahr war ich auf Wanderschaft als Pilger."[5]

In dieser Zeit begegnete er auch einem anderen Yogameister, der ihm weitere Pranayama-Techniken beibrachte.

Danach kehrte er für weitere sieben Jahre in den Sivanada-Ashram nach Rishikesh zurück. Mit seiner neugewonnenen Energie und einem vertieften Glauben verwirklichte er viele neue Projekte mühelos. Er spürte, dass er durch die Praxis von Pranayama und Dhyana das Körperbewusstsein transzendieren konnte. Die intensive spirituelle Praxis hatten ihm außergewöhnliche Energien, Ausdauer und Vitalität zur Verwirklichung seiner Aufgaben gegeben. Er leitete das Kirtansingen an, er pflegte die Kranken und arbeitete als Swami Sivanandas Assistent. Er managete viele Publikationen, leitete die Ashram-Küche und überwachte den Bau von Sri Gurudevs Tempel und andere Bauten. Er reiste viel durch Indien und viele Besucher aus aller Welt kamen zu ihm, um Yoga zu lernen. Immer wieder erhielt er Einladungen, sie zu besuchen.

Aufbruch gen Westen

Im März 1957 gab Swami Sivananda ihm als 30jährigen den Auftrag, nach Amerika zu gehen, um Yoga in den Westen zu bringen: "Die Menschen dort warten darauf, dass du ihnen Yoga beibringst." Viele spirituelle Seelen hatten sich dort reinkarniert. Es war zunächst an eine einjährige Vortragsreise angedacht. Mit dem Segen des Meisters und einem 10-Rupien-Schein - vielleicht als Symbol dafür, dass sein Meister materiell immer für ihn sorgen würde – machte er sich auf den Weg. Er hatte nichts im Gepäck als seine unbeschreibliche Energie und seinen Enthusiasmus.

Swami Vishnu-devananda reiste in vielen kleinen Etappen. Er fuhr am Rand des Pazifik entlang über Ceylon, Singapur, Malaysia, Hongkong, Australien und Hawaii. Immer wieder traf er auf Sivananda-Schüler, die ihn unterstützten und ihm bei der Organisation von Yogastunden und Veranstaltungen halfen. Das Geld, das er dabei einnahm, verwendete er für die jeweils nächste Etappe seiner Reise. Aus Dankbarkeit erhielt er in Indonesien vom Polizeichef, der sein Schüler war, sogar einen Internationalen Führerschein geschenkt, ohne dass er jemals Fahrstunden genommen hätte. Jeder in Amerika habe einen Führerschein, so dessen Überzeugung.

Schließlich erreichte er Ende 1957 San Francisco. Dort gab er ebenfalls Yogastunden. 1958 erhielt er von der medizinischen Fakultät der UCLA (Universität) von Kalifornien für verschiedene Tests, denen er sich unterzog, 50 $ pro Tag Aufwandsentschädigung. Davon kaufte er sich ein gebrauchtes Auto und brachte sich auf einem Parkplatz selbst das Fahren bei. Er fuhr Richtung Osten kreuz und quer durch das Land und lernte dabei viel über Amerika. Früchte, Nüsse und Wasser hatte er immer als Proviant im Auto. Wenn er durch die Yogastunden nicht genügend Einnahmen hatte, diente ihm das Auto auch als Nachtlager.

Sein Ziel war New York, denn New York stand in seiner Vorstellung stellvertretend für Amerika. Dort wollte er sich dauerhaft niederlassen. Mit einem Umweg über Ostkanada, wo er unterwegs Yogakurse in Ottawa und Montreal unterrichtete, erreichte er endlich New York und begann dort im Herbst 1958 Yoga zu unterrichten.

