Essener

Aus Yogawiki

Essener oder auch Essäer (Betonung auf der jeweils zweiten Silbe) ist der Name für eine nach strengen Vorschriften lebende, jüdische Gruppierung der Antike (ca. 165 v. Chr. bis 68 n. Chr.), die in der Literatur des 1. Jahrhunderts nach Christus Erwähnung findet. Sie soll in der Gegend des heutigen Israel, Syrien (evtl. auch Ägypten) neben den Pharisäern und Sadduzäern die dritte bedeutende Gruppe im Judentum der Römerzeit gewesen sein. Sie wird u.a. mit den Bewohnern von Kumran am Toten Meer und den dort aufgefundenen Schriftrollen in Verbindung gebracht; ihre Existenz ist bei Wissenschaftlern bis heute umstritten.

Satellitenaufnahme der Gegend am Toten Meer - wo die Essener gelebt haben sollen und antike Schriftrollen entdeckt wurden

Essenische Lebensweise - was wir aus den Quellen des ersten Jahrhunderts erfahren

Obgleich die Frage zur Existenz der Essener nicht eindeutig geklärt ist, kann eine Betrachtung der historischen Beschreibungen und Vermutungen über diese Gruppe doch einige interessante Aspekte glaubensstarken Lebens und spiritueller Gemeinschaft erhellen. Deshalb soll dieser Yoga-Vidya-Wiki-Artikel besonders auf die beschriebene Lebensweise der Essener näher eingehen.

Schauen wir also zunächst einmal, was uns die antiken Quellen des ersten Jahrhunderts nach Christus über die Essener erzählen:

Der jüdische Römer und Historiker Flavius Josephus schrieb in seinem Werk „De bello Judaico“ (Der jüdische Krieg, Buch II, 8. Kapitel) über die Essener als eine der drei jüdischen Philosophenschulen. Seine Schrift spricht von einer Gruppe von über 4000 Essenern, die über alle Städte verteilt lebten und ein asketisches Leben führten. Seinen Aussagen zufolge gab es zwei Gruppen von Essenern: jene, die in klösterlicher Art und Weise ein zölibatäres Leben führten und jene, die Ehe schlossen.

Es ist zu lesen, dass die Essener ein bewundernswertes Gefühl für Gemeinschaft hatten. Die Mitglieder brachten bei Eintritt in die Gruppe all ihren Besitz in die Gemeinschaft ein, der so zu brüderlichem Gemeingut wurde: „Essener, die anderswoher kommen, können über den ganzen Besitz der betreffenden örtlichen Gemeinschaft verfügen wie über ihren eigenen Besitz, und bei Leuten, die ihnen früher völlig unbekannt waren, gehen sie aus und ein wie bei alten Bekannten. Deshalb reisen sie auch ohne jedes Gepäck …“ und „Untereinander kaufen sie und verkaufen sie nichts; wer etwas braucht, dem gibt ein jeder von dem Seinen und bekommt auch wiederum das von jenem, was er benötigt; und sogar ohne Gegenleistung kann man von jedem Beliebigen sich das Nötige aneignen.“ [1]

Den Tag begannen sie mit morgendlichem Gebet vor Sonnenaufgang. Vor dem Essen wuschen sie sich (mit einer Leinenschürze bekleidet) mit kaltem Wasser und nahmen in einem besonderen Gebäude gemeinsam die zwei täglichen Mahlzeiten in Stille und mit vorangehendem und nachfolgendem Gebet ein. Sie aßen Brote und jeweils ein Gericht.

Die Essener trugen weiße Kleidung und sahen Öl als unrein an. Sie waren streng hierarchisch organisiert und pflegten Gehorsam gegenüber den Vorstehern und Alten. Gefühlskontrolle, Zuverlässigkeit und Friedlichkeit bestimmten den Umgang miteinander. Etwas zu schwören, lehnten sie ab, da ihnen jedes gesprochene Wort zuverlässiger als ein Eid galt.

Sie pflegten besonderes Interesse an heilkundigem Wissen über Kräuter und Mineralien.

