Brahmabindu Upanishad

Aus Yogawiki

Die Brahmabindu Upanishad (Sanskrit) ist ein Teil der indischen Heiligen Schriften, die Veda genannt werden. Sie gehört zum Atharvaveda und wird außerdem den Yoga Upanishaden zugeordnet. Die kurze Brahmabindu Upanishad beschäftigt sich mit Bindung und Erlösung, dem Atman und seinen Erscheinungsformen und verwendet das beliebte Bild vom Krug und dem Raum darin.

"Das ist Brahman, das teillose, wechsellose und ohne Trug; 'Ich bin dies Brahman!' so wissend, erlangt man Brahman sicherlich." Zitat: Brahmabindu Up.; Guido Cagnacci: Allegorie auf das menschliche Leben, Öl auf Leinwand, um 1650

Brahmabindu Upanishad mit Erläuterungen nach Paul Deussen

Artikel aus „Upanishaden. Die Geheimlehre des Veda“ in der Übersetzung von Paul Deussen, herausgegeben von Peter Michel, Marix Verlag, 2. Auflage, 2007, Wiesbaden, S. 782 - 786.

Einleitung

Der Name dieser Upanishad Brahmabindu Upanishad (bei Samkarananda, Anquetil, im Telugudruck und in geringeren Handschriften Amritabindu Upanishad) muß doch wohl bedeuten "die Geheimlehre über den das (höhere) Brahman bedeutenden Punkt", d. h. über den Anusvara des Wortes Om, der, sofern er auch den Nachhall bezeichnet, auf das höhere, wortlose Brahman hindeutet, während das Wort Om als solches nur das "Wort-Brahman" symbolisch vertritt, v. 15-17. Dementsprechend lehrt v. 7, daß man durch den Laut (Om) den Yoga nur "anknüpfen" solle, das Höchste aber als ein Lautloses vorstellen müsse. Im übrigen ist von Om und seinem Nachhall weiter keine Rede, vielmehr behandelt die Upanishad die Auflösung des Manas (v. 1-10), das Verhältnis des Brahman zur Erscheinungswelt (v. 11-17), die Wertlosigkeit der Außenerkenntnis, Buchgelehrsamkeit usw. (v. 18-22) in einer Weise, die sie als Mittelglied zwischen den älteren Upanishaden und Shankara erscheinen läßt, dessen beliebtes Bild von dem Raum im Krug und dem Weltraum schon hier (v. 13-14) auftritt, wie ja auch v. 12 von Shankara ad Brahmasutra p. 810,1 zitiert wird, möglicherweise aus unserer Upanishad. Auch hat diese fünf Verse (v. 1. 2. 4. 5. 17) mit der Maitrayana Up. (6,34 und 6,22, oben S. 357. 358. 346) gemeinsam, welche dort als Zitate und mehr abgerissen erscheinen als in unserer Upanishad, in deren Zusammenhang sie ganz naturgemäß verwoben sind. Es ist daher wohl möglich, daß Brahmabindu Up. der Maitr. Up. zitiert wird. - Von sektiererischen Neigungen findet sich keine Spur, bis auf das Vasudevah am Schluß, das sich jedoch schon durch seine metrische Unmöglichkeit als das Einschiebsel irgendeines Verehrers des Vishnu-Krishna zu erkennen gibt und den ursprünglichen Schluß (etwa Iti Smritam) verdrängt hat.

Die Brahmabindu Upanishad

Vers 1-10. Die Zurückziehung des Manas von den Sinnendingen und die Erlösung als ihre Folge.

Om!

1. Das Manas, sagt man, ist zweifach,

Entweder unrein oder rein,
Unrein, wenn Wünsche vorstellend,
Rein, wenn es frei von Wünschen ist.

2. Das Manas also ist Ursache

Der Bindung und Erlösung uns:
Der Bindung, am Objekt hängend,
Der Erlösung, wenn frei davon.

3. Weil denn durch das objektlose

Manas bedingt Erlösung ist,
Darum soll, wer nach ihr trachtet,
Sein Manas vom Objekt befrei'n.

4. Wer frei von Sinnenwelthaftung

Sein Manas schließt im Herzen ab,
Und so zur Manaslosigkeit
Gelangt, der geht zum Höchsten ein.