Ein Schüler erzählt vom damaligen Unterricht: "Er saß kreuzbeinig auf dem Bett in seinem billigen Hotelzimmer, damit ich auf dem Boden Platz hatte. Mit seinem gelben Schreibblock auf dem Schoß schrieb er sein "Großes Illustriertes Yoga-Buch". Es war mir kaum bewusst, dass meine Spende, die ich geben würde, darüber entscheiden könnte, ob Swamiji an diesem Tag essen würde oder nicht. Dann kamen die Kurse in billigen Proberäumen am Broadway, Studios unterm Dach und anderen erschwinglichen Orten, bis das erste feste Sivananda Yoga Vedanta Center in der East 20th Street angemietet wurde."[6]

Sein Impuls war zunächst, Yoga so zu verbreiten wie in Indien, auf Spendenbasis. Er druckte Plakate, hielt Vorträge, gab Yogastunden, manchmal in Hotelzimmern, manchmal in Kirchen. Erst allmählich lernte er, dass Yoga im Westen systematischer aufgebaut werden musste.

Er konnte jedoch nicht in New York bleiben, da er keine Niederlassungsbewilligung für die Vereinigten Staaten bekam. Er ging nach Kanada und überließ seinen Schülern das Center in New York. Die kanadische Politik war für ihn günstiger. Unterstützt von einigen Jesuitenpriestern, die er in Yoga unterrichtet hatte, wurde er kanadischer Einwanderer. 1959 gründete er in Montreal das erste Sivananda Yoga Vedanta Centre. Für den Rest seines Lebens war Montreal und später sein Ashram in Val Morin, 50 km nördlich der Stadt, sein Hauptstützpunkt. Zu Beginn reiste er noch oft zwischen New York und Montreal hin und her und hatte zu dieser Zeit erstmals den Gedanken, selbst das Fliegen zu erlernen, um in einem kleinen Privatflugzeug seine Reisekosten zu verringern.

Da im Sommer 1959 die Schüler ausblieben, beschloss er, seinen Unterricht dorthin zu verlegen, wo auch seine Schüler waren: im Laurentiangebirge, nördlich der Stadt. Das 1. Yogacamp führte er in St. Hippolyte in der Nähe von Val Morin durch, in einem kleinen Häuschen unter einfachsten Verhältnissen. Es dauerte drei Wochen. Ihn berührte, wie leicht es den Schülern fiel, ihre Bequemlichkeit und ihren Luxus hinter sich zu lassen. Er erkannte, dass es hier einen fruchtbaren Boden gab, um yogische Samen zu säen. Durch dieses erste dreiwöchige Retreat entstand die Idee, Yogaferien anzubieten.

1960 veröffentlichte er sein erstes Buch: "Complete Illustrated Book of Yoga." Es war das erste Yoga-Buch im Westen, in dem eine ganze Reihe von Asanas systematisch dargestellt wurden. Er erhielt 200 $ Vorschuss. "Diese 200 $ haben mir buchstäblich das Leben gerettet und legten die Basis für die Internationalen Sivananda Yoga Vedanta Center auf der ganzen Welt," sagte er später oft.[7]

Immer wieder hatte er in seiner Meditation die Lichtvision, dass in Val Morin, wo alljährlich das Sommercamp stattfand, ein größeres Center entstehen sollte. Mit Hilfe von Schülern kaufte er ein Grundstück und im Februar 1962 begannen die monatelangen Arbeiten: Er und seine Schüler arbeiteten hart: Bäume mussten gefällt und Land gerodet werden. Im Sommer eröffnete das Sivananda Ashram Yoga Camp seine Pforten, das Vishnu-devanandas bevorzugter Aufenthaltsort werden sollte. Nur widerwillig stimmte er zu, für die Teilnahme am Yogacamp einen geringen Betrag festzusetzen.

Nach und nach eröffnete er vier weitere Ashrams: 1967 wurde auf den Bahamas ein zweiter Ashram gegründet. Den dritten Ashram startete er im Sommer 1971 in Grass Valley in Kalifornien und später kam als vierter Ashram die Sivananda Yoga Ranch in Woodbourne bei New York hinzu. Den fünften Ashram gründete er 1978 in Neyyar Dam nahe der Stadt Trivandrum in seiner Heimat Kerala. Daneben wurden in den 1970ern mehrere Yogazentren gegründet, so in Toronto, New York, Washington, Los Angeles, London, Wien, Genf, Madrid und noch andere mehr.