Der Aufnahme in die Gemeinschaft der Essener ging eine mehrjährige Probezeit voraus. Ordensanwärter mussten nach den Regeln der Gemeinschaft, aber außerhalb von ihr leben. Wurden sie dann als charakterstark genug befunden, der Gruppe beitreten zu dürfen, so mussten sie (ausnahmsweise) hoch und heilig schwören, Gott zu ehren, niemandem zu schaden und Gerechtigkeit und Wahrheit zu schützen und zu unterstützen. Bei Fehlverhalten drohte der Ausstoß aus der Gruppe, welcher besondere Härte nach sich zog, da die geleisteten Eide den Ausgestoßenen das Annehmen von Speisen von Fremden verwehrten. Darüber hinaus gab es - und das in Anbetracht des geleisteten Aufnahmeeides verwunderlicherweise - auch die Todesstrafe bei den Essenern.

Der Sabbat, an welchem den Juden die Arbeit verboten ist, wurde laut Flavius von den Essenern strengstens befolgt.

Die Essener, so wird weiterhin berichtet, erreichten meist ein Lebensalter von über hundert Jahren, was für diese Zeit erstaunlich war. Ihre Charakterstärke und märtyrergleiche Zähigkeit, die sie im Krieg gegen die Römer unter Beweis stellten, in welchem sie schlimmster Folter ausgesetzt waren, wird besonders auf ihre geistige Gesinnung zurückgeführt. Sie glaubten an die Unsterblichkeit der Seele und daran, dass nach dem Tode ein Ort der seligen Freude oder der ewigen Strafe auf die guten bzw. schlechten Seelen warte.

Ihnen wird weiterhin nachgesagt, sie seien gut im Weissagen gewesen.

Aus Flavius Josephus‘ Schriften erfahren wir außerdem, dass die Essener Ackerbau betrieben, Gott nicht opferten, über ein geheimes Buch mit Engelnamen verfügten und keine Sklaven hielten.

Plinius der Ältere, ein römischer Gelehrter, sprach in "Naturalis historia" von den enthaltsam lebenden „Esseni“ am Toten Meer. Auch der jüdische Philosoph und Theologe Philo von Alexandrien schrieb von über 4000 Essenern in Syrien, die in Dörfern ohne Geld, Großgrundbesitz, Schiffe und Sklaven lebten, keine Waffen fertigten und keinen Großhandel führten.

Die Essener und die Bewohner von Kumran

Was haben die Essener mit den Höhlen von Kumran zu tun?

Die historisch-literarischen Beschreibungen des ersten Jahrhunderts nach Christus von den enthaltsamen Essenern am Toten Meer und die Entdeckung antiker Schriftrollen 1947 in den Höhlen von Kumran am Toten Meer, welche u.a. einen als Gemeinderegeln interpretierten Text der dortigen sich als „Einung“ bezeichnenden Gruppe umfassen, führten ab 1952 zu der Annahme, dass es sich aufgrund inhaltlicher Ähnlichkeiten (gemeinsame Kasse, Mahlzeiten, Probezeit für Neumitglieder, Ausschluss bei Regelverstoß) bei dieser Gruppe um den zölibatär lebenden Teil der Essener handele, die sich hierher in die Wüste zurückgezogen hätten, und dass Kumran das spirituelle und organisatorische Zentrum der Essener gewesen sei.

Der Name der Essener ist in diesen Schriftrollen allerdings nirgends zu finden. Bibel, Talmud und andere nicht-kanonische Schriften führen diesen Namen ebenfalls nirgends an.

Insofern wird u.a. vermutet, dass es sich eventuell um eine geheime Gruppe gehandelt haben könnte. Eine der neuesten Ansichten ist die der israelischen Historikern Rachel Elior. Sie lässt gar verlauten, dass die Essener „eine Erfindung des jüdisch-römischen Geschichtsschreibers Flavius Josephus“ seien.