5. So lange hemme dein Manas,

Bis im Herzen es wird zunicht,
Das ist Wissen, ist Erlösung,
Das andere ist gelehrter Kram.

6. Nicht denkbar und nicht undenkbar,

Denkbar und undenkbar zugleich,
Frei von jeder Parteinahme
Ist Brahman, das er dann erreicht.

7. Durch Om den Yoga anknüpfend,

Denke lautlos das Höchste man,
Denn durch lautloses Vorstellen
Wird Sein erreicht, kein bloßes Nichts.

8. Das ist Brahman, das teillose,

Wechsellose und ohne Trug;
"Ich bin dies Brahman!" so wissend
Erlangt man Brahman sicherlich.

9. Das wechsellose, endlose,

Ursachlos-unvergleichliche
Ohne Grenzen und ohn' Anfang
Erkennt man dann als höchstes Heil.

10. Da ist kein Sterben, kein Werden,

Kein Gebundner, kein Wirkender[1],
Kein Erlöst-sein noch -seinwollen,
Das ist die höchste Wesenheit!

Vers 11-17. Der Atman und die Erscheinungswelt.

"... wenn der Krug zerbrochen wird, bricht nur der Krug, der Raum bricht nicht, das Leben ist dem Kruge gleich ..." Zitat: Brahmabindu Up.

11. Den Atman wisse als einen,

Dann, Wachen, Traum und tiefen Schlaf,
Die drei Zustände abwerfend,
Wirst du nimmer geboren mehr.

12. Eine ist die Geschöpfseele,

Sie weilt in jeglichem Geschöpf,
Einheitlich und doch vielheitlich
Erscheint sie wie der Mond im Teich;

13. Wie der Raum, den der Krug einschließt,

Denn wenn der Krug zerbrochen wird,
Bricht nur der Krug, der Raum bricht nicht,
Das Leben ist dem Kruge gleich.

14. Alle Formen dem Krug gleich sind:

Unaufhörlich zerbrechen sie;
Wenn dahin, sind sie nichtwissend,
Doch er ist wissend ewiglich.

15. Wer sich einhüllt in Wortblendwerk,

Im Herzlotos gefangen bleibt,
Doch wenn die Finsternis licht wird,
Schaut er die Einheit nur allein.
16. Des Om-Lauts Silbe ist Brahman;
Wenn sie verhallt, was dann besteht,
Dem Ew'gen denken nach Weise,
Der Seele Frieden Suchende.

17. Zwei Wissenschaften sind nötig,

Das Wortbrahman und das zuhöchst;
Wer bewandert im Wortbrahman,
Erreicht das höchste Brahman auch.

Vers 18-22. Bücherwissen und Selbsterkenntnis.

"Der Weise, Bücher durchforschend nach Wissenseinsicht, die real, wie die Spreu, wer nach Korn trachtet, wirft weg den ganzen Bücherkram." Zitat: Brahmabindu Up.; Carl Spitzweg: Der Buecherwurm, Öl auf Leinwand, um 1850

18. Der Weise, Bücher durchforschend

Nach Wissenseinsicht, die real,
Wie die Spreu, wer nach Korn trachtet,
Wirft weg den ganzen Bücherkram.

19. Die Kühe zwar sind vielfarbig,

Doch nur einfarbig ist die Milch[2];
Der Milch gleich ist das Selbst-Wissen,
Den Kühen gleich, was merkmalhaft.

20. Wie Butter in der Milch verborgen,

So weilt in allem, was da lebt, Wahrwissen;
Immerfort mit dem Geist als Quirlstab
Soll jeder in sich es ausquirlen (Arya).

21. Des Wissens Drehseil anwendend,

Erziel' als Reibungsfeuer man
Das teillos, fleckenlos Stille;
"Ich bin dies Brahman", wie es heißt.

22. Das allen Wesen Wohnstätte,

Dem Wohnstätte die Wesen sind,
Das alle liebevoll einschließt,
Das bin ich, der Vasudeva,
- das bin ich, der Vasudeva.

Fußnoten

  1. Na baddho na ca sadhakah mit dem Telugudruck und Samkarananda.
  2. A.d.R.: Aufgrund der Massenproduktion von Milch und der Ergebnisse der China Study kann Milch heute nicht mehr wirklich empfohlen werden.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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