Während des Intensiv-Sommercamps 1963, als alles noch im Aufbruch war und die Verhältnisse zwischen den alten Divine Life Center von Sivananda und den neugegründeten Sivananda Yoga Vedanta Center noch ungeklärt waren, erhielt er im Juni ein Telegramm, dass es seinem Meister Sivananda gesundheitlich schlecht ginge. Er war hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl, an Ort und Stelle unabkömmlich zu sein und dem Bedürfnis, seinen Meister ein letztes Mal sehen zu wollen. Am 11. Juli schließlich wollte er abfliegen, als die Nachricht eintraf, dass es dem Meister besser ginge. Der Flug wurde annulliert. Am 14. Juli traf dann überraschend die Nachricht ein, dass Swami Sivananda Maha Samadhi erreicht und seinen physischen Körper verlassen habe. Er war sehr bekümmert, dass er während der letzten Augenblicke seines Lebens nicht bei seinem Meister gewesen ist.

In der Nacht vom 16. auf den 17. Juli wachte er nachts gegen 3 Uhr in seinem Zelt auf und hörte eine vertraute Stimme rufen: "Vishnu Swami, Vishnu Swami." Er stand auf und ging nach draußen, weil er meinte, dass ihn jemand aus einem anderen Zelt gerufen habe. Doch niemand war da. Auf einmal stand Sivananda überlebensgroß vor seinem Zelt. "Ich werde immer bei dir sein", sagte er. Swami Vishnu-devananda setzte sich sofort in Meditation und wurde in höhere Bewusstseinszustände erhoben. Er fühlte tiefen inneren Frieden und aller Gram und aller Kummer lösten sich auf. Er wusste, dass ihn die Kraft seines Meisters auch nach Verlassen des physischen Körpers immer leiten würde. Auch am nächsten Tag war noch ein besonderes Licht auf dem Gelände sichtbar.

Friedensmissionen

Kunstbild von Swami Vishnu-devananda

Für Swami Vishnu-devananda war Yoga nahezu identisch mit Friedensdienst. 1967 hatte er im Yoga Retreat auf Paradise Island eine schreckliche Vision von einem Feuerwall, der sich über die ganze Erde ausbreitete und alles auslöschte. Er interpretierte diese Vision als drohenden Atomkrieg. Spätestens seitdem tat er alles, was in seinen Kräften stand, um Friedensimpulse zu setzen.

Um den Menschen friedvolles Denken zu lehren, begann er ab 1969 im Westen den systematischen Ausbau von intensiven, mehrwöchigen Yogalehrerausbildungen. Der Hintergedanke: Ein Mensch, der Yoga übt, wird auf Positivität eingestimmt. Durch die Ausbildung neuer Yogalehrer sollten möglichst viele Menschen mit Yoga erreicht werden. Besonders Hatha Yoga entspannt, gibt Energie und öffnet die Herzen und damit den Zugang zur Spiritualität und zu innerem Frieden. Innerer Frieden ist die Quelle für globalen Frieden.

Nach einigem Zögern etablierte er auch im Westen den Satsang in einer festen, auch heute noch bei Yoga Vidya üblichen Weise, mit Friedens-Mantras und Gebeten, Om Tryambakam und Arati, außerdem die Shanti-Mantras und das Singen von Om Namo Narayanaya.

Im August 1970, in der Zeit der Flower-Power-Bewegung, gab er ein Yoga-Friedens- und Musik-Festival, zu dem indische Musiker und Tänzer nach Amerika kamen, wie Ravi Shankar, Ali Akbar Khan und Balachandran. 2000 Menschen nahmen teil. Einer der Höhepunkte war, dass die gesamte Yogalehrer-Ausbildungsklasse über glühende Kohlen lief, angeführt von Swami Vishnu-devananda selbst. Einige Wochen an yogischer Reinigung sind dieser Aktion verständlicherweise vorausgegangen.[8]

Swami Vishnu-devananda organisierte Friedensdemonstrationen an nahezu allen Krisenherden der Welt. "Kopfstand für den Frieden" war eine beliebte Aktion. Sein häufigster Weg, die Aufmerksamkeit der Menschen zu erwecken, waren jedoch Friedensmissionen in seinem "Friedensflugzeug" – erst eine Doppeldecker Piper Apache und später eine Ultraleichtmaschine. Er flog über viele Unruheherde der Welt, oft unter großem Risiko für sich selbst und "bombardierte" diese Orte mit Flugblättern und Blumen. Durch diese Flüge wurde er als "Fliegender Swami" bekannt.[9]