Das Bibelportal der Deutschen Bibelgesellschaft kommt zu dem Schluss: “Im Falle der Essener hängt die historische und theologische Einordnung und Beschreibung der Gruppierung weitgehend davon ab, wie man das Verhältnis zwischen ihr und den Schriftrollen von Kumran beurteilt. Der über Jahrzehnte weithin bestehende Konsens, in den Bewohnern von Kumran Essener zu sehen und die in den Höhlen gefundenen Schriften als Dokumente essenischer Theologie zu betrachten, ist in letzter Zeit sowohl aus archäologischen als auch aus inhaltlich-theologischen Gründen von einer Reihe von Wissenschaftlern in Frage gestellt worden. Die kritischen Anfragen zwingen zu einer differenzierteren Sicht, doch wird man grundsätzlich daran festhalten können, dass die Bewohner von Kumran eine Gruppe innerhalb der essenischen Bewegung waren.“

Die Herkunft des Namens „Essener“ bzw. „Essäer“

Die Herkunft des Namens „Essener“ oder auch „Essäer“ bleibt ebenfalls ein Rätsel. Er könnte sich aus dem aramäischen Wort für „rein“ bzw. „heilig“ ableiten und auf die Reinigungsübungen und die angestrebte Selbstheiligkeit der Essener beziehen.

Die Essener – ein rätselhaftes Phänomen

Im Laufe der Geschichte kamen viele Vermutungen, Annahmen, Behauptungen zur ins Dunkel gehüllten Thematik der Essener auf, die sich zwischen Wissenschaft, Esoterik und Fiktion bewegen. Die Essener wurden u.a. immer wieder mit Johannes dem Täufer und Jesus von Nazaret in Verbindung gebracht, die Kontakt mit ihnen gehabt haben sollen. Insbesondere wurden Aussagen des Neuen Testaments dahingehend ausgelegt, dass Jesus möglicherweise am Kreuz nicht gestorben sein könnte.

Eine solche These trat erstmals im Zuge der aufklärerischen Bestrebungen des 18. Jahrhunderts auf. Es wurde vermutet, dass Jesus bei den Essenern aufgezogen (Johann Georg Wachter) und von ihnen in die Heilkunst eingewiesen wurde (Karl Heinrich Georg Venturini). So sei es ihm möglich gewesen, die in der Bibel beschriebenen Heilungen und Wunder zu tun und die Kreuzigung lebend zu überstehen.

Im 19. Jahrhundert erschien das Buch „Wichtige historische Enthüllungen über die wirkliche Todesart Jesu. Nach einem alten, in Alexandrien gefundenen Manuskripte von einem Zeitgenossen Jesu aus dem heiligen Orden der Essäer", dessen ungenannter Autor Jesus eine arische Herkunft und ägyptisch-essenische Zugehörigkeit nachsagte. Außerdem wurde darin behauptet, Joseph von Arimathäa und Nikodemus seien zwei Essener gewesen, die Jesus, der am Kreuz ins Koma gefallen sei, heimlich gepflegt und wieder aufgepäppelt hätten.

Das bekannte „Essener Brot“ geht auf ein Werk von 1968 von Edmond Bordeaux Szekely zurück, welches er als „Geheimes Evangelium“ bzw. „Friedensevangelium der Essener“ bezeichnete und seinen Angaben zufolge aus einer aramäischen Handschrift übertrug, die er in Vatikanarchiven gefunden habe.

Siehe auch

Literatur

  • René Gehring: Flavius Josephus und die philosophischen Schulen der Juden - Pharisäer, Sadduzäer, Essener und die "vierte" Schule des Judas und Sadduk, Grin Verlag Gmbh, 2013
  • Bernd F. W. S. de Mistra: Unbequeme Wahrheiten - Das Wissen der Templer und die Religionen von Christen, Juden und Moslems, Pro Business, 2011
  • Hazrat Mirza Ghulam Ahmad: Jesus in Indien. Eine Darstellung von Jesu Entrinnen vom Tode am Kreuz und seine Reise nach Indien, Verlag Der Islam, 2005
  • Edmond Bordeaux Székely: Das Friedens Evangelium der Essener. Die Schriften der Essener. Band 1, Verlag Neue Erde, 1996
  • Stuart Wilson, Joanna Prentis: Die Essener - Kinder des Lichts, Schirner, 2008
  • Anne Givaudan: Auralesen und alte Therapien der Essener, Silberschnur, 2007
  • Johann Maier: Die Qumran-Essener: Die Texte vom Toten Meer, Band 1, E. Reinhardt, 1995

Weblinks

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