Er wollte mit seinen Fliegereien die Begrenzungen von Pässen und Visa durchbrechen und zeigen, dass eine Zeit gekommen war, in der Nationalismus und Patriotismus verschwanden und nur noch Einheit existierte: "Unser Planet ist klein. Entweder wir leben zusammen, oder wir sterben zusammen."[10]

Sein erstes Flugzeug, die Piper Apache, wurde 1970 von dem Künstler Peter Max liebevoll und bunt designt und bemalt. Er selbst kreierte eigens einen "Planet Earth Passport".[11] Überall, wo er hinkam, wurde der Pass abgestempelt. Er wurde damit überall hineingelassen.

Im September 1971 flog er erstmals mit dem Schauspieler Peter Sellers nach Belfast und warf dabei Blumen und Flugblätter über der Stadt ab. Er lief singend mit ihm durch No-Go-Areas, in die sich niemand sonst hineinwagte. Doch es geschah ihnen nichts. Im Oktober 1971 flog er von Tel Aviv nach Kairo und "bombardierte" den damals umkämpften Suez-Kanal ebenfalls mit Blumen und Flugblättern mit Friedensbotschaften. Weitere Ziele seiner "Friedensbomben" waren Jerusalem, Lahore und Bangladesh. Während der Flüge sang er ununterbrochen das Friedensmantra "Om Namo Narayanaya". Seine Botschaft war: "Der Mensch ist frei wie ein Vogel. Überwindet die Grenzen mit Blumen und Liebe, nicht mit Gewehren und Bomben!"

1984 durchquerte Swami Vishnu-devananda unter dem Motto Yoga für den Frieden mit einem Bus Indien, um den Menschen seiner Heimat den modernen Yoga näher zu bringen und versuchte dabei zwischen Nationalisten der Sikhs und der indischen Regierung zu vermitteln.

Mauerflieger

Swami Vishnu-devananda hatte bereits Anfang der 1980er Jahre die Vision: Die Berliner Mauer muss weg. Am 15. September 1983 überflog er ohne jegliche Begleitung mit einem Ultraleichtflugzeug – in der damaligen Presse "fliegender Rasenmäher" genannt – die Mauer und landete 7.45 Uhr in Ostberlin. Aufgrund von Bodennebel hatte er Orientierungsschwierigkeiten und landete nicht wie geplant auf dem Alexanderplatz, sondern auf dem erst kurz zuvor abgeernteten Feld des St.-Joseph-Krankenhauses im Ostberliner Bezirk Weißensee.

Dem dort arbeitenden Landwirt des Krankenhauses machte er auf Englisch deutlich, dass er auf Friedensmission unterwegs sei und dass er die Polizei verständigen solle. Den neugierig herbeigeeilten Mitarbeitern des Krankenhauses überreichte er zwei große Chrysanthemen-Sträuße und erzählte ihnen gestikulierend etwas über die Prinzipien von Yoga und Frieden. Später wurden die Blumen an die verzögert eintreffenden "Organe der Staatsmacht" weitergereicht.

Vier Funkwagen kamen und übergaben ihn der Dienststelle des Ministeriums für Staatssicherheit im Berliner Präsidium der Volkspolizei. Da der Friedensflug bereits lange zuvor angekündigt war, wenn auch der genaue Zeitpunkt offen blieb, zeigten sich die Beamten kooperativ und seinen friedensstiftenden Impulsen gegenüber aufgeschlossen. Bei seiner Vernehmung zeigten sie sich interessiert, und er wurde gefragt, was Yoga sei. So demonstrierte er vor den Beamten auf einem Stuhl den Handstand.

Die Beamten seien sehr freundlich gewesen und haben ihm als Vegetarier Käse-Sandwiches gereicht, erzählte er später. Nach vierstündigem Verhör wurde er mit der U-Bahn zurück nach Westberlin geschickt. Sein Fluggerät wurde einbehalten und später vermutlich verschrottet. Es war das erste private Flugzeug, das seit Errichtung der Mauer 1961 die Grenze überflog, denn Fliegen war verboten, sowohl in Ost- als auch in West-Berlin. Dass die Mission so glimpflich verlaufen ist, mag auch dem Umstand geschuldet sein, dass an diesem Tag der Regierende Bürgermeister von West-Berlin von Weizsäcker in Ost-Berlin zu einem "Betriebsausflug" mit dem Generalsekretär der DDR Honnecker verweilte und dieses Treffen nicht gestört werden sollte.[12]

Alter

Im November 1986 zog sich Vishnu-devananda für sechs Monate in eine Höhle bei Gangotri in der Nähe der Gangesquelle zurück und zog sich dabei ernsthafte Frostschäden an den Zehen zu. Zugleich wurde bei ihm auch Diabetes diagnostiziert. Nach einem Schlaganfall im Januar 1991 war er linksseitig gelähmt und im Juni fielen seinen Nieren aus. Obwohl auf den Rollstuhl und auf tägliche Dialyse angewiesen, zog er sich nochmals einige Wochen in seine Höhle bei Gangotri zurück. Im Oktober begab er sich nach Indien auf eine Pilgerreise für den Weltfrieden. Am 1. November 1993 musste er ins Spital gebracht werden und erreichte Mahasamadhi am 9. November 1993 in der Küstenstadt Manipal (Karnata, Indien). Am 11. November 1993 wurde der Leichnam bei Gangotri in der Bhagirathi versenkt (Jalasamadhi).

Werke

  • Swami Vishnu-devananda: Das große illustrierte Yoga-Buch; Aurum Verlag 2007. ISBN 978-3-89901-183-8
  • Swami Vishnu-devananda: Meditation und Mantras; Reith 1997. ISBN 3-930716-02-X

Bericht

"Ich erinnere mich sehr gut, wie wir mit Swami Vishnu-devananda reisten. Er konnte einfach so in ein Fünf-Sterne-Hotel gehen. Er wußte genau, welche Knöpfe wie zu drücken waren, es sah aus, als ob er nie woanders gelebt hätte (...) ging direkt hinein mit seinem Dhoti (..) in Indien hatten wir (..) eine Wagenpanne, es wurde dunkel und wir brauchten ein Quartier für die Nacht. Wir kamen unter, wo immer es gerade möglich war. Einmal waren wir in einem Haus, das hätten Sie nie betreten. Man konnte weder auf dem Boden noch auf dem Teppich sitzen, es war voller Ungeziefer. Er sagte: "Legt die Leintücher auf den Boden." Er war völlig verhaftungslos. Wir blieben dort die ganze Nacht. (..) Wenn sich etwas verändern läßt, tun Sie das. Wenn nichts zu ändern ist, akeptieren Sie es. Genauso ist es mit dem Körper. Wenn der Körper nicht die richtigen Kurven hat, so wie es in den Zeitschriften steht, und Sie bereits alle Diäten und alle ayurvedischen Rezepte ausprobiert haben und nichts funktioniert, akzeptieren Sie es. Wenn Gott Sie so möchte, seien Sie weder glücklich, noch unglücklich darüber, seien Sie einfach zufrieden. Genauso ist es mit dem Geist in der Arbeit. Wenn wir Lehrer sind, möchten wir Professor sein. ; vgl.: Swami Durgananda, da via link mehr ...: Vairagya.

Fußnoten

  1. Gopala Krishna, Der Yogi, S. 25.
  2. Ebenda, S. 37.
  3. Vgl. Yoga Life 1994, Spring, S. 8.
  4. Der Yogi, S. 59.
  5. Der Yogi, S. 66-67.
  6. Der Yogi, S. 70.
  7. Yoga Life S. 15.
  8. Vgl. Yoga Life, S. 22.
  9. Vgl. Der Yogi, S. 80.
  10. Vgl. Der Yogi, S. 80.
  11. Abbildung: Yoga Life, S. 22.
  12. Ausführlicher Bericht: http://www.berlin-weissensee-geschichte-n.de/swami.htm

Literatur

  • Gopala Krishna: The Yogi: Portraits of Swami Vishnu-devananda. Delhi: New Age Books (2008). ISBN 81-7822-038-3
  • Yoga Life, Spring 1994.

Weblinks

Seminare

Meditation

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Indische Meister

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